Eine kuriose Gerichtsposse spielt sich derzeit in den USA ab: Eine Familie aus Baden-Württemberg erhält im Bundesstaat Tennessee politisches Asyl – unter anderem deshalb, weil an deutschen Schulen die Evolutionstheorie unterrichtet wird.
Bereits vor einem Jahr berichtete der Stern über Familie Romeike aus Baden-Württemberg, die aufgrund ihrer religiös begründeten Schulverweigerung in einer Art Dauerkonflikt mit den Behörden lebt.
Bei den Romeikes werden christliche Werte groß geschrieben – und genau die werden ihrer Ansicht nach durch das deutsche Schulsystem nicht vermittelt. Im Gegenteil. Mit Hexen, Vampiren und der Evolutionstheorie würden unsere Schulen stattdessen einen antichristlichen Unterricht fördern. Für Hannelore und Uwe Romeike war das Grund genug, ihre Kinder von der Schule zu nehmen – und sie fortan von zu Hause aus zu unterrichten.
Als man der Familie damit drohte, ihnen die Kinder zu entziehen, flüchtete sie in die USA und beantragte dort Asyl. Ein US-Einwanderungsrichter gab diesem Antrag gestern statt:
Der Fall der Familie Romeike hat am Dienstag eine weitere Wendung genommen. Richter Lawrence Burman in Memphis gab seine Entscheidung bekannt: Die aus Baden-Württemberg stammenden Eheleute Uwe und Hannelore Romeike dürfen im US-Bundesstaat Tennessee bleiben und ihre fünf Kinder wie gewünscht weiterhin selbst zu Hause unterrichten.
Die Begründung liest sich mehr als abenteuerlich:
Homeschoolers are a particular social group that the German government is trying to suppress. This family has a well-founded fear of persecution, therefore, they are eligible for asylum – and the court will grant asylum.
Im Grunde ist es einfach unglaublich: Die Vereinigten Staaten gewähren tatsächlich einer deutschen Familie Asyl, weil die das Schulsystem nicht christlich genug finden. Darüber musste ich heute früh beim Lesen des SPIEGEL-Artikels erst mal wegkommen. Auch und gerade als Protestant, der um die Vielfalt des konfessionellen Schulwesens in Deutschland weiß. Wobei die diesbezüglichen nicht-kreationistischen Angebote der Familie ja offenbar nicht genehm waren…
Mein persönliches Highlight ist übrigens dieser Satz:
We can not expect every country to follow our constitution. The world might be a better place if it did. However, the rights being violated here are basic human rights that no country has a right to violate.
Für die Bundesregierung könnte der Affront nun zu einem Problem werden – denn immerhin kann es ja “politisch Verfolgte” prinzipiell nur in einem Unrechtsstaat geben. Noch hätte es die US-Regierung in der Hand, das Urteil des Einwanderungsgerichts zu kippen – fechtet die Obama-Administration die Entscheidung nicht an, wäre ein Präzedenzfall mit weitgehend unklaren Folgen geschaffen…
Vielleicht erfreut uns Ali ja noch mit einer Analyse aus Experten-Sicht…
(Foto: Joachim Müllerchen, gefunden in der Wikipedia)
Weiterführende Links:
Deutsche Welle: US judge grants German homeschooling family asylum
Telegraph: German homeschoolers granted political asylum in US
pro: Homeschooler erhalten Asyl in den USA
evangelisch.de: Schulpflichtgegner finden “politisches Asyl” in den USA
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