In einem antiquarischen Buch aus den 20ern bin ich heute zufällig über eine interessante Passage gestolpert, die mich so sehr an diverse Kommentarschlachten in den ScienceBlogs erinnert hat, dass ich sie euch nicht vorenthalten wollte.
Ob es um Klimawandel, um die Relativitätstheorie oder sogar um Genozid geht – häufig begründen die Vertreter abstruser Theorien die Tatsache, dass ihre Ideen nicht ernstgenommen oder abgelehnt werden, mit vermeintlichen gesellschaftlichen “Denkverboten”. Darüber “darf” man eben nicht nachdenken, dazu “darf” man nicht publizieren, jeder Gedanke darüber ist ein Verstoß gegen ein ominöses “Dogma”.
Neben “Glaube keiner Statistik…” und dem “Elfenbeinturm” dürfte das “Denkverbot”-Gambit damit eines der beliebtesten Totschlagargumente überhaupt sein. Über eine frühe Version dieses Arguments bin ich heute zufällig beim Stöbern in einem Buch des US-amerikanischen Autors Charles Hoy Fort (1874 – 1932) gestolpert.
In “Neuland” (1923) versucht Fort darzulegen, warum sich sogenannte “Steinregen” seiner Ansicht nach nur dadurch erklären lassen, dass die Erde sich in Wirklichkeit weder um die Sonne noch um die eigene Achse dreht. Und nun achte man mal gut darauf, wie Fort die Erfolglosigkeit dieser These begründet:
Bei anderen Arten von Daten stelle ich jedoch fest, dass alle auf die eine Erklärung hinauslaufen: dass nämlich die Erde stillsteht. Aber dieses Thema ist anscheinend sakrosankt. Dass die Erde stillsteht darf man nicht denken. Überprüfung verboten. Über dieses Thema anders zu denken, als einem gesagt wird, gilt offenbar als gottlos. […]
Dies denken heißt, gegen die Wände unteriner Dogmen zu schlagen.
Nichts Neues unter der Sonne eben. Fort zu lesen lohnt sich übrigens aus vielerlei Gründen. So hat sich ja beispielsweise Michael Blume erst neulich in den Chronologs gefragt, ob hinter Paläo-SETI – der maßgeblich durch Erich von Däniken geprägten Vorstellung, Außerirdische wären in die Entstehung menschlicher Urzivilisationen involviert gewesen – nicht auch eine religiöse Vorstellung von einer höheren Macht steckt, die gewissermaßen über uns wacht. Auch dieses Motiv kann man bei Fort – dem Urvater des Paläo-SETI – wiederfinden:
Wir aber stellen uns vor, dass die Entwicklung dieser Erde überwacht wird, aber die Namen Jehova und Allah scheinen uns veraltet. Eines Tages werde ich Daten veröffentlichen, die mich argwöhnen lassen, dass viele Erscheinun- gen auf dieser Erde, die früher einmal von Theologen und Dämonologen gedeutet wurden, heute jedoch Gegenstand der psychischen Forschung sind, auf Wesen und Objekte zurückgehen, welche diese Erde besuchten – nicht aus einer spirituellen Daseinsform, sondern aus dem Weltraum.
Wie bereits festgestellt – nichts Neues unter der Sonne. Vielleicht rezensiere ich bei Gelegenheit mal ein Fort-Buch. Insbesondere über das “Book of the Damned” – eine Sammlung von Daten, die laut Fort von der etablierten Wissenschaft ignoriert werden
– würde sich ein Artikel auf jeden Fall lohnen.
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