Auf der Webseite des Deutschen Bundestages wartet seit heute eine spannende Petition auf Mitzeichner, die vom Blogger-Kollegen Lars Fischer von den Scilogs eingereicht wurde. Ziel ist die Herstellung einer freien Verfügbarkeit steuerfinanzierter Forschungsergebnisse.
Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass wissenschaftliche Publikationen, die aus öffentlich geförderter Forschung hervorgehen, allen Bürgern kostenfrei zugänglich sein müssen. Institutionen, die staatliche Forschungsgelder autonom verwalten, soll der Bundestag auffordern, entsprechende Vorschriften zu erlassen und die technischen Voraussetzungen zu schaffen.
Begründung
Die öffentliche Hand fördert Forschung und Entwicklung nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung jährlich mit etwa 12 Milliarden Euro. Die Ergebnisse dieser Forschung jedoch werden überwiegend in kostenpflichtigen Zeitschriften publiziert. Es ist nicht angemessen, dass der Steuerzahler für die von ihm finanzierten Forschungsergebnisse erneut bezahlen muss.
Wegen der hohen Kosten und der Vielzahl wissenschaftlicher Zeitschriften sind Forschungsergebnisse nur in wenigen Bibliotheken einsehbar. Den meisten Bürgern ist der Zugang zu der von ihnen finanzierten Wissenschaft dadurch nicht nur erschwert, sondern de facto ganz verschlossen.
Den Bürger von der Wissenschaft auszusperren ist nicht nur schädlich, sondern auch unnötig. Andere Länder haben vergleichbare Vorhaben bereits umgesetzt. Die US-Amerikanische Behörde National Institutes of Health (NIH) verlangt, dass alle von ihr finanzierten Publikationen binnen 12 Monaten an einem zentralen Ort öffentlich zugänglich sind. Die grundsätzliche Struktur des wissenschaftlichen Publikationswesen verändert sich hierdurch nicht.
Dem ist im Grunde wenig hinzuzufügen. Wer schon einmal Paper im Netz gesucht hat, dürfte mit der Problematik ohnehin leidvoll vertraut sein – kaum hat man ein vielversprechendes Abstract entdeckt, schon muss man feststellen, dass der Volltext leider nur kostenpflichtig zu haben ist. Da man für ein eigenes Projekt, ein Paper oder einen Fördergeldantrag schon mal ein paar dutzend Paper gut gebrauchen könnte, stößt man schnell an eine Kostengrenze und muss – ohne genaue Kenntnis des Inhalts – überlegen, welche Paper man kauft und auf welche man – wenn auch schweren Herzens – verzichtet.
Ganz abgesehen davon, dass dies wenig innovationsfördernd ist, führt die momentane Praxis auch dazu, dass der Steuerzahler doppelt zur Kasse gebeten wird: Zuerst finanziert er die Forschung von Prof. X an der Universität A, anschließend müssen die Kollegen an den Universitäten B, C und D die Ergebnisse käuflich erwerben, was ja meistens ebenfalls mit Steuermitteln geschieht – eine gerade in Zeiten knapper Kassen unhaltbare Situation. Will man sich am Ende gar noch selbst mit den Ergebnissen befassen, muss sogar ein drittes Mal in den Geldbeutel gegriffen werden – das ist wirklich schwer vermittelbar.
Darüber hinaus ergibt es sich eigentlich von selbst, dass auch die nicht in der universitären Landschaft tätige Mehrheit der Steuerzahler einen Anspruch darauf hat, auf die Ergebnisse von ihnen finanzierter Forschung zugreifen zu können. Mir fällt kein guter Grund dafür ein, warum ein Schüler oder ein Hobby-Astronom nicht beispielsweise freien Zugriff auf Florians Artikel zur Planetenbildung haben sollte. Wenn wir als Gesellschaft Bildung fördern, Innovationen anstoßen und Menschen für Forschung und Wissenschaft begeistern wollen, dürfen wissenschaftliche Ergebnisse nicht nur einem kleinen Personenkreis zugänglich sein.
Wie die Diskussion im Fischblog zeigt, gibt es vermutlich keine einfache Lösung: Was würde aus dem Verwertungsrecht der Verlage? Wer könnte die Veröffentlichung organisieren und kontrollieren, wer den Zugriff gewährleisten? Sollte es einen zentralen Publikationsserver geben oder sollte man für die Autoren lediglich die Option schaffen, eigene Artikel und Ergebnisse nach Belieben ins Netz stellen oder verteilen zu können? Lässt sich ein freier Zugriff vielleicht auch ganz anders erreichen – beispielsweise dadurch, dass der Staat den freien Zugang zu Forschungsergebnissen zur Auflage bei der Fördermittelvergabe macht?
Unabhängig davon, wie eine optimale Lösung aussehen könnte, ist es auf jeden Fall höchste Zeit, dass sich der Bundestag einmal mit dem Themenfeld “Open Access in der Forschung” befasst. Finden sich in den nächsten drei Wochen mindestens 50.000 Unterzeichner, wäre eine öffentliche Anhörung so gut wie sicher – wobei es auch schon Petitionen mit weniger Signaturen vor den Ausschuss geschafft haben. Erinnert sei nur an die Petition gegen Lichtverschmutzung vom vergangenen Jahr, die mit 8.000 Signaturen vor dem Ausschuss diskutiert wurde und die darüber hinaus den Anstoß zum ersten Bundestags-Fachgespräch zum Thema lieferte, welches Anfang diesen Jahres von den Grünen organisiert wurde.
Wer sich mehr “Open Access” in der Forschung wünscht, sollte die Petition also auf jeden Fall unterzeichnen. Am ersten Tag sind bereits über 160 Signaturen eingangen – zumindest die 8.000 scheinen also durchaus erreichbar zu sein…
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