Eine interessante Rechnung haben McAfee und ICF International aufgemacht: Wie viel CO2 wird eigentlich durch den Versand von Spam-E-Mails in die Atmosphäre eingetragen? Das Ergebnis überrascht: Die CO2-Bilanz von Spam ist verheerend.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des enormen Spam-Aufkommens wurden schon oft untersucht. Die unerwünschten E-Mails, die von Viagra-Angeboten über Billig-Kredite bis hin zu völlig hanebüchenen Investitionsideen allen möglichen und unmöglichen Unsinn enthalten, verursachen einen jährlichen Sinnlos-Arbeitsaufwand von etwa 100 Milliarden Stunden – und machen ganze 97%(!) des weltweiten E-Mail-Aufkommens aus. Aber wie sieht eigentlich die Energiebilanz dieses enormen Datenverkehrs aus?
Dieser Frage widmet sich eine lesenswerte Studie, die durch den Softwarehersteller McAfee bei ICF International in Auftrag gegeben wurde, und die unter dieser Adresse kostenfrei angefordert werden kann (eine Registrierung ist leider erforderlich). Dabei wurde ermittelt, wie viel Energie auf dem “Lebensweg” einer Spam-E-Mail etwa verbraucht wird (Sammlung von Adressen, Erstellung der E-Mails, Versand, automatische oder manuelle Filterung etc.). So dauert es beispielsweise durchschnittlich drei Sekunden, bis der Empfänger einer E-Mail diese als Spam identifiziert und gelöscht hat – bei hunderten von Spams, die so mancher Benutzer täglich in der Mailbox vorfindet, kommt da natürlich einiges zusammen.
Einige interessante Zahlen habe ich mir mal herausgepickt:
- Auf dem “Lebensweg” einer Spam-E-Mail werden etwa 0,3g CO2 freigesetzt – die gleiche Menge Treibhausgas, die ein durchschnittlicher PKW auf einer Strecke von einem Meter ausstößt.
- Die Abschaltung des berühmt-berüchtigten Spam-Versenders McColo Inc. im November 2008 entsprach aus energetischer Sicht der Stillegung von 2,2 Millionen PKWs.
- Umgerechnet in “Auto-Kilometer” könnte man den Erdball mit der Energie, die jedes Jahr auf Spam-E-Mails verschwendet wird, ganze 1,6 Millionen Mal umrunden.
- Der mit Spam-E-Mails verbundene Energieverbrauch entsteht – ebenso wie der finanzielle Schaden – primär (~80%) bei der manuellen E-Mail-Filterung (d.h. der Durchsuchung der Inbox nach seriösen E-Mails und der Löschung des Spam).
- Die CO2-Bilanz von Spam liegt bei 17 Millionen Tonnen, was 0,2% des weltweiten CO2-Ausstoßes bzw. dem Ausstoß von 1,5 Millionen US-Haushalten entspricht.
Der Studie zufolge werden jährlich 33 Milliarden Kilowattstunden (33 Terawattstunden) auf Spam verschwendet. Um diese Zahl etwas greifbarer zu machen, habe ich mir mal ein paar Werte zum Vergleich gesucht:
- Für die nächtliche Außenbeleuchtung in Deutschland werden einer Untersuchung des VDI zufolge jedes Jahr etwa 4 Terawattstunden Energie verbraucht*. Würden wir ein also ein wenig sparsamer mit Licht umgehen, ließe sich mit der auf Spam-E-Mails in einem Jahr verschwendeten Energie das gesamte Land zehn Jahre lang beleuchten.
- In Sachsen-Anhalt werden jährlich etwa 3 Terawattstunden Energie durch Windkraft erzeugt – gerade mal ein Zehntel der Energie, die durch Spam weltweit verschwendet wird. Die 3 Terawattstunden deckten immerhin 42% des Nettostromverbrauchs unseres Bundeslandes ab.
- Setzt man die Energieverschwendung durch Spam ins Verhältnis zur Stromerzeugung durch regenerative Energieanlagen in der Bundesrepublik, kommt man bezüglich Solarstrom auf ein Verhältnis von 13% (4,3 Terawattstunden), bezüglich Windkraft auf 69% (23 Terawattstunden) und bezüglich Wasserkraft auf 81% (27 Terawattstunden).
Wie die Zahlen zeigen, macht es also auch aus Gründen des Klimaschutzes Sinn, gegen die steigenden Spam-Zahlen vorzugehen – mal ganz abgesehen von den finanziellen Schäden (und der nervtötenden Belästigung durch Viagra-Werbung und ähnlichen Mist).
Die deutsche Gesetzgebung ermöglicht gegenwärtig übrigens noch keine strafrechtliche Verfolgung von Spam-Versendern, wenngleich die Verschleierung des Mail-Absenders bei kommerziellen Nachrichten nach dem Telemediendienstgesetz (§6 Abs. 2) immerhin als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit einem Bußgeld belegt werden kann.
* Spilok, K: Trübe Funzeln und leuchtende Vorbilder, VDI-Nachrichten, Stuttgart, 25.01.2008
Zum Thema siehe auch: Gschiegl, Dominik: Economics of Spam; Bakkalaureatsarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien, 2006, https://epub.wu-wien.ac.at/dyn/virlib/bakkWI/showentry?ID=epub-wu-01_a60&style=aihtml
… und just for fun: Wer schon immer mal wissen wollte, wo eigentlich der ganze Spam herkommt (Hinweis: im Clip vorgelesene Spam-Texte sind nicht völlig jugendfrei):
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