Der Mensch übt keinen nachweisbaren Einfluss auf das globale Klima aus, Maßnahmen zum Klimaschutz schaden nur der Wirtschaft und überhaupt geht es den Menschen mit steigenden CO2-Werten immer besser – so zumindest die Thesen, die Fred Singer auf einer FDP-Veranstaltung im Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestages vortrug.
Mit dabei: Die umweltpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Marie-Luise Dött, die sich Singers Thesen einem Bericht der Financial Times zufolge vollumfänglich anschloss:
Die Runde ist beeindruckt. “Ich fand Ihre Ausführungen, Professor Singer, sehr, sehr einleuchtend und sehr schön amerikanisch vorgetragen, mit einfachen Worten auf den Punkt gebracht”, sagt Dött. Die Frage sei nun, wie man die Politik wieder auf einen anderen Kurs bekomme, weg vom Klimaschutz und den immer neuen Lasten für die Wirtschaft. Die Skeptiker bräuchten “gesellschaftliche Mehrheiten”. Man müsse auf der Straße anfangen, andere Politiker als Mitstreiter fielen aus, “weil wir ja schon die falschen Leute haben, die daraus erwachsen sind”, sagt Dött.
Die FTD zeichnet dabei ein überaus interessantes – wenn auch hoffentlich in dieser Form nicht zutreffendes – Bild einer Art parteiübergreifenden “Klimaskeptiker-Kabale”, die in geschlossenen Veranstaltungen u.a. darüber berät, wie die – von den eigenen Fraktionen beschlossenen – Klimaschutz-Maßnahmen torpediert werden könnten. Unter anderem wird Dött mit der Aussage zitiert, sie sei nur deshalb in die Umweltpolitik gegangen, damit sie dort “Schlimmeres” für ihren eigentlichen Interessensbereich – die Wirtschaft – verhindern könne. Der Artikel ist dermaßen verheerend, dass sich die Unionsfraktion inzwischen dazu genötigt sah, sich öffentlich von ihrer eigenen Sprecherin zu distanzieren – ein wenn auch nicht einmaliger, so doch zumindest bemerkenswerter Vorgang. Dött selbst äußerte sich in einem kurzen Statement auf ihrer Webseite wie folgt:
Mit dem Artikel in der FTD wird bewußt versucht, mich durch aus dem Kontext herausgelöste Zitate gegen die Klimapolitik der Bundesregierung zu positionieren. Dem widerspreche ich. Vielmehr spreche ich mich für eine ambitionierte Klimaschutzpolitik aus. Klimapolitik muß wirtschaftlich vernünftig und sozial ausgeglichen sein. […] Den Begriff „Ersatzreligion” verwende ich grundsätzlich zur Charakterisierung derjenigen, die versuchen, dem Klimaschutz ein Politikprimat zu geben und ihn zum alleinigen Maßstab von Energiepolitik zu machen.
Jenseits der von mir schwer zu beurteilenden Frage, ob Frau Dött korrekt zitiert wurde, finde ich es auf jeden Fall bemerkenswert, dass der laut FTD-Bericht von Paul Friedhoff MdB organisierte Vortragsabend mit Singer selbst weder von der FDP-Fraktion noch von Frau Dött abgestritten wird, obwohl er weder im Terminkalender noch in den Pressemitteilungen der FDP-Fraktion auftaucht (zumindest konnte ich ihn dort nirgendwo entdecken). Da fragt man sich, wie sich solche Termine mit der Position vertragen, die unser Außenminister erst im Mai beim Petersberger Klimadialog vertreten hat:
Außenminister Westerwelle hatte in seiner Rede am Samstag betont, dass die Bekämpfung des Klimawandels eines der “zentralen Themen des 21. Jahrhunderts” sei. Er bedrohe das Recht des Menschen auf ein Leben in einer gesunden Umwelt und beeinträchtige die Stabilität von Staaten und
das Zusammenleben der Völker durch Wassermangel, Krankheiten und Nahrungsmittelknappheit.
Klimaskeptische Abweichler oder janusköpfige Parteien – im politischen Berlin dürfte in den kommenden Tagen wieder mal fröhliches Spekulieren angesagt sein. Wer sich mit Fragen beteiligen möchte, findet beide Abgerodnete hier und hier auf abgeordnetenwatch.de.
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