-Dr. Horace Pile (aus „Killer Fog”, BBC)
In den darauffolgenden Tagen starben so viele Menschen, dass die Leichen in den Kellern der Beerdigungsinstitute übereinander gestapelt werden mussten. Die meisten Toten wiesen blaue Lippen auf, was darauf hindeutet, dass die meisten Betroffenen in der Tat einfach erstickt waren. Auch Herzstillstand aufgrund von Kreislaufüberlastung war – nach allem was wir heute wissen – eine wesentliche Todesursache.
Der schlimmste der fünf Tage war Sonntag, der 6. Dezember, an dem fast 1.000 Menschen ihr Leben ließen. Am Montag verbesserte sich die Lage allmählich, doch erst ein am 9. Dezember einsetzender starker Südwestwind konnte den tödlichen Nebel auflösen. Als sich der Nebel verzogen hatte, waren über 4.000 Menschen daran gestorben – und 8.000 sollten in den kommenden Monaten an Folgeerkrankungen zugrunde gehen.
„My mother always came to meet me from school, talking to me, trying to make it seem as natural as possible so I would not get worried and afraid. I suddenly told her to stop – and if I had not done, she would have hit her nose on the wall, because she had not realized that she was so close to it. She was inches from it.”
– June Bretherton (aus „Killer Fog”, BBC)
Als eine von der Regierung eingesetzte Untersuchungskommission eine erste, vorläufige Bilanz zog, stellte sich heraus, dass sich die Sterberate in London in den Tagen der Katastrophe beinahe verdreifacht hatte, wobei bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders stark betroffen waren. So stieg beispielsweise in der Gruppe der 65-75jährigen die Sterberate um ganze 235% an. Auch chronisch Lungenkranke waren schwer betroffen.
Wie viele Menschen die Smog-Katastrophe insgesamt das Leben kostete, ist noch heute weitestgehend unklar, da neben den etwa 12.000 Toten, die man dem Ereignis direkt zuordnen kann, auch schwerwiegende Langzeit-Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung – etwa das Lungenkrebs-Risiko – vermutet werden.
Aber gehört der Nebel nicht zu London?
Tatsächlich gibt es in London schon seit dem 13. Jahrhundert Probleme mit der Luftqualität – wer kennt nicht die Bilder von London mit dichten Nebelschwaden, wegen denen es sogar den Maler Claude Monet in die Stadt zog?
„London is never clear of this smoke, which is a plague and indeed intolerable because it kills not at once but always and is worse than even death itself. I propose therefore that by an act of this present parliament this infernal nuisance be reformed and that all these works be removed five to six miles distant from London.”
– John Evelyn, 1661
Auch die Fans von Sherlock Holmes sind mit dem Problem vertraut:
„In the third week of November, in the year 1895, a dense yellow fog settled down upon London. From the Monday to the Thursday I doubt whether it was ever possible from our windows in Baker Street to see the loom of the opposite houses”
– Sir Arthur Conan Doyle, The Adventure of the Bruce-Partington Plans, 1908
Trotz der bereits seit Jahrhunderten bestehenden Probleme war das Smog-Ereignis von 1952 in zweierlei Hinsicht einzigartig. Zwar waren auch in vorangegangenen Episoden besonders starker Luftverschmutzung stets zahlreiche Menschen gestorben, dies jedoch meistens nach tage- oder wochenlager Erkrankung im Krankenbett. Einen Nebel, der Menschen innerhalb von Minuten regelrecht zu Tode würgte, hatte man in London noch nicht erlebt. Der zweite große Unterschied bestand in der hohen Anzahl an Toten. Zwar hatten vorangegangene Smog-Episoden hunderte, bisweilen sogar tausende Opfer gefordert – 12.000 Tote waren jedoch selbst für die schlechten Londoner Verhältnisse entsetzlich viel.
Der erste Versuch, die Probleme mit der Luftqualität in London einzudämmen, war der „Public Health Act” von 1891. Dieses Gesetz ermöglichte erstmals die Bestrafung von Industriellen, die sich nicht an Auflagen bezüglich der Anzahl von Öfen oder Schornsteinen hielten. Die verteidigten sich vor Gericht jedoch häufig erfolgreich mit dem Argument, dass der Großteil der Verschmutzung aus den mehr als 700.000 privaten Kohleöfen stammte. Dazu kam noch, dass das Gesetz ausdrücklich auf die Eindämmung von „schwarzem Rauch” abzielte – für eine Strafe musste der Rauch daher ausschließlich von schwarzer Farbe sein. Wie man sich leicht vorstellen kann, waren Verurteilungen eher selten, was auch am Unwillen der Politik lag, die es sich mit der Industrie nicht verscherzen wollte.
„Although I may be told that the smoke from my coal fire assists in poisoning people outside, I prefer that very much to being poisoned myself by a gas fire in my own home.”
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