Am Wochenende bin ich endlich mal dazu gekommen, mir eine Mediensatire anzuschauen, die schon lange auf meiner Filmliste stand: “Free Rainer – dein Fernseher lügt” – eine mehr als empfehlenswerte Abrechnung mit dem Jahr für Jahr dümmer werdenden “Trash TV”.
Als ich vor gut einem Monat mit einer leichten Grippe (nein, nicht dieser Grippe) zwei Tage im Bett lag, und weder genügend Konzentration für ein Buch noch genügend Müdigkeit für den Dauerschlaf aufbringen konnte, habe ich mir mal einen TV-Tag gegönnt – und musste leider feststellen, dass das Niveau der “Shows” und “Reportagen”, die Nachmittags und Abends auf den quotenregierten Privaten zu sehen sind, mittlerweile auf einem Level angekommen ist, das man nur noch als absolut unterirdisch bezeichnen kann.
Abgesehen von den reinen Nachrichtensendern wie N24 und n-tv oder wenigen Ausnahmen wie Phoenix, Arte oder dem Dokukanal des ZDF kann man das komplette Fernsehprogramm mittlerweile im Grunde als “Trash TV” bezeichnen. Dies zeigt sich gerade bei den Privaten. Wenn dort nicht gerade Star Trek-Folgen recycled werden, lohnt sich das Einschalten nicht.
In besonders negativer Erinnerung sind mir die Fake-Dokus wie “Frauentausch” und die dümmlichen Casting-Shows geblieben, die man mittlerweile auf jedem Sender findet. Da fehlt nicht mehr viel zu den überzeichneten Trash-Shows “Hol dir das Super-Baby” und “Mein neuer Traumkörper”, die Regisseur Hans Weingartner in “Free Rainer” von seiner Hauptfigur – dem ständig koksenden TV-Produzenten Rainer – auf die Mattscheibe bringen lässt.
Im Film will der durch eine Nahtodeserfahrung geläuterte Rainer Formate mit mehr Niveau ins Programm seines Senders hieven, scheitert jedoch brutal an der alles bestimmenden Quote. Angetrieben durch den Verdacht, die Quoten seien manipuliert, beschäftigt er sich mit deren Zustandekommen und stößt dabei auf ein System der Konditionierung, welches die Zuschauer Schritt für Schritt an immer schlimmeren Mist gewöhnt. Gemeinsam mit einigen Mitstreitern macht er sich daran, die Quoten selber zu manipulieren und löst damit ganz unverhofft so etwas wie eine kleine Kulturrevolution aus…
Ein Film, den ich wirklich nur empfehlen kann, regt er doch zum Nachdenken über die Frage an, warum das Fernsehprogramm immer dümmer zu werden scheint. Kann es wirklich daran liegen, dass das Land allmählich verblödet? Oder ist es vielmehr so, dass – wie es eine der Filmfiguren ausdrückt – nicht jeder auf dem Siegertreppchen stehen und mitbestimmen kann – und der Rest von uns irgendwie beschäftigt werden will? Was würde denn passieren, wenn die 6,8 Millionen Deutschen, die sich das letzte DSDS-Finale reingezogen haben, sich statt dessen mit einer Doku über den Krieg im Sudan, den Hunger in Indien, die Löcher in unserer Rentenkasse oder die Abwrackprämie beschäftigt hätten? Wäre das denn überhaupt gewollt?
Stoff genug für herrlich-abstruse Verschwörungstheorien…
Die Schlussszene des Films (die als kleines Bonmot für alle Marktforscher in Haßloch spielt) muss die wichtigsten Fragen naturgemäß unbeantwortet lassen: Kommt so viel Unsinn im Fernsehen, weil der Zuschauer das so möchte, oder weil ihm nichts anderes vorgesetzt wird? Wie steht es um die Aussagekraft der “Quote”, wenn weder Studenten noch Ausländer in die Berechnung eingehen? Welche langfristigen Folgen hat es, wenn Pro7Sat1 die Suche nach der größten Currywurst der Welt als “Bildungs-TV” verlkauft? Sorgt Trash-TV auf Dauer wirklich für ein entmenschlichtes und verblödetes Publikum?
Und – vermutlich die wichtigste Frage von allen – wurde mit dem Fernsehen – wie es Rainers Chef ausdrückt – tatsächlich das “stabilste System” aller Zeiten mit “Brot und Spielen” für die Massen geschaffen? Und was würde das über den Zustand unserer Demokratie aussagen…?
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