Im Fahrwasser zu “Klimagate” war in unseren Qualitätsmedien ja einiger Unsinn zu hören und zu lesen. Ein ganz besonderes Highlight lieferte am Wochenende Ulli Kulke in der WELT ab, der sich vor dem “Wissenschaftstotalitarismus” fürchtet.
Ohne Worte:
In Kopenhagen sucht die Politik nach einer schnellen Antwort auf den Klima- wandel. Eines ihrer Probleme sind die Wissenschaftler. Denn sie schüren die Angst und mischen sich zu viel in die politische Debatte ein. Das bedroht eine der größten Errungenschaften der Zivilisation: die Demokratie.
Die Größe des postulierten Problems Klimawandel und der sich daraus erge- benden Jahrhundertaufgabe Klimaschutz werde – solle – nicht spurlos an den herrschenden Gesellschaftssystemen vorübergehen. Lange schlummernde Totalitarismus-Fantasien scheinen aufzuleben.
Angesichts vermeintlicher Klarheit über den Marsch in den Weltuntergang geistert immer wieder die historienschwere Floskel durch den Klimadiskurs: „Später kann niemand sagen, er habe nichts gewusst”. Könnte diese gewagte Assoziation vom Klima zu den Verdrängungsmechanismen in der Nazizeit womöglich ganz anders passen, nämlich auch in der Frage eines aufkommenden Totalitarismus?
Noch ruft niemand offen nach dem Diktator. Vorerst steht zur Diskussion „nur” ein autoritäres Regime der Experten, offen so beschrieben in jenem Buch von Shearman und Smith. Ganz nach dem Ideal von Platons Staatsver-ständnis, der von der „Philosophenherrschaft” träumte. Eine bizarre Vision: Hans Joachim Schellnhuber, heute nur Chef des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung, bald aber schon in Platons Sinne der Regierende, Wissende und Lehrer, der Wächter zur Verteidigung des Staates, ja der Souverän selbst? Und wir alle anderen, so, wie es sich der griechische Philosoph vorstellte, sind dann die Bauern und Handwerker, das wirt- schaftliche Fundament des Staates?
UN-GLAUB-LICH was sich die WELT da geleistet hat. Das klingt mehr nach einer wirren Verschwörungstheorie als nach einem journalistischen Beitrag in einem der meistgelesenen deutschen Printmedien. Neben den Nazi-Vergleichen und der dreisten Unterstellung dass wir, wenn es nach “der Wissenschaft” ginge, demnächst unsere Bürgerrechte aufgeben müssten, stört mich am meisten die sinnbefreite Hysterie um die “Diktatur der Experten”. Schließlich käme auch kein Mensch auf die Idee, im Verbot eines Zusatzstoffs für Lebensmittel durch das Verbraucherschutzministerium einen diktatorischen Akt zu sehen. Die Umgehung des US-Parlaments durch die EPA mag ja ein durchaus diskussionswürdiger Vorgang gewesen sein – bis zur Ausrufung des Vierten Reichs ist es aber noch ein wirklich weiter Weg…
Ach ja: Es heißt natürlich EPA und nicht Epa… Vielleicht kann die WELT-Redaktion das ja beim nächsten Verschwörungs-Artikel noch korrigieren. Wenigstens dürfte das Casting für den Klimaschmock des Monats Dezember mit diesem Artikel entschieden sein…
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