27 Parteien werden zur Bundestagswahl am 27. September auf dem Wahlzettel stehen – da ist es schwer, den Überblick zu behalten. Was planen die Parteien beispielsweise für den Bereich Wissenschaft und Forschung?

Vergleicht man die momentane Posting-Frequenz im Frischen Wind mit der vor einigen Wochen, könnte man auf die Idee kommen, ich befände mich im Urlaub. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall – die Endredaktion des Lichtsmog-Fernlehrbriefs für den Euroforum-Verlag sowie der (Online- wie Offline-) Wahlkampf lassen mir kaum Zeit zum Bloggen – auch wenn ich gestern zumindest die Antwort auf meine erste Forschungsfrage abliefern konnte.

Bis zur Bundestagswahl habe ich mir trotzdem noch etwas vorgenommen – ich möchte die Wahlprogramme der verschiedenen Parteien im Hinblick auf einige Themen – Wissenschaft, Bildung, Umweltschutz und Atomausstieg – beleuchten, die sowohl im Tagesgeschäft der Politik als auch im aktuellen Wahlkampf hinter Finanzkrise und Koalitionsgerangel leider etwas zu kurz kommen. Heute steige ich mit den aus Gründen der Übersicht auf Stichpunkte reduzierten Aussagen zu Wissenschaft und Forschung ein, wobei ich mich um Neutralität bemühen möchte. In den Kommentaren kann und soll dagegen kräftig diskutiert werden.

Christlich-Demokratische Union (CDU)
Christlich-Soziale Union (CSU)

  • Klare ethische Grenzen für die Bio- und Gentechnologie
  • Investition von 3% des BIP in Wissenschaft und Forschung
  • Anregung der Wirtschaft zu mehr eigenen F&E-Aktivitäten
  • Bündelung von Forschungspozenzialen in Forschungszentren
    (beispielhaft werden das KIT und das Nat. Diabeteszentrum genannt)
  • Bekenntnis zu Grundlagenforschung und wissenschaftlicher Autonomie
  • Stärkere Vernetzung von Grundlagenforschung und angewandter Forschung
  • Innovationsfelder: Ernährung, Klima, Energie, Mobilität, Sicherheit und IuK

Money Quote:

“Forschung und Entwicklung sind ein entscheidender Baustein unseres Programms für Wachstum und zur Überwindung der Wirtschaftskrise. […] Jetzt geht es darum, die globalen Zukunftsherausforderungen anzunehmen und damit auf qualitatives Wachstum zugunsten von Klimaschutz, Ressourcenschonung und Krankheitsbekämpfung zu setzen.”

Bemerkenswert fand ich auch den expliziten Wunsch nach einem „starken Selbstbewußtsein der Geistes- und Sozialwissenschaften” – liegt da tatsächlich etwas im Argen?

https://cdu.de/doc/pdfc/090628-beschluss-regierungsprogramm-cducsu.pdf

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

  • Ausweitung des Juniorprofessuren-Programms
  • Mehr Leitungspositionen für Frauen in der Wissenschaft
    (inkl. Zielvereinbarungen und Sanktionen bei Nichteinhaltung)
  • Steuergutschriften für Forschungsprojekte von Unternehmen
  • Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft auf 40% bis 2020
  • Investition von 3% des BIP in Wissenschaft und Forschung (bis 2015)
  • Erleichterte Integration von Hochschulen und Forschungseinrichtungen

Money Quote:

“Um dieses Ziel [mehr Gelder für die Forschung] zu erreichen, werden wir neue finanzpolitische Spielräume nutzen und die bestehenden Formen der Projektförderung durch eine steuerliche Förderung von Forschungsanstrengungen von Unternehmen in Form einer Steuergutschrift (“tax credit”) für kleine und mittlere Unternehmen ergänzen.”

https://www.spd.de/de/pdf/parteiprogramme/Regierungsprogramm2009_LF_navi.pdf&title=&lnkname=material–/de/pdf/parteiprogramme/Regierungsprogramm2009_LF_navi.pdf

Freie Demokratische Partei (FDP)

  • Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes
  • Anhebung der Hochschul-Grundpauschale um 25%
  • Verankerung der Hochschulautonomie im Grundgesetz
  • Stärkerer Wettbewerb für Foschung (und Lehre) an FHs
  • Bessere Nachwuchsförderung u.a. durch Juniorprofessuren
  • Aufhebung starrer Altersgrenzen für wissenschaftliche Laufbahnen
  • Forschungsfreundlichere Ausgestaltung des Patent- und Urheberrechts
  • Jährliche Steigerung der öffentlichen Ausgaben für nicht-univ. Forschung um 5%
  • Keine ideologische Stigmatisierung von Projekten in Bereichen wie der Gentechnik

Money Quote:

“Forscher wollen forschen. Sie wollen nicht mit überbordender Bürokratie die Zeit vergeuden. Die FDP lehnt Denkblockaden und ideologische Fixierung auf bestimmte Technologien ab. Fusionsforschung, kerntechnische Sicherheits- forschung, Stammzellenforschung, grüne Gentechnik, Biotechnologie, Nanotechnologie und Raumfahrtprojekte dürfen nicht stigmatisiert, sondern müssen in wettbewerblichen Verfahren und unter transparenten und verantwortungsvollen Rahmenbedingungen gefördert werden.”


https://www.deutschlandprogramm.de/files/653/Deutschlandprogramm09_Endfassung.PDF

Bündnis 90 / Die Grünen

  • Ausweitung des Juniorprofessuren-Programms
  • Open Access für steuerfinanzierte Forschungsergebnisse
  • Investition von 3% des BIP in Wissenschaft und Forschung
  • Ethische Grenzen in Medizin, Lebenswissenschaften und Biotechnologie setzen
  • Wissenschaft als Beruf attraktiver gestalten (Planbarkeit, Befristung, Familie)
  • Erhöhung des Anteils von Frauen und Migranten in Wissenschaft und Forschung
  • Gender-Perspektiven als selbstverständlicher Bestandteil aller Forschungsfragen
  • Grundlagenforschung als wesentliche Säule der öffentlichen Förderung verankern
  • Mehr Kooperationen zwischen Hochschulen und außeruniv. Forschungseinrichtungen

Money Quote:

“Forschungsfreiheit ist ein hohes Gut, das bewahrt und geschützt werden muss. […] Für uns haben Menschenrechte und Menschenwürde aber stets Vorrang vor Forschungs- und Verwertungsinteressen. Nicht nur in der Medizin, den Lebenswissenschaften und der Biotechnologie ist ein verantwortlicher Umgang mit Menschen unerlässlich. Auch der Schutz von Umwelt und Tieren macht Grenzziehungen für die Forschung nötig.”


https://www.gruene-partei.de/cms/files/dokbin/295/295495.wahlprogramm_komplett_2009.pdf

Die Linke

  • Open Access für steuerfinanzierte Forschungsergebnisse
  • Stärkere Förderung von Frauen in Wissenschaft und Forschung
  • Über Chancen und Risiken von Forschung transparent und öffentlich verhandeln
  • Förderung von Kultur- und Sozialwissenschaften (auf einer Ebene mit Naturwiss.)
  • Integration der Geschlechterperspektive in alle geförderten Forschungsprojekte
  • Ausrichtung der staatl.Forschungsförderung auf gemeinwohlorientierte Projekte

Money Quote:

“Neue Erkenntnisse und Technologien müssen dem Gemeinwohl dienen und zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen wie der Überwindung von sozialer Ungerechtigkeit, der Bewältigung des Klimawandels und der Ressourcenknappheit beitragen. Das geht nur, wenn über Chancen und Risiken von Innovationen transparent und mit öffentlicher Beteiligung verhandelt wird. Deshalb sind die Entscheidungen über die öffentliche Forschungsförderung aus den geschlossenen Zirkeln der Ministerien, Kuratorien und Industriekonsortien zu befreien.”

https://die-linke.de/fileadmin/download/wahlen/pdf/485516_LinkePV_LWP_BTW09.pdf

Soweit die Parteien, deren Einzug in den Bundestag momentan sicher zu sein scheint. Da die Programme der verbleibenden 22 Kleinparteien kaum Inhalte zum Themenfeld Wissenschaft und Forschung aufweisen, fällt die Zusammenfassung bedauerlich kurz aus (bei anderen Themen wie Bildungspolitik und Atomausstieg sieht das anders aus – die Forschungspolitik ist aber offenbar auch bei den kleinen Parteien so etwas wie ein thematisches Stiefkind).

Damit sich niemand beschweren kann, ich würde die Piratenpartei vernachlässigen, habe ich sie nachfolgend mit ins Programm genommen. Aufgenommen habe ich auch die ödp, die durch einen erstaunlich langen Abschnitt zur Wissenschaft im Wahlprogramm auffällt, die BueSo für die euphorischte (und schwurbeligste) Aussage zum Thema und die NPD wegen des Unterhaltungswerts. Bei den anderen Parteien (Violette, DKP, PSG, Rentner etc.) konnte ich dagegen keine verwertbaren Aussagen zur Forschungspolitik finden.

Piratenpartei

  • Open Access für steuerfinanzierte Forschungsergebnisse

Mehr wissenschafts- und forschungspolitische Ziele waren leider nicht zu finden…

https://www.piratenpartei.de/tmp/Wahlprogramm_Bundestagswahl2009.pdf

Ökologisch-demokratische Partei (ödp)

  • Forschung an nicht mehr beherrschbaren Technologien einstellen
  • Klonverbot für menschliche Embryonen im Grundgesetz verankern
  • Förderschwerpunkt von Technologieforschung auf Umweltschutz verlagern
  • Beschränkung der Atomenergie-Forschung auf die Themen Ausstieg und Müll
  • Verbot der Freisetzung genetisch veränderter Lebewesen zu Forschungszwecken
  • Technikfolgenschätzung muss Bestandteil staatlich geförderter Forschung werden
  • Freiheit von Forschung und Lehre dort beenden, wo Technologien gefährlich werden

Money Quote:

“Forschung und Technik sind immer noch hauptsächlich daran orientiert, vereint mit der Wirtschaft deren harten Weg des ‘Immer mehr, immer höher, schneller und weiter’ zu verfolgen. […] Dabei werden die Resultate der Forschungsarbeiten immer komplizierter und weniger beherrschbar. […] Manche Technologien haben einen Stand erreicht, auf dem jede Weiterentwicklung eine Bedrohung für die Menschheit darstellt.”

https://oedp.de/files/pdf/programme/BundespolitischesProgramm.pdf

Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BueSo)

“Grundlagenforschung über die Gesetze unserer physikalischen Welt, frei von Obskurantismus und ideologischen Zwängen des Neumalthusianismus, muß gefördert werden. Dazu gehört vor allem die Perspektive einer zukünftigen ‘Isotopenwirtschaft’. […] Der Bau von Wissenschaftsstädten soll die Wende zu einem neuen Zeitalter der Wissenschaftsblüte unterstreichen.”

https://www.bueso.de/artikel/grundsatzprogramm#forschung-und-wissenschaft

Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)

Auch das Wahlprogramm der NPD habe ich mir angetan, dort aber – vermutlich wenig überraschend – keine Aussagen zur Wissenschafts- und Forschungspolitik gefunden. Zwar gibt es einen Abschnitt mit dem Titel “Forschungs- und Technologiepolitik”, dort finden sich allerdings nur merkwürdige Aussagen wie diese:

“Die NPD fordert die sofortige Errichtung neuer Hydrierwerke, um deutsches Benzin aus deutscher Kohle gewinnen zu können. […] Öl- und Gasvorkommen auf deutschem Boden sind unter Entschädigung der multinationalen Konzerne sofort zu verstaatlichen und durch deutsche Unternehmen zu verwerten.”

Den PR7-Link habe ich mir erspart, wer das Programm lesen will, möge es selbst suchen.

Und nicht vergessen: Wer nicht zur Wahl geht, darf hinterher auch nicht meckern!

Kommentare (19)

  1. #1 Florian Freistetter
    1. September 2009

    Guter Überblick! Ich hab mir ja auch überlegt, ob ich der NDP meine Fragen zur Raumfahrt schicken hätte sollen. Habs aber dann doch gelassen. Ob die ein Programm zur Entwicklung von Reichsflugscheiben haben? 😉

  2. #2 Florian Freistetter
    1. September 2009

    “Forschung an nicht mehr beherrschbaren Technologien einstellen”
    “Freiheit von Forschung und Lehre dort beenden, wo Technologien gefährlich werden”

    Die ödp hat je eh keine Chancen, irgendwo an die Macht zu kommen. Aber solche Forderungen machen schon ein bisschen Angst; vor allem, wenn man überlegt, wie sowas dann konkret umgesetzt werden soll. Sitzt dann in jedem Institut ein Aufpasser, der eingreift, wenn jemand eine “gefährliche” Idee hat? Und welche Technologie ist eigentlich nicht auf die eine oder andere Art gefährlich. Man kann sich vermutlich zu jedem Forschungsergebnis eine potentiel gefährliche Anwendung ausdenken…

  3. #3 Georg Hoffmann
    1. September 2009

    Ich muss sagen, wenn man erstmal den Ekel ueberwunden hat, dann stell ich mir ein paar Fragen an “meinen” NPD Abgeordneten genial vor.

    F: “Angesichts der globalen Umwelt und Klimaprobleme fordern viel eine Einschraenkung des Fleischkonsums. Was halten sie davon?”

    A:”Der deutsche Mann braucht Schweinefleisch wie die Luft zum Atmen”

    F:”Welche konkreten Massnahmen zur CO2 Reduktion schlagen sie vor”

    A: “Kriegerische Zerschlagung der auslaendischen Grossindustrie”
    etc etc

  4. #4 Till Westermayer
    1. September 2009

    Erstmal danke für die Übersicht. Letztlich lässt sich natürlich darüber streiten, ob die stichpunktartige Zusammenfassung das wichtigste abdeckt oder nicht (mein Versuch fü r das grüne Forschungsprogramm steht hier), ebenso darüber, ob die “Money Quote” genau passt oder eher verfälscht.

    Das lasse ich jetzt, statt dessen möchte ich auf einen kleinen, mir wichtigen Punkt beim grünen Programm hinweisen (nicht zuletzt, weil er auf einen Änderungsantrag “meiner” BAG) zurückgeht. Und zwar geht es uns – Stichwort wissenschaftlicher Nachweis – eben nicht nur um die Ausweitung und Verbesserung der Juniorprofessuren, sondern um mehr – Zitat aus dem Wahlprogramm:

    Akademische Laufbahnen sind kaum planbar, haben ein Risiko langer Phasen prekärer Beschäftigung und sind oft nur schlecht mit Familie vereinbar. Wissenschaft als Beruf muss attraktiver werden. Wir setzen uns für eine gute Mischung aus befristeten und unbefristeten Stellen im wissenschaftlichen »Mittelbau« ein. Die Juniorprofessur muss ausgeweitet werden. Aber auch neben der Professur muss wissenschaftliche Karriere möglich sein.

  5. #5 Daniel T.
    1. September 2009

    schade für die schwache recherche zur piratenpartei! in dme pdf-dokument lassen sich einige aspekte mehr finden

  6. #6 Sannah
    2. September 2009

    Kleine Anfrage:was bedeutet hier “Money Quote”?

  7. #7 psg-sympatiant
    2. September 2009

    Als PSG-Sympatisant muss ich zugeben das sich die PSG zum Thema Forschung und Wissenschaft noch nicht ausreichent profiliert hat. Wer sich einen Überblick über die Standpunkte der PSG/ICFI zu diesem Thema machen will, kann sich aber die “Wissenschaft & Technik” bzw. “Science” Rubriken der deutschen und englischen Online-Parteizeitung ansehen:
    https://www.wsws.org/de/wissen/wissen.shtml
    https://www.wsws.org/category/science.shtml

    Man kann über diese Seite auch direkt Fragen an die PSG stellen:
    https://www.gleichheit.de/website/positionen/fragen-an-die-psg.html

  8. #8 femidav
    2. September 2009

    Und ich dachte, dass es gar nicht geht wissenschaftsfeindlicher zu sein, als es die Grünen sind. Aber nein, ödp hat es geschafft! Alle Achtung!
    Alles in allem scheint FDP wieder mal die Nase deutlich vorn zu haben…

  9. #9 Christian Reinboth
    2. September 2009

    @Till: Die (in Ermangelung eines besseren Begriffs so benannte) money quote ist sicher nicht ganz objektiv, sondern einfach der Abschnitt, der mir beim Lesen besonders ins Auge gesprungen ist. Bei den Grünen habe ich mich für das Zitat vor allem deshalb entschieden, weil es einen guten Kontrast zu den Ideen der FDP bietet, was meines Erachtens nach gut zeigt, dass sich die Bundesparteien selbst in “Stiefthemen” wie der Forschungspolitik teilweise doch recht deutlich voneinander unterscheiden. Dafür habe ich mich bei den Stichpunkten um größtmögliche Neutralität bemüht… 🙂

    Zum grünen Programm: Den Punkt “Berufsbild attraktiver machen” habe ich in der Auflistung keineswegs auf die Juniorprofessuren reduziert (“Wissenschaft als Beruf attraktiver gestalten (Planbarkeit, Befristung, Familie)”). Diesen Teil des Programms finde ich persönlich ausgesprochen sympathisch und würde mir für das Programm der Union durchaus etwas Vergleichbares wünschen. Ein Blick in den Kollegenkreis zeigt mir, dass sich viele wissenschaftlich arbeitende Menschen in diesem Land in äußerst prekären Lebensverhältnissen befinden: Semesterweise befristete Verträge, niedrige Bezahlung, hohe Arbeitsbelastung und karrierebeendende Altersgrenzen. So kann und sollte es nicht bleiben, von daher gefällt mir der Ansatz – ein ähnlicher Passus findet sich ja auch im Wahlprogramm der FDP.

    Eher kritisch sehe ich dagegen die Ausweitung der Frauenquote, die ja von der SPD ähnlich vertreten wird (die – im Gegensatz zu euch – schon mal mit der Einrichtung eines Sanktionssystems droht). Über Frauenquoten kann man ja bekanntlich endlos diskutieren, gerade in der Wissenschaft finde ich sie aber unangebracht. Öffentliche Forschungsgelder sollten meines Erachtens nach dorthin gehen, wo die beste Forschung geleistet wird, nicht dorthin, wo die Frauenquote stimmt.

    Zu Studentenzeiten durfte ich mal direkt miterleben, wohin solche Regelungen führen – eine (für uns enorm wichtige) Professur konnte jahrelang(!) nicht besetzt werden, weil man darauf bestanden hat, dass sich erst eine Frau um die Stelle bewerben muss, bevor sie vergeben werden darf. Ein wirklich sehr gut geeigneter Kandidat war die ganze Zeit über vorhanden, bekam aber immer nur semesterweise Hilfsverträge um uns zu unterrichten, weil man auf die weibliche Bewerbung warten musste. Irgendwann kam dann ein Angebot von einer anderen Hochschule, woraufhin der Mann verständlicherweise bei uns hingeschmissen hat – mit allen unangenehmen Konsequenzen für die Lehrplanung. Die Stelle blieb noch mehrere Jahre unbesetzt, bis sie endlich vergeben werden konnte – an einen Mann.

    Solche Bürokratismen finde ich furchtbar lästig und ausbremsend. Es mag ja sein, dass Quotenregelungen hier und dort Sinn machen, aber sie tun es sicher nicht überall – zudem bergen sie das große Risiko, dass talentierten und erfolgreichen Frauen indirekt unterstellt wird, sie säßen nur aufgrund der Quote dort, wo sie sitzen…

  10. #10 Christian Reinboth
    2. September 2009

    @Daniel T: Mit der Beschwerde habe ich irgendwie schon gerechnet. Aber welche Aspekte sollen das sein? Gefunden habe ich in dem PDF recht viele Aussagen zur Bildungspolitik – das ist aber ein anderes Thema. Was steht noch zur Forschung drin, das ich übersehen habe? Habe gerade nochmal das gesamte PDF nach “Wissenschaft” und “Forschung” gescannt und keine Aussagen gefunden, in denen diese Begriffe auftauchen.

    Also bitte – wenn schon gemeckert wird, dass Argumente fehlen, dann diese bitte auch nennen…

  11. #11 Christian Reinboth
    2. September 2009

    @Sannah: Als “money quote” bezeichnet man im angloamerikanischen Raum besonders hervorstechende Aussagen oder Zitate aus einem umfangreicheren Kontext – besser kann ich es auch nicht erklären, da es meines Wissens nach keinen deutschen Begriff gibt, der das gleiche aussagt. Da ich den Begriff schon öfter auch in deutschen Blogs gelesen habe und mir “interessanteste Aussage” zu bieder klang, dachte ich ich versuche es mal mit dem etwas flippigeren “money quote”…

  12. #12 femidav
    2. September 2009

    Besonders lustig finde ich solche Aussagen wie: “Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft auf 40% bis 2020”. Und wenn es am Stichtag noch nicht passt, dann feuern wir schnell mal ein Paar Männer. Gell, SPD? Das ist eigentlich genau der gleiche Unsinn wie 4Mln Arbeitsplätze. Maßnahmen sind interessant, nicht die willkürlich gesetzte Ziele.

  13. #13 Andrea N.D.
    2. September 2009

    @Christian:
    Was genau ist mit Biotechnologie gemeint? Und welche klaren “ethischen” Grenzen vertritt dort die CDU/CSU? Dies muss bedeutsam sein, weil es der erstgenannte Punkt ist, der bei fast allen anderen Parteien in der Liste fehlt.
    Was sind “ethische” Grenzen bei Gentechnologie? Erfährt man dazu Näheres im Programm?

  14. #14 Christian Reinboth
    2. September 2009

    @Andrea N.D.: Bevor hier Missverständnisse aufkommen – ich habe beim Schreiben von Texten mit Stichpunktlisten diesen kleinen Tick, die Stichpunkte unbewusst nach der Länge zu sortieren. Die Tatsache, dass die “ethischen Grenzen” in der CDU-Liste an erster Stelle genannt werden, sagt also nichts über die inhaltliche Bedeutung aus. Eine ähnliche Position vertreten in diesem Themenbereich noch die Grünen und – soweit mir dies bekannt ist – auch Teile der Linkspartei.

    Der genaue Passus im Wahlprogramm der CDU lautet:

    Wissenschaft braucht klare ethische Einbettung und Orientierung. Das gilt gerade für die moderne Bio- und Gentechnologie. Die Auseinandersetzung über
    ethische Grenzen der Forschung muss sachlich und in der Überzeugung, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb forschungsfreundliche Rahmenbedingungen braucht, geführt werden. So werden gesellschaftlich Vertrauen und Akzeptanz geschaffen. Deshalb brauchen wir Sicherheitsforschung in umstrittenen Forschungsbereichen, insbesondere in der grünen Gentechnik

    Ich lese daraus, dass keine ideologischen Grenzen angestrebt werden, dass man aber aufgrund der kontroversen öffentlichen Diskussion und der möglichen Risiken auf mehr Sicherheitsforschung und eine transparente öffentliche Debatte unter der Maßgabe setzt, dass wir den Forschungszweig insgesamt keinesfalls verlieren wollen (Schaffung “forschungsfreundlicher Rahmenbedingungen”). Die CDU positioniert sich damit meiner Erinschätzung nach inhaltlich zwischen den Grünen und der FDP.

  15. #15 Andrea N.D.
    2. September 2009

    @Christian:
    Klingt gut, aber doch sehr anders als: “klare ethische Grenzen”. Vermutlich habe ich es auch fehlinterpretiert, ich dachte, die CDU/CSU habe ihre klaren Grenzen bereits gefunden. Die zitierte Stelle würde ich dann eher wie bei den Grünen interpretieren:
    “Ethische Grenzen in Medizin, Lebenswissenschaften und Biotechnologie setzen”.
    Wobei “Lebenswissenschaften” dann Biotechnologie sind?

  16. #16 Ronny
    3. September 2009

    Für mich hat da die FDP das beste Programm, leider bin ich ein Ösi und sowas wie die FDP gibts in Ösiland nicht. Es gab mal den Versuch eines LIFs, das hat sich dann aber als linkes Forum entpuppt.

    Ich finde es nur immer interessant, dass gerade linke Gruppierungen die sonst immer auf Freiheit für alles mögliche Pochen (Kunst, Politik, Sex, Zuwanderung usw.) bei wissenschaftlichen oder rechtslastigen Themen plötzlich die Verbotsschilder auspacken.

    Hat irgendwer verstanden was die BueSo aussagen will ?

  17. #17 GeMa
    3. September 2009

    @Ronny
    Vlt. hilft das weiter https://www.solidaritaet.com/neuesol/2006/43/isotopen.htm
    Verbunden mit dem “Freimachen vom Neomalthusianismus”, stellt das wohl eine Aussage zur Ressourcenknappheit/anthropogener Anteil am Klimawandel, 3.Welt-/Schwellenländer und Bevölkerungszuwachs dar.

  18. #18 rudi
    17. September 2009

    Dein SPD-Link funktioniert nicht.

  19. #19 Bundestagswahl 2009
    24. September 2009

    Hallo, ich wollte mal auf den thematisch passenden und guten Beitrag auf Frogged.de aufmerksam machen.

    https://www.frogged.de/superwahljahr-2009-parteiprogramme.html