Ein Grund zu großer Sorge: Wie eine Studie der NOAA ergab, ist der Schadstoffausstoß der die Ozeane befahrenden Riesenfrachter äquivalent zum Output von 300 Millionen(!) PKWs.
Die Untersuchungen der National Oceanic and Atmospheric Administration wurden dem Guardian zufolge bereits im Februar diesen Jahres veröffentlicht, haben aber offenbar erst jetzt die Aufmerksamkeit der Medien erregt. So berichteten in den letzten Tagen neben dem britischen Guardian auch die Palm Beach Post und der South Florida Sun-Sentinel von den alarmierenden Zahlen der NOAA-Teams um Daniel Lack, den Lead Author der Studie.
Globally, commercial ships emit almost half as much particulate pollution into the air as the total amount released by cars. “Since more than 70 percent of shipping traffic takes place within 250 miles of the coastline, this is a significant health concern for coastal communities,” says lead author Daniel Lack, a researcher at the National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA)’s Earth System Research Laboratory in Boulder.
Lack fasst seine Forschungsergebnisse im Guardian so zusammen:
“It was definitely a surprise for me when we pulled those numbers out,” Lack said in an interview. “These ships are emitting as much [pollution] as 300m cars. It’s a hidden giant. When the particles get down into your lungs they can cause inflammation,” Lack said. “You can actually induce heart-type illness as well.”
Wie Co-Autor James Corbett eläutert, leiden neben der Umwelt an sich vor allem die Bewohner küstennaher Gebiete unter dem enormen Schadstoff-Output:
“Particulate matter emissions from oceangoing ship engines were estimated to contribute to the premature deaths of tens of thousands of people globally,” Corbett said in an interview. That number, the professor said, totals about 60,000 deaths a year worldwide.
Diese alarmierende Feststellung wird durch die Ergebnisse einer dänischen Studie bestätigt, der zufolge mehr als 1.000 Todesfälle jährlich allein in Dänemark direkt auf den durch die Schifffahrt versursachten Schadstoffoutput zurückgeführt werden können. 5,7 Milliarden Euro kosten die gesundheitlichen Folgen dieser Verschmutzung – Asthma und Herzprobleme sowie Krebserkrankungen, primär verursacht durch Feinstaub-Emissionen – das dänische Gesundheitswesen jedes Jahr.
Doch es kommt noch schlimmer: Wie der Guardian heute berichtet, halten Insider die Emissionsschätzungen von Lack et al sogar noch für zu niedrig:
Confidential data from maritime industry insiders based on engine size and the quality of fuel typically used by ships and cars shows that just 15 of the world’s biggest ships may now emit as much pollution as all the world’s 760m cars. Low-grade ship bunker fuel (or fuel oil) has up to 2,000 times the sulphur content of diesel fuel used in US and European automobiles.
Diesen Satz musste ich mehrfach lesen, um seinen Inhalt voll zu erfassen: Gerade einmal 15 Riesen-Frachter sollen einen mit dem Output der globalen Automobilflotte vergleichbaren Schadstoffausstoß produzieren? Im Gegensatz zu Lacks Zahlen sind diese Behauptungen ungenannter Insider natürlich (noch) nicht sauber verifiziert, so dass es sinnvoll erscheint, sich erst einmal auf die NOAA-Daten zu stützen. Die sind immerhin schon schlimm genug: 60.000 Tote, Milliardenkosten und erhebliche ökologische Belastungen – allein der von Hafenschleppern produzierte Ruß könnte einer früheren Studie von Lack zufolge erheblich zum Klimawandel beitragen (Ruß bindet etwa 30% mehr Wärme als CO2).
Dem Guardian zufolge plant die US-Regierung bereits für 2010 die Einführung einer Pufferzone, die von bestimmten Schiffstypen nicht mehr befahren werden kann. Man hofft, auf diese Weise bis zu 8.000 Todesfälle jährlich zu vermeiden. Die Crux dieses Vorschlags bringt Blogger Felix von Leitner (wie gewohnt polemisch und überzogen) auf den Punkt: Da neben der Pufferzone offenbar keine weitere Regulierung der Schadstoffemissionen geplant ist, kann man vermutlich davon ausgehen, dass auch die größten “Dreckschleudern” noch viele Jahre die Ozeane befahren werden. Die geplante Zone hilft somit zwar den Bewohnern der US-Küstenzonen, nicht aber den Menschen in anderen Gegenden des Planeten, in denen eine Pufferzone und die damit verbundene Umladelogistik nicht umsetzbar sein dürften.
Pufferzonen (wie sie übrigens auch die EU plant) sind ein erster, durchaus sinnvoller Schritt, um den gröbsten Dreck von den eigenen Küsten fernzuhalten. Sollten sich jedoch die von Lack et al publizierten Zahlen oder die noch beängstigerenden Aussagen der Branchen-Insider im Guadian in weiteren, offenbar dringend erforderlichen Studien bestätigen, wird es hoffentlich nicht ausschließlich bei Pufferzonen bleiben…
Lack, D., Corbett, J., Onasch, T., Lerner, B., Massoli, P., Quinn, P., Bates, T., Covert, D., Coffman, D., Sierau, B., Herndon, S., Allan, J., Baynard, T., Lovejoy, E., Ravishankara, A., & Williams, E. (2009). Particulate emissions from commercial shipping: Chemical, physical, and optical properties Journal of Geophysical Research, 114 DOI: 10.1029/2008JD011300
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