Dank der Berichterstattung über die Studentenproteste (aka #unibrennt) bin ich über eine technisch ziemlich weit ausgereifte Plattform für Online-Vorlesungen gestoßen.
Grundsätzlich finde ich es ja immer gut, wenn Professoren und Dozenten so viel Material wie möglich zu ihren Vorlesungen ins Netz stellen, d.h. ihre Folien und / oder Skripte generell verfügbar machen. Ich kenne einige Kollegen, die das ganz bewusst nicht tun, weil sie verhindern wollen, dass die Studenten sich zu sehr auf das Material verlassen oder weil sie befürchten, dass Kollegen sich ungefragt bei ihnen “bedienen”. Mich schreckt das weniger ab, weshalb ich die Folien zu meinen Veranstaltungen unter anderem über slideshare.net zum Download sowie zum Einbinden in Web-Projekte anbiete – was dann so aussieht…
Dank der Studentenproteste bin ich nun auf die Online-Plattform Lecturio aufmerksam geworden, über die sich ganze Vorlesungen ins Netz stellen lassen. Dabei zeigt ein kleines Video-Fenster den Lehrenden, während in einem großen Fenster die Folien zu sehen sind (die sich, wie der Screenshot zeigt, während der Vorlesung sogar vom Lehrenden mit zusätzlichen Anmerkungen versehen lassen). Darüber hinaus gibt es ein Inhaltsverzeichnis, welches den Sprung an beliebige Stellen des Vortrags ermöglicht, eine Kommentarspalte sowie eine Feedback-Funktion für den Vortragenden. Mir fehlt noch die Option, die Folien auch herunterladen zu können, sonst ist aber eigentlich alles vorhanden, was man sich für eine “Online-Vorlesung” wünschen kann.
Ich muss sagen, dass ich das System ziemlich gut finde, auch wenn der Besuch einer “Online-Vorlesung” natürlich keine richtige Veranstaltung ersetzt. Eine gute Möglichkeit, einfach mal in Vorlesungen aus ganz anderen Fachgebieten “reinzuschnuppern” oder zu einem Spezialthema einen Expertenvortrag zu hören, zu dem man sonst nicht hinkäme, bietet die Plattform aber allemal. Wer mal ein gutes Beispiel sehen will, dem sei diese Vorlesung zur Gutenberg-Funktion von Prof. Küpper von der LMU München empfohlen.
Ein wenig schade ist allerdings die momentane “thematische Einseitigkeit” der Plattform. Als Wirtschaftler werde ich zwar mit Unternehmensorganisation, empirischer Ökonomie und linearer Regression gut bedient, sehr viel mehr interessieren würden mich aber natürlich “fachfremde” Vorträge z.B. aus Astronomie, Biologie, Theologie oder Geschichte – zumal gerade die Wirtschafts-Vorlesungen nicht alle kostenfrei “besucht” werden können. Im natur- und geisteswissenschaftlichen Bereich ist jedoch leider (noch) nicht viel zu finden, allenfalls die Vorträge zu den Themen “Heilsversprechen – vom Säkularisierungsglauben zur Rückkehr der Religionen “ und “Freitod als Waffe” machen diesbezüglich einen interessanten Eindruck.
Aktuell dominieren jedenfalls Themen aus Wirtschaft, Statistik und Informatik – wer sich dafür erwärmen kann, sollte auf jeden Fall mal einen Blick riskieren. Und soweit es die Astronomie angeht – vielleicht lässt sich Florian ja dazu überreden, den vielgelobten Grundkurs zum Sonnensystem mal für seine Online-Fanbase aufzuzeichnen…
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