Jeder Aquarienbesitzer kennt ja diese kleinen Teststreifen, die man zur Überprüfung der Wasserwerte verwendet, und die sich je nach Wassergüte unterschiedlich verfärben. Aber welche Werte werden da eigentlich gemessen – und wie hängen sie miteinander zusammen?
Als großer Aquarienfreund (der allerdings noch nicht über die Nano-Größe hinausgekommen ist), bin ich immer wieder fasziniert von den ökologischen Einblicken, die einem dieses Hobby bietet. Da jedes Aquarium ein kleines (wenn auch nicht in sich abgeschlossenes) Ökosystem ist, kann man aus der regelmäßigen Beobachtung der Wasserwerte einiges über die Vorgänge lernen, die sich tagtäglich in Flüssen, Seen aber auch Kläranlagen abspielen.
Zur Kontrolle der Wasserqualität verwendet man üblicherweise kleine Indikatorstreifen, mit denen sich verschiedenste Wasserwerte messen lassen. Anhand einer Farbtabelle lässt sich anschließend überprüfen, ob sich alle Werte noch im “grünen Bereich” befinden, oder ob z.B. ein Wasserwechsel erforderlich ist. Da das Vergleichen von Farbwerten ohne Kenntnis der Hintergründe ja aber doch irgendwie unbefriedigend ist, versuche ich mich ausnahmsweise mal an einem Artikel mit Chemie- bzw. Biologie-Background (sonst ja eigentlich die Domäne von Ilona, Tobias und Alexander).
Üblicherweise gibt so ein Standard-Test fünf Wasserwerte wieder:
1.pH: Säuregehalt
2.NO2: Nitritgehalt
3.NO3: Nitratgehalt
4.GH: Gesamthärte
5.KH: Karbonathärte
1. Der pH-Wert: Der pH-Wert zeigt an, ob das Wasser (oder eine andere Flüssigkeit) sauer oder basisch ist. Die Abkürzung pH steht für potentia Hydrogenii (Potenz des Wasserstoffs), d.h. die Konzentration von Wasserstoffionen in einer Flüssigkeit. Dabei gibt der pH-Wert die Konzentration nicht direkt wieder, sondern den negativen dekadischen Logarithmus derselben – ein Veränderung um 1,0 stellt daher eigentlich einen Sprung um den Faktor 10 dar. Dies bedeutet beispielsweise, dass Wasser mit mit einem pH-Wert von 3 zehnmal so sauer ist wie Wasser mit einem pH-Wert von 4.
Der Säuregrad wird auf einer Skala von 1 bis 14 gemessen – ist der pH-Wert kleiner als 7, liegt eine saure Flüssigkeit vor, bei einem pH-Wert oberhalb von 7 dagegen eine basische Flüssigkeit. Bei einem pH-Wert um 7 gilt die Flüssigkeit als neutral.
Der pH-Wert ist aus verschiedenen Gründen für die Wassergüte von Bedeutung. Zum einen kann zu saures oder basisches Wasser Wassertiere und -pflanzen schädigen – so können sich beispielsweise die Kiemen von Fischen in saurem Wasser leichter entzünden – zum anderen entscheidet der pH-Wert darüber, ob sich im Stickstoffkreislauf (siehe weiter unten) statt Ammonium giftiges Ammoniak bildet.
Der pH-Wert hängt eng mit der Karbonathärte des Wassers zusammen, die unter Punkt 5 näher betrachtet wird: Bei niedriger Karbonathärte führen selbst kleinste Schwankungen im CO2-Gehalt des Wassers zu großen Schwankungen des pH-Wertes, so dass es beispielsweise zu einem gefährlichen Säuresturz kommen kann. Wenn man also nur einen Wasserwert regelmäßig prüft, sollte es auf jeden Fall der Säuregrad sein. Für Süßwasseraquarien ideal sind übrigens Werte in einem Schwankungsbereich von 1,0 um den Neutralpunkt bei pH7.
2. Der Nitritgehalt: Nitrit- und Nitratgehalt lassen sich eigentlich nur im Kontext des gesamten so genannten Stickstoffkreislaufs erläutern, den ich im zweiten Punkt kurz einschieben möchte.
Die obige amateurhafte Zeichnung verdeutlicht dabei das Grundprinzip: Durch Futter- und Plfanzenreste sowie die Ausscheidungen von Fischen und anderen Wasserlebewesen werden Stickstoff-Verbindungen ins Wasser eingetragen, die in einem mehrstufigen Prozess von Ammoniak bzw. Ammonium über Nitrit zu Nitrat umgewandelt werden.
Bei Ammoniak handelt es sich um ein giftiges, gut wasserlösliches Gas, welches sich aus einem Teil Stickstoff (N) und drei Teilen Wasserstoff (H) zusammensetzt (NH3). Ammoniak ist der Haupt-Grundstoff für Düngemittel und ensteht – ebenso wie Ammonium – primär beim Abbau von Protetinen durch Bakterien, zudem wird es von Fischen abgeatmet.
Ob sich giftiges Ammoniak oder ungiftiges Ammonium bildet, hängt vor allem vom pH-Wert des Wassers ab – allein schon deshalb sollte man diesen Wert stets im Auge behalten. Denn während Ammonium eher ungefährlich ist (und von einigen Wasserpflanzen sogar als Dünger verarbeitet werden kann), ist Ammoniak bereits ab einer Konzentration von etwa 0,1mg/l eine Gefahr für Fische und andere Wasserlebewesen. Steigt die Konzentration auf über 1mg/l, können Fische kein Ammoniak mehr abatmen und fallen somit einer allmählichen Selbstvergiftung zum Opfer Bei pH-Werten von 7 und weniger entsteht fast ausschließlich Ammonium, bei pH-Werten oberhalb von 8 dagegen fast ausschließlich Ammoniak.
In der nächsten Stufe des Stickstoffkreislaufs werden Ammoniak bzw. Ammonium von im Wasser sowie im Filter lebenden Bakterien der Gattung Nitrosomonas unter Verbrauch von molekularem Sauerstoff zu Nitrit (NO2) oxidiert. Auch Nitrit ist immer noch giftig – hier gelten Konzentrationen ab etwa 0,5mg/l als gefährlich.
3. Der Nitratgehalt: In der finalen Stufe erfolgt die Umwandlung von Nitrit in Nitrat (NO3) durch Bakterien der Gattung Nitrobacter, die hierfür ebenfalls molekularen Sauerstoff verbrauchen. Entlang der Umwandlungskette Ammoniak > Nitrit > Nitrat, die auch als Nitrifikation bezeichnet wird, findet somit ein Wandel von giftigen zu weniger giftigen Stoffen statt, der bei der Selbstreinigung von Gewässern eine wichtige Rolle spielt.
Nitrat wird als Düngemittel von Wasserpflanzen aufgenommen und verarbeitet und damit aus dem Wasser entfernt, wobei die ständige Zufuhr von Stickstoff-Verbindungen durch Ausscheidung, Atmung, Futterreste und abgestorbene Pflanzenteile den Kreislauf aufrecht erhält. Ein Überschuss an Nährstoffen kann – wie auch in der Natur – negative Folgen haben und äußert sich meist in verstärktem Algenwachstum. Wie der übermäßige Eintrag von Nitraten und anderen Nährstoffen in natürliche Gewässer den aquatischen Ökosystemen schadet und sogar dazu beitragen kann, dass Gewässer “umkippen”, hatte ich hier ja schon einmal näher betrachtet. Bekommen die Pflanzen dagegen zu wenig Nährstoffe, weisen sie nach einer Weile Mangelerscheinungen auf, die sich durch verringerte Chlorophyll-Poduktion und dem damit verbundenen Ausbleichen (Chlorose) bemerkbar machen.
4. Die Gesamthärte: Die so genannte Gesamthärte hängt von der Menge der im Wasser gelösten Magnesium- und Kalziumsalze ab. Diese werden in der freien Natur mit dem Regen aus dem Boden ausgewaschen und gelangen auf diese Weise in Seen und Flüsse. Ein hoher Anteil an Magnesium- und Kalziumverbindungen sorgt für “hartes” ein niedriger Anteil für “weiches” Wasser (das kennt man ja auch aus der Calgon-Werbung). Die Gesamthärte setzt sich aus der Karbonathärte (siehe Punkt 5) und der Nichtkarbonathärte zusammen.
Die Gesamthärte wird in der etwas eigentümlich klingenden Größe “Grad deutscher Härte” (°dGH) gemessen, wobei sich der Wert zwischen 0 (extrem weiches Wasser) und 25 (extrem hartes Wasser) bewegen kann. Sie beeinflusst eine Reihe von biologischen Funktionen und ist gerade für die Fortpflanzung vieler Fischarten von Bedeutung. Bei Süßwasseraquarien sollte der GH-Wert (je nach Besatz) zwischen 6°dGH und 16°dGH liegen.
5. Die Karbonathärte: Wie schon geschrieben, wird die Karbonathärte vom Anteil der im Wasser gelösten Karbonat- und Hydrogenkarbonat-Ionen bestimmt. Diese dienen als natürlicher pH-Puffer, weshalb der pH-Wert bei niedriger Karbonathärte (unterhalb 3°dGH) zunehmend instabil wird, so dass es zu abrupten (und äußerst schädlichen) Veränderungen wie beispielsweise Säurestürzen kommen kann (die Bedeutung des pH-Wertes wurde ja schon im Zusammenhang mit der Ammoniak-/Ammonium-Bildung angesprochen). Zu hohe KH-Werte (oberhalb von 10°dGH) können allerdings auch das Algenwachstum fördern.
Neben diesen fünf zentralen Werten ermöglichen professionellere Test-Sets auch die Ermittlung von CO2-Gehalt, Ammoniak- und Ammonium-Konzentration sowie Spuren von Kupfer, Zink und Blei, die im Leitungswasser enthalten sein können (weshalb man Wasser aus der Leitung vor der Einleitung in ein Aquarium ja auch entsprechend “entgiften” sollte).
Aquarien sind übrigens nicht nur ein gutes Anschauungsbeispiel für den Stickstoffkreislauf, auch zahlreiche andere chemische und biologische Vorgänge lassen sich beobachten – je nach Besatz beispielsweise die Verdrängung einer Art durch eine andere. Da der Post aber jetzt schon Überlänge aufweist, spare ich mir diesbezügliche Betrachtungen lieber auf…
Kleiner Hinweis am Rande: Die Tetra GmbH bietet unter dieser Adresse zahlreiche eBooklets über Wasserpflege zum kostenfreien Download an, auf die ich (unter anderem) auch beim Schreiben dieses Artikels zurückgegriffen habe. Ohne zuviel Schleichwerbung betreiben zu wollen (gibt ja auch kein Geld) sicher ein guter Tipp, gerade wenn es um die Basics der Aquaristik (Besatz, Einrichtung, Wasserwerte etc.) geht.
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