Die Diskussion über den Homöopathie-Master in Magdeburg schlägt noch immer Wellen – dabei ist Magdeburg nicht die erste Universität, an der über einen Homöopathie-Abschluss diskutiert wurde. Schon 1992 wurde an der Phillips-Universität Marburg über die Integration der Homöopathie ins Medizinstudium abgestimmt – mit einem interessanten Ergebnis.
Der Fachbereichsrat Humanmedizin verabschiedete damals mit 16 Ja-Stimmen und bei 3 Enthaltungen die “Marburger Erklärung zur Homöopathie”, die ich aufgrund ihrer Relevanz für die aktuelle Diskussion und ihrer historischen Bedeutung hier unkommentiert einstelle.
Marburger Erklärung zur Homöopathie
(Beschluss des Fachbereichsrates vom 2.12.1992)
Nach den Plänen des Institutes für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen soll die „Homöopathie” Teil des Gegenstandskataloges für das Medizinstudium werden.
Wir sagen hierzu nein.
Der Fachbereich Humanmedizin der Philipps-Universität Marburg verwirft die Homöopathie als eine Irrlehre. Nur als solche kann sie Gegenstand der Lehre sein. In diesem Sinne reicht das Lehrangebot in Marburg aus. Wir sehen jedoch die Gefahr, dass man von uns „Neutralität” und „Ausgewogenheit” in diesem Stoffgebiet fordern wird, und sind nicht bereit, unseren dem logischen Denken verpflichteten Standpunkt aufzugeben zugunsten der Unvernunft. Wir betrachten die Homöopathie nicht etwa als eine unkonventionelle Methode, die weiterer wissenschaftlicher Prüfung bedarf.
Wir haben sie geprüft. Homöopathie hat nichts mit Naturheilkunde zu tun. Oft wird behauptet, der Homöopathie liege ein „anderes Denken” zugrunde. Dies mag so sein. Das geistige Fundament der Homöopathie besteht jedoch aus Irrtümern („Ähnlichkeitsregel”; „Arzneimittelbild”; „Potenzieren durch Verdünnen”). Ihr Konzept ist es, diese Irrtümer als Wahrheit auszugeben. Ihr Wirkprinzip ist Täuschung des Patienten, verstärkt durch Selbsttäuschung des Behandlers.
Wir leugnen nicht, dass sich mit „Homöopathie” mitunter therapeutische Wirkungen erzielen lassen, wobei es sich um so genannte Placebo-Effekte handelt. Nun könnte man einwenden: was scheren uns Wirkprinzip und geistiges Fundament, wo es doch allein auf den Effekt ankommt.
Nach dieser Logik müssten unsere Medizinstudenten auch in folgenden Gegenständen unterrichtet und geprüft werden: Irisdiagnostik; Reinkarnationstherapie; astrologische Gesundheitsberatung (Bedeutung der Sternzeichen für die Neigung zu bestimmten Krankheiten). Mit all diesen Methoden, deren Wirkprinzip die Täuschung ist, lassen sich nicht nur therapeutische Effekte, sondern auch beträchtliche Umsätze erzielen. Mit den geistigen Grundlagen der Philipps-Universität Marburg sind diese Methoden ebenso wenig vereinbar, wie es die „Homöopathie” ist.
Wir behaupten keineswegs, dass die von uns vertretene Wissenschaft alles erforschen und erklären kann; wohl aber versetzt sie uns in die Lage zu erklären, dass die Homöopathie nichts erklären kann. Ein der Allgemeinheit von interessierter Seite eingeredeter Aberglaube mag dies anders sehen und sich Ausgewogenheit und Zusammenarbeit zwischen „Homöopathie” und „Allopathie” wünschen. Richtschnur unseres Handelns ist aber nicht ein in der Bevölkerung lebender und publizistisch geschürter Aberglaube, sondern die menschliche Vernunft, die uns sagt, dass die Worte „Homöopathie” und „Allopathie” nicht etwa einen Gegensatz, sondern eine einzige unsinnige Begriffswelt bezeichnen. Wir weisen darauf hin, dass an der Philipps-Universität Marburg auch keine „Allopathie” gelehrt wird.
Wenn unsere Universität sich dazu zwingen ließe, den Lehrgegenstand „Homöopathie” in neutralem Sinne anzubieten, würde sie ihren Auftrag verraten und ihre geistige Grundlage zerstören. Eine neutrale Ausbildung in „Homöopathie” findet deshalb nicht statt und ist auch nicht einklagbar. Die Philipps-Universität Marburg wird darüber wachen, dass ihren Studenten aus dieser Haltung keine Nachteile bei Prüfungen erwachsen.
Die Erklärung spricht für sich. Im Vergleich dazu das Statement der Uni Magdeburg, die ab dem Wintersemester 2011/2012 einen Masterstudiengang Homöopathie anbieten wird:
Wir wollen den homöopathischen Ärzten solide Werkzeuge in die Hand geben und sie befähigen, die Ergebnisse ihrer Arbeit kritisch zu bewerten. Köthen ist das Mekka der Homöopathie. Da wäre es unsinnig, wenn dieser Studien- gang nicht von einer Universität des Landes Sachsen-Anhalt begleitet würde.
Ausführliche und kommentierte Antworten der Magdeburger Hochschulleitung finden sich hier und hier bei Florian. Zur Sachsen-Anhaltinischen Millioneninvestition in das Köthener Homöopathie-Mekka verweise ich an dieser Stelle noch auf einen aktuellen Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung, der ebenfalls keiner weiteren Kommentierung bedarf:
Knappe Kassen, Personalmangel, fehlende Mäzene: Vor allem kleine und mittlere Ausstellungshäuser haben nach Angaben des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt mit solchen Widrigkeiten zu kämpfen. Einzelne Museen sind sogar in ihrer Existenz bedroht, wie Verbands-Geschäftsführerin Susanne Kopp-Sievers in Bernburg sagt. So seien etwa das Winckelmann-Museum in Stendal und das Friedrich-Ludwig-Jahn-Museum in Freyburg gefährdet.
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