Heute komme ich endlich mal dazu, eine wirklich tolle Software für Wissenschaftler/innen vorzustellen, die nicht nur kostenfrei erhältlich sondern auch noch LaTeX-kompatibel ist.
Mit neuen Artikeln sieht es in meinem Blog in letzter Zeit ja eher mau aus, was vor allem zwei Gründe hat. Zum einen habe ich in den letzten Wochen viel Zeit in die Endredaktion eines Lehrbriefs zum Thema “Lichtökologie und Lichtverschmutzung” gesteckt, der als Teil eines Stadtplanungs-Lehrgangs im Düsseldorfer Euroforum-Verlag erscheint. Zum anderen arbeiten meine Kollegen und ich aktuell an den letzten beiden Lehrbriefen für unseren Optik-Fernlehrgang, der Anfang des kommenden Jahres endlich starten soll. Und da müssen nun noch knapp 500 Seiten “LaTeXifiziert” und gegengelesen werden…
Heute lasse ich den LaTeX-Editor trotzdem für eine Weile links liegen um nach mehrfachem Verschieben endlich einmal Citavi vorzustellen – eine Software zur Literaturverwaltung und Wissensorganisation, die ich seit einigen Monaten verwende und von der ich mittlerweile ziemlich begeistert bin. Die kostenfreie Version, die sich hier herunterladen lässt, gestattet die Verwaltung von 100 Quellen pro Datenbank, was für meinen Bedarf bislang ausgereicht hat. Wer an einem umfangreicheren Projekt arbeitet, kann auf Citavi Pro umsteigen, wobei an manchen Hochschulen auch schon Campuslizenzen verfügbar sind. Von der Begrenzung auf 100 Titel (wohlgemerkt pro Datenbank, nicht insgesamt) abgesehen, gibt es bei Citavi Free keinerlei Einschränkungen oder zeitlichen Begrenzungen.
Vermutlich verdeutlicht ein Beispiel am Besten, was die Software kann. Mal angenommen, ich schreibe gerade einen Fördergeldantrag für ein Projekt zum Thema “Lichtsmog-arme Beleuchtung” und benötige noch einen Beleg für die Feststellung, dass falsche Beleuchtung in der Nähe von Flussufern einen negativen Einfluss auf aquatische Ökosysteme haben kann. In diesem Fall genügt ein Blick in die Biologie-Abteilung der Zitatenliste in der Datenbank mit Lichtsmog-Quellen (die Zahl der Datenbanken ist bei Citavi Free ebenfalls nicht begrenzt). Und siehe da: “Künstliche Lichtquellen in Ufernähe stellen einen erheblichen Eingriff in aquatische Ökosysteme dar und können zu einer Artenverarmung führen.”
(Wer die Bilder in einer vernünfigen Auflösung sehen will: bitte einfach anklicken)
Ein Klick auf die Zusammenfassung öffnet das Zitatenfenster mit der Langfassung, ein weiterer Klick bringt mich zum entsprechenden Eintrag in der Literaturliste – in diesem Fall zu der interessanten Untersuchung von Mark Andreas Scheibe, über die ich hier auch schon mal gebloggt hatte. Passt die Aussage, habe ich in weniger als drei Minuten einen sauberen Quellbeleg mit Seitenzahl, den ich z.B. als Fußnote in meinen Text einfügen kann.
Ebenfalls möglich ist die Suche nach passenden Quellen über die Inhalte der Abstracts, wobei man über den Button “Literaturliste” eine selbst zusammengestellte Quellauswahl ausgeben kann. Der Clou dabei ist, dass das Programm unterschiedliche Zitationsstile kennt, wie sie z.B. von “Science” oder “Nature” vorgegeben werden. Auf die Weise kann man sich sicher sein, dass die von Citavi erstellte Literaturliste stets den geforderten Vorgaben entspricht – noch nicht erfasste Formate anderer Zeitschriften lassen sich problemlos selbst anlegen.
Ein weiterer Clou verbirgt sich hinter dem Button “Skript”. Hier lassen sich entweder alle Zitate oder eine selbsterstellte Zitatauswahl geordnet nach Kategorien in Form eines Skripts – natürlich inklusive aller Quellenangaben – zusammenfassen. Auf diese Weise kann man für ein bestimmtes Thema (z.B. “Insekten und Lichtsmog”) schnell einen “Reader” mit den wichtigsten Aussagen und einer weiterführenden Literaturliste erstellen.
Bevor man das Tool auf diese Weise nutzen kann, müssen natürlich erst einmal Quellen erfasst und eingepflegt werden. Dabei unterscheidet Citavi zwischen den verschiedenen Quelltypen (z.B. Aufsätze in Zeitschriften, Beiträge in Tagungsbänden, Hochschul-Skripte, Bücher etc.) und bietet jeweils eine eigene Eingabemaske mit passenden Feldern an.
Exemplarisch sieht das z.B. für das lesenswerte Paper von Longcore und Rich über durch Lichtverschmutzung ausgelöste Verhaltensänderungen so aus:
Über den Reiter “Inhalt” lässt sich anschließend zu jedem erfassten Dokument ein Abstract (bzw. falls kein Abstract existiert auch eine kurze eigene Zusammenfassung) sowie ein Inhaltsverzeichnis hinterlegen. Außerdem kann man das Dokument verschlagworten und selbst definierten inhaltlichen Kategorien zuweisen, um es besser auffindbar zu machen.
Unter “Aufgaben” lassen sich darüber für jedes Dokument ToDo-Listen erstellen und verwalten. So behält man in einem größeren Projekt stets die Übersicht darüber, aus welchem Dokument noch Bilder einzuscannen sind und welche Bücher bis wann in die Bibliothek zurückgebracht werden müssen.
Die oben bereits gezeigten Zitate lassen sich unter dem gleichnamigen Reiter anlegen und unter Angabe einer Seitenzahl mit einer kurzen Zusammenfassung versehen.
Literaturlisten zu bestimmten Themen oder Autoren lassen sich auf diese Weise leicht erstellen. Was die Software aus meiner Sicht besonders attraktiv macht, ist dabei die automatische Generierung von Quellenangaben für Paper oder Buchkapitel. Verwendet man beim Schreiben einen eindeutigen Platzhalter wie beispielsweise < / Scheibe >, so kann man ein mit OpenOffice (oder auch Word) verfasstes Dokument von Citavi “scannen” und ein passendes Literaturverzeichnis mit dem benötigten Zitationsstil erstellen lassen.
Nun arbeite ich wie viele meiner Kollegen natürlich so oft wie möglich mit LaTeX und BibTeX – und erfreulicherweise unterstützt Citavi auch die Erstellung von Literaturverzeichnissen für TeX-Dokumente. Mit einem Klick lassen sich die für TeX benötigten BibTeX-Keys aus Citavi heraus erstellen – und wenn alle verwendeten Quellen in Citavi erfasst sind, kann man sogar gleich die ganze BibTex-Datei generieren lassen.
Alles in allem ein wirklich gutes Tool, das mir die Arbeit teilweise ganz schön erleichtert – auch wenn es am Anfang natürlich eine Menge Zeit kostet, einen “Grundbestand” an Literatur einzupflegen. Hat man aber erst mal 50 Paper und mehr erfasst, ist Citavi beim Erstellen von Artikeln, Blogposts und sogar Tweets wirklich eine große Hilfe – vor allem deshalb, weil man immer fix einen Beleg zur Hand hat (und wie Blog-Kollegin Ludmila immer so schön sagt, sollte man seinen S***** schon belegen können…). Mal sehen, ob ich bei der nächsten Software-Bestellrunde eine Campuslizenz für unsere Hochschule ergattern kann…
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