Eine vollkommen überflüssige Frage – richtig? Man sollte es meinen, trotzdem wird – auch und gerade auf den ScienceBlogs – immer wieder darüber diskutiert, dass atheistischen und agnostischen Menschen von religiöser Seite pauschal alle moralischen und ethischen Werte abgesprochen würden. Dazu ein schönes – und hoffentlich auch versöhnliches – Zitat des Theologen Hans Küng.

Eigentlich hatte ich für heute noch einen Artikel über die Ansichten des US-Philosophen und Autoren Henry Adams zu Wissenschaft und Religion auf dem Programm, verschiedene sehr unerfreuliche und teils sehr traurige Umstände haben mich aber dazu bewogen, für heute auf möglicherweise Kontroverses zu verzichten und die Woche statt dessen mit einem Zitat zu beschließen, das mir – und sicher auch vielen anderen religiösen Menschen – aus dem Herzen spricht. Es stammt aus dem Buch “Was ich glaube” des Weltethos-Initiators Hans Küng, dem man im römischen Seminar einst erklären wollte, warum allein der Glaube die Basis für eine ethische und moralische Lebensführung sein kann – ein Vorwurf, dem Atheisten angeblich oft begegnen, und gegen den ich mich in vielen Diskussionen mit Andrea N.D. und anderen KommentatorInnen stets gewehrt habe, da ich ihn nie als repräsentativ für die Vorstellungen religiöser Menschen vom Atheismus empfand.

Küng schreibt dazu:

Es erscheint mir inakzeptabel, dass die Angehörigen anderer Religionen und erst recht Atheisten und Agnostiker gar keinen festen Standpunkt in ihrem Leben, kein Lebensvertrauen zu erreichen vermöchten. Dass der Glaube an den – christlichen – Gott also Voraussetzung wäre für ein jegliches Ja zur Wirklichkeit und für jegliches Ethos.

Es gibt schließlich Menschen, die haben ein Lebensvertrauen, ohne gleich- zeitig einen religiösen Glauben zu besitzen. Lässt sich doch nicht bestreiten, dass sie, der Erde verbunden, das Leben genauso gut oder manchmal sogar besser als bestimmte Gläubige bestehen können. Sie schöpfen ihr Grund- vertrauen aus menschlichen Beziehungen, aus produktiver Arbeit, aus wissenschaftlicher oder politischer Tätigkeit, aus einem humanen Ethos.

Daraus folgere ich: Aus ihrem Grundvertrauen heraus können auch Atheisten und Agnostiker ein echt menschliches, also humanes und in diesem Sinn moralisches Leben führen. Mit anderen Worten: Aus Atheismus folgt nicht notwendig ein Nihilismus. An diesem Punkt muss ich Dostojewski wider- sprechen: Auch wenn Gott nicht existierte, ist keineswegs alles erlaubt!

So spricht ein wirklich guter Theologe, einer, dem irgendein amerikanischer TV-Prediger oder auch gewisse Bischöfe nie das Wasser reichen könnten. Wenn also irgendwer mal wieder mit dem Argument kommt, als Atheist könne man kein moralischer Mensch sein oder sei zwangsläufig dem Nihilismus verfallen, verweist ihn am besten einfach an Küng und die vielen anderen modernen Theologen, die seine Auffassung zweifellos teilen. Mir ist durch die Diskussionen jedenfalls klargeworden, dass – auch wenn dies meinem Eindruck nach nicht der Fall ist – bei vielen Atheisten der Eindruck entstanden ist, man spreche ihnen in der Tat sämtliche Werte ab. Und das wäre wirklich ein schwerer Vorwurf, den man nicht unwidersprochen lassen sollte – und ein Eindruck, der gar nicht erst entstehen darf.

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern ein konfliktfreies Wochenende.

Kommentare (560)

  1. #1 Lars Fischer
    29. Oktober 2010

    Die Botschaft hör ich wohl…

  2. #2 Christian Reinboth
    29. Oktober 2010

    @Lars: Für die Kommentare nochmal etwas weniger nett formuliert: Man sollte nicht jeden x-beliebigen Glaubenden als repräsentativen Vertreter seiner Religion betrachten, nicht mal dann, wenn er eine kirchliche Funktion innehat. Wie wir wissen, gibt es leider auch Ärzte, die der Ansicht sind, Viren und Pilze könnten sich bei Bedarf ineinander umwandeln, oder Physiker, die mehr CO2 in der Atmosphäre für eine ganz großartige Sache halten. Auch das macht uns ja nicht glauben, “die Ärzte” oder “die Physiker” würden derartige Auffassungen vertreten. Ebenso verhält es sich dann auch in anderen Bereichen – das ist eigentlich wenig überraschend. Und gerade Küng gilt aus gutem Grund (1, 2) insbesondere der “katholischen Basis” als Autorität.

  3. #3 Thomas J
    29. Oktober 2010

    @Christian

    Wenn du schonmal wieder das Thema aufgreifst…
    Mich würdes echt interessieren, wie du deine Religiosität lebst und wieso.
    Wäre schön, wenns auf den scienceblogs eine Diskussion dazu gäbe und hier wäre mMn der richtige Platz.

  4. #4 Nele
    29. Oktober 2010

    Als Atheist seit einstelligem Lebensalter finde ich es etwas verwirrend, dass die Niederschrift des trivial Offensichtlichen einen Blogeintrag plus umfänglichen Zitats wert ist – aber ich stimme Küng natürlich gerne zu; der Mann hat Recht.

  5. #5 schlappohr
    30. Oktober 2010

    Angesichts dieses Zitates von Küng ist es schon fast beschämend für mich, eingestehen zu müssen, dass ich eine solche Toleranz dem religiösen Glauben niemals entgegenbringen könnte.
    Andererseits erinnere ich mich an ein Zitat von Küng, nach dem es (sinngemäß) nicht genügt, moralischen oder ethischen Grundsätzen zu folgen, sondern dass diese Handlungsweise einem tiefen religiösen Glauben entspringen muss, um richtig und gültig zu sein. Leider habe ich keinen Link dazu und weiß auch nicht, wo ich danach suchen sollte… aber vielleicht kennt jemand das Zitat.

  6. #6 KommentarAbo
    30. Oktober 2010

  7. #7 Dr. Webbaer
    30. Oktober 2010

    Mehrere Aspekte sind hier interessant:
    1.) Von religiöser Seite wird sehr wohl dem Atheisten und dem Agnostiker (bitte nicht verwechseln, Erstgenannter ist doof und glaubt daran, dass es keine Gottheiten im Sinne der Religionen gibt, zudem hat er oft auch etwas gegen religiös transportierte Wertemengen und meint Religionen wären per se schlecht – kurzum er weiß nicht um den hohen zivilisatorischen/zivilisationsbildenden Wert der Religion) ein niedriges ethisches Dasein bestätigt. – Aber eben grundsätzlich nicht von den Christen!
    2.) Gerade beim Atheisten ist die Frage nach der ethischen Aufstellung gar nicht einfach zu beantworten. Nämlich, wenn er antireligionistisch aufgestellt ist, was die meisten sind, insofern hat der antireligiöse Bursche – Wir stellen uns diesen hier gerne einmal bildlich vor, personifizieren ihn. – idT oft Werteprobleme, tendiert zu Relativismus und Nihilismus; und das sehr oft, wenn er seine antireligionistische Grundhaltung auf schlechte innerfamiliäre Erfahrungen zurückführt. Lustigerweise hat der Webbaer diese Beobachtung häufig gemacht, der Atheist hasst in diesem Fall sozusagen einen Teil von sich selbst. Und hat dann natürlich automatisch ernsthafte Probleme ethischer Art.
    3.) Der Agnostiker muss auch Werte halten. Denn ohne Werte gehts nun mal nicht. Man hats nicht leicht als Agnostiker.

    MFG
    Wb

    PS: Küng scheint auch Agnostiker – oder interessierter Atheist zu sein.
    PPS: “Wenn die Menschen aufhören an Gott zu glauben dann glauben sie an etwas anderes.” – Quelle gerade nicht zurhand
    “Wir wollen wissen, nicht glauben.” (Mars(c)ellus Wallace)

  8. #8 Andrea N.D.
    30. Oktober 2010

    @Christian:

    Ob die Namensnennung nötig war, weiß ich nicht :-).
    Ich freue mich jedoch sehr, dass Du diesen Artikel geschrieben hast, weil er mir die Gelegenheit gibt, mich bei Dir für meinen letzten Kommentar bei CJ zu entschuldigen, bei dem ich sicherlich über das Ziel hinausgeschossen bin. Zudem freue ich mich sehr über Deinen Artikel, weil ich einige Bücher von Hans Küng besitze und gelesen habe, ihn ebenfalls sehr achte und finde, dass er noch viel mehr Publicity erhalten sollte, als er bereits besitzt.

    Wie ich bereits schon einmal schrieb, rief meine zutiefst religiöse Kollegin einmal in einer Diskussion aus “Du kannst ja gut sein ohne zu glauben!” Ich bin eigentlich nicht glücklich über solche Aussagen, weil sie einen Grundzustand postulieren (religiös = moralisch = gut), der zwar Ausnahmen von der Regel zulässt (es gibt auch gute Menschen ohne Religion), aber es generell doch als Mangel ansieht, wenn jemand nicht religiös ist. Dieser Mangel muss nicht nur in fehlenden Werten bestehen, es werden ja auch “Perspektivenlosigkeit” oder “Unfähigkeit zur richtigen Trauer (-arbeit)” vorgeworfen.

    Ich würde mir einen menschlichen Grundzustand wünschen, einfach weil wir alle Menschen sind, von dem aus dann die Individuen in verschiedene Richtungen gehen, aber alle der gleichen Basis, den gleichen, zutiefst humanen, Werten verbunden sind. Und dazu würde ich mir einen Staat wünschen, der die Richtung nicht automatisch vorgibt, sondern komplett neutral ist.

  9. #9 Grundumsatz
    30. Oktober 2010

    Guter Versuch. Aber glücklicherweise bestimmen die Christen ja nicht mehr, was Moral, Ethik und/oder Gutsein bedeutet. Das wäre in etwa so, als ob man von Ottfried Fischer oder Helmut Kohl irgendwelche Diät-Tipps bekommt. 🙂

  10. #10 Julian
    30. Oktober 2010

    @Christian:
    Ist Nihilismus denn nicht die Moral der Nihilisten? Oder anders gefragt: An wessen Moral wird gemessen ob Atheisten moralisch sind?

  11. #11 Frank S
    30. Oktober 2010

    Ob ein Theologe recht hat oder nicht, ist letztlich unabhängig davon, ob mir das, was er zu sagen hat, gefällt oder nicht.

    Natürlich kann ich als Atheist eher mit jemandem leben, der mich nicht allein aufgrund meines mangelnden Glaubens als unmoralischen Teufel verdammt. Aus praktischen Gründen bin ich also mit Herrn Klüngs Sichtweise vollauf zufrieden.

    Aber das macht sie nicht einen Deut wahrer als die Ansichten derjenigen, die überzeugt sind, ihr Gott fordert meinen Tod.
    Angenehmer macht es Klüng, sicher. Aber In der Frage, was denn “Gottes Wille” ist, gibt es keinen Grund, Klüng dort näher an der Wahrheit zu sehen als einen zähnefletschenden Fanatiker, ganz gleich, welche Sorte wir vorziehen mögen.

  12. #12 Stefan
    30. Oktober 2010

    @Christian.
    Guter Beitrag. Ich bin zwar selbst kein religiöser Mensch, aber es ärgert mich, wenn (manche) Athesiten so tun, als ob sie alleine das rationelle Denken gepachtet hätten, und alle anderen die Vernunft absprechen, oder vorhalten einem Gotteswahn verfallen zu sein. Deswegen bin ich auch mit der in Österreich wieder anlaufenden atheistischen “Buskampagne” (eigentlich eine Plakataktion) und deren Organisatoren nicht einverstanden.

    @Webbaer
    Sehr interessanter Kommentar. Ähnliches ist mir auch schon aufgefallen.

  13. #13 Stefan
    30. Oktober 2010

    … Athesiten so tun, als ob sie alleine das rationelle …
    Soll heißen: … Atheisten so tun, als ob sie alleine das rationale …

  14. #14 Frank S
    30. Oktober 2010

    Ich bin mir sicher, jeder Atheist hat eine Menge Ansichten oder Meinungen, die sicher nicht rein rationell sind. Ich bezweifle auch, dass eine nennenswerte Zahl von Atheisten die “Vernunft” als neuen Götzen auf einen Altar stellen wollen und alles “unvernünftige” zu verbannen wünschen.

    Aber wenn Religionen Einfluß auf unsere Gesellschaft nehmen – z.B. zum Thema Stammzellenforschung ( böse ), Homosexualität ( besonders böse ), Sterbehilfe ( niemals ) oder AIDS ( nur Enthaltsamkeit schützt! ), dann sollte es verständlich sein, wenn jemand als Begründung für solche Forderungen mehr als nur obskure theologische Rechtfertigungen verlangt.

    Es ist eine Sache, nicht in jeder Hinsicht zu 100% vernünftig zu sein. Eine andere, daran Forderungen an die Gesellschaft zu knüpfen.

  15. #15 Monika
    30. Oktober 2010

    @Webbaer
    So so, ich bin also doof… nur weil ich keinerlei Beweise für übernatürliches/göttlichen/was auch immer Wirken in der Welt sehe… nur weil ich Religionen an vielen Stellen in der Welt für den Grund vieler übler Dinge halte und ich tatsächlich denke, dass die Welt besser dran wäre, wenn es keine Religionen gäbe… Hier haben wir also schon ein schönes Beispiel, dass einige Leute denken, dass Atheisten keine moralischen/ethischen Werte haben.
    Religion ist die altmodische Antwort auf das Problem der Schaffung einer gemeinsamen Werteordung und Welterklärung. Was jemand in seinem stillen Kämmerchen tut oder lässt, ist mir hinreichend egal, spätestens aber wenn religiös motivierte Wertvorstellungen zur allgemeinen Norm erklärt werden, hört der Spaß auf. @Frank S. hat das ja schön beschrieben. Die angeblich so große zivilisationsbildende Kraft der Religion wird dadurch zu einem großen Hemmnis.

  16. #16 hansfranz
    30. Oktober 2010

    Wow, der Webpetz hat mich voll durchschaut! Ich gebe es zu: Ich bin ein doofer antireligiöser Bursche mit Kindheitstrauma und Werteproblem.

    Als bekennender Atheist bete ich jeden Morgen mein “Ich glaube, dass es keinen Gott gibt” und bin gegen zivilisatorisch hohe Wertemengen wie Xenophobie, Frauen- und Wissenschaftsfeindlichkeit. Meinen christlichen Nachbarn bin ich dankbar, dass sie mein niedriges ethisches Dasein nicht auch noch jedes Mal zur Sprache bringen, wenn wir uns mal im Treppenhaus treffen.

    Mein Werteproblem quält mich am meisten. Wenn ich im Supermarkt in der langsamsten Schlange stehe merke ich oft, wie ich mit mir kämpfen muss, damit ich nicht einfach die drei älteren Damen vor mir gnadenlos niederschlage und mir so zu meinem natürlichen, darwinistischen Recht als Stärkerem verhelfe – das Niederringen des Wunsches gelingt mir leider nicht immer, aber die TV-Nachrichten zeigen ja, dass es tagtäglich auch anderen Atheisten so geht, und die alten Damen erholen sich nach ein paar Wochen jeweils auch wieder. Aber eigentlich ist mir das egal – ist doch eh alles nichts wert. Zwangsheirat auf religiöser Basis? Ja natürlich, warum auch nicht, die wissen sicher was sie tun. Ziegen schlachten für ein Dankopfer? Naja, nicht so mein Ding, aber wenn die Gläubigen doch so Freude daran haben… 400 Ave-Maria in einer Weihrauchhöhle? Na, als ich noch zur Schule ging haben wir ähnliche Sachen gemacht.

    Am schlimmsten ist halt für mich, dass ich nur aus Trotz auf meine Mutter, die sehr religiös ist, so geworden bin. Und abends weine ich mich manchmal in den Schlaf und denke “wie gerne würde ich jetzt an den lieben Gott im Himmel beten, damit er mich in den Schlaf wiegt”, aber wegen meines Vater-Komplexes traue ich mich ja nicht mal das. Ich armes Würstchen.

  17. #17 BreitSide
    30. Oktober 2010

    Frank S· 30.10.10 · 13:57 Uhr
    Aber wenn Religionen Einfluß auf unsere Gesellschaft nehmen – z.B. zum Thema Stammzellenforschung ( böse ), Homosexualität ( besonders böse ), Sterbehilfe ( niemals ) oder AIDS ( nur Enthaltsamkeit schützt! ),

    Genau diese Felder sind ja das ureigenste Gebiet einer Religion (nachdem sie bei Ackerbau und Viehzucht sowie der darauf folgenden Technik nix mehr zu sagen hat). Wobei ja bekannterweise jeder Gläubige sein eigenes individuelles Werteraster hat.

    Bei Mord sind wir uns ja alle einig (wirklich? Was ist mit dem berühmten Tyrannenmord?). Ok, schlechter Versuch…

    Und nicht einmal Krieg (oder gerade der nicht) ist durch Religionen gebannt. Einzig die Buddhisten (denen man ja gerne den Begriff “Religion” abspricht) scheinen grundpazifistisch zu sein. Was buddhistische Staaten nicht von Angriffskriegen abhält (Japan), aber es soll noch nie einen buddhistischen Religionskrieg gegeben haben.

    Bei den “Feinheiten” wie Abtreibung (wie Mord oder wie Fingernägel Schneiden zu betrachten?) steht ja noch nicht einmal was in der Bibel (oder im Koran).

    Und überhaupt: gilt das AT jetzt oder nicht? Sollen Homosexuelle “nicht am Leben bleiben”? Soll man – wie der einzig Gute Lot – seine Töchter Fremden zur Verfügung stellen?

    Ich schätze mal, dass, wenn man alle 100 Jahre einen “idealtypischen” Christen untersuchen würde, diese 20 Moralvorstellungen sehr, sehr weit voneinander abweichen würden.

    Schon allein weil einige Fragen (Gentechnik, Massenvernichtungswaffen…) im Jahre null noch gar nicht existierten.

    @monika: das gibt sich. Nach einiger Zeit wirst auch Du den putzigen Petz mit Webfehler nicht einmal mehr ignorieren.

  18. #18 Nele
    30. Oktober 2010

    @BreitSide
    Die japanische Staatsreligion, die den nationalistischen Expansionismus des Reiches im 2. Weltkrieg getragen hat, ist nicht der Buddhismus sondern der Shintoismus.

    @Stefan
    Bezüglich der Buskampagne in Österreich und anderswo: Religionen haben alles Recht der Welt, sich für seligmachend zu halten und zu missionieren zu versuchen. Niemand sagt etas gegen Kirchen- oder Katholikentage oder gegen offen praktizierten Glauben, wie Prozessionen oder was auch immer. Das Ist in Ordnung, damit muss man sich auseinandersetzen. Warum sollten Atheisten nicht nach außen hin vertreten dürfen, dass sie ihre Überzeugung für besser für die Gesellschaft halten? Was ist daran schlecht?

  19. #19 Stefan
    30. Oktober 2010

    @Nele
    Mir ist vollkommen egal, woran jemand glaubt. Wie schon gesagt, bin ich selbst nicht religiös, sehe aber bei anderen, dass Religion durchaus einen gewissen Mehrwert bedeuten kann. Hier sind wir uns wahrscheinlich einig.

    Wenn aber diese Atheisten jetzt fordern, ein Mindestalter für einen Religionseintritt einzuführen, dann ist das ein Eingriff in das Privatleben anderer, und das ist unzulässig. Wie ich schon wo anders angedeutet habe, halte ich dies für einen totalitären Ansatz und das läßt mich an den Motiven der Organisatoren zweifeln. Atheisten setzen Religionsgemeinschaften manchmal auf die gleiche Stufe wie Sportvereine. Soll es da vielleicht auch ein Mindestalter geben?

    Die richtige, liberale Forderung wäre gewesen, das Mindestalter für einen Religionsaustritt (falls es so etwas gibt) hinunterzusetzen oder gar zu streichen. Ich glaube, das war zumindest früher bei der Katholischen Kirche mit der Volljährigkeit verbunden.

  20. #20 Frank S
    30. Oktober 2010

    @Stefan

    Religion mag für viele Menschen durchaus sehr wichtig und wertvoll sein. Oft erfüllt sie bedeutende Gesellschaftliche Funktionen.

    Manchmal bringt sie aber eben auch Menschen dazu, andere Menschen auszugrenzen oder sogar zu töten. Bringt Menschen dazu, an ihrer “Sündhaftigkeit” zu verzweifeln oder treibt sie dazu, sich und andere in die Luft zu sprengen.

    Man kann natürlich sagen: “Wer im Namen des ( hier Religion einfügen ) tötet, hat die Botschaft des ( hier Gott einfügen ) nicht richtig verstanden.”
    Kann man sagen. Bloß, der Fanatiker antwortet: “Wer nicht begreift, warum die ( hier Gruppe von Sündern einfügen ) im Namen von ( hier Gott einfügen ) sterben müssen, hat Seine Botschaft nicht richtig verstanden.”

    Religion basiert nicht auf objektiven Bezugspunkten. Niemand kann “nachmessen” was Gott eigentlich wollte, niemand kann bestimmen, welcher der angeblich heiligen Texte, welcher der angeblichen Propheten der richte ist – wenn überhaupt einer davon zutrifft.

    Natürlich kann man Religionen danach beurteilen, wie friedlich, tolerant, umgänglich und freundlich ihre Mitglieder sind.
    Doch dann legt man bereits *eigene* moralische Maßstäbe an. Dann hat man sich bereits – *ohne* einen Gott zu konsultieren – entschieden, was richtig und was falsch ist, und beurteilt die Religionen dann danach, welche diesem Urteil am nächsten kommt.
    Da zäumt man das Pferd von hinten auf, denn es ist ja die *Religion*, die sagen soll was richtig ist, nicht der Mensch, der urteilt, welche Religion richtig ist.

    Zu “verbieten”, dass Kinder mit Religion in Kontakt kommen, ist in der Tat ziemlich fragwürdig. Alle Eltern erziehen ihre Kinder letztlich nach ihren eigenen Werten, das will sich ein Atheist auch nicht nehmen lassen.
    Man sollte sich nur etwas bewusster werden für die Tatsache, das die Mehrheit einem bestimmten Glauben vor allem aus dem einen Grund folgt – nämlich, weil sie ihn von ihren Eltern haben, nicht durch göttliche Fügung.

  21. #21 Sexybitch666
    30. Oktober 2010

    Wenn aber diese Atheisten jetzt fordern, ein Mindestalter für einen Religionseintritt einzuführen, dann ist das ein Eingriff in das Privatleben anderer, und das ist unzulässig.

    Hier wird allerdings ein Eingriff in das Privatleben der Eltern gefordert, um einen Eingriff in das Privatleben der Kinder zu verhindern.

    Ich sehe ehrlich gesagt das Problem nicht: Sobald man 14 ist, darf man in Deutschland seine Religionszugehörigkeit frei wählen. Warum bleibt das Kind bis zu diesem Alter nicht einfach religionslos? Die Eltern dürfen es ja trotzdem zum christlichen Glauben erziehen – wenn das Kind sich dann mit 14 als Christ fühlt, steht es ihm völlig frei, in die Kirche eintreten.

    Was ist daran totalitär?

  22. #22 Anton
    30. Oktober 2010

    Ich will nicht auf den nonsense und vor allem die Beleidigungen und den pubertären Stil von Dr. Webbaer eingehen, vielmehr ist die vielleicht daraus entstandene Diskussion interessant.

    Ich empfinde AtheistInnen ja genauso gläubig wie eben Religöse. Die Aussage das es ein metaphysisches Wesen nicht gibt, steht ebenso ausserhalb unser Erfahrungsmöglichkeit wie die Aussage das es ein solches Wesen gibt.

    Ich kann mich (und tue es) auf Dawkins beziehen (und vielen DenkerInnen vor ihm, die ähnliche Gedanken schon zu vor formulierten, aber Dawkins ist einfach griffiger ;-)) und sagen, dass jede Existenzaussage eine Aussage ist die klasssich von den Naturwissenschaften beantwortbar ist. Und in diesem Rahmen ist “Gott” eine “These” die gegenüber anderen das Nachsehen hat. Dieser – nennen wir ihm mal – wissenschaftlicher Atheismus ist eine Form des Agnostizismus, da ja die Naturwissenschaften selbst keinen Wahrheitsanspruch haben und daher auch keine entgültige Aussage über die Existenz oder Nichtexistenz Gottes treffen können (und auch nicht wollen).

    Als Naturwissenschaftler muss ich daher formal (warum “formal”, dazu gleich mehr) Agnostiker (oder von mir aus “wissenschaftlicher Atheist”, s.o.) sein, da Atheismus eine entgültige, eine Wahrheitsaussage treffen will, die aber naturwissenschaftlichen Prinzipien widerspricht.

    Aber da ich nun mal nicht in einer perfekten Welt lebe, gesteh ich mir selbst einen, wie ich ihn nenne, einen “politischen Atheismus” zu. In einer Welt von Intelligent Designern, von Abtreibunsggegnern die vor Kliniken Frauen im Namen ihres Gottes regelrecht terrorisieren (wie es in Wien geschieht) und in anderen Ländern sogar ermorden, von noch immer vorhandenen kirchlichen Hetzer gegen Homosexuelle und wenn ich mir anschaue welche Macht die Kirche heute noch ausübr und vor allem wenn ich mir anschaue, wie sie ihren Machteinfluß wieder versuchen zu stärken – formuliere ich meine Ablehnung gegen Religionen oder einen Gott bei weitem schärfer und absoluter, als mir meine naturwissenschaftliche Sicht auf die Welt erlauben würde.

  23. #23 Frank S
    30. Oktober 2010

    Natürlich sind wir Agnostiker. Wir sind alle Agnostiker.

    Keiner von uns kann irgend eine Aussage über die Natur unseres Universums mit *absoluter* Sicherheit treffen.

    Ich bezeichne mich trotzdem bewusst als Atheist, nicht als Agnostiker.
    Einmal, weil es schlicht und einfach zutrifft. Um Atheist zu sein, genügt es, nicht an einen Gott zu glauben. Man muss nicht so weit gehen, seinerseits zu “glauben, dass es keinen Gott gibt”.
    Natürlich sind Menschen, die glauben, dass es keinen Gott gibt, Atheisten. Aber auch diejenigen, die nur so lange nicht glauben, bis sie einen überzeugenden Grund dafür haben. Oder die, die noch nie von dem Konzept “Gott” gehört haben.
    Und natürlich alle, denen diese Fragen herzlich egal sind, und die schon aus diesem Grund nicht an Götter glauben.

    Aber ich bezeichne mich auch als Atheist, weil ich mich bewusst der Argumentation “aber es gibt keinen Beweis, dass es Gott NICHT gibt!” verweigere.
    Es gibt auch keinen endgültigen Beweis, dass die Gravitationstheorie stimmt. Sie mag zwar tapfer durchgehalten haben, jeder Überprüfung standgehalten, und trotzdem läßt sich nicht mit absoluter Sicherheit sagen, dass sie nicht schon Morgen widerlegt werden könnte. Weil uns Außerirdische mit riesigen, versteckten Spezialmagneten genarrt haben.
    Nur, wer betont das schon konsequent? Wer weißt regelmäßig darauf hin, dass er keine abschließende Meinung zur Gravitation hat? Welches Gericht spricht einen Mörder, der sein Opfer ein Hochhaus hinunter geschubst hat frei, weil er “berechtigte Zweifel” an der Gravitation äußert?

    Es gibt keine absolute Sicherheit, keine endgültigen Antworten.
    Und trotzdem hält uns das in kaum einem Bereich davon ab, Entscheidungen zu treffen. Trotzdem haben wir Meinungen, Ansichten und Überzeugungen.
    Trotzdem sind wir uns in vielen Dingen eben doch sicher. Punkt.

    Ich glaube nicht, dass es Einhörner auf dem Mars gibt. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Es gibt keine Einhörner auf dem Mars.
    Absolute Beweise habe ich nicht. Und trotzdem bin ich sicher und scheue mich nicht, das zu sagen.

    … und wenn jemand dann doch Einhörner auf dem Mars auftreiben kann, kann ich eben immer noch eingestehen, dass ich mich geirrt habe, und meine Ansichten nach den neuen Beweisen richten. Auch das ist menschlich und vernünftig.

  24. #24 Anton
    30. Oktober 2010

    @Frank S: Naja, da würde ich eben unterscheiden zwischen einer wissenschaftlich erkenntnistheoretischen Diskussion, wo ich die Entscheidung schon wichtig finde zwischen Agnostiker und Atheisten. Schon einmal deswegen um zu zeigen was Wissenschaft von Religion unterscheidet, dass es in der Wissenschaft eben nicht den Anspruch auf eine Wahrheit gibt. Und das ich anhand dessen Unterschied auch die Problematik der Religionen aufzeigen will.

    Und dagegen ein Diskurs im alltäglichen Leben wo ich auch kein Problem habe mich als Atheist zu definieren, vor allem bei Diskussionen mit dogmatisch orientierten Religösen, die das Argument, das ich im ersten Absatz benenne, für sich verweden zwecks Rechtfertigung ihres Dogmatismus.

    Da Argumentiere ich dann so ähnlich wie du in deinem Posting. Trotzdem finde ich es immer wichtig in Diskussionen mit Menschen die Aufgeschlossen sind, zu erklären dass es Wissenschaft nicht um einen Anspruch auf abolute Wahrheit geht. Das es diese im wissenschaftlichen Kontext auch gar nicht geben kann. Sondern das Wissenschaft auf andere Prinzipien, auf offene Prinzipien beruht. Das führt dann, zumindestens bei Menschen die tatsächlich ergebnisoffen diskutieren wollen, doch recht oft zu einem Erstaunen und einem Nachdenken darüber.

    Und das ist mir oft lieber als eine “alltägliche Vernunft”-Antwort wie “ich bin mir trotzdem sicher und scheue mich nicht, das zu sagen”. Das zeugt zwar oft von einem notwendigen Selbstbewusstsein (vor allem bei NaturwissenschaftlerInnen) ist aber oft eher Erkenntnishindernd.
    Warum? – zu allererst: nicht falsch verstehen, ich sehe das ganz ähnlich wie du, wir sind da wahrscheinlich sehr Nahe beieinander 😉 Aber im oben beschriebenen Fall mit dem erwähnten aufgeschlossenen Menschen, habe ich erreicht diesen die Prinzipien von Wissenschaft näher zu bringen und noch dazu über den höchstproblematischen Begriff der “Wahrheit” nachzudenken, auf die sich Religionen immer berufen. Und so habe ich, meiner Meinung nach, mehr Erkenntnis geschaffen als im anderen Fall.

  25. #25 Wm
    30. Oktober 2010

    Wm auch schon festgestellt, dass Nihilismus überproportional bei Atheisten auftritt. Darüberhinaus ist es immer sehr gefährlich, wenn eine Gesellschaft sich jeglicher religiöser Werte entledigt. Eine solche Gesellschaft kommt dann leicht auf die schiefe Bahn und tendiert zu Unmenschlichkeit und zivilisatorischem Rückschritt. Man beachte die Beispiele des Faschismus, Bolschewismus usw.
    Ein religiöser Grundkonsens ist daher das Rückgrat einer funktionierenden und stabilen Gesellschaft. Wenn nämlich eine Gesellschaft mit einem atheistischen Grundkonsens besser wäre, hätte sie sich längst durchgesetzt.

    MFG
    Wm

    P.S. Liebe Grüße insbesondere auch an den Wb.

  26. #26 Frank S
    30. Oktober 2010

    @Anton

    Das wir uns als Menschen in vieler Hinsicht öfter bewusst machen sollen, wie begrenzt unser Wissen ist, halte ich auch für wichtig.
    Auch hin und wieder zu betonen, das z.B. die Natur*gesetze* eben keine “Gesetze” sind, an die die Natur sich “zu halten hat”, sonder stattedessen Gesetz*mäßigkeiten* beschreibt, die wir Menschen in der natur beobachten konnten.
    Etwas mehr Demut wäre durchaus angebracht, die Bereitschaft, unsere Grenzen zu akzeptieren und hinzunehmen, dass unser Wissen weder absolut noch endgültig ist.
    Wir wissen nicht alles, und was wir zu wissen glauben, kann sich stets als falsch herausstellen.

    Dem gegenüber steht aber auch auf praktischer Seite die Notwendigkeit, Stellung zu beziehen. Ein Architekt muss sich entscheiden, ob er er auf die Regeln des Feng Shui achtet, oder im Zweifelsfall doch lieber auf die Statik, auch wenn er weder das eine noch das andere absolut als wahr anerkennt.

    In der Theorie sollten wir die Vorläufigkeit allen Wissens akzeptieren und uns keine absolute Sicherheit anmaßen.
    In der Praxis sollten wir aufgrund sorgfältigen Abwägens unserer Kenntnisse Entscheidungen treffen und Handeln.

    Insofern bin ich theoretisch Agnostiker und praktisch Atheist.

  27. #27 Anton
    30. Oktober 2010

    @Wm: Welchen Faschismus meinen sie?

    Den klerikalfaschismus des Austrofaschismus? Oder den klerikalfaschismus der Franko-Fachisten? oder doch den klerikal-nahen Faschismus von Musolini? Oder meinen sie den Nationalsozialismus, der engste Verbindungen einerseits zur katholischen Kirche hatte (Bischöfe die überzeugte Nationalsozialisten waren), teilweise zur evangelischen Kirche und deren Gegner im Nazi-Reich überzeugte Okkultisten waren, also nicht minder religös.
    Ob die islamistischen Staaten wie der Iran ebenfalls zu den klerikalfaschistischen Staaten darauf möchte ichmich gar nicht einlassen, faschistoid sind diese von Religion durchsetzte Staaten aber auf jeden Fall.

    Und wenn wir beim Bolschewismus sind und hier den Stalinimus als besonderes herausgreifen wollen, würde ich den glatt als mit religösen Elementen durchsetzt sehen (vgl. Russell). Was er sicher nicht war ist eine offene Gesellschaft. Auf jeden Fall nicht das was sich viele AtheistInnen die ich kenne unter einer Gesellschaft vorstellen.

    Weitere Beispiele? Saudi Arabien, Taliban, Sudan mit 200000 Toten durch islamistische Reitergarden des Staates, aber ich will mich nicht auf islamische Staaten beschränken, es gibt auch noch genügend christlich geprägte Milizen, die mit Geldunterstützung des Vatikans, versuchen in Afrika zu missionieren. Und dabei kommt es zu hexenverbrennungen und Massenmorde.
    Historische Beispiel werde ich nun nicht mehr bringen, da ich mir denke das es eine zeichenbegrenzung gibt und ich nicht wüsste welche Verbrechen der Religionen ich hier weglassen sollte.

    Wenn man sich die Geschichte der Religionen ansieht, dann möge man fast der Meinung sein, dass der Nihilsmus die Moral der Religionen ist und nicht der des Nihilismus.

    Und auf die Frage ob sich das bessere durchsetzt, naja, das ist halt so eine Frage. Warum hat sich VHS gegenüber Video 2000 durchgesetzt? Warum hat sich Microsoft durchgesetzt? Warum hat sich der Kapitalismus durchgesetzt? Ist er wirklich die bestmöglichste Wirtschaftsform (vielleicht, ich weiss es nicht, aber wenn ja dann ist diese Welt sehr unvollkommen, in Anbetracht von Millionen Hungertoten)?
    Warum gibt es in vielen Staaten dieser Welt keine Demokratie? Ist Demokratie vielleicht gar nicht die beste aller möglichen Gesellschaftsformen, sondern die Diktatur? Das würde zumindestens ihre Logik behaupten…

  28. #28 Anton
    30. Oktober 2010

    @Frank S: “In der Theorie sollten wir die Vorläufigkeit allen Wissens akzeptieren und uns keine absolute Sicherheit anmaßen.
    In der Praxis sollten wir aufgrund sorgfältigen Abwägens unserer Kenntnisse Entscheidungen treffen und Handeln.

    Insofern bin ich theoretisch Agnostiker und praktisch Atheist.”

    Ja, da sind wir uns sehr einig! 🙂 Seh ich ebenso, ich hatte nur vor kurzem eine solche Debatte, wie oben erwähnt und deswegen wollte ich das auch mal erwähnen. Auch weil ich gerne selbst, manchmal auch Aufgrund schlichter Genervtheit gegen Dogmatismen, auf Absolutheiten in Diskussionen zurückgreife (ala “bin Atheist, weil Gott gibt es sicher nicht und basta”). 😉

  29. #29 BreitSide
    30. Oktober 2010

    @anton: nicht aufregen, der WebFrosch ist schon jedem auf den Senkel gegangen mit seinem Bockmist.

    Wie der Österreicher sagt: “Den konnst noch ned mol ignorian!”

  30. #30 Stefan
    30. Oktober 2010

    @Anton, und andere

    Ich denke, dass bei solchen Diskussionen oft die Begriffe verwischt werden. Zumindest für mich ist die äußere Grenze der Physik, stellvertretend für die Wissenschaft, die räumliche und zeitliche Grenze des Universum. Alles was sich innerhalb abspielt ist die Domäne der Physik, außerhalb kann die Theologie ansetzen. Man sollte beides tunlichst nicht vermischen; Intelligent Design, Esoterik oder anderer Mumpitz ist abzulehnen. Ob man Atheist, Agnostiker, Theist ist, läßt sich aber nicht aus der Wissenschaft ableiten, weil die Beantwortung der Fragen nach einem Gott außerhalb unserer Erkenntnis stehen, sondern kann nur von der persönlichen Überzeugung oder Einstellung abhängen.

    Religion per se ist nicht schlecht und nicht in der Nähe des Faschismus angesiedelt, wie Sie offenbar andeuten wollen. Wer Geschichte kennt, weiß dass auch der katholische Widerstand gegen den Nationalsozialismus eine Rolle gespielt hat, und die meisten modernen Katholiken halten eine Offene Gesellschaft für den Idealzustand.

    Es sollte selbstverständlich sein, dass auch Atheisten Werte besitzen und einen Sinn im Leben sehen. Weiß man doch, dass Religionen Werte kooptieren, kodifizieren und als Gebote oder Metaphern wieder unter die Gläubigen bringen. Somit agieren Religionen eher als Multiplikatoren anstatt als Wertestifter, auch wenn sie als solches von Gläubigen wahrgenommen werden. Es ist also nicht sonderlich hilfreich, Religion als Rückgrat der Gesellschaft anzunehmen.

    Abgesehen von dem oben gesagten fällt mir auf, dass hier bei SB von manchen Bloggern und Kommentatoren teilweise sehr wohl die Grenzen überschritten werden, und nicht nur das Vermischen von Metaphysik und Physik (zurecht) kritisiert wird, sondern prinzipiell auch die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft. Es ist verständlich, dass manche darauf befremdet reagieren.

  31. #31 Stefan
    30. Oktober 2010

    @Anton

    Es könnte sein, dass ich ihre Antwort auf Wm. falsch verstanden habe. Falls sie nur eine polemische Replik war, möchte ich den Vorwurf, dass sie generell Religion und Faschismus auf die gleiche Stufe stellen, zurücknehmen.

  32. #32 Sven Türpe
    30. Oktober 2010

    Religion basiert nicht auf objektiven Bezugspunkten.

    Das gilt für jegliche Kultur. Meine Lieblingskrawatte basiert auch nicht auf ojektiven Bezugspunkten. Sie bereitet mir lediglich Freude und Wohlgefühl.

    Einen impliziten objektiven Bezugspunkt haben Kulturen und damit Religionen aber doch: um älter zu werden als eine Modeerscheinung, müssen sie zumindest so weit realitätskompatibel sein, dass sie eine Überlebenschance haben. Man stelle sich etwa eine Religion vor, die jegliche Fortpflanzung verbietet. Über wieviele Generationen würde sie sich wohl halten können?

    Manchmal bringt sie [die Religion] aber eben auch Menschen dazu, andere Menschen auszugrenzen oder sogar zu töten. Bringt Menschen dazu, an ihrer “Sündhaftigkeit” zu verzweifeln oder treibt sie dazu, sich und andere in die Luft zu sprengen.

    Das hat die RAF auch geschafft. Oder Stalin. Oder sogar die spießige DDR. Glaubt hier ernthaft noch jemand an das Märchen vom besseren Menschen, ob nun durch Einsicht oder durch Umerziehung? Oder könnte es vielleicht sein, dass eine Welt ohne das, was wir heute Religion nennen, noch genau dieselben Probleme hätte? Der Mensch als objektiver Bezugspunkt bliebe uns ja erhalten, wie ihn die Evolution – erst die biologische, dann die kulturelle – geschaffen hat.

  33. #33 Frank S
    31. Oktober 2010

    @Sven Türpe

    Stimmt. Ich behaupte auch nicht, dass objektive Bezugspunkte nötig sind, um darauf Werte oder Ethik aufzubauen.

    Nur wohnt diesen Werten dann keine absolute Bedeutung inne. Werte wie Meinungsfreiheit, Gerechtigkeit oder die Achtung menschlichen Lebens erhalten ihre Bedeutung nicht durch objektive, unumstößliche Naturkonstanten.

    Sie sind von Bedeutung, weil *wir* uns dazu entscheiden, ihnen Bedeutung beizumessen. Menschenwürde wird nicht vom Kosmos vorgeschrieben. Sie wird nicht von Göttern garantiert oder vom Übernatürlichen geschützt.
    Wir, die wir darin einen Wert sehen, wir sind es, die sich dafür einsetzen müssen. Wir müssen eine Gesellschaft entwerfen, die unsere Werte respektiert und sich danach richtet, und wir müssen dafür sorgen, dass sie funktioniert.

    Nicht, weil ein Gott sich um die Würde des Menschen schert.
    Sondern weil sie uns selbst etwas bedeutet.
    Das ist die einzige Begründung die wir haben, und das ist die einzige Begründung, die wir brauchen.

    Ich widerspreche Religionen nicht wegen der Werte, die sie vertreten – jedenfalls nicht zwangsläufig. Menschen brauchen keine Religionen, um Verbrechen zu begehen.

    Ich widerspreche der Religion, wo sie den Anspruch geltent macht, moralische Urteile fällen zu können, die denen des “gewöhnlichen” Menschenverstandes, der profanen Vernunft, überlegen sind.

    Nicht ich bin es, der objektive moralische Bezugspunkte fordert – sondern viele religiöse Menschen werfen Atheisten das Fehlen eben jener Bezugspunkte ( dem allwissenden, perfekten Gott, der absolute Moral verkörpert ) vor, und begründen damit die Behauptung, dass jede atheistische Ethik zwangsläufig auf Sand gebaut sei.

    Ich widerspreche dem nicht. Atheisten haben in der Tat kein unverrückbares Fundament für ihre Werte. Aber der Religion geht es nicht anders. Doch wenn man die Wahrheit in der Auslegung “heiliger” Texte sucht, statt im Konsens mit seinem Mitmenschen und gemessen an den Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, dann kann man die Diskriminierung von Homosexuellen ( mit ihrem sündhaften Treiben gefährden sie ihre unsterbliche Seele ) oder die Entrechtung von Frauen ( sie sind zu minderwertig, um richtig in ihrem eigenen Interesse zu entscheiden ) “moralisch” begründen, ohne sich um das offensichtliche Leid, das dadurch verursacht, zu kümmern.

    Den es ist der Wille Gottes, und wenn wir daran zweifeln, dann weil wir Menschen Seinen Plan ( der immer das Beste für uns will ) nicht verstehen können.

  34. #34 Wm
    31. Oktober 2010

    Wm möchte feststellen, dass diese nicht mit dem geschätzten Webbaeren identisch ist. [1]
    Im übrigen ist es leicht den Religionen alles Schlechte anhängen zu wollen [2], da nun mal fast alle bisherigen Gesellschaften mehrheitlich religiös geprägt waren und sind. Es wäre genauso dämlich zu sagen, seht her, ein schrecklicher Krieg, von Menschenhand begangen, daher folgt der böse Mensch, daher der Mensch muss weg. [3]
    Darüberhinaus kann aus heutiger Sicht eine scheinbar religionsfreie Gesellschaft nur mit Gewalt und Diktatur eingerichtet werden, wie es die Bolschewiki und andere getan haben.
    Somit wäre man am Ausgangspunkt. Der Fortschrittsglaube hat sich überholt.

    MFG
    Wm

    [1] Der werte Inhaltemeister kann dies leicht durch einen IP-Abgleich oder sonstig ähnlich moderne Mechanismen bestätigen.
    [2] wie es gar nicht wenige Atheisten gerne tun
    [3] das war es wohl auch, was der Wb als doof bezeichnet hat

  35. #35 Dr. Webbaer
    31. Oktober 2010

    Hmja, spannendes Thema durchaus! Ein paar Anmerkungen lohnen sich vielleicht noch:
    1.) Der Artikel, der die Toleranz christlicher Seite bzgl. des Atheismus und der Agnostik (wichtig an dieser Stelle: hier bestehen große Unterschiede) belegen soll, ist an Herrn Hans Küng ein wenig ungünstig aufgehängt. Die deutschsprachige Wikipedia zitiert Küng bspw. mit “Nach Küng ist Gott in dieser Welt und diese Welt in Gott. Gott sei das Unendliche im Endlichen, das Absolute im Relativen.” als Pantheisten. Auch andere Stellungnahmen Küngs deuten auf eine nicht-christliche Position des Herrn hin. Andere wie Gerd Lüdemann oder Uta Ranke-Heinemann wären übrigens auch “weniger” geeignet.
    2.) Dass der Atheismus doof ist und warum, ist ja nun wohl angekommen – in der Tat empfiehlt sich der “politische Atheismus”, möglicherweise in Form eines generellen Antireligionismus. Der Webbaer rät aber davon ab, denn den Religionen, gerade den beiden alten abrahamitischen, ist ihre zivilisationsbildende Wirkung, das Verhältnismässigkeitsprinzip [1] oder das deeskalierende Konzept der Feindesliebe hier beispielhaft genannt, kaum abzusprechen. Man darf diese sogar als Grundierung der Europäischen Aufklärung verstehen – wenn man möchte.
    3.) IdT ist die ethische Position des Atheisten, also desjenigen, der die Religionen ablehnt, daran glaubt (vs weiß), dass es die Gottheiten nicht gibt, zudem oft der allgemein bekannten zivilisatorischen Wirkung der Religionen widerspricht, bis auf weiteres ungeklärt.
    D.h. er wird sich erklären müssen. Hat ers mit dem Humanismus? Mit dem Sozialismus? Mit dem Liberalismus? Oder ist er vielleicht Nihilist? – Womit die Fragemenge nur skizziert ist.
    Ganz arm (oder: doof (taub) – eine Metaphorik) aber sicherlich der aktuelle “Prophet” der Atheisten Richard Dawkins, der u.a. mit Statements wie “Ich schätze die Wahrscheinlichkeit der Existenz Gottes auf etwa zwei Prozent.” (zu beachten auch die Absatzüberschrift).

    Grüße auch an die freundliche wie verständige Webmaus, die die Harthörigkeit (Doofheit) und Arroganz der bekannten atheistischen Kommentatorenkräfte wesentlich erträglicher macht. OK, das war jetzt wohl auch arrogant, höhö, aber jene atheistischen Kräfte nerven einfach mit ihrer simplen Sicht.

    MFG
    Wb

    [1] das gute alte Faustrecht, gerne auch verbunden mit dem persönlichen Gottestum hätte durchaus noch, sagen wir mal, 10.000 Jahre den Planeten dominieren können…

  36. #36 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    Stimmt. Ich behaupte auch nicht, dass objektive Bezugspunkte nötig sind, um darauf Werte oder Ethik aufzubauen.
    (…)

    Ich bin sprachlos. Zum erstenmal in den ungefähr zweieinhalb Jahren, die ich mich hier herumtreibe, antwortet mit jemand mit einem Kommentar, auf den mir beim besten Willen kein Widerspruch einfällt. Mehr davon!

  37. #37 Dr. Webbaer
    31. Oktober 2010

    Kleine Ergänzung noch:

    Es sollte heißen:
    Ganz arm (oder: doof (taub) – eine Metaphorik) aber sicherlich der aktuelle “Prophet” der Atheisten Richard Dawkins, der u.a. mit Statements wie “Ich schätze die Wahrscheinlichkeit der Existenz Gottes auf etwa zwei Prozent.” (zu beachten auch die Absatzüberschrift) glänzt.

    Wer sich mit dem Irrsinn, den einige aggressive Atheisten (vs “politische Atheisten”) antreibt ein wenig näher beschäftigen möchte, ist bei Dawkins und PZMyers gut aufgehoben. Letztgenannter macht auch schon mal Adolf Hitler zu einem Christen, wenns demagogisch gerade passt.
    Besonders köstlich:

    Objection! Hitler was no true Christian.
    Reply: None of them are.

    Niedriger gehts kaum noch, höhö, nicht schlecht auch der von jener Seite kürzlich erfolgte Vorstoß den Papst im UK einknasten zu lassen oder “Die Forderung der “Konfessionsfreien” an den Staat lautet, dass dieser “erst ab einem bewussten Eintritt in eine Konfession Leute als Mitglieder anerkennen” solle.” oder “Diese Arroganz eines nackten Affen auf einem kleinen Planeten am Rande einer Galaxie in einem riesigen Universum. Zu glauben, das wäre alles für uns geschaffen!”.

    Faschistische Tendenzen können bei Vorträgen dieser Art keinesfalls ohne näherer Prüfung (die der Webbaer jetzt nicht vornehmen wird 🙂 ausgeschlossen werden.

    MFG
    Wb

  38. #38 Anton
    31. Oktober 2010

    @Stefan
    “Ich denke, dass bei solchen Diskussionen oft die Begriffe verwischt werden. Zumindest für mich ist die äußere Grenze der Physik, stellvertretend für die Wissenschaft, die räumliche und zeitliche Grenze des Universum. Alles was sich innerhalb abspielt ist die Domäne der Physik, außerhalb kann die Theologie ansetzen. Man sollte beides tunlichst nicht vermischen; Intelligent Design, Esoterik oder anderer Mumpitz ist abzulehnen. Ob man Atheist, Agnostiker, Theist ist, läßt sich aber nicht aus der Wissenschaft ableiten, weil die Beantwortung der Fragen nach einem Gott außerhalb unserer Erkenntnis stehen, sondern kann nur von der persönlichen Überzeugung oder Einstellung abhängen.”

    Die Dinge kann man da ruhig ansetzen, aber Fragen ausserhalb dieses Rahmens bleiben unebantwortbar, da der Mensch ja nur innerhalb dieses Rahmen Beobachtungen treffen kann und da jegliche Verbindung zwischen den bereichen ja einfach nicht existent ist.
    Leider anerkennen religöse Menschen, EsoterikerInnen, Intelligent DesignerInnen das nicht an. Sie meinen das ihr Liebkind zwar ausserhalb des physikalischen raums besteht, postulieren aber eine Verbindung zu dem physikalischen Raum. Aber die Streitfrage des Dualismus hat uns gezeigt das es eine Trennung der Welten nicht existieren kann, wenn diese zu gleich Verbuznden sein sollen. Sobald es eine Verbindung gibt, ist diese Verbindung selbst ursächlicher als die zwei Welten selbst und so wird doch alles wieder “materialistisch” (oder, weil der Begriff negativ bewertet ist, physikalistisch).
    Das bedeutet: so bald postuliert wird das ein gott Zugriff auf die physikalische Welt hat, ist das eine Existenzbehauptung und somit natürlich Untersuchungsgegenstand der Naturwissenschaften (siehe auch Argumentation mit dem Dualismus der sich auf etwas Einzelne zurückführen lässt)

    “Religion per se ist nicht schlecht und nicht in der Nähe des Faschismus angesiedelt, wie Sie offenbar andeuten wollen. Wer Geschichte kennt, weiß dass auch der katholische Widerstand gegen den Nationalsozialismus eine Rolle gespielt hat, und die meisten modernen Katholiken halten eine Offene Gesellschaft für den Idealzustand.”

    Diese Aufzählung war eine Antwort auf die Unterstellung das Faschismus von atheistischen Menschen getragen wurde, vollkommener Unsinn, im Gegenteil die FaschistInnen waren zu tiefst gläubige, religöse, esoterische Menschen. Was aber keine Aussage gegenueber andere religöse Menschen sein soll. Also ein Missverständnis. 😉

    @Wm
    “Es wäre genauso dämlich zu sagen, seht her, ein schrecklicher Krieg, von Menschenhand begangen, daher folgt der böse Mensch, daher der Mensch muss weg.”

    Nicht ich war es der unterstellt hat das “Faschismus” atheistisch geprägt waren, ich habe nur aufgezeigt das das Gegenteil zutreffend ist.

    @Dr. Webbaer
    “der das deeskalierende Konzept der Feindesliebe hier beispielhaft genannt, kaum abzusprechen”

    Soso, “Feindesliebe”, sagen uns das die Millionen Toten der Katholischen Kirche?

    Und dem Christentum würde ich nur wenig Beitrag zur europäischen Aufklärung nachsagen. Es war das jüdische Rechtssytem (die Christen verwendten das römische Rechtsystem), es waren die griechische Schriften und es war der Einfluß der damaligen islamischen Hochkultur, die Europa die Dinge gebracht haben, die die Christen in ihrem Eliminationswahn dieses Wissen zerstört haben.
    Der Beitrag des Christentums zur Aufklärung, war die jahrhundertlang Andauernde Erkenntnis kluger Menschen, dass der christlichen Kirche mit ihren Kreuzzügen, Pogromen und brutalen Hass gegen Andersdenkenden, etwas entgegen gesetzt werden muss. Und so waren viele der ersten Aufklärer auch zumindestens agnostisch eingestellt und so war die Französische Revolution auch von vielen Atheisten getragen.

    Es wäre schön wenn sie in ihrem verschwurbelten, schwulstigen Schreiben wenigstens ein Mindestmass an Theorieaneignung betreiben würden, viele Diskussionen wären dann überflüßig.


    @Sven Türpe
    “Das hat die RAF auch geschafft. Oder Stalin. Oder sogar die spießige DDR. Glaubt hier ernthaft noch jemand an das Märchen vom besseren Menschen, ob nun durch Einsicht oder durch Umerziehung? Oder könnte es vielleicht sein, dass eine Welt ohne das, was wir heute Religion nennen, noch genau dieselben Probleme hätte? Der Mensch als objektiver Bezugspunkt bliebe uns ja erhalten, wie ihn die Evolution – erst die biologische, dann die kulturelle – geschaffen hat.”

    Die Menschen werden ohne Religion zu keinen Engeln ( 😉 ) Aber es muss auch eingesehen werden das es eine Geschichte der Religionen gibt. Religion war ein Erklärungsversuch für Naturphänomene. Diese Erklärungen wurden mittels einer höheren Macht in Verbindung gebracht, ganz dem prinzip der Arbeitsteilung entsprechend waren für diese Verbindung zu höheren Wesen SpezialistInnen zuständig. Das hierbei Machtstrukturen entstehen ist nur logisch.
    Die Frage muss heute sein: Sind diese Machtstrukturen _heute_ noch notwendig? Ist die Erklärung von Naturphänomenen der Religionen heute noch notwendig?

    Und wenn ich mir die Entwicklung der Menschenrechte ansehe, der Demokratien, ja dann meine ich das der Mensch sich bessern kann. Ich bin kein Anhänger der Staatstheorien das der Mensch ein Tier ist das von einem regulativ eingreifenden Staat erst zum Menschen gemacht wird. RAF, Stalin hatten ihre Ideen aus den Gedanken des Sozialismus, hier tritt das bekannte Phänomen auf, dass die Gedanken zwar nett sind aber sie dürfen nicht hierachisch sein.
    Es gibt ja auch durchaus Ideen des Anarchismus (und ich rede nicht von den Idioten die schwarz vermummt irgendwas zerstören wollen), der auf solche Gedanken setzt. Nicht falsch verstehen, ich verstehe mich nicht als Anarchist (dazu fehlt mir die Geduld und Zeit und vieles mehr ;-)), aber die Idee das alle Menschen gleich sind, das sie ihre Entscheidungen im Konsualprinzip treffen, das sie in einer sozialen Welt leben, ist doch durchaus erstrebenswert, oder nicht? Nicht das ich denke das es sowas in den nächsten 50 Jahren, 100, 200 Jahren geben wird. Aber was wäre gewesen wenn nach dem Ende der Anfänge der Demokratie in Griechenland die Idee “Demokratie” nicht weitergedacht worden wären (und das sind sie kontinuierlich) ? Gäbe es sie heute dann noch? Ich denke nicht, Ideen müssen weitergedacht werden sonst werden sie vergessen.

  39. #39 Wm
    31. Oktober 2010

    Wm dem Wb recht gibt. Die Arroganz und herablassende Haltung gewisser Atheisten ist unerträglich. [1]
    Atheisten waren, sind und bleiben eine Minderheit. Der Kulturkampf in Europa gegen die katholische Kirche führt
    möglicherweise zu deren Marginalisierung, jedoch keinesfalls in eine religionsfreie Gesellschaft. In die Lücke werden andere treten.
    Atheisten haben keine gemeinsame Basis, keine Ideologie, nichts, was sie angreifbar machen würde und wenn sie es doch haben wie z.B. die Bolschewiki, bringen sie schreckliches Unheil auf diese Erde.

    MFG
    Wm

    [1] das war es wohl auch, was MSS damit meinte, als er sagte, dass der neue Atheismus übel rieche

  40. #40 Andrea N.D.
    31. Oktober 2010

    Und wieder hat der webzoo einen Thread mit seinen feindlichen und aggressiven Ansichten kaputt gemacht.

    Anton: Dr. Webbaer = wb= ff= wm= webmaus etc. etc. etc. Sein Ziel ist, möglichst eine rationale Diskussion zu verhindern, herumzupöbeln, Zielgruppen seiner Wahl (Atheisten, Frauen, Wissenschaftler) zu diffamieren, unverständlich herumzuschwafeln – eben gnadenlos zu trollen. Ich bevorzuge mittlerweile die Blogs, auf denen er gesperrt ist (als “verbaler Sondermüll”).
    Alternativ könnte die Redaktion vielleicht überlegen, dass Kommentatoren, die unter multiplen Nicknames auftauchen, automatisch gesperrt weden, falls das möglich ist.

    @webbie:
    Wenn Kinder groß werden, sprechen Sie von sich in der dritten Person und probieren verschiedene Persönlichkeiten aus, bis sie ein Ichbewusstsein entwickelt haben und sich mit dem identifizieren, was sie sagen, und dafür Verantwortung übernehmen können. Du bist noch nicht so weit. Ich schlage noch einmal vor, dass Du die Großen jetzt in Ruhe sprechen lässt und Dich zu Deiner Barbie trollst.

    @Christian:
    Das tut mir jetzt sehr leid, aber ich fand es schon bei JF nicht in Ordnung, dass webbie pöbeln und beleidigen konnte, wie es ihm passte. Auch wenn oder gerade weil ich dieses Mal zufällig nicht Zielscheibe seiner perfiden Beleidigungen bin, kann ich dazu etwas schreiben.
    Ganz ehrlich finde ich dass die Wahrnehmung von SB unter solchen Kommentatoren wesentlich mehr leidet als unter einem Bullshit-Bingo. Wer kommentiert schon gerne irgendwo, wo er so gnadenlos diffamiert wird? Vermutlich ist auch das genau das Ziel des webzoos – SB kaputt machen. Wobei mir selbstverständlich bewusst ist, dass ein Blog nicht ununterbrochen gepflegt werden kann. In diesem Fall sollte einfach eine General-IP-Sperrung erwogen werden, wenn möglich. In anderen Blogs hier taucht er ja auch nicht auf.

  41. #41 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    Und wieder hat der webzoo einen Thread mit seinen feindlichen und aggressiven Ansichten kaputt gemacht.

    Verbaler Zickenterror und inhaltsarmes Genörgel werden ganz bestimmt die Atmosphäre verbessern. Beträgst Du Dich draußen auch so?

  42. #42 Gluecypher
    31. Oktober 2010

    @AndreaND

    Nicht aufregen. Der-der-immer-von-sich-in-der-dritten-person-redet-und-ausserdem-an-einer-multiplen-persönlichkeitsstörung-leidet ist ein Aufmerksamkeitsjunkie, der sich bei jeder Replik auf seine Logorrhoe einen von der Palme wedelt, weil es ihm mal wider bestätigt, dass er ungemein wichtig ist. Kein Stöckchen mehr hinhalten, dann hebt er das Bein nicht mehr so oft.

    @Nele

    Nein, Du bist nicht doof, weil Du Atheist bist, sondern weil Du anderer Ansicht als der Prof. Dr. mult. Webkasper bist.
    §1 auf dem Planeten Web-Bizzarro: “Alle doof, ausser mich!”

  43. #43 Anton
    31. Oktober 2010

    @Andrea N.D: danke für die Info! Ähnlichkeiten im Stil haben mich stutzig gemacht, aber man kann ja auch nicht einfach davon ausgehen. 🙂

    @Sven Türpe: Ob das Internet Trolls benötig, darüber kann man vielleicht mit Ach und Krach noch streiten, was das Internet und auch reallife bestimmt nicht benötigt, sind dümmlich Kommentare ala “Zickenterror”.

  44. #44 Frank S
    31. Oktober 2010

    Man kann Religionen an ihrer rein irdischen Wirkung beurteilen – Stabilität einer religiösen Gesellschaft, wie gut überdauert sie, wie stark verbreitet sie sich, welchen Lebensstandard erringt sie für ihre Mitglieder?

    Pragmatische, sinnvolle und vernünftige Kriterien.

    Aber es sind keine *religiösen* Kriterien.

    Religionen orientieren sich nicht an irdischen Maßstäben, und wer Religion nach solchen Gesichtspunkten beurteilt, legt bereits indirekt fest, dass es Kriterien gibt, die bedeutender als die Gebote einer angeblich absoluten und unfehlbaren Autorität sind.

    Der Haken bei einer Religion ist, dass man sie eben nicht nach pragmatischen Kriterien beurteilen und sie *gleichzeitig* wirklich glauben kann.

  45. #45 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    Die Frage muss heute sein: Sind diese Machtstrukturen _heute_ noch notwendig? Ist die Erklärung von Naturphänomenen der Religionen heute noch notwendig?

    Ich würde nicht nach Notwendigkeit fragen, sondern nach Erfolg. Funktionieren solche Strukturen und Erklärungen besser als neuere? Wenn nicht, welches Schicksal erwartet sie auf lange Sicht?

    … aber die Idee das alle Menschen gleich sind, das sie ihre Entscheidungen im Konsualprinzip treffen, das sie in einer sozialen Welt leben, ist doch durchaus erstrebenswert, oder nicht?

    Nein. Weder möchte ich gleich sein noch habe ich ein Interesse am Konsenszwang und ich bin überzeugt davon, dass beide Ideen nicht ohne Zwangsmaßnahmen mit unserer Herkunft aus einem langen Evolutionsprozess und unserer Einbettung in die Natur zu vereinbaren sind.

    Die perfekte Gleichheit fänden wir in einer Gesellschaft von Klonen ohne individuelles Streben. So eine Gesellschaft wäre nicht nur sturzlangweilig, sie wäre auch bei der kleinsten Störung vom Untergang bedroht. Dem Konsualprinzip kann ich auch wenig abgewinnen. Wie sollte etwa ein Konsens aussehen, wenn mir ein Dieb an die Geldbörse wollte und was könnte mich zwingen, über einen solchen Konsens zu verhandeln?

  46. #46 MoritzT
    31. Oktober 2010

    Hi Leute!
    War schon beinahe eine interessante Diskussion. Wirklich interessant wäre sie geworden, wenn Ihr den Terminus “Atheist” gegen den des “Agnostikers” und den des “Antireligiösen” abgegrenzt hättet. Bisher wars ein hysterisches Rumgezicke von wegen “ich will aber Atheist sein, weil Dein Atheist was anderes ist als mein Atheist!” Wenn schon die Begriffe uneinheitlich sind …

    Ich finde es wirklich interessant, dass hier alle von Werten reden und Religion (und alles Metaphysische) generell ablehnen. Warum Werte? Sie halten uns vor der kompletten Beherrschung der Welt ab! Das ist aber das Projekt, das inhärente Ziel der modernen Naturwissenschaften. Außerdem entstammt unsere Vorstellung von Werten direkt der Vorstellung, ein Mensch sei mehr als nur ein Konglomerat aus Zellen und psychischen Zuständen. Kant fußt auf dem christlich-jüdischen Weltbild, und auf Kant fußt unser Gedanke, Menschen hätten Würde und diese sei prinzipiell nicht antastbar. Damit wird in den Menschen ein metaphysisches Prinzip hineinpostuliert, für das wir keinerlei messbare Anzeichen haben.

    Wie nun damit umgehen? Auf die katholische Kirche zu schimpfen bringt einem da nicht viel. Wie viel Metaphysik braucht der Naturwissenschafter, oder anders gefragt: ist die Würde des Menschen im naturwissenschaftlichen Weltbild enthalten?

  47. #47 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    … was das Internet und auch reallife bestimmt nicht benötigt, sind dümmlich Kommentare ala “Zickenterror”.

    Welche Bezeichnung möchten wir denn verwenden für die Verhaltensweise, eine Person in Hörweite derselben gegenüber Dritten für nicht gesellschaftsfähig zu erklären? Mobbing? Unhöflichkeit? Soziopathie? Kinderei? Taktlosigkeit? Ich bin offen für Vorschläge, solange sie nicht darauf hinauslaufen, solches Betragen für akzeptabel zu erklären. Das ist es nämlich nicht, sondern es verursacht genau jene Störung, die hier dem Opfer der Bemühungen angehängt werden soll. Wo kämen wir denn hin, wenn an die Stelle inhaltlicher Auseinandersetzungen — die gerne scharf formuliert sein dürfen — gleichberechtigt der Versuch träte, innerhalb von Teilnehmergruppen einen Konsens zu provozieren, wonach man mit “dem da” nicht zu sprechen habe? Zu einer besseren Debattenkultur sicher nicht. Nein, wir brauchen hier niemanden, der mit dem Finger auf andere zeigt und “Ihh bäh!” ruft.

  48. #48 Jörg
    31. Oktober 2010

    Welche Bezeichnung möchten wir denn verwenden für die Verhaltensweise, eine Person in Hörweite derselben gegenüber Dritten für nicht gesellschaftsfähig zu erklären? Mobbing? Unhöflichkeit? Soziopathie? Kinderei? Taktlosigkeit? Ich bin offen für Vorschläge, solange sie nicht darauf hinauslaufen, solches Betragen für akzeptabel zu erklären.

    Ich schlage “Türpen” vor.

  49. #49 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    Ich schlage “Türpen” vor.

    Dann müssten wir zur Vermeidung von Missverständnissen eine neue Bezeichnung suchen für: verzogenen Banausen immer wieder mit Erfolg die Diskurshoheit streitig machen.

  50. #50 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @Webbaer,

    Letztgenannter macht auch schon mal Adolf Hitler zu einem Christen, wenns demagogisch gerade passt.

    Wollen Sie etwa bestreiten, dass Hitler katholisch aufgewachsen und erzogen war, er sich nie von seiner Religion losgesagt hat, er sich sogar als jamend sah, der durchaus im Einklang mit den Geboten des Christentums handelte? Die katholische Kirche hat Hitler niemals exkommuniziert, hat also sein Handeln als im katholischen Sinn akzeptabel zumindest toleriert.

    Es lässt sich auch nachweisen, dass der unbändige Judenhass der Nazis ohne die christliche Vorgeschichte des Abendlandes (“Juden sind Gottesmörder”) völlig undenkbar ist:

    In a speech from April 12, 1922 and published in his book My New Order, Adolf Hitler explains his perspective on Jesus Christ:

    My feelings as a Christian points me to my Lord and Savior as a fighter. It points me to the man who once in loneliness, surrounded by a few followers, recognized these Jews for what they were and summoned men to fight against them and who, God’s truth! was greatest not as a sufferer but as a fighter.

    In boundless love as a Christian and as a man I read through the passage which tells us how the Lord at last rose in His might and seized the scourge to drive out of the Temple the brood of vipers and adders. How terrific was his fight against the Jewish poison. Today, after two thousand years, with deepest emotion I recognize more profoundly than ever before the fact that it was for this that He had to shed his blood upon the Cross.

    https://atheism.about.com/od/adolfhitlernazigermany/a/HitlerJesus.htm

    Und es lässt sich nun einmal nicht leugnen, dass der überwältigende Anteil derjenigen, die den Nationalsozialismus mitgetragen haben – bis hin zu den Wärtern und Schächtern in den KZs – gläubige Christen waren.

    In diesem Licht betrachtet, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Eingangangsfrage falsch gestellt ist. Auch wenn man Äußerungen nicht nur dieses Papstes zu Fragen betrachtet, die für die ganze Menschheit enorme Bedeutung haben, wie z. B. die Geburtenkontrolle, dann muss doch die Frage lauten:

    “Kann es sich die Menschheit leisten, moralische Vorstellungen auf den weltfremden und Menschen verachtenden Prinzipien des Christentums zu basieren?”

    Klingt hart, aber es ist an der Zeit endlich mit der geschichtsklitternden Behauptung aufzuräumen, dass die westliche, demokratische Kultur ein Ergebnis chistlicher Moralvorstellungen gewesen sei. Allein die Haltung des Christentums zur klerikalen und weltlichen “Autorität” beweist doch, dass unsere moderne Demokratie nicht aus dem Christentum hervorgegangen sein kann.

    Was wir heute an Freiheiten genießen, ist Ergebnis der Aufklärung, die wiederum in wesentlichen Teilen durch den kulturellen Kontakt mit den Mauren in Spanien beeinflusst wurde. Den Erhalt antiker Schriften haben wir den Arabern zu verdanken, die die griechische philosophische Tradition fortgesetzt haben, bis auch sie durch religiöse Eiferer an einer Weiterentwicklung der Philosophie und Wissenschaft gehindert wurden.

    M. E. hat bisher niemand besser als Steven Weinberg das der Moral zugrunde liegende Problem auf den Punkt gebracht:

    “Ohne Religion tun gute Menschen Gutes und böse Menschen Böses. Damit aber gute Menschen Böses tun, dazu bedarf es der Religion.”

  51. #51 MoritzT
    31. Oktober 2010

    @ G. Vennecke: Katholikenhass ist in diesen Foren populär, aber meines Erachtens nicht zielführend. Die aus Ihrem Kommentar implizit hervorgehende Behauptung, ein gottloses Weltbild mache die Welt zu einem besseren Ort, ist jedoch philosophisch spannend und sollte diskutiert werden. Sie und einige andere lehnen das christliche Menschenbild rundheraus ab, bleiben aber die Antwort schuldig, was an dessen Stelle treten soll.

    “Nichts” geht nun leider nicht, man kann nicht “kein” Menschenbild haben, so wie es auch unmöglich ist, dass zwei Personen im selben Raum nicht kommunizieren. Soll das Menschenbild naturwissenschaftlich definiert werden? Sollen andere Religionen zum Zuge kommen? Diese Frage ist für die weitere Strategie sehr wichtig, weil die daraus jeweils abzuleitenden Konsequenzen auch für das ethische Gefüge Konsequenzen haben.

  52. #52 nihil jie
    31. Oktober 2010

    es ist eine recht seltsame diskusion… da könnte ich genau so gut die unsinnige fragen stellen;
    sind polizisten durch die bank gesetzestreue gesellen oder können sie auch verbrecher sein ?

    der einzige unterschied zwischen einem atheisten und einem religiösen menschen diesbezüglich ist, dass sich religiöse moral auf ihre fahnen geschrieben was sie oft nicht so halten können. atheisten berufen sich da weniger drauf…. sie sind moralisch oder auch nicht. religiöse erheben aber den anspruch auf eine verallgemeinerung ihnen gegenüber was die moral betrifft… sie alle sind per se moralisch. was natürlich so niemals stimmen wird. das wäre da schon mal der erste bruch mit der moral… weil man andere und sich selbst dabei belügt in dem man behauptet religiöse menschen seien moralischer… das ist eine lüge und nicht sonderlich moralisch.

  53. #53 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @MoritzT,

    ist die Würde des Menschen im naturwissenschaftlichen Weltbild enthalten?

    Eindeutig JA!

    Der Angriff auf die Würde des Menschen erfolgt doch da, wo trotz enormer wissenschaftlicher Fortschritte, die es allen Menschen ermöglichen könnten ein menschenwürdiges Leben zu führen, dank “christlicher” Wirtschaftweise (Kapitalismus) genau dies nicht gestattet wird.

    Rund 1 Milliarde Menschen, die nicht einmal genug zu essen haben, sind der Beweis für das Scheitern des “christlichen” Weltbildes. Die angeblich von christlichen Parteien geführten Regierungen dieser Welt hätten es in der Hand gehabt, hier helfend einzugreifen. Dass sie es nicht getan haben und immer noch keine Anstalten treffen, es zu tun, ist der Beweis dafür, dass wirkliche Moral und Ethik mit Christentum nichts zu tun haben.

    Naturwissenschaft, die auf ihr basierende Philosophie und der technische Fortschritt ermöglichen erst ein Handeln, das den Forderungen des kategorischen Imperativs, dem Grundsatz der aufklärerischen Ethik gerecht wird. Nur da, wo ein Handeln auch möglich ist, wird Ethik und Moral mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis.

    Im Übrigen ist die englischsprachige Welt in dieser Frage schon viel weiter. Deshalb auch meine apodiktische Setzung am Anfang dieses Postings:

    https://www.samharris.org/ted_talk/

  54. #54 Hel
    31. Oktober 2010

    @Christian R.

    Danke für diesen schönen Beitrag! Er kommt genau zur rechten Zeit, denn momentan scheint mir das mit dem DeAtheAgnostizMonoTheIsmus partiell doch etwas überbewertet zu werden – konkret dann, wenn dieses hier stets freiwillig und manchmal eher abseits vom eigentlichen Thema gemachte Bekenntnis zu einem dieser -ismen für Schmalspur-Psycho-Schubladisierung missbraucht wird.

    Allerdings nehme ich diese Tendenz immer noch etwas stärker auf der Seite der Gläubigen wahr -“Atheisten müssen doch fundamentale Probleme bei der Ethik- und Moralfindung haben, wenn sie an gar nichts glauben“-, wobei sich die Vorbehalte auf den angeblich schlechteren Charakter der Atheisten beziehen, während die Atheisten/Agnostiker einem sich als religiös definierenden UND wissenschaftlich tätigen Menschen eher so etwas eine gespaltene Persönlichkeit unterstellen und auf den Verstand abzielen.

    @Mein Gott

    Warum hast du den Webbären verlassen, als er dies hier schrieb:

    Die deutschsprachige Wikipedia zitiert Küng bspw. mit “Nach Küng ist Gott in dieser Welt und diese Welt in Gott. Gott sei das Unendliche im Endlichen, das Absolute im Relativen.” als Pantheisten. Auch andere Stellungnahmen Küngs deuten auf eine nicht-christliche Position des Herrn hin.

    Kurz mal Hans Küng das Christsein absprechen und ihn erst zum A-, dann zum Pantheisten küren, das bringt auch nur der Webbär fertig… Bitte lese er nochmal nach, was Pantheismus eigentlich bedeutet und nehme er zK, dass Küng trotz Entzugs der Lehrbefugnis immer noch katholischer Priester ist *g*

  55. #55 Frank S
    31. Oktober 2010

    @MoritzT

    Ich denke nicht, das Atheisten zwangsläufig das “christliche Menschenbild” rundheraus ablehnen.
    Genau so muss ein Atheist nicht den “christlichen Werten” widersprechen.

    Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass ein Atheist sein Menschenbild und seine Werte nicht auf eine übernatürliche, absolute moralische Autorität gründen kann.

    Atheisten vorzuwerfen, sie würden nichts an die Stelle der Religion setzen, trifft ebenso sehr zu wie der Vorwurf an Theisten, sie könnten sich weder auf den richtigen Gott einigen, noch darauf, was dessen Wille ist.

    Insofern sind sich die meisten Atheisten vor allem in einer Sache einig:
    Die Werte einer Gesellschaft und die Regeln unseres Zusammenlebens sollten im Diesseits begründet sein, nicht im Jenseits.
    Wer vernünftig begründen kann, warum bestimmte Werte oder Gebote zu einer angenehmeren, gesünderen, glücklicheren oder erfolgreicheren Gesellschaft führen kann, bei dem ist es mir letztlich egal, ob er darauf selbst gekommen ist, ein heiliges Buch studiert hat, oder körperlosen Stimmen gelauscht hat.

    So lange das nicht seine *einzige* Begründung ist.

  56. #56 Wm
    31. Oktober 2010

    Die von der Wm nicht geschätzte Andrea verbreitet hier schamlos Lügenmärchen, was wohl für ihren unterirdischen Charakter spricht. Weder ist die Wm mit dem Wb identisch [1], noch ist es die Intention der Wm SB zu zerstören.
    Der Stil von Wm und Wb ist nur deshalb ähnlich, da der honorige Webbaer in gewisser Weise ein Vorbild für die Wm darstellt.
    Des weiteren kann eine kleine Webmaus mit ihren gelegentlichen Kommentaren SB gar nicht zerstören. Wenn, dann sind dafür der Verlag, die Blogautoren und/oder diverse Kampfposter verantwortlich. Die Wm hält es auch für möglich, dass die Dominanz von FF ein Grund sein könnte.

    MFG
    Wm

    [1] was der werte Inhaltemeister leicht überprüfen könnte

  57. #57 MoritzT
    31. Oktober 2010

    Nun, das Problem ist doch, dass im naturwissenschaftlichen Weltbild der Moderne versucht wird, eine nicht-metaphysische Erklärung aller Phänomene zu finden. Das hat uns zweifellos enorme gesellschaftliche und zivilisatorische Fortschritte gebracht. Die Unterdrückung der Frau ist ohne Metaphysik schwierig zu rechtfertigen. Die Würde des Menschen – die ich für eine fundamentale naturgegebene Eigenschaft halte – ist aber, zumindest im Sinne Kants, ohne Metaphysik auch nicht zu erklären. Sie entzieht sich prinzipiell der Beobachtung, der Messung und des Zugriffs. Spannenderweise fußt gerade der kategorische Imperativ auf diesem Mindestmaß an Unerfahrbarkeit:  liegt Kant nun falsch, oder müssen wir unser Weltbild erweitern?

  58. #58 Frank S
    31. Oktober 2010

    Die Würde des Menschen *ist* nicht naturwissenschaftlich zu erklären. Sie ist überhaupt nicht zu erklären. Es gibt kein Naturgesetz, welches in irgend einer Weise Menschenwürde fordert, befürwortet oder wertschätzt.

    Die Frage, die wir uns stellen sollten, ist nicht:
    “Ist es unsere Pflicht, die Menschenwürde zu achten?”
    Sie sollte vielmehr sein:
    “WOLLEN wir die Menschenwürde achten?

    Wir sind es, die unseren eigenen Werten Bedeutung verleihen. Wir selbst müssen nach ihnen streben, sie erhalten und Regeln entwerfen, die ihnen gerecht werden.

    Warum?
    Weil sie UNS wichtig sind. Aus keinem anderen Grund. Und wir brauchen auch keinen anderen. Anzuerkennen, dass alle Werte letztlich willkürlich sind, dass es keine absolute Definition von Gut und Böse gibt, heißt nicht, dass wir nicht selbst, für uns, eine solche Definition finden können.
    Uns bewusst zu sein, dass sie eigene Erfindung ist, entwertet sie in meinen Augen nicht. Im Gegenteil, es sollte uns klar machen, dass wir uns nicht auf kosmische Gerechtigkeit oder göttliche Einmischung verlassen können, um unsere Werte zu schützen und zu erhalten.

    Nur wir können das. Und nur für uns selbst müssen wir es.

  59. #59 itz
    31. Oktober 2010

    @webbär

    „Von religiöser Seite wird sehr wohl dem Atheisten und dem Agnostiker ein niedriges ethisches Dasein bestätigt. – Aber eben grundsätzlich nicht von den Christen!“

    „Bitte, bitte, bitte mit Zucker oben drauf“ (Winston Wolf) – erklären Sie mir wie Sie zu dieser Ansicht kommen: Von Paulus über Luther bis Benedikt XVI wird eben genau dies getan. Allein schon der Unglaube wird von christlicher Seite als ethisches Defizit angesehen. Automatisch einhergehend mit allerlei anderen moralischen Verfehlungen: Unrechten, Schlechtigkeit, Habsucht, Bosheit, voll Neides, Mordes, Haders List, Tücke, Ohrenbläser, Verleumder, … (Römer 1, 28-32).

    Objection! Paulus was no true Christian.
    Reply: Who is a true Christian? 😉

    „nicht schlecht auch der von jener Seite kürzlich erfolgte Vorstoß den Papst im UK einknasten zu lassen“

    Vielleicht ein Beispiel dafür, dass diese „antireligiösen Burschen“ weniger zum (Werte-) Relativismus neigen als der Webbär gemeinhin denkt?

  60. #60 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @MoritzT,

    Sie und einige andere lehnen das christliche Menschenbild rundheraus ab, bleiben aber die Antwort schuldig, was an dessen Stelle treten soll.

    Es wäre äußerst interessant, endlich einmal zu erfahren, was denn konkret mit dem “christlichen Menschbild” gemeint ist, außer der überaus schwammigen “Definition” eines “besonders guten Menschen”.

    Auch die Moralvorstellungungen der Christenheit waren im Laufe der Jahrhunderte sehr starken Schwankungen unterworfen und so konnte noch im 20. Jahrhundert jemand KZ-Wächter sein und Häftlinge quälen, aber dann Sonntags zur Kirche gehen und sich immer noch als guter Christ fühlen, schließlich wurde ihm das von der Kanzel herunter bestätigt.

    Was man heute unter einem positiven Menschbild versteht, ist wohl eher von der Aufklärung und dem Humanismus geprägt, denn von irgendwelchen “christlichen” Lehren.

    Es ist ja nicht von ungefähr, dass in einem der christlichsten Länder der Welt, den USA, immer noch Prügelstrafe in den Schulen und die Todesstrafe mit den Lehren der Bibel begründet werden.

    Wenn wir uns alle auf die Grundprinzipien des Humanismus einigen könnten, wären wir der Verwirklichung einer gerechten menschlichen Gesellschaft schon viel näher als bei der Beibehaltung angeblich göttlich inspierierter christlicher Werte.

    Wie sehr jemand daneben liegen kann, der sich angeblich auf göttliche Offenbarung beruft, zeigen doch die unhaltbaren Positionen der Päpste zu Fragen wie den Rechten von Frauen, Empfängnisverhütung und Homosexualität, um nur ein paar wenige zu nennen. Die Äußerungen des gegenwärtigen Papstes zum Gebrauch von Kondomen im Zusammenhang mit der Eindämmung von AIDS in Afrika sind so ziemlich das Dümmste und Perverseste, was jemals zu diesemThema geäußert worden ist. Er und große Teile der katholischen Prieserschaft tragen die Verantwortung für den qualvollen Tod von Tausenden von Mensc hen auf diesem Kontinent und vergrößern das Leiden aller Angehörigen, die von dem Verlust eines an AIDS gestorbenen Menschen betroffen sind. Die Verhaltensweisen der Kleriker sind das genaue Gegengteil von Moral und Ausdruck der tiefen Verkommenheit, zu der Menschen aus religiösen – oder machtpolitischen* – Beweggründen gelangen.

    (*Machtpolitisch deshalb, weil es einfach schwer nachzuvollziehen ist, dass katholische Priester – die zur Erlangung der Priesterweihe ja eine Ausbildung absolvieren müssen, die ein gewisses Mindestmaß an Intelligenz erfordert – tatsächlich selbst an all den Unsinn glauben, den sie ihren Schäfchen zumuten.)

    P.S.:
    Hier noch ein Link zur Position, die Hitler nach eigenen Worten zu Religion und katholischer Kirche einnahm:

    https://scienceblogs.com/pharyngula/2006/08/list_of_hitler_quotes_he_was_q.php

    Selbsverständlich kann man auch hier nicht 100%ig sicher sein, dass Hitler hier ehrlich argumentiert hat, aber die Zitate belegen zumindest, dass Hitler den katholischen Glauben als durchaus nützlich für die Verfolgung seiner Pläne ansah und die Geschichte gibt ihm darin recht.

  61. #61 Maxo
    31. Oktober 2010

    Na ja, die AIDS Epidemie liegt ja vor allem auch am Sexualverhalten dieser Menschen. Hier scheinen noch Verhaltensmuster der heidnischen Stammesgesellschaften nachzuwirken.

  62. #62 Gluecypher
    31. Oktober 2010

    @Günther Vernecke und @itz

    Dem Weborganismus (inklusive sämtlicher multiplen Manifestationen) mit Argumenten kommen? Ihm gar zuzumuten, Fragen zu beantworten? Ich bitte Euch! Welche Impertinenz! Die Chance, einen in voller Fahrt auf einen zufahrenden M1A1-Abraham-Panzer mit geworfenen Wattebäuschchen zu stoppen ist weitaus größer.

    Aber nur mal so zum Spass:

    „Mein Kampf“, als PDF nach dem Begriff „Gott“ oder „allmächtiger“ durchsucht. Ergebnis nach 150 von 450 Seiten (danach Suche abgebrochen, denn sonst wird der Post hier zu lang) siehe unten:

    So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.

    Gegenüber der lächerlichen Parole einer Sicherung von Ruhe und Ordnung zur friedlichen Ermöglichung gegenseitiger Begaunerei erscheint die Aufgabe der Erhaltung und Förderung eines durch die Güte des Allmächtigen dieser Erde geschenkten höchsten Menschentums als eine wahrhaft hohe Mission.

    Soll der gleiche Verzicht nicht möglich sein, wenn an seine Stelle die Mahnung tritt, der dauernd fortwirkenden Erbsünde einer Rassenvergiftung endlich Einhalt zu tun und dem allmächtigen Schöpfer Wesen zu geben, wie er sie selbst erschuf.

    ……… in den Dienst dieser einzigen großen Mission gestellt werden, bis daß das Angstgebet unserer heutigen Vereinspatrioten “Herr, mach uns frei!” sich in dem Gehirn des kleinsten Jungen verwandelt zur glühenden Bitte: “Allmächtiger Gott, segne dereinst unsere Waffen; sei so gerecht, wie du es immer warst; urteile jetzt, ob wir die Freiheit nun verdienen; Herr, segne unseren Kampf!

    ……ob der Junge nun genau weiß, wann diese oder jene Schlacht geschlagen, ein Feldherr geboren wurde, oder gar ein (meistens sehr unbedeutender) Monarch die Krone seiner Ahnen auf das Haupt gesetzt erhielt. Nein, wahrhaftiger Gott, darauf kommt es wenig an.

    Kommt er endlich Sonntag oder Montag nachts selber nach Hause betrunken und brutal, immer aber befreit vom letzten Heller und Pfennig, dann spielen sich oft Szenen ab, daß Gott erbarm’.

    Er streunt herum und kommt weiß Gott wann nach Hause, prügelt zur Abwechslung auch noch selber das zusammengerissene Wesen, das einst seine Mutter war, flucht aber Gott und die Welt und wird endlich aus irgendeinem besonderen Anlaß verurteilt und in ein Jugendlichengefängnis verbracht

    Es liege ihr ferne, sich etwa in die Verhältnisse des Deutschen Reiches einmischen zu wollen — nein, Gott bewahre —, aber indem man in so freundschaftlicher Weise den Finger auf diese Wunde lege,……

    Daß ein großer Teil der Menschen blind durch die Erscheinungen des Zerfalls wandelte, bewies nur den Willen der Götter zu Österreichs Vernichtung.

    ……wobei aber dieses Lumpenpack niemals etwa aus Motiven, wie sie vielleicht bei der anderen Menschheit glaubhaft oder wenigstens verständlich waren, etwas unternimmt. Gott bewahre!

    …….so muß darauf nur eines geantwortet werden: Gott sei gedankt, darin liegt ja eben der Sinn einer germanischen Demokratie……

    Diese Korrektur des göttlichen Willens scheint ihm ebenso weise wie human zu sein, und er freut sich……..

    Der Kampf des Jahres 1914 wurde den Massen, wahrhaftiger Gott, nicht aufgezwungen, sondern von dem gesamten Volke selbst begehrt.

    Ich hatte so oft “Deutschland über alles” gesungen und aus voller Kehle Heil gerufen, daß es mir fast wie eine nachträglich gewährte Gnade erschien, nun im Gottesgericht des ewigen Richters als Zeuge antreten zu dürfen zur Bekundung der Wahrhaftigkeit dieser Gesinnung.

    Von ihnen gilt, wahrhaftiger Gott, am allermeisten das Volkssprichwort: Was der Bauer nicht kennt, das frißt er nicht

    „Mein Kampf“, als PDF nach dem Begriff „Atheist“ durchsucht. Ergebnis nach allen 455 Seiten siehe unten.

    Dafür wurde dann Christus freilich an das Kreuz geschlagen, wahrend unser heutiges Parteichristentum sich herabwürdigt, bei den Wahlen um jüdische Stimmen zu betteln und später mit atheistischen Judenparteien politische Schiebungen zu Vereinbaren sucht, und zwar gegen das eigene Volkstum.

    …….. den Wahnsinn ihres Handelns nicht einmal erkannten, daß atheistische Marxistenzeitungen nach Bedarf plötzlich Anwälte religiöser Glaubensgemeinschaften wurden, ……..

    Hardcore-Atheismus at it’s best. Aber der Webzoo wird bestimmt sehr eloquent darlegen, dass das nichts, aber auch gar nichts mit der Einstellung des braunen Zwerges zur Welt zu tun hatte, war alles nur Täuschung, um die gläubigen Massen auf seine atheistische Verschörung einzustimmen. Oder so.

    @Türpe

    Verbaler Zickenterror und inhaltsarmes Genörgel werden ganz bestimmt die Atmosphäre verbessern. Beträgst Du Dich draußen auch so?

    Und die extrem treffende Analyse des Türpelchens hat die Diskussion natürlich um Megaparsecs vorangebracht. Der hast Du’s aber gezeigt, RESPEKT!

    Welche Bezeichnung möchten wir denn verwenden für die Verhaltensweise, eine Person in Hörweite derselben gegenüber Dritten für nicht gesellschaftsfähig zu erklären?

    Ooooooch, das arme, arme Opfer Webwurm. Wer austeilen will wie ein Großer, der sollte auch einstecken können. Erinnert mich irgendwie an unseren Vize-Kannsnich. Erst die große Keule rausholen und dann beim geringsten Widerstand anfangen, rumzuflennen. Erbärmlich.

    @dasvonsichinderdrittenpersonschafelndewesen

    Die von der Wm nicht geschätzte Andrea verbreitet hier schamlos Lügenmärchen, was wohl für ihren unterirdischen Charakter spricht

    Mitleid gibt’s umsonst, Respekt muss man sich verdienen. Buhuuuuuuuuuuuuuuuu

  63. #63 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @Maxo,

    Na ja, die AIDS Epidemie liegt ja vor allem auch am Sexualverhalten dieser Menschen. Hier scheinen noch Verhaltensmuster der heidnischen Stammesgesellschaften nachzuwirken.

    Glauben Sie, dass bei uns und in anderen westlichen Ländern AIDS viel weniger verbreitet wäre, wenn Männer auf den Gebrauch von Kondomen verzichten würden?

    Ich halte es für moralisch äußerst verwerflich, weniger aufgeklärten Menschen einzureden, dass Kondome KEINEN Schutz vor AIDS bieten. Dieses Verhalten zeigt auch, dass ein überzeugter Katholik zu moralischem Verhalten gar nicht in der Lage ist, wenn er den (Irr-)Lehren der Kirche den Vorzug vor humanem Denken gibt.

  64. #64 MoritzT
    31. Oktober 2010

    @ G. Vennecke: Das mit dem christlichen Menschenbild ist ja noch einigermaßen einfach. Man kann, wenn man denn will, auch positive Aspekte in der christlichen Botschaft und in ihrem Werteverständnis entdecken. Die Kernthesen sind einerseits in den zehn Geboten, andererseits (und für das Christentum wichtiger) in der Bergpredigt zu sehen.

    Ihr Beitrag liest sich aber so, als wollten Sie gar nicht auf die theologisch-philosophischen Grundlagen des Christentums eingehen, sondern auf die Entgleisungen menschlichen Handelns im Verlauf der Jahrhunderte, die paradoxerweise stets religiös begründet wurden – obgleich die christliche Botschaft absolut konträr dazu stand. Ich stimme mit Ihnen überein, dass dies nach härtester Kritik verlangt und die Glaubwürdigkeit der Kirchen zu Recht beschädigt hat. Ich stimme aber nicht mit Ihnen überein, wenn Sie das Grundübel in der christlichen Botschaft sehen.

    Es ist nicht ganz frei von Ironie, dass das Menschenbild des Humanismus mit dem der Bergpredigt in vielen Teilen deckungsgleich ist. Da sich in den offiziellen kirchlichen Handlungen und Positionen die ursprüngliche Botschaft oft nur pervertiert wiederfand, wurde der Humanismus als Gegenstück zur christlichen Lehre gesehen. Vergessen wird oft, dass diese spezifisch europäische Strömung ohne die religiöse Grundlage nicht hätte entstehen können und sich in vielen Aspekten implizit darauf beruft.

    @ Frank S: Ich stimme Ihnen völlig zu. Für den Einzelnen bleibt keine andere Wahl, als die Würde des Menschen als existent anzuerkennen und damit fertig zu werden, dass man sie mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht wird fassen können. Es bleibt aber ein schaler Beigeschmack: was, wenn Kants Personenbegriff nicht mehr akzeptiert wird? Was, wenn dem Menschen grundsätzlich abgesprochen wird, eine nicht fassbare, nicht erklärbare Dimension zu besitzen, die ihm erstens seine unbeeinflusste Einzigartigkeit und inhärent seine Selbstbestimmung und Würde garantiert?
    Der Kantsche Person-Begriff ist bereits jetzt nicht mehr überall akzeptiert, weil er eben diese metaphysische Dimension enthält. Wer Metaphysik konsequent ausschließt, braucht also auch für Kant Ersatz.

  65. #65 Hel
    31. Oktober 2010

    @Gluecypher/Günther Vennecke

    Stimme Gluecyphers Worten über des Netzpetzes Belehrungsresistenz vollumfänglich zu und verweise auf https://www.scienceblogs.de/zoonpolitikon/2010/09/ratzinger-ist-ein-feind-der-bildung.php#comment144756

    Der Netzpetz behauptet ja auch beharrlich, die Werte der Aufklärung fußten auf dem christlichen bzw neuerdings alibimäßig christlich-jüdisch benannten Weltbild. Widerlegt man das, was nicht schwer fällt, so versteift er sich auf den Standpunkt, die Kirche habe die Aufklärung ja immerhin nicht verhindert *ggg*

    Soll heißen: Widerstand ist zwecklos, wir werden alle assimiliert… Ich fürchte, der Webbär ist ein christlicher Borg *schon mal zu beten anfang*

  66. #66 perk
    31. Oktober 2010

    @moritzt

    der starke bezug auf die bergpredigt ist vor allem im katechismus der katholischen kirche für mich nicht zu erkennen, das dortige menschenbild ist ganz eindeutig eines das in gläubige und nichtgläubige teilt, wobei letztere als unfertig, minderwertig und bemitleidenswert dargestellt werden, die sofern sie sich aus freien stücken für ihre ungläubigkeit entschieden haben auf ewig von gott gestraft werden (in der neueren revision nur noch durch liebesentzug.. aber früher auch gern mal der hölle ;))

  67. #67 MoritzT
    31. Oktober 2010

    @ perk: Stimmt, es ging mir aber um die Grundlagen des Bildes und nicht um dessen Ausgestaltung. Wobei man da auch vorsichtig sein muss: wenn man immer nur den Superlinientreuen zuhört, dann wird es immer schwierig. Es gibt in der katholischen Theologie ja durchaus auch die Auffassung, dass Glauben nicht funktionell begründet sein kann. Wer also an einen Gott glaubt, weil sie/er sich was davon erhofft, der glaubt dieser Meinung nach nicht. Spannende These – vor allem, weil die Geschichte randvoll mit solchen Gelegenheitschristen ist. Insofern darf man, glaub ich, auch den gemäßigteren Geistern zuhören, die haben manchmal sehr konstruktive Gedanken – und manchmal sogar einfach Recht.

  68. #68 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    Und die extrem treffende Analyse des Türpelchens hat die Diskussion natürlich um Megaparsecs vorangebracht. Der hast Du’s aber gezeigt, RESPEKT!

    Wie Du siehst, sind weitere Störungen aus dieser Richtung vorerst ausgeblieben und die Diskussion dreht sich wieder um ihren Gegenstand statt um ihre Teilnehmer. Das kann natürlich auch Zufall sein. Geschadet hat meine schnelle Intervention jedenfalls nicht. Schlechtes Benehmen muss man sich sofort verbitten oder eben ertragen.

  69. #69 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @MoritzT,

    Die Würde des Menschen – die ich für eine fundamentale naturgegebene Eigenschaft halte – ist aber, zumindest im Sinne Kants, ohne Metaphysik auch nicht zu erklären. Sie entzieht sich prinzipiell der Beobachtung, der Messung und des Zugriffs. Spannenderweise fußt gerade der kategorische Imperativ auf diesem Mindestmaß an Unerfahrbarkeit: liegt Kant nun falsch, oder müssen wir unser Weltbild erweitern?

    Wie Frank S es schon ausgedrückt hat, “Würde” – wie auch der “Sinn des Lebens” – ist nicht etwas, das einfach da ist und das wir respektieren müssen, wir müssen es erst einmal definieren.

    Ich sehe es so, dass jedes Lebewesen, in dem wir auch nur ein Quentchen Bewusstsein eine Würde zukommt, die ich definieren würde als das Recht auf ein Leben, das ein Maximum an Glück und vor allem ein Minimum an Unglück beinhaltet. Jedes unnötige Leiden verletzt diese Würde.

    Bei uns Menschen kommen neben diesem Recht auf Unversehrtheit der Person dann noch das Recht auf Freiheit, Selbstbestimmung und ein menschenwürdiges Leben hinzu.

    Es ist natürlich unmöglich, in einem Posting diese Gedanken für jeden nachvollziehbar auszubreiten, aber “Würde” ist nichts “Gott”-gebenes, sondern entspringt der gegenseitigen Achtung der Menschen untereinander, ein Grundsatz, gegen den die meisten Religionen laufend verstoßen, indem sie die Mitglieder anderer Religionen als Menschen 2. Klasse ansehen und vor allem behandeln.

    Wieso Kants kategorischer Imperativ auf “Unerfahrbarkeit” beruhen sollte, kann ich nicht nachvollziehen. Er entspringt vielmehr der menschlichen Erfahrung und der Logik. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass er in entsprechender Formulierung – oft auch Goldene Regel genannt – in fast jeder menschlicher Kultur zu finden ist.

    Um Ihre letzte Frage zu beantworten: Kant liegt goldrichtig und wenn Sie mit “wir” sich selber einschließen, dann müssen SIE IHR überaus enges, von “christlicher Weltsicht” verzerrtes Weltbild erweitern.

    Ich würde sagen, dass die christlichen Glaubensrichtungen heute den weitaus größten Bremsklotz zu einem friedlichen Zusammenleben der Menschheit darstellen, allerdings dicht gefolgt vom Islam.

    Kann ein gläubiger Mensch ein ethischer Mensch sein? Die Fakten sprechen eher dagegen.

    Ob ein Mensch moralisch handelt, hängt eher von dessen grundsätzlicher Disposition ab, nicht davon, ob er gläubig ist oder nicht. Je nach Situation muss ein Mensch seinen Glauben beseite schieben, wenn er moralisch handeln will, ein Atheist hat dieses Problem nicht.

    Dank der Aufklärung ist eine wirkliche Moral auf wissenschaftlicher Basis möglich (Moral ist, was das Leiden verringert), während überkommene Vorstellungen des Glaubens eher zu unmoralischen Verhaltensweisen führen.

    Ein gutes Beispiel dafür ist die oft verkannte Mutter Teresa, deren Ziel es nicht war, das Leiden ihrer Mitmenschen zu verringern, sondern die das Leiden als Selbstzweck “in der Nachfolge Christi” wahrnahm und wahrscheinlich lediglich darauf hinarbeitete, selbst heilig gesprochen zu werden.

    Von ihr wird berichtet, dass sie Menschen, die an starken Schmerzen litten, anstatt die Schmerzen zu lindern, sagte, dass schließlich Jesus noch viel größere Schmerzen hätte ertragen müssen. Möglicherweise wollte sie damit andeuten, dass diese Menschen froh sein sollten, durch die Schmerzen Jesus ein Stück ähnlicher zu sein.

    Wer mehr über die Untaten der Mutter Teresa erfahren möchte, sollte sich das Buch “Missionary Position” von Christopher Hitchens zulegen.

  70. #70 MoritzT
    31. Oktober 2010

    @ Türpe: es ist Zufall.

    vg/m

    @ Maxo: da ist mir jetzt grad der Ironiedetektor durchgebrannt. In Bezug auf HIV und AIDS ist einer ganzen Division christlicher (und beim besten Willen nicht nur katholischer) Hetzprediger ihre eigene Ethik entfallen – und so haben sie halt vergessen, für die wirklich wichtigen Ziele zu kämpfen. Ein beinahe exemplarischer Fall, wie weit sich die Kirchen von den Werten entfernt haben, die sie zu schützen vorgeben.
    Dem Menschen selbst die Schuld zu geben ist sarrazinesk und löst das Problem nicht.

  71. #71 Wm
    31. Oktober 2010

    @Gluefighter
    Wm keinen Respekt für besagte Person spüren.
    Aber genug off topic.

    Die hohe Zivilisationskraft von Religionen und die daraus resultierenden kulturellen Leistungen sind jedenfalls unbestreitbar und unübersehbar. Hier sticht insbesondere die katholische Kirche hervor. Fairerweise muss man das auch dem Islam zugestehen, insbesondere während seiner Blütezeit. Die Abwendung der einheimischen Europäer von der Religion wird dramatische Folgen für den Kontinent haben. Die Europäer sind dem Nihilismus verfallen und befinden sich auf einem kulturellen wie demografischen Niedergang. Doch die europäische Geschichte wird weitergehen. An die Stelle der Wegsterbenden werden andere treten. Die Säkularisierung wird zu Ende gehen und es werden wieder jene Werte in den Vordergrund rücken, die für eine Gesellschaft lebenswichtig sind. Die marxistischen Verirrungen wird man in Geschichtsbüchern nachlesen können und zukünftige Historiker werden nur den Kopf schütteln können ob der unfassbaren Dummheit der ehemaligen europäischen Völker.

    MFG
    Wm

  72. #72 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @MoritzT

    Das mit dem christlichen Menschenbild ist ja noch einigermaßen einfach. Man kann, wenn man denn will, auch positive Aspekte in der christlichen Botschaft und in ihrem Werteverständnis entdecken. Die Kernthesen sind einerseits in den zehn Geboten, andererseits (und für das Christentum wichtiger) in der Bergpredigt zu sehen.

    Ja, tatsächlich kann man – mit einem bisschen guten Willen – in der christlichen Botschaft neben den überaus vielen negativen AUCH positive Aspekte entdecken. Da will ich Ihnen gar nicht widersprechen. Das Problem liegt nur darin, dass es erst mit der Aufklärung und ihrer Definition von der Würde des Menschen prinzipiell möglich wurde, die positiven von den negativen Aspekten zu unterscheiden.

    Die 10 Gebote und die Bergpredigt sind nicht das, wofür sie die meisten Leute halten.

    Die Bergpredigt ist sehr realitätsfern: “Sorge nicht für den morgigen Tag, er wird das Seine bringen.” “So dich dein rechtes Auge ärgert, reiße es heraus.” usw.

    Die 10 Gebote sind zum Teil völlig überflüssig (1. – 4. Gebot), so offensichtlich, dass sie in praktisch JEDEM Kulturkreis zu finden sind (5. – 9. Gebot) oder dienten sogar als Rechtfertigung der Sklaverei, sind also verantwortlich für das unnötige Leiden von Abermillionen von Menschen.

    Zu den 10 Geboten gibt es einen sehr scharfsinnigen Beitrag von George Carlin, den ich jedem nur empfehlen kann:

  73. #73 MoritzT
    31. Oktober 2010

    Wieso Kants kategorischer Imperativ auf “Unerfahrbarkeit” beruhen sollte, kann ich nicht nachvollziehen. Er entspringt vielmehr der menschlichen Erfahrung und der Logik. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass er in entsprechender Formulierung – oft auch Goldene Regel genannt – in fast jeder menschlicher Kultur zu finden ist.
    Um Ihre letzte Frage zu beantworten: Kant liegt goldrichtig und wenn Sie mit “wir” sich selber einschließen, dann müssen SIE IHR überaus enges, von “christlicher Weltsicht” verzerrtes Weltbild erweitern.

    Gut, los gehts: nach Kant entspringt die individuelle Einzigartigkeit des Menschen (ist die überhaupt gegeben?) daraus, dass sich jeder Mensch auf einzigartige Weise jeweils selbst “hat”. Dieser Selbstbesitz sei bedingungslos, also nicht beeinflussbar und nicht messbar und mithin allein vom Zufall abhängig. Ich hab das nun mal Unerfahrbarkeit genannt: wir werden den Selbstbesitz nie objektiv beschreiben können. Kann sein, dass das ungenau war, aber ich lern ja gern dazu. Weil sich der Selbstbesitz jeder Beschreibung entzieht, sei auch jeder Mensch inhärent frei und Träger einer individuellen Würde. Das ist zwar in sich logisch, entspricht aber nicht dem naturwissenschaftlichen Weltbild, weil immer noch eine nicht beschreibbare Dimension enthalten ist. Das Ziel naturwissenschaftlichen Denkens ist aber gerade, die metaphysische, nicht fassbare Dimension aus dem Modell zu eliminieren. Mithin: die Welt vollständig zu beschreiben.

    Mich würde auch interessieren, was Sie geritten hat, mir hier eine ad-personam-Attacke an den Kopf zu werfen. Die Diskussion war vorher besser, und ihre Argumente hätten diesen Satz nicht nötig gehabt, die gelten auch so. Wieso ausgerechnet mein Weltbild zu eng sein sollte (ich habe der These von der Existenz einer inhärenten Würde ausdrücklich zugestimmt) und wieso ich dem negativen Welt- und Menschenbild anhängen sollte, das Sie “christlich” nennen, ist mir schleierhaft.

    Dank der Aufklärung ist eine wirkliche Moral auf wissenschaftlicher Basis möglich (Moral ist, was das Leiden verringert) […]

    Das ist keine Wahrheit, das ist eine These. Und zwar eine richtig spannende. Ist eine Moral auf wissenschaftlicher Basis tatsächlich möglich, wenn dazu eine metaphysische Dimension anerkannt werden muss? Ist Moral alles, was Leiden verhindert, oder kann die Verringerung von Leiden seinerseits unlösbare moralische Dilemmata erzeugen?

  74. #74 Frank S
    31. Oktober 2010

    Ob eine Weltanschauung zu einer Gesellschaft führt, die sich in der Konkurrenz mit anderen Völkern und Anschauungen durchsetzen kann, hat nicht zwangsläufig mit dem moralischen Anspruch dieser Weltsicht zu tun – und schon gar nicht mit der Frage, ob und in welchem Maße die Werte und Ansichten dieser Gesellschaft “wahr” oder “absolut” sind.

    Da wird nach irdischen Kriterien beurteilt, nicht nach religiösen.

    Und, um noch einmal zur eigentlichen Frage zurückzukehren “Kann ein Atheist ein moralischer Mensch sein?”

    Diese Frage läßt sich nicht grundsätzlich beantworten. Wer definiert denn Moral? Und vor allem, wer definiert Moral *endgültig*? Den Anspruch auf absolute Moral haben nur Religionen, und dieser Anspruch ist in nichts begründet.

    Aus Sicht eines Menschen, der Moral abseits von Gott definiert, kann ein Atheist natürlich moralisch sein. Aus Sicht eines Menschen, für den Moral zwangsläufig Gottesfurcht einschließt, kann ein Atheist unmöglich moralisch sein.

    Wer von beiden hat recht? Keine Ahnung. Ich weiß nur, welchen von beiden ich lieber als Nachbarn hätte. Wenn nun jemand wie Klüng salbungsvoll auch den Atheisten Moral zugesteht, ist das sehr nett. Nur hat der Mann letztlich genau so viel Autorität, Moral zu definieren, wie der Papst. Oder Osama bin Laden. Oder ich.
    Es hängt alles bloß davon ab, wie viele Menschen bereit sind, dem zuzustimmen.

  75. #75 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @Wm

    Die hohe Zivilisationskraft von Religionen und die daraus resultierenden kulturellen Leistungen sind jedenfalls unbestreitbar und unübersehbar. Hier sticht insbesondere die katholische Kirche hervor. Fairerweise muss man das auch dem Islam zugestehen, insbesondere während seiner Blütezeit.

    Diese Behauptungen sind doch in keiner Weise haltbar. Man spricht ja nicht umsonst vom Dunklen Zeitalter, wenn man sich auf das europäische MIttelalter bezieht, nahezu 1000 Jahre, in denen kaum ein messbarer Fortschritt erzielt wurde und wo sich – mangels anderer christlicher Glaubensrichtungen – insbesondere die katholische Kirche dadurch hervortat, dass sie jeden Versuch unabhängigen Denkens, der ja unabdingbare Voraussetzung für den Fortschritt ist, bereits im Keim erstickte oder, wo dies nicht sofort gelang, den unabhängig Denkenden, wenn er nicht bereit war, unter der Folter zu widerrufen, auf dem Scheiterhaufen verbrannte.

    Die Bewahrung der antiken Philosophie und Wissenschaft ist wohl weniger dem Islam als der arabischen Kultur geschuldet, es zeigt sich ja bis heute, dass der Islam eher einen hemmenden Einfluss auf jeden Fortschritt ausübt, genau wie die völlig verstaubten Ansichten der katholischen Kirche und der protestantischen Sekten, wobei letztere besonders in den USA eine extrem wissenschafts- und fortschrittsfeindliche Haltung einnehmen.

  76. #76 MoritzT
    31. Oktober 2010

    Ums mal klarzustellen: natürlich können nicht gläubige Menschen gute, moralische Menschen sein. Die Sache mit den Werten und der Moral ist aber ein bisschen wie mit freiheitlichen Demokratien: Ihr Bestehen braucht Bedingungen, die sie selbst nicht garantieren können.

    Das Menschenbild der Humanität und Aufklärung ist nicht Konsequenz des modernen naturwissenschaftlichen Weltbildes, es existiert parallel dazu und ist nicht naturwissenschaftlich zu begründen. Aus biologischer Sicht sind wir durch 2 m DNA und unsere gesammelten Umwelteinflüsse und Erfahrungen charakterisiert. Ob das nun alles ist, ob dieses Konglomerat inhärent Würde, Freiheit und Selbstbestimmung (oder gar eine Seele?) besitzt oder nicht, ist am Ende Glaubenssache. Nicht belegbar, nicht messbar, aus Beobachtungen und Theorien nicht ableitbar.

  77. #77 Maxo
    31. Oktober 2010

    @MoritzT
    Ich wollte lediglich anführen, dass in diesen Gegenden teilweise noch dem Aberglauben der alten Naturreligionen angehangen wird. Die christliche Lebensweise ist hier noch zu wenig verinnerlicht. Die Gottesfürchtigkeit und das Ehegelöbnis scheint noch nicht vollständig durchgerungen zu sein. Hier braucht es wahrscheinlich noch mehr Missionstätigkeiten. Dann lässt sich auch die AIDS-Epidemie eindämmen.

  78. #78 Wm
    31. Oktober 2010

    @Vennecke
    Natürlich stimmt das. Aus den Wirren des untergehenden römischen Reichs und der Völkerwanderungen, die den Kontinent auf den Kopf gestellt haben, ist die Amtskirche als zivilisationsgebende Kraft hervorgegangen. Im übrigen war das Mittelalter keineswegs so dunkel wie immer getan wird. Das behaupten nur die Aufklärer immer.

    MFG
    Wm

  79. #79 MoritzT
    31. Oktober 2010

    @ Maxo: Dass HIV/AIDS eine multidimensionale Herausforderung darstellt, ist schon klar. Ich bin aber der Meinung, dass eine offensive Präventionskampagne, die den Gebrauch von Kondomen empfiehlt und ermöglicht (!), die bei weitem besten Erfolgsaussichten hat.

  80. #80 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @MoritzT,

    Dieser Selbstbesitz sei bedingungslos, also nicht beeinflussbar und nicht messbar und mithin allein vom Zufall abhängig. Ich hab das nun mal Unerfahrbarkeit genannt: wir werden den Selbstbesitz nie objektiv beschreiben können.

    Was Sie da von sich geben, ist doch nur semantische Trickserei. “Selbstbesitz” bedeutet auch bei Kant, dass ein Mensch nur sich selbst gehört und damit niemals Besitz einer anderen Person sein darf. Dieses ist ein ethisches Prinzip, das nicht herleitbar sein mag, das aber als Forderung einen Wert für sich besitzt.

    Weil sich der Selbstbesitz jeder Beschreibung entzieht, sei auch jeder Mensch inhärent frei und Träger einer individuellen Würde. Das ist zwar in sich logisch, entspricht aber nicht dem naturwissenschaftlichen Weltbild, weil immer noch eine nicht beschreibbare Dimension enthalten ist.

    Tut mir leid, aber das ist kompletter Unfug. Erstens entzieht sich der Selbstbesitz gar nicht einer Beschreibung und zweitens wäre es völlig unlogisch, aus der Nichtbeschreibbarkeit eine inhärente Freiheit und individuelle Würde “logisch” abzuleiten. Wo soll denn da die Logik sein?

    Und drittens widersprechen Freiheit und Würde nicht dem wissenschaftlichen, wohl aber dem religiösen Weltbild. (“Islam” bedeutet ja nicht umsonst “Unterwerfung”: Und im Christentum sieht das auch nicht viel anders aus: der Mensch muss sich Gottes Willen und Willkür unterwerfen.)

    Ich fürchte, Ihre Versuche, irgendwie die Metaphysik in unsere Diskussion hinein zu schmuggeln, können wir endgültig als gescheitert betrachten.

    Mich würde auch interessieren, was Sie geritten hat, mir hier eine ad-personam-Attacke an den Kopf zu werfen.

    Sie haben ja die Alternative aufgebaut, entweder Kant Fehler zu unterstellen oder das eigene Weltbild zu erweitern. Ein Weltbild, das erweitert werden muss, ist definitionsgemäß ein zu enges Weltbild. Da ich persönlich keine Probleme habe, Kants Erkenntnisse in meinem Weltbild unterzubringen, ich also auch keinen Fehler in Kants Thesen entdecke, bleibt zwangläufig Ihr Weltbild, das der Erweiterung bedarf, da ja auch Sie keinen Fehler bei Kant benannt haben.

    Vielleicht sollten Sie in Zukunft ein wenig stringenter argumentieren und hier nicht so viele leere Worthülsen platzieren. Das sollten wir lieber den Theologen überlassen, die haben darin auch mehr Übung und eine unkritische Zielgruppe, die darauf hereinfällt.

  81. #81 MoritzT
    31. Oktober 2010

    @ Wm
    Die vormodernen Weltbilder unterscheiden sich von unserem modernen Weltbild in der Einstellung gegenüber metaphysischen Prinzipien. In der Vormoderne allgegenwärtig, in der Moderne ein Tabu. Dass Zivilisationen auch mit Metaphysik entstehen können, mag ja sein – aber die Vorteile unserer Weltanschauung sind ja doch relativ offensichtlich. Nur führt die absolute Ablehnung metaphysischer Prinzipien halt doch zu ein paar spannenden Logik-Fallen, und die Wertedebatte ist eine davon. Werte sind reine Metaphysik.

  82. #82 MoritzT
    31. Oktober 2010

    Vennecke, ich bin der Meinung, dass wir Kant unterschiedlich interpretieren. Wer nun Recht hat, darf (und sollte!) die philosophische Community gerne beantworten, ich stell mal den Konflikt dar:
    Mein Verständnis der These ist, dass sich jeder Mensch selbst hat, dieser Selbstbesitz einem messenden oder beeinflussenden Zugriff entzogen ist und durch die Unmöglichkeit, den Selbstbesitz zu beeinflussen, die Selbstbestimmung des Menschen erst möglich wird. Es ist dann, wenn man es zu Ende denkt, sogar absolut unmöglich, einen Menschen an einer Selbstpositionierung zu hindern. Es ist also meiner Meinung nach mehr als ein reines Besitzrecht, wie Sie es schildern. Ein reines Besitzrecht ist in der Tat beschreibbar und mithin determinierbar. Natürlich geht ein Besitzrecht auch mit Freiheit einher, aber die prinzipielle Unantastbarkeit der Würde kriegen Sie in ein reines Besitzrecht nicht so gut hinein. Die Rechte eines Besitzers sind ja nicht naturgegeben, sondern ihrerseits Definitionsfragen.
    Nicht zuletzt deswegen ist mittlerweile ja auch die prinzipielle Unantastbarkeit der Würde umstritten – Ihre Interpretation würde wieder passen.

    Im übrigen schreiben Sie auch von “nicht herleitbar[em] Prinzip”. Alles, was nicht herleitbar ist, ist aber Ansichtssache – oder Glaube.

    Sie stellen es außerdem so dar, als stünden sich in der Welt ein naturwissenschaftlich-modernes Weltbild auf der einen und eine vormodern-religiöses Weltbild auf der anderen Seite gegenüber (Dass Sie mich einfach mal so in die zweite Kategorie verpflanzen, sei mal großzügig übergangen). So zweigeteilt ist es aber nicht, und wenn ich den Eindruck erweckt habe, es könnte so sein, war ich wieder unpräzise. Es ist ja doch eher so, dass wir uns der Erklärung der Welt einer Methodik, eines Prinzips bedienen, das metaphyische Dimensionen völlig ausschließt, eben weil sie sich einer Beschreibung entziehen. Moral und Würde entziehen sich einer Beschreibung im naturwissenschaftlichen Sinne.

    Ich wiederhole mich also: die Methodik, die Prinzipien der Naturwissenschaften können (bis auf weiteres) einige Dimensionen des Daseins, von denen ich ausgehe, dass sie existieren, nicht ohne grundlegende Veränderung integrieren. Das führt dann meiner Meinung nach dazu, dass ein rein naturwissenschaftlich geprägtes Weltbild, das nicht überprüfbare Dimensionen komplett ausblendet, zunächst einmal keine Moral und Würde für den Einzelnen vorsieht. Man muss es also erweitern – und sollte das auch tun.

  83. #83 Hel
    31. Oktober 2010

    @Maxo

    Die Gottesfürchtigkeit und das Ehegelöbnis scheint noch nicht vollständig durchgerungen zu sein. Hier braucht es wahrscheinlich noch mehr Missionstätigkeiten. Dann lässt sich auch die AIDS-Epidemie eindämmen.

    Du verfehlst hier irgendwie ein klein wenig das Thema und bestätigst damit andererseits schlimmste, vermeintlich nur atheistische Vorurteile gegen allzu gläubige Zeitgenossen. Falls du nicht bloß ein Halloween-Scherzkeks bist oder nur an galoppierendem Geisterkopfnebel leidest, empfehle ich dir https://www.scienceblogs.de/zoonpolitikon/2010/09/ratzinger-ist-ein-feind-der-bildung.php – da fügst du dich perfekt in eine bestimmte Kommentatorenfraktion ein 🙂

  84. #84 Frank S
    31. Oktober 2010

    @MoritzT

    Ich bin genauso der Meinung, dass sich Moral nicht naturwissenschaftlich bestimmen oder begründen läßt.
    Zeitliches überdauern, Verbreitung oder Durchsetzungsvermögen sind pragmatische Maßstäbe, um Kulturen zu beurteilen, aber letztlich moralisch neutral.

    Was ich allerdings ablehne, ist es, wenn Religionen den metaphysischen Bereich für sich beanspruchen. Das die Naturwissenschaft dort nicht walten kann, macht die Religion nicht automatisch zur Autorität in diesem Bereich, schon gar nicht zur alleinigen.
    Und mit dem rein metaphysischen sind Religionen ohnehin selten zufrieden. Auf die ein oder andere Weise mogelt sich ihr Gott dann eben doch in die physische Welt ( die er ja irgendwie betreten muss, will er sich der Menschheit mitteilen ) – und dann ist er nicht länger vor der Naturwissenschaft gefeit.

  85. #85 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @MoritzT

    Es ist ja doch eher so, dass wir uns der Erklärung der Welt einer Methodik, eines Prinzips bedienen, das metaphyische Dimensionen völlig ausschließt, eben weil sie sich einer Beschreibung entziehen.

    Die metaphysiche “Dimension” wird nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie sich einer Beschreibung entzieht, sondern allein deshalb, weil es nicht den geringsten Grund gibt, die Existen einer solchen Dimension für real zu halten.

    Entweder hat eine denkbare metaphysische Ebene keinen Kontakt zur realen Welt, dann ist sie für uns prinzipiell nicht erkennbar und aus diesem Grunde auch völlig ohne Belang. Oder sie hat einen oder mehrere Schnittmengen mit der realen Welt, dann ist sie auch der wissenschaftlichen Methode zugänglich.

    … einige Dimensionen des Daseins, von denen ich ausgehe, dass sie existieren …

    Das klingt wie Russels berühmter Teapot. Gibt es auch nur den kleinsten Hinweis auf weitere “Dimensionen des Daseins”? Die Physik kann belegen, dass zum Beispiel Planetenbahnen so wie wir sie kennen, ausschließlich in einem dreidimensionalem Raum stabil sein können. Unsere Welt bleibt also auf drei Dimensionen beschränkt. Auch Ethik und Moral sind in dieser Welt verankert.

    Um den Faden wieder zurück zur eigentlichen Diskussion zu bringen: Die Ethik und Moral des 21. Jahrhunderts kann unmöglich auf den Thesen einer oder mehrerer bronzezeitlicher Religionen aufbauen. Vieles von dem, was die Religionen als Moral lehren ist objektiv betrachtet falsch. Nach welchen Kriterien sollen wir den Rest untersuchen, nach dem Prinzip der “Offenbarung” oder dem Kantschen Prinzip der Vernunft?

    P.S.: Ein Bahn brechender Aufsatz zum Thema methodischer Naturalismus, der Schluss mit der irrigen Annahme macht, dass die Naturwissenschaft eine etwaig existierende Metaphysik nicht erkennen könne, weil sie sie definitionsgemäß ausschließe, findet sich hier: https://sites.google.com/site/maartenboudry/teksten-1/methodological-naturalism

    P.P.S.: In Ergänzung zu Carlin noch eine Kritik der 10 Gebote von Christopher Hitchins mit einer alternativen Form der 10 Gebote für das 21. Jahrhundert:

    https://www.youtube.com/watch?v=v-63cTYJDCA&NR=1

  86. #86 antiangst
    31. Oktober 2010

    Die Frage könnte man auch so formulieren, ob jemand, der keine Angst vor den Sanktionen übernatürlicher Überwacher hat, sich sozial verhalten kann?

  87. #87 BreitSide
    31. Oktober 2010

    antiangst·
    31.10.10 · 20:13 Uhr

    Die Frage könnte man auch so formulieren, ob jemand, der keine Angst vor den Sanktionen übernatürlicher Überwacher hat, sich sozial verhalten kann?

    Das muss kein übernatürlicher Bewacher sein. Auch in normalen Gesellschaften werden angstlose Menschen schnell kriminell.

  88. #88 MoritzT
    31. Oktober 2010

    @ Frank S: Wieder einmal Zustimmung, diesmal sogar ohne Einschränkung 😉

    @ Vennecke: Wir haben keinen richtigen Grund, Metaphysik für real zu halten, eben weil sie sich der Beschreibung entzieht. Sie skizzieren in perfekt zutreffender Form das moderne Weltbild. Ich bin mit dem ersten Link fertig geworden, fürchte aber, dass dieser Aufsatz meinen Positionen weniger widerspricht, als Sie vielleicht meinen. Ich bin definitiv kein Anhänger des Intelligent Design (wie im Aufsatz besprochen). Es geht mir auch nicht darum, einen Platz für göttliches Wirken zu schaffen.

    Mir fehlt im modernen naturwissenschaftlichen Weltbild eine in sich logische und schlüssige und erst recht die empirische Verankerung unserer Werte. Ich habe bisher keine überzeugende Argumentation gehört, warum Würde ihrer Natur nach nicht metaphysisch sein sollte. Genauso schwierig ist es, die Grundsätze des Naturrechts und mithin vieler darauf aufbauender Rechtsvorschriften allein durch mechanistisch-moderne Betrachtungsweisen zu legitimieren.

    Ich bleibe dabei: wir werden noch etwas am modernen Weltbild arbeiten müssen! Wir sind alle Kinder dieses Weltbildes und bis zu den Socken mit dieser Denkweise imprägniert, so dass die Phänomene, die außerhalb dieses Weltbildes stehen, eher ignoriert werden als die, die passen. Und das wäre eher nicht so gut.

  89. #89 Anton
    31. Oktober 2010

    @MoritzT:
    “Mir fehlt im modernen naturwissenschaftlichen Weltbild eine in sich logische und schlüssige und erst recht die empirische Verankerung unserer Werte.”

    Also naturwissenschaftliche Erfahrungen können sehr wohl zu einer Verankerung von Werte führen. Wie zum Beispiel die Erkenntnis das es keine Rassen gibt. Die FrühsozialistInnen waren sehr oft NaturwissenschaftlerInnen – Warum? Peter Kropotkin, Verfasser des Buches “Gegenseitige Hilfe” war Naturwissenschaftler – Warum zeigen viele NaturwissenschaftlerInnen Egangment in Bereichen der Menschenrechte (Einstein auch Autor der Schrift “Warum Sozialismus?”).

    Ist vielleicht das kopernikanische Prinzip, eines der Grundprinzipien der Naturwissenschaften, verallgemeintert, wie es auch von vielen Vertretern der Franzößischen Revolution angewendet wurde – “der Mensch hat keine ausgezeichnete, spezielle Stellung gegenüber anderen” – der Grund?
    Nun vielleicht, ich bin kein Historiker und auch lehne ich den oft von postmodernen Denkern gefplegte Freudomarxismus, der die Gesellschaft massenpsychologisiert ab und so zu Lösungen kommt. Aber es kann gut sein das im naturwissenschaftlichen Prinzip zu Erkennen nicht einzigartig zu sein, keine “Körnung der Schöpfung” doch viel mehr verankerte Werte von “Menschlichkeit”, “Rücksicht” und “Respekt” gegenüber anderen liegt, als sie vielleicht vermuten.

    Und: Mag sein das zu Feudalzeiten die Bergpredigt als Grundwert in den Staaten, mitsamt den gesamten Kirchenrecht, verankert war – aber viel hat diese Verankerung der Werte auch nichts geholfen, wie zehntausendfacher Mord mittels Hexenprozesse, Folter und Mord an angeblich “niederen” Menschen zeigen.

  90. #90 Günther Vennecke
    31. Oktober 2010

    @MoritzT,

    habe bisher keine überzeugende Argumentation gehört, warum Würde ihrer Natur nach nicht metaphysisch sein sollte.

    Ist es nicht eher umgekehrt und muss man nicht die Frage stellen, warum es überhaupt metaphysische Argumentente für die Würde geben sollte?

    Die Würde des Menschen ergibt sich doch eigentlich ganz profan aus der Tatsache, dass wir Menschen mit unserer Umwelt in Kontakt treten können und diese als beglückend oder auch traurig machend bis hin zu unerträglich erfahren können, in der Begegnung mit menschlichen und nicht-menschlichen Lebewesen. Wenn wir der mit Bewusstsein versehenen Mitwelt Leid zufügen, verletzen wir deren Würde, wenn sie uns Leid zufügen, sind wir in unserer Würde verletzt. Unser moralisches Handeln muss sich also daran messen lassen, ob wir durch unser Verhalten die Würde anderer befördern oder herabsetzen.

    Natürlich ist es in der Praxis nicht immer ganz einfach zu entscheiden, was in der Summe herauskommt, denn es kann durchaus sein, dass durch mein Handeln einige Leebwesen in ihrer Würde verletzt werden, während die Würde anderer befördert wird. Allerdings hat auch niemand behauptet, dass dies einfach sei und wenn es einfach wäre, würden wir uns wohl kaum darüber kontrovers austauschen müssen.

    Ich bleibe aber dabei, dass Moral und Religion nichts miteinander zu tun haben, dass aber religiöse Menschen TROTZ ihrer Religion moralisch handeln können, solange sie sich nicht dem Diktat ihrer Religion unterwerfen.

    Wer eine Handlung nur deshalb unterlässt, weil sie mit einer Strafe im diesseits oder jenseits belegt ist, handelt nicht wirklich moralisch sondern schlicht aus Angst vor persönlichen Nachteilen (Strafe). Das ist ein niederes Motif.

    Wer als Gläubiger eine Handlung nur deshalb unternimmt, weil er sich dadurch das vermeintliche Seelenheil verdienen will, handelt auch aus niederen Beweggründen.

    Deshalb hat Dostojewski unrecht, wenn er einen der Brüder Kasamarow sagen lässt, dass ohne Gott alles erlaubt sei. Eine Moral, die nicht der inneren Einsicht sondern einem äußeren Zwang unterliegt, ist verachtenswert.

  91. #91 MoritzT
    31. Oktober 2010

    Liebe, Freude, Glück, Respekt, Menschlichkeit, Gerechtigkeit (ich kann da noch viel mehr reinschreiben) sind für unser Zusammenleben gleichermaßen unabdingbar wichtig und unverzichtbar wie letztendlich nicht objektivierbar, weil auf (derzeit) nicht messbaren und im naturwissenschaftlichen Weltbild bisher nicht verankerbar sind. Ein Mensch, der sich nur und ausschließlich auf naturwissenschaftlich nachvollziehbares zu stützen gedenkt, braucht also derzeit noch ein Parallelweltbild, will er denn moralisch handeln.

    Anton hat Recht mit der Aussage, dass gerade die Moderne durch den Verzicht auf nicht nachvollziehbare Erklärungsmuster einen zivilisatorischen Fortschritt sondergleichen ermöglicht hat. Aber das hab ich oben ja auch schon mal gesagt. Dass die Kirchen in allen Zeiten gegen ihre eigenen Grundwerte verstoßen haben übrigens auch.
    Venneckes Idee von der Herkunft der Würde ist eine mögliche Sicht der Dinge, aber in ihrem Wesen schon im naturwissenschaftlichen Weltbild verankert. Es gibt da ja den interessanten Streit, ob der Satz “Die Würde des Menschen ist unantastbar” bedeute, dass es prinzipiell unmöglich sei, sie anzutasten (Kant) oder dass man sie zwar prinzipiell antasten könne, dies aber nicht dürfe (ich bin mal frech und setze hier Vennecke ein).

    Der Rest Ihrer Äußerungen findet meine Zustimmung.

  92. #92 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    Wer eine Handlung nur deshalb unterlässt, weil sie mit einer Strafe im diesseits oder jenseits belegt ist, handelt nicht wirklich moralisch sondern schlicht aus Angst vor persönlichen Nachteilen (Strafe). Das ist ein niederes Motif.

    Die Bewertung als niederes Motiv unterstellt, es könne höherwertige Motive geben. Angesichts einer Handlung oder Unterlassung, die sich auf eine nüchterne Analyse von Nutzen und Kosten nach Maßgabe der Realität stützt, fällt es mir schwer, solche höherwertigen Motive zu identifizieren. Was könnte hochwertiger sein als diese Abwägung?

  93. #93 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    Liebe, Freude, Glück, Respekt, Menschlichkeit, Gerechtigkeit (ich kann da noch viel mehr reinschreiben) sind für unser Zusammenleben gleichermaßen unabdingbar wichtig und unverzichtbar wie letztendlich nicht objektivierbar, weil auf (derzeit) nicht messbaren und im naturwissenschaftlichen Weltbild bisher nicht verankerbar sind.

    Alles durch Evolution entstanden. Et voilà: da ist unser Anker. Liebe, Freude, Glück, Respekt, Menschlichkeit, Gerechtigkeit und so weiter haben sich bewährt oder zumindest nicht beim Überleben gestört.

    Ein Mensch, der sich nur und ausschließlich auf naturwissenschaftlich nachvollziehbares zu stützen gedenkt, braucht also derzeit noch ein Parallelweltbild, will er denn moralisch handeln.

    Welche rationalen Gründe könnte es geben für den Wunsch, “moralisch” – nach welcher Definition auch immer – zu handeln?

  94. #94 MoritzT
    31. Oktober 2010

    @ Türpe:
    Das Provozieren müssen Sie noch üben, sie widersprechen hier nämlich niemandem und bleiben beeindruckend konsequent: Was Sie hier sagen, ist nämlich, dass Moral im Endeffekt ein Artefakt unseres Hirns und damit erstens ziemlich beliebig und zweitens nicht mir Argumenten zu rechtfertigen ist. Sie haben also das gemacht, was ich weiter oben schon angekündigt habe: Sie nehmen Würde und das ganze Gedöns einfach mangels Erklärbarkeit aus dem Weltbild heraus und erklären das alles, sehr pejorativ gesprochen, zu Einbildung. Dann machen Sie den nächsten Schritt und unterwerfen es dem Nützlichkeitsverdikt. Moralisch ist also, was nützt?

  95. #95 Sven Türpe
    31. Oktober 2010

    Sie nehmen Würde und das ganze Gedöns einfach mangels Erklärbarkeit aus dem Weltbild heraus und erklären das alles, sehr pejorativ gesprochen, zu Einbildung.

    Nicht mangels Erklärbarkeit, sondern mangels Erklärung. Existieren Würde und das ganze Gedöns objektiv? Habe ich eine Würde (und wenn ja, woher?) oder wünsche ich mir nur eine?

    Moralisch ist also, was nützt?

    Jein. Eher: Moral ist nichts Besonderes. Sondern ein evolviertes Merkmal wie Zähne, Hirn, Fingernägel, Neurodermitis oder Weihnachten.

    Meine Frage ist übrigens noch offen: Welche rationalen Gründe könnte es geben für den Wunsch, “moralisch” zu handeln?

  96. #96 norbert grundmann
    1. November 2010

    anwort auf antiangst:
    ich bin heute auf dieses forum gestoßen und finde es sehr interessant und spannend.
    antwort auf die frage:
    diese frage entbehrt jeglicher grundlage; weil es keine funktionierende zivilisation gäbe ohne soziales verhalten. unabdingbar für ein funktionierendes sozialwesen ist doch die einhaltung von regeln auf der basis der zehn gebote. doch dafür bedarf es keines gottes oder eines glaubens an einen gott, sondern nur eines gesunden menschenverstandes. wobei die ersten drei gebote unwichtig sind also reichen 7 gebote um ein soziales gemeinwesen zu begründen.

  97. #97 Sven Türpe
    1. November 2010

    unabdingbar für ein funktionierendes sozialwesen ist doch die einhaltung von regeln auf der basis der zehn gebote. doch dafür bedarf es keines gottes oder eines glaubens an einen gott, sondern nur eines gesunden menschenverstandes.

    Nein, nicht mal den braucht man und auch keine explizit formulierten Regeln. Allerlei Tiere zeigen bekanntlich ebenfalls ein ausgeprägtes Sozialverhalten — und gesunden Menschenverstand werden wir ihnen ebenso wenig unterstellen wollen wie bewusste Regelkenntnis. Trotzdem kommen sie gut über die Runden, bis wir (oder andere Tiere) sie essen.

  98. #98 Dr. Webbaer
    1. November 2010

    @Wm

    Die Abwendung der einheimischen Europäer von der Religion wird dramatische Folgen für den Kontinent haben. Die Europäer sind dem Nihilismus verfallen und befinden sich auf einem kulturellen wie demografischen Niedergang. Doch die europäische Geschichte wird weitergehen. An die Stelle der Wegsterbenden werden andere treten. Die Säkularisierung wird zu Ende gehen und es werden wieder jene Werte in den Vordergrund rücken, die für eine Gesellschaft lebenswichtig sind.

    Das sehen Sie zu pessimistisch. Was es sicherlich geben wird ist ein Austausch der nicht zeugungswilligen “schlauen” doitschen Kräfte und eine Immigration, die aber wiederum mit der Säkularisierung eingehen wird. Hoffentlich jedenfalls, denn sonst wird es sehr ernsthafte Probleme geben.

    Hmm, der Webbaer hat zurzeit, äh, nicht die Zeit der hiesigen kleinen Debatte vollumfänglich zu folgen, sicherlich waren wieder ganz ausgezeichnete Kommentare bekannt gediegener Kräfte dabei, kein Zweifel, aber Sie sehen vielleicht dem kleinen Wb nach, dass er auf die Schnelle nur noch mal sehr kurz auf die ihm interessant erscheinenden Punkte eingehen wird?!

    1.) Küng steht in wesentlichen Fragen gegen die Lehrmeinung der Katholischen Kirche. Seine Sichten ähneln in Teilen denen Spinozas. Das sind dann Sichten, die in der Katholischen Kirche traditionell ausgehalten werden, aber nicht repräsentabel sind, u.a. weil “etwas” beliebig. Es wäre vielleicht für den Artikel besser gewesen eine passende Aussage einer bischöflichen Kraft hochkommen zu lassen – oder gleich eine des intellektuellen aktuellen Papstes.

    2.) Irgendwo war das hier zu finden:

    Und dem Christentum würde ich nur wenig Beitrag zur europäischen Aufklärung nachsagen. Es war das jüdische Rechtssytem (die Christen verwendten das römische Rechtsystem), es waren die griechische Schriften und es war der Einfluß der damaligen islamischen Hochkultur, die Europa die Dinge gebracht haben, die die Christen in ihrem Eliminationswahn dieses Wissen zerstört haben.

    Sicherlich hat schon jemand widersprochen. Die Aufklärer waren großteils sehr fromme christliche Menschen und arbeiteten sich sozusagen aus ihrem bestehenden Weltbild aufklärerisch immer weiter vor.

    3.) Die spannende und bisher nicht klar beantwortete Frage bleibt weiterhin die nach der ethischen Aufstellung der atheistischen oder agnostischen Kraft.
    Hier gilt es “theologisch” zwischen beiden Kräften streng zu unterscheiden, wie oben angeführt, zudem gilt es den Antireligionismus klar herauszuarbeiten: Viele Atheisten sind eigentlich Agnostiker und nicht alle Atheisten sind Antireligionisten.

    4.) Es lohnt sich sicherlich einen Blick auf die Europäische Aufklärung zu werfen, die den Anfang der modernen Wissenschaftlichkeit darstellt und aus mindestens drei Gründen absolut erforderlich war für die Zivilisation:
    a) erstmals konnte klar Wissen von Machtverhältnissen getrennt werden – der sich um das Wissen Bemühende konnte Machtfragen (weitgehend) unberücksichtigt lassen – das nutzt der Wissenschaft (und scheint sogar erforderlich)
    b) die neu entstehenden (sehr komplexen) politischen Systeme, die antitintuitiv erscheinen, da sie vom Recht des Stärkeren weggehen und zudem dem Mob, der Menge (die war früher gefürchtet 🙂 freie Bahn geben, haben erstmals der Schwarmintelligenz Raum gegeben, sich voll zu entfalten – was wohl der entscheidende Effizienzvorteil des Systems war Statt 10.000 Verwalteten hat man jetzt auf einmal 10.000 Bürger, die zwar mehr Ärger machen, aber auch wesentlich mehr Geschäft.
    c) Machtwechsel liefen erstmals ritualisiert und reibungslos ab, was konkurrierende Richtungen oder “Dynastien” betrifft.

    5.) Also: Aufklärung und Säkularisierung per se gut, aber es stellen sich nun eben neue(?) Wertefragen. Wenn wir einen ganz kurzen Blick auf die frühen Vertreter der Aufklärung werfen, zu mehr langt es nicht, keine Zeit, höhö, dann sehen wir von Anfang an mehrere Richtungen. Die Hauptrichtungen bestehen (ganz grob) aus den grundsätzlich frommen oder mehr oder weniger frommen deutschen und anglikanischen Kräfte (Staatengründung USA etc.) und progressiven atheistischen französischen Kräften. Letztgenannte lassen sich richtungsgemäss der französischen Revolution (mit seiner ersten neuzeitlichen rein ideologisch bedingten Ermordungsserie) und dem Marxismus mit anschliessendem Sozialismus zuweisen – wenn man will.
    Der Papst will, der Webbaer und Sie folgen, d.h. der Bolschewist (den Sie gerne zitieren, warum auch nicht?) und der andere Sozialist lassen sich – wenn man will – hier in diese Linie einfügen.
    So in etwa sind auch die vom Papst in England (Schottland?) gemachten Ausführungen zu verstehen – da gingen ja einige atheistische Kräfte vor einigen Wochen richtig hoch, höhö, besonders auch die aggressiven. Die haben sich direkt angesprochen gefühlt. [1]

    6.) Für den aufgeklärten Menschen stellen sich also Sinnfragen, die so oder so oder so beantwortet werden können – aber eben im nicht religiösen Kontext. Ein gut verstandener Humanismus oder ein Liberalismus oder Konservativismus oder Sozialdemokratismus lässt sich sicherlich ganz wunderbar mit Nichtglauben verbinden, anders dagegen das aufgeklärte Jakobinertum.
    Man möchte den einen oder anderen Nichtglaubenden fast fragen: Bist Du Jakobiner oder Mensch (oder Bär)?

    MFG + bis demnächst!
    Dr. Wb

    [1] Hier haben sich bei einem kleinen feuilletonistischen Artikel des geschätzten Ernst Peter Fischer auch einige schwer erregt – die Romantik als Gegenbewegung zu ungünstig alleswissenden aufgeklärten Kräften (die kleine Agitation gegen die Fachhochschule war auch nicht schlecht). 😉

  99. #99 nichael
    1. November 2010

    @wb
    > Sicherlich hat schon jemand widersprochen. Die Aufklärer waren großteils sehr fromme christliche Menschen und arbeiteten sich sozusagen aus ihrem bestehenden Weltbild aufklärerisch immer weiter vor.

    Dann benenn er doch mal seine frommen christlichen Aufklärer!

    > Statt 10.000 Verwalteten hat man jetzt auf einmal 10.000 Bürger, die zwar mehr Ärger machen, aber auch wesentlich mehr Geschäft.

    Zunmindest in Europa ‘verdankt’ man die der französichen Revolution.

  100. #100 Christian Reinboth
    1. November 2010

    Wow: Am Freitag mit einem eigentlich recht wenig kontroversen Zitat und ganzen zwei Kommentaren dazu das Büro verlassen, am Montag nach dem Anwerfen des Rechners eine langwierige Diskussion mit fast 100 Kommentaren aufgefunden – das überrascht mich dann doch ein wenig, auch wenn religiöse Themen auf den ScienceBlogs ja schon immer gerne (und heftig) diskutiert wurden. Habe jetzt eine halbe Stunde mit dem Lesen von Kommentaren zugebracht und möchte wenigstens auf einige der angesprochenen Punkte kurz eingehen, auch wenn ich angesichts der Masse an – guten – Argumenten kaum auf jedes antworten kann (ist ja auch nicht nötig, dass ich zu allem meinen Senf abgebe, die Diskussion funktioniert ja auch so hervorragend).

    Zunächst einmal finde ich es klasse, dass hier so angeregt diskutiert wird, ohne dass die üblichen Muster der SB-Religionsdiskussionen zutage treten. Zwar habe ich beim Überfliegen einige persönliche Anwürfe ausmachen können, alles in allem kam mir die Diskussion aber recht freund- und friedlich vor – zumindest verglichen mit anderen Debatten zum Thema Atheismus vs. Religion, die wir hier schon geführt haben. Das zeigt, dass es auch anders geht – und es demonstriert zumindest meines Erachtens nach ganz eindrücklich, dass die Diskussionen für alle Seiten fruchtbringender und für den Leser interessanter werden, wenn man auf die üblichen Muster verzichtet und stattdessen ein ehrliches Interesse am Gedankenaustausch – beispielsweise zu der spannenden Frage, ob Moral absolut und/oder naturwissenschaftlich bedingt sein kann – erkennen lässt. Wenn das – auch in anderen Blogs – öfter gelingen würde, würde manch ein Blogger vielleicht nicht so mit den SB hadern.

    Zur Frage nach den absoluten Grundlagen vielleicht ein kurzer Kommentar von meiner Seite: Ich könnte mir vorstellen, dass das, was wir als moralisches oder ethisches Verhalten betrachten, auf eine naturwissenschaftlich erklärbare Komponente reduziert vielleicht nichts weiter ist, als die “evolutionäre Anerkennung” der Tatsache, dass Lebewesen, die in einer komplexen sozialen Gesellschaftsstruktur leben, auf eine gewisse Reziprozität sowie auf strukturverträgliches Verhalten bauen müssen, wenn sie in besagter Struktur langfristig nicht nur überleben, sondern auch erfolgreich sein wollen. So betrachtet wäre Moralverhalten dann allerdings nicht sehr viel mehr als die den Theisten immer attestierte “Furcht vor Strafe”, die – das sei zum Reformationstag einmal zusätzlich angemerkt – ebenso wie der “Wunsch nach Belohnung” nicht der entscheidende Motivator einer gläubigen Lebensführung ist oder sein sollte (dies zumindest bezogen auf den christlichen Glauben, für andere Religionen maße ich mir da jetzt mal kein Urteil an).

    Tatsächlich ist ja die lutherische Interpretation der Schrift, nach der die Seele “allein durch Glauben” und nicht etwa durch eine imaginäre Werkgerechtigkeit errettet werden kann, eine klare Abkehr von der mittelalterlichen Einschüchterung der einfachen Bevölkerung mit irgendwelchen Höllenqualen zur Sicherung der eigenen Pfründe – eine Vorstellung, die außer in Randgruppen in den christlichen Kirchen meines Erachtens nach kaum noch von Bedeutung ist. Die Vorstellung, dass ein Christ sich permanent vor einem strafenden Gott zu fürchten habe und nur aus diesem Grund allein auf Morde und andere Gewaltexzesse verzichtet, ist vor dem Hintergrund des lutherischen “sola fide” eine zu simple Auslegung theistischer Ethik- und Moralvorstellungen.

    Überhaupt erstaunt und erschreckt es mich ein wenig, dass die Diskussion trotz ihres hohen Gehalts bereits in weniger als siebzig Kommentaren von Küng bei “Mein Kampf” angekommen ist. Auch wenn der Verweis auf Hitler natürlich zum Schüren starker Emotionen geeignet ist, sollten wir uns doch alle intellektuell eingestehen, dass der Auslöser für den Holocaust weder Hitlers Studium der Bibel noch seine Lektüre von “Der Ursprung der Arten” gewesen sein dürfte. Wie in jeder Diktatur wurden auch im Dritten Reich intellektuelle, kulturelle und moralische Instanzen um der Durchsetzung eigener Ideen willen angerufen und korrumpiert, was sich in den Gottesanrufungen der “Reichskirche” zur Rechtfertigung von Krieg und Gewalt ebenso ausdrückt wie im falschen Berufen auf die Wissenschaft zur Rechtfertigung einer verdrehten und pseudowissenschaftlichen Rassenlehre.

    Dass Hitler sich auf Gott beruft verschiebt die Schuld an seinen Verbrechen ebenso wenig in Richtung des Theismus wie die Rechtfertigung wirrer Rassentheorien durch Verdrehung der Evolutionslehre sie in Richtung Darwins verschiebt. Mit dem Argument punkten zu wollen, die KZ-Mörder hätten Sonntags als gute Christen in der Kirche gesessen, finde ich daher auch völlig verfehlt, ganz abgesehen davon dass mich das Sitzen in einer Kirche ebensowenig zu einem Christen macht wie das Sitzen in einer Garage zu einem Auto (um mal einen Lieblingsspruch meines ehemaligen Pfarrers zu zitieren).

    Ganz grundsätzlich halte ich es für wichtig, dass Theisten Atheisten nicht die Moral und Ethik, Atheisten Theisten im Gegenzug aber auch nicht den Verstand absprechen (daher auch das Küng-Zitat, das in gewisser Weise gegen beide Ideen immunisierend wirkt). Begehen wir im Diskurs diesen Fehler, dann debattiert nach einer Weile (um es mal überspitzt zu formulieren) das Charakterschwein mit dem Vollidioten – zumindest soweit es die gegenseitige Wahrnehmung betrifft. Dass man ausgehend von solchen Voraussetzungen kaum zu brauchbaren Erkenntnissen kommt, versteht sich von selbst.

    Eingegangen sei am Ende noch auf den Einwurf des Webpetz, Küng sei nicht wirklich als repräsentativer Vertreter der katholischen Kirche zu betrachten. Das mag – soweit es den amtskirchlichen Apparat angeht – durchaus stimmen, sieht aber schon wieder ganz anders aus, wenn man einen Blick in die katholische Basis wirft, in der sich die Bücher Küngs großer Beliebtheit erfreuen (“Wir sind Kirche” etc.). Hinzu kommt, dass die katholische Kirche nicht das Christentum und das Christentum nicht der Theismus ist, und es mir abseits der katholischen Lehrmeinung eher um die allgemeine Frage ging, ob ein Atheist aus Sicht eines Theisten moralisch und ethisch denken und handeln kann. Und da halte ich Küng in der Tat für repräsentativer als einen beliebigen Bischof, insbesondere vor dem Hintergrund seiner interreligiösen Bemühungen im Rahmen des Weltethos-Projekts…

  101. #101 Sven Türpe
    1. November 2010

    (…)
    So betrachtet wäre Moralverhalten dann allerdings nicht sehr viel mehr als die den Theisten immer attestierte “Furcht vor Strafe”, …

    Wäre das denn schlimm – sofern man nicht zu jenen gehört, die sich selbst stolz ihre vermeintlich hohe Moral zugute halten? Oder wissenschaftlicher gefragt, gibt es Beobachtungen, die eine Moral um der Moral willen als Erklärung nahelegen?

    Unabhängig davon würde ich die Furcht vor Strafe nicht gering schätzen. Die Strafe im weitesten Sinne entstand ja nicht erst mit dem Staatswesen und dem Recht, sondern die Natur belegt seit jeher einige Handlungen und Unterlassungen mit Strafen. Vermutlich haben sich Ängste überhaupt erst daraus entwickelt.

  102. #102 Andrea N.D.
    1. November 2010

    @Christian:
    Ich habe jetzt alle türpigen Bärenkommentare übergangen, deshalb kenne ich die letzten 30 geschätzten Kommentare nicht.

    Heute ist mir aber noch ein interessanter Aspekt zu diesem Thema gekommen. Vor dem Hintergrund, dass auch “Christen Menschen” sind: “Kann eigentlich ein Christ ein moralischer Mensch sein?”

    Damit will ich nicht auf irgendwelche Christen anspielen, die sich moralischer Verfehlungen (aufgrund ihrer eigenen Moral?) schuldig gemacht haben, sondern verdeutlichen, dass “die Moral” immer nur “eine bestimmte Moral” ist, d.h. die Moral, die irgendjemand gerade als Moral annimmt. Das bedeutet in Deinem Fall wohl (wie ganz oben schon angedeutet), dass bei der Frage “Kann ein Atheist ein moralischer Mensch sein” automatisch die Christenmoral als Grundlage genommen wird. Das halte ich für nicht richtig, wie weiter oben auch geschrieben, da diese nur eine der mögichen Moralen darstellt. Eine Moral, an der Atheisten oder Christen “gemessen” werden, sollte nicht nur eine sein, die von Christen “gemacht” wurde.

    Aus diesem Dilemma kommst Du heraus, wenn Du neutral fragen würdest: Kann auch ein Atheist ethisch handeln? Dann steht er mit dem Christen auf einer “Stufe”. Dann sprechen wir allerdings von einer “menschlichen Ethik”, die universellen Anspruch haben kann und für Gläubige/Religiöse verschiedener Glaubensrichtungen/Religionen gleichermaßen wie für Nicht-Gläubige/-Religiöse gelten kann. Die Menschenrechte sind hier auf jeden Fall ein guter Ansatz. Und allein dies kann die Aufgabe des Staates sein (nicht christliches Fernsehen oder Religionsunterricht). Nur so kann die Religionsfreiheit und die Freiheit von Religion (falls gewünscht) aller garantiert werden.

    Mit Küng bin ich nach wie vor mit Dir einer Meinung und denke, wer etwas anderes behauptet, hat ihn einfach nicht gelesen. Leute wie Küng haben das Potential auch Nichtgläubige zu überzeugen, einfach weil sie eine zutiefst menschliche Ethik vertreten – deshalb ist es unbegreiflich, wie die katholische Kirche ihn entfernen konnte; schadet sie doch zuallererst sich selbst damit.

    PS: Mich würde noch interessieren, ob die multiplen Persönlichkeiten vom webzoo gesperrt werden könnten? Die pelzfreien Threads sind einfach die angenehmeren.

  103. #103 Sven Türpe
    1. November 2010

    Mich würde noch interessieren, ob die multiplen Persönlichkeiten vom webzoo gesperrt werden könnten? Die pelzfreien Threads sind einfach die angenehmeren.

    Nach welchem Maßstab wäre solches Handeln moralisch zu nennen?

  104. #104 roel
    1. November 2010

    @Andrea N.D. “Mich würde noch interessieren, ob die multiplen Persönlichkeiten vom webzoo gesperrt werden könnten? Die pelzfreien Threads sind einfach die angenehmeren.”

    Solche und ähnliche Fragen, stellen sich gerade diverse Scienceblogger, dort können Sie vielleicht mit diskutieren, bestimmt webbärfrei. Meinen Sie es ist richtig, wenn sich jetzt auch Kommentatoren die Mitkommentatoren aussuchen dürfen? Wenn es um Moral und Ethik geht? Erstmal unliebsame Kommentatoren mit unangenehmen Kommentaren aussortieren. Diskriminierung in der Sprache anprangern und im eigenen Verhalten rechtfertigen – mit es ist dann angenehmer?

  105. #105 Andrea N.D.
    1. November 2010

    @roel:
    Definitiv angenehmer. Rassistische und sexistische Kommentatorenbasher, die sich mangels Ansprache mit sich selbst unterhalten müssen, finden im Web bestimmt eine Nische – hier haben sie meiner Meinung nach nichts beizutragen. Es würde die Diskusisonen hier sicherlich bereichern, wenn nicht ständig irgendwelche falschen, intoleranten und fremdenfeindliche Argumentationen berichtigt werden müssten, die sowieso keinen interessieren, nur weil ein Subjekt immer noch nicht verstanden hat, dass Atheismus nicht mit Faschismus oder Bolschewismus gleichzusetzen ist. Und was hindert Dich beispielsweise daran, wenn Du Dr webbaer und seine multiplen Persönlichkeiten so sehr schätzt, Dich auf seiner Platform mit ihm zu unterhalten? Die er übrigens erstaunlich neutral hält – fremdpöbeln scheint hier offensichtlich einfacher als zu Hause. Allerdings sind seine Beiträge so dünn, dass es dort ziemlich schnell langweilig wird. Ihm selbst offensichtlich auch. Sonst würde er sich doch um mehr Substanz auf seinem eigenen Blog bemühen? Wodurch ich wieder zu dem Schluss komme, dass er hier nur stören und pöbeln will, sonst nichts.

    @Sven:
    Das ist dieselbe Diskussion wie Sperren, Demokratie etc. Wieviel Pöbelei, Terrorismus etc. verträgt eine freiheitliche Organisation? Muss sie sich alle Subjekte austoben und selbstverwirklichen lassen oder sollte im Interesse aller manchesmal eingeschritten werden? Welche Moral meinst Du? Nach welchem Maßstab willst Du Dein “moralisch” ansetzen? Gleiches Recht für alle? Dann müsste webbie erst einmal so richtig angepöbelt werden, so wie er das so gerne tut. Oder doch lieber nicht webbies moralischer Maßstab? Welcher dann?
    Und solltest Du eine ernsthafte Unterhaltung anstreben, dann unterlasse doch Deine dämlichen Angriffe. Die führen nur zum Überlesen des Rests.

  106. #106 Christian Reinboth
    1. November 2010

    @Andrea: Kurz zur Frage nach den Sperrungen: Auf der einen Seite ist das mit den Sperrungen technisch wirklich nicht so einfach, auf der anderen Seite gebe ich Dir natürlich Recht wenn Du schreibst:

    Es würde die Diskusisonen hier sicherlich bereichern, wenn nicht ständig irgendwelche falschen, intoleranten und fremdenfeindliche Argumentationen berichtigt werden müssten, die sowieso keinen interessieren, nur weil ein Subjekt immer noch nicht verstanden hat, dass Atheismus nicht mit Faschismus oder Bolschewismus gleichzusetzen ist.

    Ich habe jetzt nicht sämtliche Kommentarbeiträge des Webbären kontrolliert, meine mich aber doch zu erinnern, dass nichts Fremdenfeindliches dabei gewesen ist (und über “falsch” im Sinne von sachlich falsch möchte ich den Stab nicht brechen müssen). Blieben also noch die Vergleiche zwischen Atheismus und Faschismus (hat er das wirklich irgendwo geschrieben?) sowie Bolschewismus (der ist mir allerdings auch aufgefallen). Und da frage ich Dich, ob das nicht auch bedeuten würde, dass ich hier jeden sperren müsste, der organisierte Religion oder Theismus mit Faschismus oder Bolschewismus gleichsetzt? Das gab es auch schon – hier und auf anderen Blogs – und auch da wurde letztendlich nie (oder fast nie) gesperrt.

    Sperrungen sind immer so eine Gratwanderung, bei der ich selbst immer bemerke, wie schnell man sich in die eigene Tasche lügt, schließlich schießt mir der Gedanke “der müsste jetzt eigentlich gesperrt werden” wesentlich schneller durch den Kopf, wenn mal wieder der Vatikan mit dem Dritten Reich verglichen wird, als bei ähnlichen Vergleichen hinsichtlich des Atheismus (die finde ich zwar ebenfalls nicht gut, aber da bin ich persönlich weniger getroffen und von daher vermutlich auch nicht ganz so sensibel). Will sagen: Im Prinzip verbitten sich manche Vergleiche von selbst und könnten bei wiederholter Anwendung meines Erachtens nach durchaus auch ein legitimer Grund für eine Sperrung sein. Aber wer soll festlegen, wo die Grenze gezogen wird – und wie? Ich kann mich an Diskussionen erinnern, in denen ich Du ganz ähnliche Vergleiche in Richtung der Kirche nicht bemängelt hat – was jetzt nicht als Vorwurf gemeint ist, sondern meines Erachtens nach unterstreicht, dass wir alle nicht unparteiisch sind (wie könnten wir auch?).

    Daher meine vollkommen ernstgemeinte Frage: Wie entscheiden? Der eigentlich in der Netiquette festgeschriebene Passus, der hier jedwede Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Religion oder Weltanschauung unter Androhung sofortiger Sperrung verbietet, ist – zumindest in meiner Erinnerung – auf den ScienceBlogs noch nie besonders rigoros durchgesetzt worden. Wärst Du denn wirklich dafür, damit anzufangen? (Ich würde mir manchmal eine etwas striktere Umsetzung wünschen, bin mir aber auch nicht sicher, wo die Grenze zu ziehen wäre.) Wie sehen das die anderen Leser / Kommentatoren?

  107. #107 Sven Türpe
    1. November 2010

    Welche Moral meinst Du? Nach welchem Maßstab willst Du Dein “moralisch” ansetzen?

    Was Moral betrifft, ist mir Ayn Rand am nächsten, aber meine Moral ist gewiss nicht verbindlich für andere. Deswegen ja die Frage, welche Moralvorstellung Maßstab sein soll. Als Eigeninteresse lässt sich der Wunsch nach Pelzfreiheit ohne Schwierigkeit begründen, wenngleich das niemanden als die Wünschenden zum Handeln verpflichtet. Die korrekte Lösung nach Ayn Rand wäre, Christian fürs Sperren zu bezahlen, d.h. ihm einen Tausch vorzuschlagen, der Dein Interesse mit seinem in Einklang bringt.

  108. #108 Frank S
    1. November 2010

    Ist Küng ein repräsentativer Vertreter des Christentums?

    Religionen sind in mancher Hinsicht der Wissenschaft ähnlicher, als es beiden vermutlich lieb ist.

    Wissenschaft ist nicht demokratisch. Wissenschaftliche Erkenntnise werden nicht durch Mehrheitsbeschluss erlangt oder an der Zahl ihrer Anhänger gemessen. Was die Wissenschaft auszeichnet, ist ja gerade, dass sie den “menschlichen” Faktor so weit möglich zu minimieren sucht, und sich auf objektive Kriterien konzentriert.

    Die Siedetemperatur des Wassers hängt nicht von der vorherrschenden Meinung ab. Newton hat die Gravitationstheorie nicht anhand einer Umfrage erstellt, und als ein Buch mit dem Titel “100 Autoren gegen Einstein” erschien, erwiderte der lakonisch “Wenn ich unrecht hätte, wäre einer genug.”

    Auch die Religion hat den Anspruch, mehr als bloße Meinung zu sein, mehr als der herrschende Konsens innerhalb einer Gruppe. Sie hat den Anspruch, mehr als eine Weltanschauung zu sein, die von Menschen gestaltet wurde.
    Religion entspringt auf die ein oder andere Weise einer übernatürlichen Quelle. Im Falle des Christentums ist das der christliche Gott.
    Es kann also nicht um die Frage gehen “Wem stimmen die meisten (christlichen) Menschen zu?” oder “Wessen Ansichten herrschen in unserer Gesellschaft vor?”
    Am repräsentativsten für das Christentum ist derjenige, der die Botschaft, den Willen Gottes am vollständigsten verstanden hat.

    Nur, woran mißt man das? Handfeste Beweise das *irgend* eine heilige Schrift dem Wort *irgend* eines Gottes auch nur ansatzweise entspricht, gibt es nicht. Es gibt keine Möglichkeit, die “Nähe zu Gott” objektiv zu messen oder Experimente, die testen, wie eine Behauptung sich zu der göttlichen Wahrheit verhält.

    So weit es die Beweiskraft geht, ist jeder selbsternannte Prophet ebenso berechtigt, für Gott zu sprechen, wie der Papst.

    Das “instinktive” menschliche Moralempfinden, das “Grundvertrauen”, von dem Küng spricht, als Maßstab heranzuziehen, scheint vernünftig.
    Aber einerseits ist dies eben *nicht* göttlicher Natur – es ist im wesentlichsten Sinne menschlich. Es würde hier das Menschliche über das Göttliche urteilen. das stellt den Anspruch der Religion auf den Kopf.
    Und andererseits – wenn unser “Grundvertrauen” so zuverlässig ist… dann benötigen wir keine Religionen. Wir *hätten* ja bereits das wertvollste Rüstzeug, moralisch zu handeln. Religionen wären bestenfalls kulturell geprägte “Unterarten” moralischen Verhaltens – oder gar institutionalisierte Manipulation der “eigentlichen” Moral.

  109. #109 Nele
    1. November 2010

    @Webbaer
    Zur Konkurrenz zwischen Aufklärung und christlichem Glauben:

    Sicherlich hat schon jemand widersprochen. Die Aufklärer waren großteils sehr fromme christliche Menschen und arbeiteten sich sozusagen aus ihrem bestehenden Weltbild aufklärerisch immer weiter vor.

    Das ist natürlich so einfach nicht wahr, wie sehr schnell deutlich wird, wenn man z.B. den index librorum prohibitorum, d.h. das von der katholischen Kirche herausgegebene Verzeichnis (verbindliche Gültigkeit bis 1966!) der Schriften ansieht, deren Lektüre dem gläubigen Katholiken streng verboten war: unter den verbotenen Autoren findet man Montesquieu, Descartes, Hobbes, Kant, Voltaire, Spinoza, Locke, Rousseau etc. pp. In einem – man findet ALLE Vordenker der Aufklärung.

    Heutzutage inszeniert sich gerade die katholische Kirche gerne als eine der Ursprünge der Aufklärung, aber das Gegenteil ist natürlich wahr, auch wenn es z.B. von Kardinälen gerne in die Fernsehkameras geredet wird. Die Aufklärung konnte nur in höchster Not und mit höchstem Mut gegen die Kirche durchgesetzt werden. Das ist ja eine der Aspekte, die Religion so ungeheuer gefährlich macht – sie fälscht völlig gewissenlos Geschichte und man nimmt einfach nicht an, dass ein katholischer Kardinal im beginnenden 21. Jh. in einem öffentlichen Interview einem kaltlächelnd ins Gesicht lügt. Deswegen wird dergleichen auch nicht von Journalisten hinterfragt und naive Zeitgenossen wie der Webbaer glauben dann einfach so, was ihnen erzählt wird…

    @Christian Reinboth

    Überhaupt erstaunt und erschreckt es mich ein wenig, dass die Diskussion trotz ihres hohen Gehalts bereits in weniger als siebzig Kommentaren von Küng bei “Mein Kampf” angekommen ist.

    Das könnte damit zusammenhängen, dass man als Atheist ständig mit diesem Vergleich konfrontiert wird – allein der Papst und Bischof Mixa haben die Folgerung “Atheismus > Hitler und Stalin” in den letzten eineinhalb Jahren zweimal gemacht. Wenn diese Geschichtsfälschung von hochrangigen Kirchenadeligen in den Diskurs gebracht wird, ist es nur normal, dass sie dann in er praktischen Auseinandersetzung aufgenommen wird. Dass die Folgerung faktisch Unfug ist, steht ja dagegen völlig außer Frage.

  110. #110 Nele
    1. November 2010

    @Frank S
    Die Gleichsetzung von Religion mit Wissenschaft unter dem Hinweis, dass beide nicht nach demokratischen Prinzipien operieren, ist falsch.

    Wahr ist, dass demokratische Entscheidungen weder religiöse Glaubensgebäude noch wissenschaftliche Denkgebäude bestimmen. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auf.

    Wissenschaft funktioniert nicht demokratisch, weil die Erkenntnisfindung auf dem Vergleich von Theorie mit faktischer Wirklichkeit auf empirischem Wege verläuft. Wissenschaft ist die perpetuierte kritische Überprüfung des allgemein Angenommenen, das über Bord geworfen wird, wenn ein überzeugender Beweis für seine Untauglichkeit gefunden ist – dann kommt ein neuer Versuch, die Wirklichkeit theoretisch zu erklären.

    Religion funktioniert nicht demokratisch, weil die Definition religiösen Wissens darüber verläuft, dass eine der um die ideologische Definitionshoheit konkurrierenden Fraktionen in einer machtpolitischen Auseinandersetzung durchsetzt. Der erzielte Konsens ist dann so lange verbindlicher Glaubensinhalt, bis eine neue politische Auseinandersetzung eine neue ideologische Leitlinie über das, was im Glauben “wahr” ist, zum Ergebnis hat. Der jeweils erzielte Konsens ist für die Religionsanhänger verbindlich, darf nicht hinterfragt sondern muss geglaubt werden.

    Wissenschaft und Religion haben NICHTS miteinander zu tun.

  111. #111 Andrea N.D.
    1. November 2010

    @Christian:
    Gleich im ersten Kommentar schreibt webbie, dass Atheisten keine Werte haben können und lässt sich pauschalisierend abwertend darüber aus. In den Folgekommentaren sind sie nur noch “dumm” etc., wobei webbie auch nie seine Seitenhiebe auf den Islam, andere Religionen, Jörg oder Ali vergisst. Muss das wirklich toleriert werden, weil “nichts (explizit nachweisbares) Fremdenfeindliches dabei gewesen” ist? Ansonsten schreibt er brabbelnd wie ein Dreijähriger und stört den Thread massiv; gerade hier ist er des öfteren übers Ziel mit seinen Pöbeleien hinausgeschossen. Muss ihm über das hinaus noch primitiveres Verhalten nachgewiesen werden, damit etwas passiert? Reicht nicht auch die Quantität, mit der er hier herumpöbeln und stören darf? Das ist genau der Punkt, warum mittlerweile viele hier abgestoßen werden. Es ist nicht einmal ein Schimpfwort von Deinen Kollegen oder Kolleginnen, es ist unter anderem das Kommentatorenbashing eines gelangweilten webzoos. Mich hier mit ihm zu vergleichen, weil ich die staatlich verordnete Indoktrination (3. Reich?) der speziell chirstlichen Religion anprangere, ist wirklich nicht fair.

    Daneben ging es mir aber vor allem darum, die seitenlangen Monologe durch die multiplen Persönlichkeiten webbies zu unterbinden. Immerhin hat er das als Lügenmärchen bezeichnet – ein Indiz dafür, dass er besonders perfide ist oder tatsächlich nicht mehr weiß, was er tut. Ich finde hier sollte dringend Einhalt geboten werden. Mit einer ernsthaften Diskussion im Kommentarbereich hat das nichts mehr zu tun.

    Das sieht man auch daran, dass Du mir inhaltlich auf meinen Kommentar nicht geantwortet hast, sondern nur dieser Metadiskussion: webbie wirds freuen, Ziel erreicht.

  112. #112 Sven Türpe
    1. November 2010

    Das ist genau der Punkt, warum mittlerweile viele hier abgestoßen werden.

    Für andere sind Frauen ohne Burka der Punkt, an dem sie abgestoßen werden. Auch sie fordern von Dritten die zwangsweise Durchsetzung ihrer persönlichen Interessen und begründen diese Forderung moralistisch. Sie irren sich ebenfalls.

    Schau, es ist sehr einfach: wenn Du den Anblick von Gemüse nicht ertragen kannst, dann geh nicht auf den Wochenmarkt. Aber höre um himmelswillen damit auf, lauthals über das zur Schau gestellte Gemüse zu klagen und polizeiliches Einschreiten zu fordern. Das ist nämlich albern.

  113. #113 roel
    1. November 2010

    @Christian Reinboth “Daher meine vollkommen ernstgemeinte Frage: Wie entscheiden? Der eigentlich in der Netiquette festgeschriebene Passus, der hier jedwede Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Religion oder Weltanschauung unter Androhung sofortiger Sperrung verbietet, ist – zumindest in meiner Erinnerung – auf den ScienceBlogs noch nie besonders rigoros durchgesetzt worden. Wie sehen das die anderen Leser / Kommentatoren?”

    Ich sehe den Passus “Die Blogkommentierung bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Meinung zu einem Eintrag zu äußern oder Informationen zu ergänzen. In diesem Sinne ist ein sachlicher Stil der Kommentare geeignet, der den Respekt vor anderen Meinungen wahrt.” als Grundlage an. Nur wer den anderen oder dessen Meinung nicht respektiert wird sich in welcher Form auch immer diskriminierend äußern. Wenn diese Richtlinie eingehalten wird, kommt es erst garnicht zu Diskriminierungen.
    Nur durch die Nichteinhaltung kommt es zu Diskriminierungen.

    Falls es tatsächlich zu einer Art Ausschluß kommen soll, kann nur eine unabhängige Stelle entscheiden. Die Betroffenen müssen die Möglichkeit einer Richtigstellung haben. Ein, wie geschehen, öffentliches an den Pranger stellen darf nicht erlaubt sein. Schon alleine der Respekt vor der anderen Person verbietet das.

  114. #114 Christian Reinboth
    1. November 2010

    @Sven Trüpe:

    Schau, es ist sehr einfach: wenn Du den Anblick von Gemüse nicht ertragen kannst, dann geh nicht auf den Wochenmarkt. Aber höre um himmelswillen damit auf, lauthals über das zur Schau gestellte Gemüse zu klagen und polizeiliches Einschreiten zu fordern. Das ist nämlich albern.

    Auch wenn ich mit Ihnen oft dàccord gehe, bin ich in diesem Punkt anderer Ansicht: Ich habe die ScienceBlogs immer als einen “virtuellen Ort” verstanden, in dem man sich angeregt über Wissenschaft, Philosophie und auch Weltanschauliches unterhalten kann – das funktioniert aber nur, wenn alle Diskutanten ein Mindestmaß an Fairness und Höflichkeit einhalten und sich nicht permanent gegenseitig beleidigen – sozusagen der Unterschied zwischen einem verräucherten Lesesalon und einer Kneipenstreiterei im angeheiterten Zustand – wenn möglich, sollten die Debatten hier eher dem ersten Bild als dem zweiten entsprechen.

    Um die Analogie vom Gemüsemarkt aufzugreifen: Wenn ich kein Gemüse sehen will, gehe ich da nicht hin – eben weil es der Gemüsemarkt ist. Die ScienceBlogs sind aber eigentlich nicht (zumindest war es ursprünglich anders geplant) der Ort, um sich gegenseitig die Beleidigungen um die Ohren zu hauen…

    So gesehen ist es schon nicht verkehrt, auf die Einhaltung der Netiquette zu drängen – mich treibt eher der Gedanke um, wer die Einhaltung kontrollieren soll (ich bin – wie erläutert – vermutlich nicht neutral genug, wüsste aber auch nicht, auf wen das zutreffen sollte) und wie wir dann mit den vielen Beiträgen verfahren, in denen sehr ähnliche Anwürfe gegen Theismus / organisierte Religion gemacht werden – da gab es hinter den Kulissen schon manche Debatten, letztendlich wurde aber immer wieder entschieden, dass man es stehenlassen kann. Von daher habe ich leider auch keine Patentlösung, bin aber der Ansicht, dass es eine Frage ist, die man grundsätzlich für die ScienceBlogs diskutieren sollte, allein schon um die Fronten zu klären oder aber die Plattform zukünftig attraktiver zu machen. Wobei dieser Thread dafür vielleicht nicht so ganz geeignet ist…

  115. #115 Jörg Friedrich
    1. November 2010

    Nele, ich denke schon, dass der wissenschaftliche Diskurs durchaus (im Idealfall) als demokratischer Diskurs angesehen werden kann. Was wahr ist, genauer gesagt, was vorläufig als wahr anerkannt wird, entscheidet hier nämlich nicht ein einzelner, sondern die Forschungspraxis der wissenschaftlichen Gemeinschaft – im Handeln dieser Gemeinschaft erfolgt die Anerkennung einer wissenschaftlichen Einsicht als Wahrheit.

    Wenn Sie diese Frage auf religiöse Praxis anwenden, dann ist es immer wichtig, zwischen Religion und Kirche zu unterscheiden. Religions-Praxis kann durchaus im gleichen Sinne demokratisch sein wie Wissenschafts-Praxis. Eine Kirche als Institution neigt natürlich immer dazu, undemokratisch zu sein (wie jede Institution) – aber es sin natürlich auch demokratisch organisierte Kirchen denkbar, bei denen auch Glaubensfragen demokratisch entschieden werden (selbst die Konzile der katholischen Kirche können in gewissem Maße als demokratische Veranstaltungen angesehen werden.)

  116. #116 Frank S
    1. November 2010

    @Nele

    Auch Wissenschaft muss sich durchsetzen. Wo z.B. religiöse Kräfte stark und interessiert genug sind, wird auch Wissenschaft unterdrückt oder “zurechtgebogen”. Intelligent Design ist das vielleicht beste Beispiel, aber auch Firmen oder politische Institutionen nehmen Einfluß auf die Wissenschaft, um ihren Ansichten Geltung zu verschaffen.

    Das eine Religion sich machtpolitisch auf die ein oder andere Weise durchsetzen muss, ist ebenfalls korrekt, aber eben nicht Teil des religiösen Anspruchs.

    Welche Religion sagt denn: “Wir liegen richtig, weil wir jeden unterdrücken, der etwas anderes behauptet!”.

    So wie die Wissenschaft sich auf die objektiven Gesetzmäßigkeiten der Natur beruft, und diese als Maßstab benutzen, um ihre Theorien daran zu messen, so benutzt die Religion ihren Gott – oder eine andere übernatürliche Quelle von Wissen oder Moral – um Moral, um “Gut und böse” daran zu messen.

    Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Religion keine überzeugenden Beweise für ihren Gott vorbringen kann, und das es auch keine objektiven Kriterien gibt, um Aussagen über einen Gott zu treffen.
    Sobald man aber an die Existenz dieses Gottes *glaubt*, sobald man sie als wahr akzeptiert hat… wird das Göttliche zum Maßstab für richtig und falsch – sogar zu einem noch weitaus verläßlicheren als alles, was der Wissenschaft zur Verfügung steht.

    Das jede andere Religion dem natürlich sofort widerspricht, weil sie eben nicht die Glaubensgrundsätze teilt, ist ja gerade das Problem der Religion.
    Steht man außerhalb der Religion, scheint es dort keine objektiven, festen Grundsätze zu geben.
    Glaubt man an eine Religion, hat man einen Grundsatz und einen Maßstab, der solider ist als alles andere.

  117. #117 BreitSide
    1. November 2010

    Die Würde des Menschen *ist* nicht naturwissenschaftlich zu erklären. Sie ist überhaupt nicht zu erklären. Es gibt kein Naturgesetz, welches in irgend einer Weise Menschenwürde fordert, befürwortet oder wertschätzt.

    Die Frage, die wir uns stellen sollten, ist nicht:
    “Ist es unsere Pflicht, die Menschenwürde zu achten?”
    Sie sollte vielmehr sein:
    “WOLLEN wir die Menschenwürde achten?

    Wir sind es, die unseren eigenen Werten Bedeutung verleihen. Wir selbst müssen nach ihnen streben, sie erhalten und Regeln entwerfen, die ihnen gerecht werden.

    Warum?
    Weil sie UNS wichtig sind. Aus keinem anderen Grund. Und wir brauchen auch keinen anderen. Anzuerkennen, dass alle Werte letztlich willkürlich sind, dass es keine absolute Definition von Gut und Böse gibt, heißt nicht, dass wir nicht selbst, für uns, eine solche Definition finden können.
    Uns bewusst zu sein, dass sie eigene Erfindung ist, entwertet sie in meinen Augen nicht. Im Gegenteil, es sollte uns klar machen, dass wir uns nicht auf kosmische Gerechtigkeit oder göttliche Einmischung verlassen können, um unsere Werte zu schützen und zu erhalten.

    Nur wir können das. Und nur für uns selbst müssen wir es.
    Autor: Frank S

    Genau

  118. #118 Jörg Friedrich
    1. November 2010

    Christian Reinboth, zu Ihrem Ausgangstext möchte ich folgenden Gedanken äußern: Religion ist eine spezielle Form von traditionsgebundener Überzeugungs-Findung. Ich denke, die Frage ist nicht, ob man ohne Religion ein ethischer Mensch sein kann, sondern ob man dies ohne Bezug auf Tradition sein kann.

    Ich denke, es gibt eine Menge von Entscheidungen die man treffen muss, bei denen man keine empirische oder rationale Begründung finden kann, wie sie die Wissenschaft bieten könnte. Bei der Frage “Was soll ich tun?” kann einem die Wissenschaft im Allgmeinen keine sichere Antwort geben, um hier sicher zu sein (und damit überhaupt handeln zu können) nutzt man Überzeugungen, die einem von Autoritäten (in den häufigsten Fällen die Eltern oder Großeltern, aber auch Lehrer, Roman-Autoren, Filmhelden, Pop-Idole) vermitteln. Diese Überzeugungen werden sicher dadurch, dass andere, denen wir vertrauen, ebenfalls diese Überzeugungen haben. as meine ich mit Traditionsgebundenen Überzeugungen.

    Wissenschaft (oder wissenschaftliches Denken) kann einem helfen, die Plausibilität, die innere Konsistenz dieser Überzeugungen zu prüfen, aber kaum feststellen ob ein solches Überzeugungssystem als Ganzes richtig ist. Ich glaube außerdem, dass wissenschaftliches Denken niemals dieses traditionsgebundene Überzeugungssystem ersetzen kann.

    Also: Natürlich kann ein atheistischer Mensch ein moralisch guter Mensch sein – und dass ein Gläubiger Mensch ein moralisch schlechter Mensch sein kann, ist vielfach belegt. Aber ohne Traditionen (die z.B. auch vom Glauben erzeugt und stabilisiert werden können) kann man m.E. kein moralisch guter Mensch sein. Traditionen können und müssen überprüft werden, aber man kann nicht darauf verzichten.

  119. #119 BreitSide
    1. November 2010

    Autor: Maxo: Na ja, die AIDS Epidemie liegt ja vor allem auch am Sexualverhalten dieser Menschen.

    Soweit (teilweise) Zustimmung

    Hier scheinen noch Verhaltensmuster der heidnischen Stammesgesellschaften nachzuwirken.

    Na das hat ja nun überhaupt nix mit Heidentum zu tun. Es sind einfach offensichtlich tradierte (oder pervertierte) Angewohnheiten.

    Man sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass bekanntlicherweise je religiöser (christlicher, bei anderen weiß ich es nicht) Teenies aufgewachsen sind, desto ungeschützteren Geschlechtsverkehr sie haben und desto mehr ungewollte Teeniekinder. Das gilt mW sowohl in den USA als auch bei uns.

    Also genau das Gegenteil des von Dir behaupteten.

  120. #120 BreitSide
    1. November 2010

    Autor: Maxo: Die Gottesfürchtigkeit und das Ehegelöbnis scheint noch nicht vollständig durchgerungen zu sein.

    Ob Ehegelöbnis da viel bewirkt? Für Seitensprünge ist es wohl eher “ein Grund, aber kein Hindernis”. Vor allem, wenn man weiß, dass (mW) ca. 7 % (oder war es gar jedes 7.?) aller Kinder “Kuckuckskinder” sind.

    Hier braucht es wahrscheinlich noch mehr Missionstätigkeiten.

    Das verhüte der Allmächtige!

    Dann lässt sich auch die AIDS-Epidemie eindämmen.

    Ein frommer Traum. Die Wahrheit zeigt uns, dass vor allem dort die HIV-Prävention funktioniert, wo kirchliche Vertreter sich nicht um päpstliche oder evangelikale Maßregelungen scheren. Oder gleich bei nichtreligiösen Gruppen.

  121. #121 BreitSide
    1. November 2010

    Mich würde noch interessieren, ob die multiplen Persönlichkeiten vom webzoo gesperrt werden könnten? Die pelzfreien Threads sind einfach die angenehmeren.

    Nach welchem Maßstab wäre solches Handeln moralisch zu nennen?
    Autor: Sven Türpe

    Nach verschiedenen Maßstäben:
    – dem des guten Geschmacks,
    – dem der Schmerzfreiheit,
    – dem der Rationalität,
    – …

    Aber wir leben ja in einem freien Land, und es gibt mW kein ausgesprochenes Verbot, Bärendreck abzulaichen.

  122. #122 BreitSide
    1. November 2010

    Und solltest Du eine ernsthafte Unterhaltung anstreben, dann unterlasse doch Deine dämlichen Angriffe. Die führen nur zum Überlesen des Rests.
    Autor: Andrea N.D.

    Schon passiert. Von Svenni und dem WebWurm lese ich nur noch Anfangs- und Endsatz, wenn überhaupt. Reine Augenkrebsprofühlaxe…

  123. #123 BreitSide
    1. November 2010

    @JF:

    ich denke schon, dass der wissenschaftliche Diskurs durchaus (im Idealfall) als demokratischer Diskurs angesehen werden kann. Was wahr ist, genauer gesagt, was vorläufig als wahr anerkannt wird, entscheidet hier nämlich nicht ein einzelner, sondern die Forschungspraxis der wissenschaftlichen Gemeinschaft – im Handeln dieser Gemeinschaft erfolgt die Anerkennung einer wissenschaftlichen Einsicht als Wahrheit.

    Nö. Das Einzige, was demokratisch, dh mit (überwältigender, sozialistisch anmutender) Mehrheit befürwortet wird, ist das Verfahren. Bei den Einzelergebnissen herrscht eine völlige Diktatur der Tüchtigen. Ein Einziger kann das gesamte Gebäude einstürzen.

  124. #124 BreitSide
    1. November 2010

    @JF:

    aber es sin natürlich auch demokratisch organisierte Kirchen denkbar, bei denen auch Glaubensfragen demokratisch entschieden werden (selbst die Konzile der katholischen Kirche können in gewissem Maße als demokratische Veranstaltungen angesehen werden.)

    Das Schlüsselwort ist “denkbar“. Und es gibt ja eine Unzahl von Freikirchen, die das probiert haben und immer wieder probieren. Hat es eine einzige geschafft, nicht (wie zu erwarten) beliebig weit sich von den “Amtskirchen” fortzuentwickeln?

    Und das Machtgeschachere der Konzile auch nur in die Nähe des Wortes “Demokratie” zu bringen ist schon sehr gewagt.

  125. #125 Jörg Friedrich
    1. November 2010

    BreitSide, ich ahnte, dass Sie mir hier Ihr schlichtes “Nö” entgegenstellen werden. Das ändert aber nichts daran, dass einerseits eben doch durch die wissenschaftliche Gemeinschaft immer wieder das, was als wahr anzusehen ist, durch den Diskurs dieser Gemeinschaft festgelegt und geändert wird, dass ein Einzelner einen Prozess der Revolution zwar initiieren aber nie allein durchführen kann und dass andererseits gerade über das Verfahren, wie Wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen sind, überhaupt kein Konsens besteht. Sicherlich werden Sie dem jetzt wieder ein “Nö” entgegensetzen, aber vielleicht greifen Sie einmal zu einem beliebigen wissenschaftshistorischen Buch über eine beliebige Zeit der wissenschaftlichen Entwicklung, und wenn Sie das dann gelesen haben, werden Sie vielleicht in Ihrem “Nö” doch irgendwann ein wenig verunsichert.

  126. #126 BreitSide
    1. November 2010

    @FrankS:

    Welche Religion sagt denn: “Wir liegen richtig, weil wir jeden unterdrücken, der etwas anderes behauptet!”.

    Nee, die sagen: “Wir liegen richtig, und deswegen unterdrücken wir jeden, der etwas anderes behauptet! Und womit? Mit Recht! Und mit welchem Recht? Dem göttlichen!”

    Die Christen haben das jedenfalls so in ihrem Programm stehen. Die Moslems mW auch.

  127. #127 BreitSide
    1. November 2010

    @JF:

    Diese Überzeugungen werden sicher dadurch, dass andere, denen wir vertrauen, ebenfalls diese Überzeugungen haben. as meine ich mit Traditionsgebundenen Überzeugungen.

    Sicher. Aber diese Überzeugungen machen sich auch irgendwann frei (oder jedenfalls freier) von ihren Ursprüngen. Insofern sind sie veränderbar. Ist ja nun noch nicht sooo lange her, das der Kaiser das Höxte war.

  128. #128 BreitSide
    1. November 2010

    @JF:

    Ich glaube außerdem, dass wissenschaftliches Denken niemals dieses traditionsgebundene Überzeugungssystem ersetzen kann.

    Das war ja gar nicht die Frage. Nur vielleicht eine Hoffnung für ferne Zeiten.

  129. #129 BreitSide
    1. November 2010

    Autor: Jörg Friedrich: Traditionen können und müssen überprüft werden,

    Völlige Zustimmung.

    aber man kann nicht darauf verzichten.

    Hatte das jemand behauptet?

  130. #130 BreitSide
    1. November 2010

    @JF:

    BreitSide, ich ahnte, dass Sie mir hier Ihr schlichtes “Nö” entgegenstellen werden.

    Gratuliere. Auf diesem Ahnungsvermögen lässt sich doch sicher ein Geschäft aufbauen?

  131. #131 BreitSide
    1. November 2010

    @JF:

    …dass ein Einzelner einen Prozess der Revolution zwar initiieren aber nie allein durchführen kann…

    Auch da hat ja nu überhaupt nix mit Demokratie zu tun, sondern mit “Hausmacht”. Idealerweise(!) braucht es eine einzige Erwähnung einer guten Idee, die sich dann durch ein paar Begeisterte durchsetzt. Je mehr Begeisterte, umso schneller.

  132. #132 S.S.T.
    1. November 2010

    @BreitSide

    Die diversen Schismen KÖNNTE man evtl. und so gerade eben noch als eine ART von einem dem. Akt durchgehen lassen. Allerdings waren diese bestenfalls eine Abstimmung mit den Füssen, üblich war allerdings “Cuius regio, eius religio”.

    Über Glaubensdinge ist noch nie demokratisch entschieden worden, die Entscheidungen übernahmen stets die Vorbeter, eben auch auf den Konzilen, denn dort kam eben nur höchst auserwähltes, aber noch nicht mal ein gewähltes, Volk zusammen.

    Das “denkbar” rollt also bestenfalls nur die Zehennägel auf, wie die Verrenkungen in meinem ersten Abschnitt.

    Das ist das Problem mit pseudologischen Glaubenskonstrukten: Enfernt man einen Baustein, ist das gesamte Mauerwerk in Gefahr. Denn genauso wie man einen Stein entfernen kann. kann man auch einen Stützpfeiler einfügen; die benötigte Begründung dafür geht gegen Null, weil alles auf Glauben und nichts auf Beleg beruht.

    Und darin liegt auch der Unterschied zur Wissenschaft, bei der man eine neue Theorie auch vehement ablehnen kann, aber sich ihr ggf. beugen muss, wenn die Belege dafür übermächtig werden.

    In Glaubensdingen kann eine ‘neue Theorie’ sehr schnell zu einem Schisma werden, und da der alte und der neue Glaube hinreichend belegt werden können, wird beides genügend dauerhafte Anhänger finden. In den NaWi’s hätte man denn Newtonisten (ja, gibt es) und Einsteinier.

    Ich hab übrigens schon ein paar Gottesdienste von Methodisten miterlebt, nicht uninteressant, passen aber eben nicht zu den beiden ‘großen’ christl. Kirchen, auch wenn sie Christen sind.

  133. #133 BreitSide
    1. November 2010

    @JF:

    …und dass andererseits gerade über das Verfahren, wie Wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen sind, überhaupt kein Konsens besteht…

    Sooo unterschiedlich sind die Auffassungen ja nun auch nicht. Oder? Das “vorurteilsfreie Suchen nach der Wahrheit” ist kein Konsens?

  134. #134 BreitSide
    1. November 2010

    @JF:

    …Sicherlich werden Sie dem jetzt wieder ein “Nö” entgegensetzen…

    Nö. Wird doch nix mit dem Nebenverdienst als Hellseher…

    Man darf Stilmittel halt nicht zu oft einsetzen. Oder noch öfter…

  135. #135 BreitSide
    1. November 2010

    @SST:

    Die diversen Schismen KÖNNTE man evtl. und so gerade eben noch als eine ART von einem dem. Akt durchgehen lassen. Allerdings waren diese bestenfalls eine Abstimmung mit den Füssen, üblich war allerdings “Cuius regio, eius religio”.

    Ob wir da von zweierlei Sachen sprechen?

    Ich meinte die heutigen Freikirschen in unserem nachkrieglich-friedlichen Deutschland. Die “cuius…”-Geschichte ist ja zum Glück (ziemlich) vorüber. In diesen Gemeinschaften gibt es tatsächlich viele kontroverse Gespräche und viel Selbstbewusstsein gegenüber den Amtskirchen. Was diese gar nicht gerne sehen…

  136. #136 Frank S
    1. November 2010

    In der Praxis sind Wissenschaftler gezwungen, Menschen zu überzeugen. Sie müssen Anhängern, Unterstützer gewinnen, sei benötigen Forschungsgelder etc, etc.

    Dann müssen sie in der Lage sein, ihre neuen Erkenntnisse gegen die etablierten Ideen durchzusetzen, evtl. sogar gegen ökonomische oder religöse Interessen, gegen Traditionen und Tabus.

    Aber das gehört zum Wesen der *Menschheit*, es gehört nicht zum Wesen der *Wissenschaft*.
    Die Wissenschaft richtet sich nicht nach Konsens, ökonomischem Interesse, nach Zeitgeist oder Tradition.

    Der Wissenschaftler selbst schon.

    Und in das gilt selbstverständlich auch fr Götter und Religionen.
    Würde vor mir ein Gott erscheinen, mir einen Zettel in die Hand drücken und Sagen:
    “SIEHE! HIER HABE ICH EIN PAAR GEBOTE NIEDERGESCHRIEBEN, SIEH ZU, DASS DU SIE AN DIE MENSCHEN VERTEILST. ICH BIN DANN MAL FÜR EIN PAAR JAHRMILLIARDEN WEG.”

    Mal ehrlich… ich würde den Zettel anonym an die UN schicken, mit dem Hinweis “Von Gott!”. Und dann würde ich versuchen, die Sache zu vergessen. Alles andere wäre Wahnsinn.
    Selbst wenn es die reine Wahrheit wäre, und ich tatsächlich Gott begegnet wäre. wen könnte ich schon überzeugen?

    Denn die Wahrheit ist eine Sache, das, was wir Menschen als Wahrheit betrachten, eine andere.

  137. #137 BreitSide
    1. November 2010

    Ich hab übrigens schon ein paar Gottesdienste von Methodisten miterlebt, nicht uninteressant, passen aber eben nicht zu den beiden ‘großen’ christl. Kirchen, auch wenn sie Christen sind.
    Autor: S.S.T.

    Das meinte ich ja. Und dann haben wir noch die Pfingstler, die 7-d-Adventisten, die Mennoniten…

  138. #138 perk
    1. November 2010

    und dass andererseits gerade über das Verfahren, wie Wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen sind, überhaupt kein Konsens besteht

    es gibt da etwas neues, das heißt naturwissenschaften, die sind sich einig über das “wie”

    dass ein Einzelner einen Prozess der Revolution zwar initiieren aber nie allein durchführen kann

    sie verwechseln ursache und wirkung, wenn ein neues ergebnis gefunden wird, wird dieses von den experten des gebiets untersucht.. nicht weil sie einer neuen strömung zum durchbruch verhelfen wollen, sondern weil das ergebnis da ist und nach wissenschaftlichen regeln bewertet werden muss, egal ob sie vorher dachten dass es anders kommen würde: nur argumente zählen und nicht die meinung

  139. #139 S.S.T.
    1. November 2010

    @Breitside

    Ich meinte die heutigen Freikirschen in unserem nachkrieglich-friedlichen Deutschland. Die “cuius…”-Geschichte ist ja zum Glück (ziemlich) vorüber. In diesen Gemeinschaften gibt es tatsächlich viele kontroverse Gespräche und viel Selbstbewusstsein gegenüber den Amtskirchen. Was diese gar nicht gerne sehen…

    Heute ist es in der Tat, zumindest in Europa, ein anderer Schnack. Nur ist ein Zusammenkommen der diversen christl. Kirchen in keinster Weise erkennbar, nicht einmal unter einer irgendwie allgem. gearteten Oberinstanz.

    Aber selbst heute wird man es sich in Gebieten, in denen ‘andere’ Christen die überwältigende Mehrheit haben, als Gläubiger sehr schwer tun.

  140. #140 Hel
    1. November 2010

    @JF

    Natürlich kann ein atheistischer Mensch ein moralisch guter Mensch sein – und dass ein Gläubiger Mensch ein moralisch schlechter Mensch sein kann, ist vielfach belegt. Aber ohne Traditionen (die z.B. auch vom Glauben erzeugt und stabilisiert werden können) kann man m.E. kein moralisch guter Mensch sein. Traditionen können und müssen überprüft werden, aber man kann nicht darauf verzichten.

    Einverstanden! Was Sie hier geschrieben haben, findet sich übrigens sehr ähnlich auch in den 10 AnGeboten des Evolutionären Humanismus wieder, vgl https://www.giordano-bruno-stiftung.de/human/manangebote.htm

    Die Werte, die ua aus der Aufklärung und dem Humanismus abgeleitet wurden, reihen sich in eine lange geistesgeschichtliche Tradition ein, aus der zeitgenössische Ethik und Moral geschöpft werden. In der Tat gibt es wohl keine einzige moderne Philosophie oder Denkschule, die sich in ihren wesentlichen Elementen nicht wenigstens teilweise auf diese Traditionen beriefe. Der Mensch als im Normalfall soziales Wesen kann gar nicht anders, er muss bei der Bewertung/Beschreibung seines Seins und Bewusstseins auch auf sie zurückgreifen. Kultur und Sozialisation entwickel(te)n sich seit Menschengedenken mit und ohne Religion.

  141. #141 Sven Türpe
    1. November 2010

    Schon passiert. Von Svenni und dem WebWurm lese ich nur noch Anfangs- und Endsatz, wenn überhaupt.

    Fein, dann können wir die Diskussion um Kommentarlöschungen ja vorerst abhaken. Ich bin auch der Ansicht, dass die Filterung von Inhalten vorzugsweise beim Empfänger erfolgen sollte.

  142. #142 Sven Türpe
    1. November 2010

    es gibt da etwas neues, das heißt naturwissenschaften, die sind sich einig über das “wie” [des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns]

    Sind sie das wirklich? Und selbst wenn, was ist mit den übrigen Wissenschaften?

  143. #143 Sven Türpe
    1. November 2010

    Aber ohne Traditionen (die z.B. auch vom Glauben erzeugt und stabilisiert werden können) kann man m.E. kein moralisch guter Mensch sein.

    Wie würde man moralisch gut überhaupt ohne einen Verweis auf Traditionen definieren?

  144. #144 BreitSide
    1. November 2010

    SST:

    Nur ist ein Zusammenkommen der diversen christl. Kirchen in keinster Weise erkennbar, nicht einmal unter einer irgendwie allgem. gearteten Oberinstanz.

    Wohl wahr. Zumindestens nicht in den oberen Instanzen. An der Basis läuft die Ökumene ganz gut.

    Aber selbst heute wird man es sich in Gebieten, in denen ‘andere’ Christen die überwältigende Mehrheit haben, als Gläubiger sehr schwer tun.

    Man mag es kaum glauben, aber für manche (va ländliche) Gebiete muss ich Dir tatsächlich Recht geben.

  145. #145 Dr. Webbaer
    2. November 2010

    Sup!

    nichael, Nele, besser formuliert wäre: Die Aufklärer waren religiös (theistisch, pantheistisch, deistisch) und viele waren Christen.
    Wenn Sie auf den Diskursverlauf zurückblicken, dann können Sie feststellen, dass der Webbaer seine Aussage, die Europäische Aufklärung sei christlich grundiert gewesen, zu verteidigen suchte.

    Und, Nele, dass die Aufklärung einen dunklen Flügel hatte und hat, werden Sie sicherlich nicht bezweifeln wollen, über Rousseau, Robespierre und andere führt eine Linie über die ersten modernen systematischen Menschenverbrechen der Jakobiner zu sozialistischem Gedankengut. Gedankengut, das sich nicht bewährt hat, das verbrecherisch wurde.
    Warum das so ist, scheint klar, oder? – Der Wegfall der tradierten Normen führte erst einmal zu einer wertebezogenen Leere, nicht zufällig waren die Aufklärer auch Gesellschaftstheoretiker&Ethiker und lieferten praktischerweise neue Wertesysteme (Hume bspw. mit seinen “Gefühlen”, andere als Erfinder des Liberalismus). Das Befüllen dieser Lücke konnte und kann auch heute noch scheitern.
    Zu diesem Klops vielleicht noch eine Anmerkung: “Dass die Folgerung [päpstliche Atheismus-Kritik] faktisch Unfug ist, steht ja dagegen völlig außer Frage.”
    So bitte nicht vortragen, Sie wissen warum. Danke.

    Herr Reinboth, unter uns IT-Kompetenten und zum Betrieb eines Web-Publikationssystems mit Feedbackmöglichkeit noch abschließend stichwortartig ein paar Anmerkungen:
    – das Web ist offen
    – offene Systeme filtert man typischerweise clientseitig, der Nutzer ist sozusagen Filter
    – die Filterung kann clientseitig mit jedem Browser erfolgen, wenn Sie mal einen Blick ins HTML-Doc werfen, dann sehen Sie, dass die DIV-Elemente bzw. deren Attribute bzw. die Attributswerte der Attribute der Kindelemente ausgelesen werden können bevor der Browser rendert, also den Kommentar zu Ansicht bringt
    – hierfür gibt es Tools, die eine dementsprechende Filterung erlauben
    – vermutlich geht das auch alles mit den Feedsreadern, selbst mal prüfen
    – jetzt wirds spannend: serverseitig ist es schwierig und aufwändig
    – Idee-1: jur. Vorgehen, Hausverbot (Nachteil: aufwändig, schwierig durchzusetzen)
    – Idee-2: Rundumzensur durch eigens angestellte Kraft (Nachteil: aufwändig, schwierig, denn die (studentische?) Kraft kann oder muss an ihrer Aufgabe scheitern)
    – Idee-3: technische Lösungen wie filtern aufgrund von Besonderheiten des HTTP-Requests [1] (Nachteil: unsicher, man erwischt auch Falsche, es besteht immer eine Ausweichmöglichkeit den inkriminierten bösen Kommentar oder den Kommentar eines bösen Kommentators einzustellen)
    – Idee-4: Kontensytem, d.h. die Nutzer müssen ein Konto anlegen, sich einloggen und diese virtuelle Identität kann dann bedarfsweise abgebaut werden (Nachteil: weniger Nutzer, weniger Traffic, weniger Visits etc.)
    – Idee-5: Identifikationsverfahren wie das Postident (Nachteil: Finger davon lassen, wenn man noch Kommentatoren halten möchte)
    – Idee-6: späteres Freischalten der dann manuell geprüften Kommentare (Nachteile wie oben)
    – Idee-7: Kommentare per E-Mail (:–)

    Wie mans dreht und wendet, man wird den Aufwand erhöhen und den Traffic senken. Denn diese oft irrsinnigen Minidebatten im Feedbackbereich haben für viele einen gewissen Reiz. Seien Sie als Betreiber vorsichtig mit Netiquetten, PC und “Meinungshygiene”, Nachteile wie oben wieder!

    Fazit: Besser iss auf jeden Fall menschlich miteinander klar zu kommen. Klar die kognitiven Aufstellungen sind ganz unterschiedlich, auch die Kenntnislagen, und Niveau sieht von unten nun mal so wie Arroganz aus. Andererseits fällt auch das vernichtende Urteil über die benachbarte Kommentatorenkraft leicht (BTW, der Wb filtert 4 Nutzer, nur 4 Nutzer).
    Falls es eine Krise oder so geben sollte bei den SB, pers. Blockbildungen und bestimmte Themenblöcke deuten nicht darauf hin, dass das völlig auszuschließen ist, würde der Wb erst einmal intern mit einer Ethikrichtlinie für die Blogger bearbeiten.
    Das kann man hinkriegen, da ist sich der Wb ziemlich sicher.
    So wie es jetzt ist, also jeder macht was er will, ist doch gut bzw. wäre noch besser, wenn die Publizisten richtlinienmässig gefittet wären. Einfach weglöschen, was nicht gefällt, kanns ja eigentlich nicht sein. Hinweis an die Publizisten: Missfallende Feedbackbeiträge nicht beantworten, nicht reagieren (wobei wir hier beim geschätzten JF wären :).
    Und natürlich: Wenn es Probleme gibt, unbedingt die E-Mailadresse nutzen und nicht im Forum zensieren!! – Das ist DER Standardfehler bei der Moderation. Einfach ne freundliche Mail senden, vieles kann geklärt werden…

    [1] Hier kann alles einfließen von der Netzwerkadresse bis zu nutzertypischen sprachlichen Besonderheiten oder installierten Browsererweiterungen, Bildschirmauflösungen, Einsatz von Spyware – 😉 – das geht Richtung Expertensystem (Fachwort, bitte beachten :).

    HTH,
    Ohren steif halten,
    Wb

  146. #146 Andrea N.D.
    2. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    “Eine Kirche als Institution neigt natürlich immer dazu, undemokratisch zu sein (wie jede Institution) – aber es sin natürlich auch demokratisch organisierte Kirchen denkbar, bei denen auch Glaubensfragen demokratisch entschieden werden (selbst die Konzile der katholischen Kirche können in gewissem Maße als demokratische Veranstaltungen angesehen werden.)”

    Hätten Sie Beispiele demokratischer Entscheidungen in der Kirche? Glaubensfragen demokratisch – per Mehrheitsbeschluss – entschieden? Ich denke, hier liegt das Problem in der begrifflichen Bestimmung von Demokratie (ja, schon wieder, und ja, ich zweifle ein bisschen an Ihrem Verständnis von Demokratie). Ein vatikanisches Konsil kann niemals eine demokratische Entscheidung sein. Warum? Wurden die Entscheider demokratisch gewählt? Sind alle Personen zum passiven und aktiven Wahlrecht zugelassen (oder nur ein paar – männliche ! – Greise)? (Sozialkunde- und Geschichtsunterricht der 6. Klasse).
    Inwiefern kann über einen “Glauben” rational intersubjektiv nachvollziehbar abgestimmt werden? Ich glaube nun einmal dies und Sie glauben das. Wer entscheidet jetzt darüber, wie entschieden wird?

    Bei den Traditionen, auf die zurückgegriffen werden muss, müsste erläutert werden, was damit eigentlich gemeint ist. Die christliche Tradition/der christliche Glaube kann es ja wohl kaum sein, sonst müssten wir die Homosexuellen verbrennen, die unverheirateten Mütter ächten und die Selbstmörder irgendwo verscharren.
    Dass die “Stabilisierung” nicht einfach durch eine kirchliche Institution behauptet werden kann (Beispiele?), ist wohl auch der restriktiven und vorgestrigen Kirchenpolitik geschuldet, die wohl ein bisschen zu viel bewahrt und ein bisschen zu wenig überprüft hat – und dies per Dogma, d.h. sie kann ja eigentlich gar nicht anders(Zölibat).

    Ich mache mir jetzt aber einmal Ihren Optimismus zu eigen und rege für die Institiution Kirche (die ja wie jede andere Institution “nur manchmal dazu neigt undemokratisch zus sein”) an:
    Alle dürfen über den Glauben abstimmen – die Hälfte der Menschheit wird NICHT automatisch per Dogma oder was auch immer undekomratisch ausgeschlossen
    Alle dürfen den Glauben aktiv ausüben (auch Frauen als Priesterinnen) – auch hier wird die Hälfte der Menschheit NICHT automatisch per Dogma undekomratisch ausgeschlossen
    Alle dürfen ein geregeltes Sexualleben haben (was zu einem menschenwürdigen Leben gehören könnte)
    Alle (und nicht nur ein kleiner Greisenzirkel) dürfen im Vatikan über Konsile (also wichtige Glaubensfragen) entscheiden
    Alle dürfen über Stammzellforschung, Abtreibung, PID etc. abstimmen
    Von der Frauenfeindlichkeit der Bibel spreche ich gar nicht. Aber wir könnten ja darüber demokratisch abstimmen, dass die Bibel endlich ein bisschen so umgeschrieben wird, dass die Traditionen überprüft und angepasst werden. Dann entfallen auch viele frauenfeindliche Passagen und wer weiß, vielleicht war Petrus ja homosexuell, das könnte jetzt endlich zugegeben werden. So eine Abstimmung wäre wirklich interessant und würde den “Glauben” ein bisschen frischer machen.

    Äh, warum gibt es das in der doch manchmal nur ein bisschen undemokratischen Institution (wie jede Institution, übrigens) Kirche nicht? Könnte es sein, weil sie generell strikt hierarchisch organisiert ist (das ist wohl eine Tradition, von der sich die Kirche nicht lösen kann und übrigens DIE Tradition, die die Stabilität garantiert :-)).

    @webbie:
    Du hast die Hauptsache vergessen: Multiple Persönlichkeiten ausschalten. Für jeden Kommentator reicht ein Nickname; nur weil auf Dich niemand mehr reagiert, muss es noch lange nicht gestattet sein, unter 5 verschiedenen Nicks zu diskutieren und sich mit sich selbst zu unterhalten.
    Kleiner Tipp: Vor dem Spiegel geht das auch!

  147. #147 roel
    2. November 2010

    @Andrea N.D. “Aber wir könnten ja darüber demokratisch abstimmen, dass die Bibel endlich ein bisschen so umgeschrieben wird, dass die Traditionen überprüft und angepasst werden. Dann entfallen auch viele frauenfeindliche Passagen und wer weiß, vielleicht war Petrus ja homosexuell, das könnte jetzt endlich zugegeben werden. So eine Abstimmung wäre wirklich interessant und würde den “Glauben” ein bisschen frischer machen.”

    Sie meinen das im Ernst so, oder? Demokratie passt genauso wenig zur katholischen oder evangelischen Kirche wie zur Wissenschaft. Oder möchten Sie als nächstes vielleicht die Gravitation etwas ändern – natürlich nur demokratisch. Oder wir könnten abstimmen ob einer der weitentfernten Planeten habitabel ist, rein demokratisch, die Crew für das Raumschiff, die das dann nur noch bestätigen braucht, stimmen wir dann auch ab, Vorschläge könnte ich schon jetzt unterbreiten.

  148. #148 Sven Türpe
    2. November 2010

    Aber wir könnten ja darüber demokratisch abstimmen, dass die Bibel endlich ein bisschen so umgeschrieben wird, dass die Traditionen überprüft und angepasst werden.

    Seit wann wird über den Inhalt von Büchern abgestimmt? Und wen wollten wir hier zum Handeln verpflichten? In meiner Welt funktioniert das anders: jeder schreibt, was er mag, und sucht sich auf dem Markt seine Leser.

  149. #149 Andrea N.D.
    2. November 2010

    @roel:
    Ich antwortete auf Herrn Friedrichs Bemerkung: “Eine Kirche als Institution neigt natürlich immer dazu, undemokratisch zu sein (wie jede Institution) – aber es sin natürlich auch demokratisch organisierte Kirchen denkbar, bei denen auch Glaubensfragen demokratisch entschieden werden (selbst die Konzile der katholischen Kirche können in gewissem Maße als demokratische Veranstaltungen angesehen werden.)”

    Hast Du das überlesen? Du kannst doch nicht im Ernst meinen, dass ich demokratisch über einen Glauben, eine Religion oder über die Bibel abstimmen wollte?!?

    @Sven:
    Wird über den Inhalt, die Grundlagen von demokratischen Institutionen abgestimmt? Ich denke ja. Du hast aber sicherlich recht, das war ja mein Punkt: Über Märchen oder Glaube lässt sich schlecht abstimmen. Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, wie ein einigermaßen gebildeter politischer Mensch auf so einen Unsinn kommen kann.

  150. #150 roel
    2. November 2010

    @Andrea N.D. “Du kannst doch nicht im Ernst meinen, dass ich demokratisch über einen Glauben, eine Religion oder über die Bibel abstimmen wollte?!?” Ich habe schon ein gut ausgeprägtes Vorstellungsvermögen, deshalb habe ich lieber nachgefragt. Das von Jörg Friedrich habe ich auch gelesen, er meint es nicht so, wie Sie es auffassen.

  151. #151 Andrea N.D.
    2. November 2010

    @roel:
    Warum schreibt er es dann? Ich sehe nicht, was an seinen Aussagen missverstanden werden könnte.

    Oder anders: Bist Du der Ansicht, dass “selbst die Konzile der katholischen Kirche in gewissem Maße als demokratische Veranstaltungen angesehen werden”? Wenn ich das Verständnis von Demokratie auf einen oligarchischen Zirkel von ein paar greisen Männern (demgegenüber 1 Milliarde Gläubige stehen!) herunterbreche hat das mit allem anderen, aber definitiv nichts mit Demokratie zu tun.

  152. #152 Hel
    2. November 2010

    @Wb

    über Rousseau, Robespierre und andere führt eine Linie über die ersten modernen systematischen Menschenverbrechen der Jakobiner zu sozialistischem Gedankengut.

    Autsch, verdammt!

    1. Robespierre war kein Atheist, sondern definierte sich als Deisten, vgl https://de.wikipedia.org/wiki/Kult_des_h%C3%B6chsten_Wesens

    2. Vielmehr war für Robespierre Atheismus geradezu Ausdruck einer aristokratischen Überheblichkeit und Verachtung des Volkes. Dieses Volk aber, der tiers état, marschiert mit der Gottheit, dem höchsten Wesen, dem être suprême., vgl https://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/2569/pdf/19_Jahrhundert_1.pdf S. 17

    3. Sie reduzieren also die Jakobiner auf deren “Menschenverbrechen” – der Webbär, ein Monarchist? Üblicherweise assoziiert man die Jakobiner mit ihren Idealen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Auf eben diesen Idealen begründete sich die Mainzer Republik von 1793, der erste, auf bürgerlich-demokratischen Grundsätzen beruhende Staatswesen auf heutigem deutschen Boden.

    Aber Sie sehen ja wahrscheinlich auch noch Linien zwischen den Hexenverfolgungen und dem Nationalsozialismus oder zwischen antisemitischen Pogromen und dem Atheismus…

    @Andrea N.D.

    Schon klar, dass deine Anregung zum Umschreiben der Bibel nicht ernst gemeint war.
    Ich habe JF allerdings auch anders verstanden, was den Rückgriff auf Tradition zur Ethik-Bildung angeht. Werte mit Tradition, die Humanismus u/o Aufklärung zugeordnet werden können, sind zB:
    – sapere aude
    – Förderung der Bildung für ALLE
    – Menschenwürde, Menschenrechte
    – Individualismus UND Solidarität
    – Toleranz
    – Streben danach, das Leid der Welt mindern zu helfen
    – Lebensfreude, Genuss

  153. #153 roel
    2. November 2010

    @Andrea N.D. von Jörg Friedrich “selbst die Konzile der katholischen Kirche können in gewissem Maße als demokratische Veranstaltungen angesehen werden.” Es geht nicht darum, dass die Mitglieder des Konzils demokratisch gewählt wurden, sondern dass sie untereinander demokratisch abstimmen können.

    Meine Ansicht zur katholischen Kirche ist so, dass ich aus Glaubensgründen ausgetreten bin.

  154. #154 Andrea N.D.
    2. November 2010

    @Hel:
    Ich sehe auch das mit der “Traditionsherleitung” als Wertebegründung und -sicherung kritisch, , wie beschrieben. Allerdings hatte dieser Absatz von JF nichts damit zu tun:

    “Eine Kirche als Institution neigt natürlich immer dazu, undemokratisch zu sein (wie jede Institution) – aber es sin natürlich auch demokratisch organisierte Kirchen denkbar, bei denen auch Glaubensfragen demokratisch entschieden werden (selbst die Konzile der katholischen Kirche können in gewissem Maße als demokratische Veranstaltungen angesehen werden.)”

    Der erste Satz ist eine reine Neigung zur “Undemokratie”, d.h. eigentlich sind “Kirchen als Institutionen” von Grund auf demokratisch, nur manchmal (nicht immer oder öfter) “neigen sie dazu, undemokratisch zu sein”. Das hat zwar viel mit hierarchischen Strukturen, Herrschaft weniger Männer und deshalb auch mit Tradition zu tun, aber sicherlich überhaupt nichts mit Wertebegründung aus Traditionen.
    Den zweiten Satz “…sind denkbar…” könnte man ja noch als Utopie eines Träumers interpretieren.
    Wenn da nicht die Klammer wäre “(selbst die Konzile der katholischen Kirche können in gewissem Maße als demokratische Veranstaltungen angesehen werden)”. Dazu habe ich bereits genug geschrieben.

    Das alles hat nichts mit Wertebegründung aus Tradition zu tun, die ja angeblich notwendig ist, um überhaupt ein moralischer Mensch zu sein. Das sukrrile Demokratieverständnis von JF auf die Kirche übertragen – das ist wirklich kompletter Blödsinn.

    Deine Werteliste ist klasse; ich rekurrierte oben ja bereits auf die Menschenrechte (nicht, dass es jemanden interssiert hätte, hierarchische Greisenherrschaft ist offensichtlich wichtiger). In JFs Beitrag kann ich aber von Aufklärung oder Humanismus nichts finden; er begründet einzig durch die “spezielle Form der Tradition” (= Religion). Nichtsdestotrotz stimme ich Dir und Deiner Liste natürlich zu.

    Zudem finde ich das auch höchst erläuterungsbedürftig:
    “Wissenschaft (oder wissenschaftliches Denken) kann einem helfen, die Plausibilität, die innere Konsistenz dieser Überzeugungen zu prüfen, aber kaum feststellen ob ein solches Überzeugungssystem als Ganzes richtig ist. Ich glaube außerdem, dass wissenschaftliches Denken niemals dieses traditionsgebundene Überzeugungssystem ersetzen kann.”

    Wie ist wohl das traditiongebundene Überzeugungssystem entstanden? Vielleicht aus kleinen rationalen von der Wissenschaft (nach meinem Wissenschaftsverständnis, nicht dem von JF) gelieferten Bausteinen? Alle anderen Überzeugungen können ja getrost verworfen werden, da inkonsistent, nicht intersubjektiv nachvollziehbar und objektiv damit kaum gültig.

    Oder sollen subjektiv empfundene Überzeugungssysteme, die traditionsgebunden sind, wie beispielsweise die christliche Religion, vernünftigen Menschen aufoktroyiert werden? Und dies wird dann damit begründet, dass es ja ein traditionelles Überzeugungssystem ist und dieses benötigen wir, da wissenschafltiches Denken es niemals ersetzen kann … etc..?

    Wenn wir einmal die von JF genannten spezielle Form von “traditionsgebundenem Überzeugungssystem” nehmen, würde dies bedeuten, dass die christliche Religion uns nach wie vor zu sagen hat, was “richtig ist”. Weil die Wissenschaft laut JF nur Einzelergebnisse liefert, aber kein Überzeugungssystem, das uns dann von oben übergestülpt wird, so dass wir wissen können, was jetzt richtig oder falsch ist.

    Ich halte es eher mit selber denken, bevor der in der Hierarchie ganz oben stehende Mann (Papst) mir erzählt, was ich zu tun habe – dies vor allem auch deshalb, weil die christliche Religion ganz eklatant in vielen Fällen gegen die Wissenschaft und rationale Entscheidungsgrundlagen agiert (Stammzellen, PID, Umgang mit AIDs, Scheidung, Zölibat) und somit nicht gerade das beste ethische System darstellt, das sich ein vernünftiger Mensch vorstellen kann. Allerdings – traditionsgebunden, das ist sie wohl.

    D.h. “Tradition” stellt für mich keinen ethischen Wert, ein Wert an sich dar, nach dem ich zu streben habe. Tradition muss IMMER überprüft und reflektiert werden – sie kann grundfalsch und schlecht sein. Menschenrechte sollte es nicht “aus Tradition” geben, damit könnten sie ja wieder abgeschafft werden. Menschenrechte sind immer und überall gültig – das haben gefälligst auch die Religionen zu respektieren.

  155. #155 Andrea N.D.
    2. November 2010

    @Roel:
    Dürfen Oligarchen nicht über irgendetwas abstimmen? Was hat das dann mit Demokratie zu tun? Freie Abstimmung unter Männern, die 50 Prozent der Weltbevölkerung generell und fast 100 Prozent von 1 Milliarde komplett vom aktiven und passiven Wahlrecht (und Abstimmungsrecht) ausschließen? Demokratie bei den Griechen war vielleicht ähnlich – unser Demokratieverständnis von heute ist doch hoffentlich etwas anders.

  156. #156 MoritzT
    2. November 2010

    Doof, dass es immer auf die Katholiken geht, wenns um Religion geht. Das verflacht die Diskussion ein wenig, finde ich. Wenn die katholische Kirche schon die Torheit begeht, sich als die allumfassende Kirche zu begreifen, dann muss man ja nicht auf den Zug aufspringen und ihr dadurch implizit Recht geben, indem man ausschließlich über sie diskutiert.

  157. #157 roel
    2. November 2010

    @Andrea N.D. Ich sehe das auch nicht als demokratisch aber so war es gemeint, allerdings mit dem Zusatz im gewissen Maßen, was dann bei Abstimmungen .

    Eine Frage: Ist es irgendwo festgeschrieben, wer in einer Demokratie wahlberechigt sein muß?

  158. #158 Andrea N.D.
    2. November 2010

    @roel:
    Ich hoffe, Du bist mir nicht böse, wenn ich jetzt keine Zeit habe zu vergleichen, inwiefern das Verständnis über die Wahlberechtigung durch die Zeiten und Länder differierte. Als Vergleich würde ich Dir das heutige System von Frankreich, England und den USA empfehlen, um zu sehen, wie die das regeln. Allerdings muss Demokratie nicht zwingend eine bestimmte Staatsform sein …

    Trotzdem meine ich mit Gewissheit sagen zu können, dass eine hierarchisch strukturierte, ausschließlich Männern zugängliche Institution (die Kirche, nicht die anderen Religionen, die haben ja keine Kirche, die stimmen überhaupt nicht ab?), die 99,99999% ihrer “Mitglieder” (also ca. 1 Milliarde?) von der Abstimmung ausschließt, definitiv NICHT demokratisch ist, wenn wir ein aktuelles Demokratieverständnis zugrunde legen. Natürlich kann man bei JF auch kritisieren, was eigentlich Abstimmung mit Demokratie zu tun hat; aber das ist mir jetzt zu anstregend. Da sollte er schon selbst erklären, wie er dazu kommt.

  159. #159 Hel
    2. November 2010

    @Andrea N.D.

    Stimmt, da hatten wir uns wohl jeweils zwei verschiedenen Absätzen aus JFs Postings gewidmet.

    Du schreibst:
    Wenn wir einmal die von JF genannten spezielle Form von “traditionsgebundenem Überzeugungssystem” nehmen, würde dies bedeuten, dass die christliche Religion uns nach wie vor zu sagen hat, was “richtig ist”.

    Da verstehe ich JF aber anders – ich denke, es geht um einfach um überlieferte Ethik, die sich ja wirklich nicht unmittelbar aus “der Wissenschaft” ergibt, sondern durch Bildung und Erziehung weitergegeben (->Tradition) wird. Und: Wissenschaft ist tatsächlich für sich genommen kein Überzeugungssystem, denn Begriffe wie “gut” und “böse” sind ja auch keine wissenschaftlichen Kategorien, sondern ethische oder moralische.

    Ich stimme dir selbstverständlich darin zu, dass es der Wissenschaft höchst abträglich wäre, ethische Standards auf Basis der katholischen und evangelikalen Moralvorstellungen festzulegen.

    Bzgl der Traditionen hatte JF zwar gesagt, dass sie überprüft werden können und müssen, aber unverzichtbar seien. Wenn wir das auf die Menschenrechte beziehen, so sehen wir doch sogar, dass sich das Verständnis über ihrem Umfang seit langem viel mehr aus dem humanistischen Menschenbild speist – und das ist auch gut so.

    Nicht ohne Grund hat der Vatikan ja als einziger europäischer Staat außer Weißrussland die Menschenrechtkonvention nicht anerkannt…

  160. #160 BreitSide
    2. November 2010

    roel: vielleicht hast Du meinen Post überlesen, aber es gibt durchaus eine Menge (Frei-)Kirchen, in denen alles sehr demokratisch abläuft. Auch ihr Verhältnis zur Bibel (ist das AT noch gültig? Ist die Bibel überhaupt als Wort Gottes oder nur als pädagogische Hilfe zu sehen?) ist da sehr beweglich.

    Wie auch MoritzT schrieb, es gibt viel mehr als nur “die katholische” und “die evangelische” Kirche. Allein schon die Katholen sind nicht nur römisch-katholisch, sondern haben mindestens die Altkatholischen dabei. Und wer zählt die Strömungen der Evangelen? Lutheraner, Reformierte, Unierte, Baptisten, Calvinisten, Methodisten, Mennoniten…..
    Und dann natürlich noch die vielen Orthodoxen.

    Aber natürlich werden vor allem die Großen wahrgenommen. Und da gilt wie in jeder Organisation: je größer, je schwerfälliger. Und je spaltungsgefährdeter.

  161. #161 Andrea N.D.
    2. November 2010

    @Hel:
    “Bzgl der Traditionen hatte JF zwar gesagt, dass sie überprüft werden können und müssen, aber unverzichtbar seien. Wenn wir das auf die Menschenrechte beziehen, so sehen wir doch sogar, dass sich das Verständnis über ihrem Umfang seit langem viel mehr aus dem humanistischen Menschenbild speist – und das ist auch gut so.”

    Ich dachte eigentlich, dass ich deutlich gemacht hätte, dass Menschenrechte eben keine “Tradition” sein dürfen. Menschenrechte werden aus keinen Traditionen gespeist, sie sollten nicht wie Traditionen verändert werden können. Sie sind universell und immer gültig, egal wie eine Tradition nun historisch gerade aussieht oder nicht.

    “Da verstehe ich JF aber anders – ich denke, es geht um einfach um überlieferte Ethik, die sich ja wirklich nicht unmittelbar aus “der Wissenschaft” ergibt, sondern durch Bildung und Erziehung weitergegeben (->Tradition) wird.”

    Abgesehen davon, dass JF immer in jeder beliebigen Richtung gesehen werden kann, schrieb er nirgends von überlieferter Ethik, Aufklärung oder Humanismus. Dafür schrieb er sehr viel über “demokratische Kirchen”. Aber das ist müßig, JF ist in der Hinsicht wohl wie Kaugummi – im Endeffekt sagt er gar nichts oder alles aus.

    “Wissenschaft ist tatsächlich für sich genommen kein Überzeugungssystem, denn Begriffe wie “gut” und “böse” sind ja auch keine wissenschaftlichen Kategorien, sondern ethische oder moralische.”

    Das ist wirklich spannend. Lass mich vorsichtig ein paar Gedanken dazu schreiben, was nicht als Kritik gedacht ist, weil ich denke, hier bewegen wir uns vielleicht jenseits davon. Erstens gibt es für mich “gut” und “böse” eigentlich nicht. Was soll das sein, wenn ich nicht auf eine Religion Bezug nehme? Mit “Böse” kann ich überhaupt nichts anfangen, ich hätte Probleme eine Handlung oder einen Menschen als “böse” zu bezeichnen. Und was ist gut? Ist das auch gut für mich? Ich fände besser “richtig” oder “falsch” zu verwenden.

    Und zweites würde ich Wissenschaft auch nicht zwingend als Überzeugungssystem sehen, aber Wissenschaft liefert die Bausteine zu einem rationalen Überzeugungssystem (das ja Religionen mangels Wissenschaft/objektiver und rationaler Nachvollziehbarkeit, Konsistenz etc. definitiv nicht sind). Ich bin nach wie vor der Meinung, wenn ich anhand objektiv überprüfbarer Kriterien zu der Einsicht gelange, dass ich nicht morden soll (normativ verstanden), dass das eine ethische Vorgabe ist, zu deren Überzeugung ich anhand rationaler (wissenschaftlicher oder Wissenschafts-basierter) Überlegungen gekommen bin. Und wenn es lediglich die rationale Überlegung ist, dass ich selbst nicht ermordert werden möchte oder eine Gesellschaft mit dieser Regel nicht bestehen könnte oder es nicht zum Besten der Menschen wäre … Viele solche, rational nachvollziehbaren, normativen Direktiven führen dann zu einem Gesamtüberzeugungssystem, wo sie lose verbunden oder einzeln aufgehoben sein können.

    Es muss also keine übergeordnete Autorität geben, die mir sagt, was richtig ist; und die Überzeugungen müssen auch nicht aufeinander aufbauen. Ein System, dass mir Märchen erzählt und höllenhafte Strafen bei Nichtbeachtung irgendwelcher, oftmals rational nicht nachvollziehbaren Direktiven droht, scheidet als “Tradition” für Wertebegründung jedenfalls komplett aus. Je mehr ich darüber schreibe, desto mehr komme ich zur der Ansicht, dass wir uns von politischen Richtungen, religiösen/Glaubensvorstellungen etc. lösen sollten (Aufklärung, Humanismus etc.), da diese alle geschichtlich sind. Mir ist natürlich bewusst, wenn ich heute die Menschenrechte übergeschichtlich postulieren möchte, dass ich das auch in der Geschichte tue.

  162. #162 Christian Reinboth
    2. November 2010

    @MoritzT:

    Doof, dass es immer auf die Katholiken geht, wenns um Religion geht. Das verflacht die Diskussion ein wenig, finde ich.

    Da ist was dran. Ich kann das nur für die evangelische Kirche wirklich beurteilen, aber da hat sich eine gewisse Basisdemokratie etabliert. Die Kirchenvorstände werden regelmäßig gewählt und haben ziemlich viel Mitspracherecht, in einigen Gemeinden müssen sogar die Pfarrer durch die Gemeindebasis per Wahl bestätigt werden, zudem werden weder Frauen noch andere Gruppen von der Wahl oder von irgendwelchen Ämtern (inklusive der höchsten Leitungsfunktionen) ausgeschlossen, meines Wissens nach existieren für einige Gremien auch Frauen- und andere Quoten. All dies fällt natürlich hinten runter, wenn immer nur die katholische Kirche im Fokus steht – wobei es in dem Thread ja eigentlich um Ethik und nicht um Demokratie ging…

  163. #163 Frank S
    2. November 2010

    Es ist tatsächlich etwas voreingenommen, bei “Religion” sofort an die christliche, eher noch die römisch-katholische Kirche zu denken.
    Wenn man besonders offen ist, erwähnt man vielleicht sogar noch das Judentum und den Islam.

    Das es noch zahllose andere Religionen und Untergruppen gibt ( ganz zu schweigen von denen, die nicht mehr aktiv praktiziert werden ), die teilweise völlig anders aufgebaut sind, übersieht man schnell.
    Verständlich, weil die meisten Besucher dieses Forums mit der christlichen Religion aufgewachsen sind. Selbst als Atheist uft “Gott” zuallererst das christliche Gottesbild herauf.

    Nicht jede Religion muss also zwangsläufig dogmatisch und unfexibel sein.
    Und trotzdem bleibt ein wesentlicher Bestandteil, der in meinen Augen wesentlich ist, um eine Weltanschauung überhaupt als religiös zu betrachten:
    Der Bezug auf eine wie auch immer geartete überirdische Macht. Eine Macht, die Erkenntnisse und Wahrheiten vermitteln kann, die Menschen andernfalls verschlossen blieben.

    Ohne einen solchen Bezug haben wir es nicht mit einer Religion zu tun, sondern mit einer bloßen Weltanschauung, einer profanen Ethik, auf menschlicher Vernunft und instinktivem Moralempfinden basierenden Regeln.

    Akzeptiert man aber diese überirdische Macht – z.B. den christlichen Gott – dann macht es keinen Sinn, sie in Frage zu stellen oder zu kritisieren. Man hat sie ja bereits als allem menschlichem überlegen akzeptiert. Menschliche Kritik, ganz gleich von wem sie vorgebracht und wie viele sie befürworten, kann nur von geringerem Wert sein als das Urteil dieser Macht

    Gerade dort, wo unser intuitives Moralempfinden, unsere Vernunft, dem göttlichen Urteil entgegensteht, gerade DORT müsste es am wichtigsten sein, auf Gott zu vertrauen, und eben NICHT dem menschlichen Urteilzu folgen. Eben WEIL man die religiöse Überzeugung hat, dass Gott weiser ist, unfehlbar, dass nur Er das Ganze sehen kann, im Gegensatz zu dem kleinen Ausschnitt, der uns Menschen zur Verfügung steht.

    Wer einem Gott nur so weit folgt, wie er mit ihm übereinstimmt, der macht den Menschen zum Maßstab für Gut und Böse, richtig und falsch.
    Das widerspricht aber dem religiösen Anspruch, eben diesen Maßstab durch Bezug auf Gott ( oder eine andere, überirdische Macht ) gerade erst zu liefern.

    Insofern kann Religion eben nicht demokratisch sein, weil es ja gerade darum geht, den fehlbaren Menschen durch das unfehlbare göttliche Urteil am Straucheln zu hindern.

  164. #164 MoritzT
    2. November 2010

    Ich stimme Frank S zu (wie immer, wird schon beinahe langweilig *g*) und erlaube mir, noch einen Punkt anzufügen: das Problem der christlichen Kirchen ist nicht, dass sie an eine überirdische Macht glauben oder grundsätzlich ein mächtiges metaphysisches Prinzip fordern – nein, es ist die Tendenz, sich auf den Standpunkt zu stellen, die eigene Position sei absolut richtig. Das ist das Ende des Denkens. Die Forschung machts ja gerade umgekehrt: was wir sagen, ist zumindest mal nicht total falsch – und weiter gehts!

    Meiner Meinung nach muss mans einfach trennen: Religion kann die Natur nicht erklären (weil sie per se keine Erklärungen dafür haben kann – außer, man überschätzt sie gnadenlos), Naturwissenschaften haben (vielleicht, wer weiß das denn so genau?) ihre Grenzen in der Messbarkeit und Ableitbarkeit mancher Phänomene (Illusion des Ichs, Würde, Naturrecht etc.).

  165. #165 Andrea N.D.
    2. November 2010

    @Frank S.
    “Insofern kann Religion eben nicht demokratisch sein, weil es ja gerade darum geht, den fehlbaren Menschen durch das unfehlbare göttliche Urteil am Straucheln zu hindern.”
    Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den ich mit “Autorität” und Dogma versucht habe zu umschreiben. Ich verstehe auch nicht, warum darauf bestanden werden muss, dass die christliche Religion “demokratisch” sei. Nicht demokratisch zu sein muss ja im Rahmen der ausgeübten Religion kein Nachteil sein.

    @Moritz T.
    In dem Moment, wo die Sprache auf christliche Institutionen /Kirche kommt, können wir nur über die christliche Religion reden, weil es die einzige Religion mit einer derartigen Institutionalisierung ist.

    @Christan:
    An die wesentlich “freiere” evangelische Religion habe ich auch schon gedacht. Das ist sicherlich angenehmer als das rigide Katholikentum in dieser Hinsicht. Nichtsdestotrotz findet die “Demokratie” nur im Sinne institutioneller Rahmenhandlungen statt. Auch die evangelischen Christen können nicht über Gebote demokratisch entscheiden oder ihren obersten Hirten abwählen.

  166. #166 Frank S
    2. November 2010

    @Andrea N.D.

    “Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den ich mit “Autorität” und Dogma versucht habe zu umschreiben. Ich verstehe auch nicht, warum darauf bestanden werden muss, dass die christliche Religion “demokratisch” sei. Nicht demokratisch zu sein muss ja im Rahmen der ausgeübten Religion kein Nachteil sein.”

    Genau!

    Aus Sicht eines Menschen, der von seiner Religion voll überzeugt ist, ist es sogar von Vorteil, “undemokratisch” zu sein.
    Denn dadurch wird ja gewährleistet, dass die göttliche Moral nicht durch die wankelmütigen und fehlbaren Menschen “verwässert” wird.

    Für jeden, der den “göttlichen Anspruch einer Religion jedoch nicht anerkennt, scheint diese dogmatische Auslegung irrational und realitätsfern.

  167. #167 BreitSide
    2. November 2010

    Andrea, wer ist denn in “der evangelischen Kirche” der “Oberhirte”? Was meinst Du damit?

  168. #168 Andrea N.D.
    3. November 2010

    @BreitSide:
    Wird Gott nicht auch als Hirte bezeichnet? Wenn nicht, mein Fehler.

    @Frank S.
    Ein kleines Aber hätte ich schon. Selbstverständlich kann jede ihre Freiheiten freiwillig einschränken. Abgesehen davon, dass es jedoch oft an der Freiwilligkeit harpert, muss aber doch gefragt werden, ob diese freiwillige Unterwerfung unter einen “göttlichen Willen” der Person, der Gesellschaft oder dem Staat schaden könnte. Hier ist nämlich das Problem, dass der “göttliche Wille” Gott von den Menschen eingeflüstert wird und beliebig für die Ziele von bestimmten Gruppen instrumentalisiert wird.

    Auch der christliche Wertekanon kam ja nie direkt von Gott (selbst Moses könnte sich ja die Gebote selbst ausgedacht haben), sondern immer von Menschen oder über die Vermittlung von Menschen. Gott selbst hat nie gesprochen – es wurde immer nur von Menschen behauptet, er habe irgendetwas gesagt. So gesehen sind auch die Gebote eine Interpretation von Moses und in gewisser Weise beliebig insofern, als dass sie auch anders interpretiert werden könnten. Die Erosion der Ehe heute zeigt ganz klar eine andere Interpretation eines Gebotes und auch hier verhält sich die evangelische Kirche richtig, in dem sie diesem Rechnung trägt. Dies wäre unter Luther sicherlich undenkbar gewesen (zumindest offiziell). Damit ist aber nichts absolut und das von der Kirche behauptete Dogma ist zutiefst menschlich.
    Deshalb noch einmal: Mein Plädoyer für die Menschenrechte, nicht göttliche Rechte oder Richtlinien. Ein Vorteil davon ist auch, dass sie der kleinste gemeinsame Nenner für alle religiösen und atheistischen Menschen sein können. Ihnen können alle zustimmen. Wenn ich diesen Minimalkonsens von Ethik oder Moral zugrundelege, können atheistische Menschen genauso wie religiöse Menschen moralisch sein. Für religiöse Menschen gelten dann noch zusätzliche Regeln, an denen sie sich messen lassen müssen.

  169. #169 BreitSide
    3. November 2010

    Andrea: “@BreitSide:
    Wird Gott nicht auch als Hirte bezeichnet? Wenn nicht, mein Fehler.”

    Ach so. Klar, “der gute Hirte” ist ja eine beliebte Geschichte. Und so wird Gott ja auch tatsächlich von sehr vielen gesehen.

    Ansonsten: ziemlich d´accord:-)

  170. #170 Frank S
    3. November 2010

    @ Andrea N.D.

    Stimme ich zu.

    Ich möchte auch nicht den Eindruck erwecken, ich würde blinden Glauben befürworten! Im Gegenteil, ich bin Atheist, und als solcher natürlich froher über kritische Gläubige.
    Was mich allerdings nicht daran hindert, sie manchmal als inkonsequent zu empfinden.

    Letztlich geht es mir nicht darum, den Fanatiker zu beschönigen., der ohne zögern den “Willen Gottes” befolgt – oder was immer er dafür hält. Aber innerhalb seines eigenen Weltbildes – das vor allem auf Glauben beruht, nicht auf Fakten – handelt er eben durchaus konsequent und sogar moralisch.
    Das Aussenstehende keine überzeugenden Grundlagen für sein Weltbild sehen, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

    Das alle Religionen letztlich von Menschen erstellt wurden, steht, zumindest für mich, völlig fest. Ob dahinter nun gute Absichten standen, es sich um reine Machterhaltung handelte, oder vielleicht sogar echte Überzeugung, ist für mich letztlich nebensächlich.
    Etwas, dass die äußerst gewaltigen Behauptungen der Religionen, göttlichen ( oder wenigstens übernatürlichen ) Ursprungs zu sein auch nur ansatzweise beweist, wurde bis heute nicht präsentiert.

    Aber wir sollten auch nicht ignorieren, dass es viele Menschen gibt, die ihre Religion wörtlich glauben ( oder die Teile, die ihnen gefallen… die aber dann mit Eifer ). So lange der Religion in unserer Gesellschaft ein Stellenwert zugestanden wird, der über die rein irdische Betrachtungsweise ihrer Moralanschauungen hinaus geht, so lange müssen wir Religionen auch an dem Anspruch “göttlicher” Wahrheit messen – und dem genügen sie meiner Ansicht nach weder, noch läßt sich dieser Anspruch in jedem Fall vollständig mit Demokratie oder Gleichberechtigung vereinbaren.

  171. #171 BreitSide
    3. November 2010

    Ich glaube, hier in den SB stand mal was von einem lustigen US-Atheisten, der eine “christliche Ratgeberin” oder so mit Fragen bombardierte wie:

    – ich bin halb erblindet. Soll ich jetzt auch das andere Auge rausreißen?
    – meinem Nachbarn gefällt das Brandopfer nicht, das ich in meinem Garten dargebracht habe. Wie soll ich ihn töten?

    Und noch viel mehr Geistreiches. Ich glaub, es war sogar FlorianF.

    Und irgend ein (auch US-) Autor hat ein Buch geschrieben, wie er ein Jahr lang(?) voll nach den Gesetzen der Bibel gelebt hat (haben soll). Ich weiß nicht, ob er es geschafft hat. Die Amish sind ja auch deswegen in die USA, weil es ihnen in Europa glaubensmäßig zu eng (oder zu weit) war.

  172. #172 Günther Vennecke
    3. November 2010

    @Andrea,

    Wird Gott nicht auch als Hirte bezeichnet?

    Ja, Psalm 23: “Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln …”

    Aber was ist die Aufgabe eines Hirten?

    Antwort: Die Schafen zu mästen und die fettesten werden dann geschlachtet.

    Im übrigen gibt es von Christopher Hitchins das Buch “Der Herr ist KEIN Hirte. Wie die Religion alles vergiftet”. Prädikat: sehr lesenswert!

  173. #173 Günther Vennecke
    3. November 2010

    @Breitside,

    Ich glaube, hier in den SB stand mal was von einem lustigen US-Atheisten, der eine “christliche Ratgeberin” oder so mit Fragen bombardierte wie:

    – ich bin halb erblindet. Soll ich jetzt auch das andere Auge rausreißen?
    – meinem Nachbarn gefällt das Brandopfer nicht, das ich in meinem Garten dargebracht habe. Wie soll ich ihn töten?

    Es handelt sich um einen offenen Brief an die zum Judentum konvertierte Radiomoderatorin und Briefkastentante Laura Schlessinger, die ihre Ablehnung der Homosexualität durch Passagen aus der Bibel begründet hatte:

    https://www.humanistsofutah.org/2002/WhyCantIOwnACanadian_10-02.html

    Ist ganz lustig zu lesen und zeigt eine ganze Reihe von Absurditäten auf, die entstehen, wenn Leute gezielt aus der Bibel Verse herausgreifen um damit zu belegen, dass eine bestimmte Verhaltensweise, wie etwa die Homophobie mit der Bibel begründen.

    Auch bedenklich ist, dass, früher die Sklaverei und heute noch die Todesstrafe biblisch gerechtfertigt werden.

  174. #174 Günther Vennecke
    3. November 2010

    @Breitside,

    ich habe gearde noch einen Link gefunden, der interessante Hintergrundinformation zur Geschichte des Briefes an Laura Schlessinger liefert:

    https://www.snopes.com/politics/religion/drlaura.asp

  175. #175 Sven Türpe
    3. November 2010

    Auch bedenklich ist, dass, früher die Sklaverei und heute noch die Todesstrafe biblisch gerechtfertigt werden.

    Wieso ist das bedenklich? Sollten wir nicht froh sein, dass die Argumentation in diesem System zu solchen Resultaten führt — weil wir davon ausgehend die angenommenen Grundlagen leicht in Frage stellen können? Ich fände es bedenklicher, würde man mit der Bibel die Straßenverkehrsordnung, den Verkauf von Cheeseburgern oder die Herbstmode rechtfertigen. Dann müsste man sich nämlich fragen, ob sich diese offenkundige Nützlichkeit biblischer Rechtfertigungen nicht auch an anderer Stelle finden ließe.

  176. #176 BreitSide
    3. November 2010

    Danke, Günther!

    Ja, so kann einen das Gedächtnis trügen: ich hatte an eine christliche Ratgebertante gedacht…:-)

  177. #177 Günther Vennecke
    3. November 2010

    @Sven Türpe,

    Ich fände es bedenklicher, würde man mit der Bibel die Straßenverkehrsordnung

    Andererseits war Jesus der erste Verkehrssünder: er hatte zwölf Anhänger! 😉

    Allerdings übergeht man dabei die Einwohner von Sodom uind Gomorrha, die auch des gleichen Delikts schuldig sind, denn sie sündigten in einem Ford. 😉

    Spaß beiseite, ich finde es erschreckend, dass in dem angeblich freiesten und fortschrittlichsten Land der Erde (USA) religiöse Fanatiker immer noch so viel Einfluss haben, dass die Gesetzgebung und -ausführung mit Sprüchen aus der bronzezeitlichen Überlieferung eines kleinen Hirtenvolkes im Nahen Osten begründet wird. Ich bin nicht der Meinung, dass judäo-christliche Wurzeln etwas sind, auf das eine Kultur stolz sein sollte, so etwas muss vielmehr überwunden werden.

  178. #178 Sven Türpe
    3. November 2010

    Spaß beiseite, ich finde es erschreckend, dass in dem angeblich freiesten und fortschrittlichsten Land der Erde (USA) religiöse Fanatiker immer noch so viel Einfluss haben, dass die Gesetzgebung und -ausführung mit Sprüchen aus der bronzezeitlichen Überlieferung eines kleinen Hirtenvolkes im Nahen Osten begründet wird.

    Tja, aber genau mit diesem Fortschritt der Freiheit haben sie den Kalten Krieg gewonnen — gegen jene, die sich die Überwindung der Religion auf ihre Fahnen geschrieben hatten und es nicht beim Lippenbekenntnis beließen. Ich halte das nicht für einen Zufall, sondern für den Ausdruck unterschiedlich brauchbarer Organisationsprinzipien einer Gesellschaft: es ist Amerika, das den Einfluss Einzelner und einzelner Strömungen wirksam begrenzt und dem Wettstreit der Ansichten unterwirft, und es ist auch Amerika, das großen Wert legt auf die Trennung zwischen Kirche und Staat und die Begrenzung der Staatsmacht auf das Nötige. Diese Prinzipien haben sich bewährt, der Versuch, die Religion zurückzudrängen hingegen nicht.

    Ich bin nicht der Meinung, dass judäo-christliche Wurzeln etwas sind, auf das eine Kultur stolz sein sollte, so etwas muss vielmehr überwunden werden.

    Weihnachten abschaffen, Bach vergessen, Kirchen umwidmen? Oder wie dürfen wir uns die Überwindung vorstellen? Nicht dass ich ein besonderes Interesse an praktizierter Religion hätte, aber wie könnte man kulturelle Wurzeln “überwinden”? Sie sind ja nun einmal da und die Veränderung der Vergangenheit gestaltet sich regelmäßig schwierig.

  179. #179 Günther Vennecke
    3. November 2010

    @Sven Türpe,

    Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Selbstverständlich kann man die Vergangenheit nicht negieren. Ich meinte, dass es unangebracht ist, auf diese Entwicklung stolz zu sein und sie etwa als Errungenschaft zu betrachten.

    Und wir sollten mit der Geschichtsklitterung aufhören, dass unser heutiges demokratisches Selbstverständnis und die Formulierung von Menschenrechten irgendetwas mit dem Christentum zu tun hätten. Ein interessanter Aufsatz zu dieser Fragestellung findet sich hier:

    https://www.ibka.org/artikel/miz98/werte.html

    EIn kurzer Absatz daraus, der zum Thema oben passt:

    Wer sich wie die Kirchen, insonderheit die katholische aufspielt, als hätten sie die richtige Antwort parat und als wäre alles ganz einfach, wenn man nur auf Gott höre, verhält sich unmoralisch. Unmoralisch, weil es betrügerisch ist. Wer in einer komplizierten Welt – und die Welt war immer kompliziert – eine einfache Welt vorgaukelt, handelt verantwortungslos.

  180. #180 Günther Vennecke
    3. November 2010

    Ein etwas aktuellerer Beitrag zum Thema findet sich in der TAZ vom 28. 04. 10 unter dem Titel “Unchristliches Abendland”:

    https://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/unchristliches-abendland/

    Man muss nocht allem zustimmen, was der Autor an Thesen aufstellt, aber vieles davon scheint doch Hand und Fuß zu haben.

  181. #181 itz
    3. November 2010

    @Breitside

    „Und irgend ein (auch US-) Autor hat ein Buch geschrieben, wie er ein Jahr lang(?) voll nach den Gesetzen der Bibel gelebt hat (haben soll).“

    Das war A.J. Jacobs. „Die Bibel & ich“. Amüsant!

    Sein Fazit nach diesem Jahr war unter anderem ein neues Gebot: Thou shalt pick and choose. Die Erkenntnis, dass es unmöglich ist alle religiösen Gebote (der Bibel) zu befolgen. Religionen oder „Traditionen“ können uns moralische Angebote machen. Ob wir diese annehmen und als moralisch betrachten, müssen wir irgendwie selbst herausfinden!

    So you better take a good look at the good book 😉

  182. #182 S.S.T.
    3. November 2010

    @Günther Vennecke

    Spaß beiseite, ich finde es erschreckend, dass in dem angeblich freiesten und fortschrittlichsten Land der Erde (USA) religiöse Fanatiker immer noch so viel Einfluss haben, dass die Gesetzgebung und -ausführung mit Sprüchen aus der bronzezeitlichen Überlieferung eines kleinen Hirtenvolkes im Nahen Osten begründet wird.

    It’s a free country. Die Uhren in den USA ticken nun mal anders, was Meinungs- und sonstige Freiheiten angeht, im Guten wie im Schlechten und gesetzesmäßig auch noch von Bundesstaat zu Bundesstaat evtl. unterschiedlich. Man kann die Lage der Grenzen sowohl da als auch hier gut oder schlecht sehen, als Pilgervater wäre mir mein Urteil leicht gefallen. Wohl nicht zuletzt deshalb sind die USA auch(!) zu einem Sammelbecken von religiösen Randgruppen (inkl. Fanatikern) geworden.

    @Sven Türpe

    Nö, die “Freiheit” hat damit bestenfalls etwas am Rande zu tun. Die Menschen in Ost und West hatten sich in den späten 80igern längst mit der Zweiteilung der Welt in großer Mehrheit abgefunden. Die UdSSR wurde letztendlich zu Tode gerüstet (Nein, stimmt so nicht ganz, wurde aber herrlich bereits in “Dr. Strangelove” thematisiert, einem meiner Lieblingsfilme). Im wirtschaftlichen Kern stimmt es jedoch (vergl. die Mao-Desaster hierzu).

    Und im übrigen bin ich der Meinung, dass weder der Stalinismus, noch der daraus abgekupferte Maoismus (etc.) ‘Religion’ abschaffen sollte, beides sollte nur einen ‘sinnvollen’ ‘Ersatz’ darstellen.

  183. #183 BreitSide
    3. November 2010

    @itz:

    Thou shalt pick and choose.

    Aha, das zwölfte Gebot! Das elfte ist ja schon besetzt: “Du sollst Dich nicht erwischen lassen”.

    Danke für die Info!

  184. #184 Sven Türpe
    3. November 2010

    Wohl nicht zuletzt deshalb sind die USA auch(!) zu einem Sammelbecken von religiösen Randgruppen (inkl. Fanatikern) geworden.

    Oder auch zu jenem Land, in dem man auch nach 9/11 ganz selbstverständlich Flughafenpersonal dabei beobachten kann, wie es hinterm Burgerstand seinen Gebetsteppich ausrollt.

    Nö, die “Freiheit” hat damit bestenfalls etwas am Rande zu tun. (…) Die UdSSR wurde letztendlich zu Tode gerüstet

    Das hat eine Menge miteinander zu tun: ohne die grandiose Selbstüberschätzung des Systems, die den Versuch eines zentralistischen Managements des ganzen Landes in allen Fragen hervorbrachte, wäre es vermutlich weder zur Überpriorisierung des Militärischen noch zum Ressourcenmangel gekommen. Ich weiß ehrlich gesagt auch gar nicht, warum wir uns nun quälen sollten, den Verlierer dieses Kampfes der Systeme zum zweiten Sieger umzudeuten. Sie haben’s nicht hingekriegt und mussten untergehen, da beißt die Maus keinen Faden ab.

  185. #185 Andrea N.D.
    4. November 2010

    @Christian Reinboth:

    Ich würde gerne noch einmal auf das Ausgangsthema zurückkommen. Bei der Frage “Kann ein Atheist ein moralischer Mensch sein?” muss zunächst geklärt werden, von welcher Moral eigentlich gesprochen wird, welche moralischen Werte zugrunde gelegt werden (christliche, buddhistische, islamisch). Du hast die christliche Moral im Artikel zugrundegelegt (mit dem Verweis auf Klüng), u.a. handelte die Diskussion deshalb auch von der Moral, wie das Christentum sie sieht. Die christliche Moral kann aber nicht für alle Menschen automatisch bei einer moralischen Beurteilung zugrundegelegt werden. Mindestens die ersten 3 Gebote gelten nun einmal nicht für alle Menschen und auch christliche Menschen halten das Sonntagsgebot kaum mehr für ein moralisches Gebot.

    Aus diesem Grunde müsste die Frage anders gestellt werden, und zwar: Kann ein Atheist ein ethischer Mensch sein? Und diese Frage ist wirklich überflüssig, weil sowohl Atheisten als auch Theisten ethisch oder nicht ethisch handeln können und Spekulationen darüber müßig sind. Eine menschliche Ethik, die beispielsweise die von Hel genannten Punkte enthält (u.a. auch die Menschenrechte), kann für das Handeln aller Menschen zugrundegelegt werden und nicht, wie die entsprechende Moral, nur für EINE religiöse Gemeinschaft oder eine Gesellschaft.

    “…ein Vorwurf, dem Atheisten angeblich oft begegnen, und gegen den ich mich in vielen Diskussionen mit Andrea N.D. und anderen KommentatorInnen stets gewehrt habe, da ich ihn nie als repräsentativ für die Vorstellungen religiöser Menschen vom Atheismus empfand.”

    Insofern geht alleine die Tatsache, dass Du die Frage stellst “Kann ein Atheist moralisch sein” schon in die Richtung eines Vorwurfes, dass dem so sein KANN, nämlich dadurch, dass Du die Frage falsch stellst. Um dies zu verdeutlichen, stelle ich einmal die Frage “Kann ein Theist rational sein? Das ist ein Vorwurf, dem Gläubige angeblich oft begegnen und gegen den ich mich stets gewehrt habe.” Gläubige lassen zwar die wesentlichen Rationalitätskriterien außer acht, indem sie etwas für wahr nehmen, was gegen jegliche Vernunft spricht (verschiedene Dinge für verschiedene Religionen), aber selbstverständlich “können” sie zwischendurch auch einmal rational handeln. Insofern hast Du Dich eigentlich nicht gegen den Vorwurf, dass Atheisten unormalisch sein, gewehrt sondern ihn indirekt bestätigt.

  186. #186 Christian Reinboth
    4. November 2010

    @AndreaN.D.:

    Nichtsdestotrotz findet die “Demokratie” nur im Sinne institutioneller Rahmenhandlungen statt. Auch die evangelischen Christen können nicht über Gebote demokratisch entscheiden oder ihren obersten Hirten abwählen.

    Über die oberen Hirten wird – zumindest indirekt – schon entschieden, schließlich müssen die erst mal in der Hierarchie aufsteigen. Margot Käßmann wäre beispielsweise nie EKD-Ratsvorsitzende geworden, wäre sie an der Basis nicht populär und in ihren seelsorgerischen Ämtern nicht erfolgreich gewesen. Über Gebote demokratisch zu entscheiden ginge nun allerdings tatsächlich zu weit – wie Sven Trüpe schon geschrieben hat, wird ja über den Inhalt von Büchern auch und gerade in einer Demokratie nicht abgestimmt. Wobei auch hier die Freiheit des Einzelnen durch die Kirche nicht eingeschränkt wird – wer sich mit den Geboten bzw. den Grundlagen des jeweiligen Glaubenskanons nicht anfreunden kann, kann die Glaubensgemeinschaft jederzeit aus freien Stücken verlassen. Mehr Demokratie halte ich ehrlich gesagt für gar nicht machbar – auch im Goethe-Lesezirkel kann schließlich ein neuer Inhalt für Faust verabschiedet werden – selbst wenn sich dafür eine Mehrheit fände….

    Die entscheidende Frage ist doch eine der inhaltlichen Auslegung – ebenso wie die katholische Kirche mit der Bibel begründet, warum Frauen keine Ämter innehaben dürfen, begründet die evangelische Kirche ebenfalls mit der Bibel, warum denn das Gegenteil der Fall ist. Und wer in welche Richtung auslegt kann – zumindest in der evangelischen Kirche – zumindest indirekt von der Basis mitbestimmt werden, auch wenn über einzelne Glaubensgrundsätze natürlich nicht demokratisch entschieden wird. Für eine gänzlich undemokratische Veranstaltung halte ich “Kirche” aber nicht, auch wenn es da sowohl zwischen den Glaubensgemeinschaften als auch zwischen einzelnen Gemeinden größere Abstufungen hinsichtlich der Mitbestimmung gibt…

  187. #187 Christian Reinboth
    4. November 2010

    @Andrea N.D:

    Sorry, den neuen Kommentar habe ich erst jetzt gesehen. Also….

    Insofern geht alleine die Tatsache, dass Du die Frage stellst “Kann ein Atheist moralisch sein” schon in die Richtung eines Vorwurfes, dass dem so sein KANN, nämlich dadurch, dass Du die Frage falsch stellst. Um dies zu verdeutlichen, stelle ich einmal die Frage “Kann ein Theist rational sein? Das ist ein Vorwurf, dem Gläubige angeblich oft begegnen und gegen den ich mich stets gewehrt habe.

    Über die Validität der Frage lässt sich sicherlich streiten – tatsächlich hatte ich zuerst “ethisch” geschrieben, wie man noch an der URL erkennen kann, war dann aber der Ansicht dass “moralisch” die Frage besser auf den Punkt bringt, da doch immer von einem “Absprechen der Moral” seitens der Religion – und weniger der Ethik – die Rede ist). Der Interpretation, es handele sich um einen indirekten Vorwurf oder gar eine Bestätigung von Vorurteilen, würde ich aber so nicht folgen können. Ich hätte mit der Gegenfrage “Kann ein Theist rational sein” (im Sinne von “rational denkend” und nicht “vereinzelt rational handelnd”) gewiss keine Probleme, wenn sie mit einem ähnlich selbstverständlichen Ja beantwortet werden würde. Meine Frage ging ja nicht in die Richtung, ob ein Atheist “vereinzelt ethisch handeln kann”, sondern ob er (oder sie) ein “ethischer Mensch” im Sinne einer ethischen Lebensführung sein kann – in diese Richtung interpretiere ich auch Küng.

    Und da passt es doch schon: Sicher wird niemand bestreiten, dass Atheisten “auch mal” ethisch handeln und Theisten “auch mal” rational denken können, die Vorwürfe gehen ja aber eher in die Richtung, dass es sich beim Atheisten grundsätzlich nicht um einen ethischen und beim Theisten grundsätzlich nicht um einen rationalen Menschen handeln kann. Und dem gilt es – meines Erachtens nach – auf jeden Fall zu widersprechen, wobei ich da eben wirklich weniger an Einzelhandlungen denke.

  188. #188 Christian Reinboth
    4. November 2010

    @Sven Trüpe:

    Tja, aber genau mit diesem Fortschritt der Freiheit haben sie den Kalten Krieg gewonnen — gegen jene, die sich die Überwindung der Religion auf ihre Fahnen geschrieben hatten und es nicht beim Lippenbekenntnis beließen.

    Bei dem Thema fällt mir immer Stalins berühmte Frage ein: “Wie viele Divisionen hat der Papst?”. Ich habe mal irgendwo gelesen, Papst Pius soll anlässlich Stalins Beerdigung gesagt haben “Nun weiß er, wie viele Divisionen wir haben.”, bin mir aber nicht sicher, ob dieses Zitat nicht doch in die Urban Legends-Kategorie fällt…

  189. #189 Sven Türpe
    4. November 2010

    Eine menschliche Ethik, die beispielsweise die von Hel genannten Punkte enthält (u.a. auch die Menschenrechte), kann für das Handeln aller Menschen zugrundegelegt werden und nicht, wie die entsprechende Moral, nur für EINE religiöse Gemeinschaft oder eine Gesellschaft.

    Wie hat sich diese Ethik historisch entwickelt, woraus gewinnt sie ihre Universalität und wie stellen wir sicher, dass ihre Interpretation nicht von der Weltanschauung abhängt? Sind diese Ethik und jede ihrer möglichen Interpretationen widerspruchsfrei?

    Ein Praxisbeispiel aus der jüngeren Geschichte: vor dreißig Jahren sorgte man sich in Deutschland um den Weltfrieden. In einem Teil Deutschlands bedeutete Sorge um den Weltfrieden, den Wehrdienst zu verweigern, gegen die Rüstung zu demonstrieren und sich mit der Aussicht anzufreunden, an künftigen Kriegen ausschließlich als Verlierer teilzunehmen. Im anderen Teil Deutschlands gebot die Ethik, zur Erhaltung des Weltfriedens den Sozialismus mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, am besten freiwillig wenigstens doppelt so lange wie die Wehrpflicht es verlangte, und Grenzverletzer mit allen Mitteln zu stoppen und wenn nötig zu vernichten.

    Da ist noch nicht mal explizit Religion im Spiel und auch nur vergleichsweise kleine kulturelle Unterschiede, und doch wird die Sache ganz schnell kompliziert. Nicht dass ich etwas gegen eine universelle Ethik hätte — aber was davon ist wirklich universell?

    Kann ein Atheist ein ethischer Mensch sein? Und diese Frage ist wirklich überflüssig, weil sowohl Atheisten als auch Theisten ethisch oder nicht ethisch handeln können und Spekulationen darüber müßig sind.

    Falls man es schafft, sich auf eine universelle Ethik zu einigen, kann man die Frage auch anders stellen, nämlich empirisch: lassen sich zwischen den Vertretern verschiedener Weltanschauungen Unterschiede ausmachen in ihrer Bereitschaft, nach dieser Ethik zu handeln? Als nächstes stünde man unter Umständen vor der Frage, wie denn mit einer Weltanschauung umzugehen sei, die systematisch zu weniger ethischem Handeln führe.

  190. #190 Andrea N.D.
    4. November 2010

    @Christian Reinboth:
    “wie Sven Trüpe schon geschrieben hat, wird ja über den Inhalt von Büchern auch und gerade in einer Demokratie nicht abgestimmt”

    Ich würde in einer Demokratie die Gesetze etc. als “Inhalt” bezeichnen. Und darüber kann und muss sehr wohl abgestimmt werden. Diese Art von Selbstgesetzgebung ist ja geradezu ein Hauptmerkmal der Demokratie. Es ist aber sicherlich richtig, dass eine “Demokratie” mit dazugehöriger Staatsform nicht so einfach verlassen werden kann. Am Historikertag wurde dazu gerade ein treffendes Zitat von Hannah Arendt genannt.

    “da doch immer von einem “Absprechen der Moral” seitens der Religion – und weniger der Ethik – die Rede ist…”

    Das hat ja einen Grund. Wenn den Vertretern dieser Thesen tatsächlich der Unterschied zwischen Ethik und Moral bekannt sein sollte, verwenden sie es polemisch, ansonsten naiv.

    Mir ging es beim Theisten nicht nur um Einzelhandlungen, da habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich denke, hier wäre die Frage dann eher, ob jemand einem vernünftigen Lebensplan folgen kann, wenn Teile dieses Planes so irrational sind, dass der Lebensplan als Ganzes nicht mehr als vernünftig bezeichnet werden kann. Wenn wir eine einigermaßen gängige Definition von Rationalität zugrundelegen (nicht Zweckrationalität), kann ein Theist sicherlich als irrational bezeichnet werden. Ich persönlich sehe das nicht zwingend so, weil unter rational auch Gemeindepflege, Altruismus, Achtung vor dem anderen, gesellschaftliche Funktionen etc. fallen. Allerdings sind wirklich viele – auch christliche – religiöse Regeln, Gebote und “heilige Handlungen” raitonal überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Es ist dann eine Frage der Ausgewogenheit, ob ein Mensch noch rational handelt. Ein Hauptmerkmal, das der objektiven Nachvollziehbarkeit, das manche “Rationalisten” fordern, fällt jedenfalls bei der Religion weg. Als religiöser oder gläubiger Mensch würde ich jedoch hier sofort die Frage anschließen: Muss Religion eigentlich rational sein? Und das wird ein sehr sehr weites Feld …

    Zusammenfassend sehe ich es so, dass aus den genannten Gründen die Frage, ob ein Atheist moralisch sein kann, außerhalb einer bestimmten Moral falsch gestellt ist und die Frage, ob ein Atheist ethisch sein kann, überflüssig ist.

  191. #191 roel
    4. November 2010

    @Andrea N.D. “…muss zunächst geklärt werden, von welcher Moral eigentlich gesprochen wird” Nein das braucht nicht geklärt werden. Das ist so wie wenn Sie erstmal die Sprache abklären wenn Sie wissen wollen ob ein Mensch sprechen kann.

    “Aus diesem Grunde müsste die Frage anders gestellt werden, und zwar: Kann ein Atheist ein ethischer Mensch sein?” Nein brauchen Sie nicht, Antwort geben Sie sich mit “Und diese Frage ist wirklich überflüssig, weil sowohl Atheisten als auch Theisten ethisch oder nicht ethisch handeln können…”

    “Insofern geht alleine die Tatsache, dass Du die Frage stellst “Kann ein Atheist moralisch sein” schon in die Richtung eines Vorwurfes…” Den Vorwurf kann ich nicht erkennen, ich sehe das als rein rethorische Frage an.

    “Kann ein Theist rational sein? Das ist ein Vorwurf, dem Gläubige angeblich oft begegnen und gegen den ich mich stets gewehrt habe….” Das ist eine sehr interessante Frage, die für alle Menschen gilt.

    Aber das weitaus interessanteste aus Ihrem Beitrag hier finde ich, ist: “…und auch christliche Menschen halten das Sonntagsgebot kaum mehr für ein moralisches Gebot.” Das gilt mittlerweile für fast alle Gebote, die m.E. meistens nur noch als Richtlinien aufgefasst werden.

  192. #192 Christian Reinboth
    4. November 2010

    @Andrea N.D.:

    Ich würde in einer Demokratie die Gesetze etc. als “Inhalt” bezeichnen. Und darüber kann und muss sehr wohl abgestimmt werden.

    Auch in einer Demokratie gibt es aber Werte und Gesetze, die eben nicht Gegenstand von Abstimmungen werden können oder dürfen. Auch mit einer deutlichen Mehrheit ließe sich hierzulande richtigerweise weder die Sklaverei einführen noch das Frauenwahlrecht abschaffen. Und ebenso unvorstellbar wäre eine innerkirchliche Abstimmung darüber, ob man vielleicht das fünfte Gebot streichen oder drei neue hinzufügen sollte…

  193. #193 Andrea N.D.
    4. November 2010

    @Sven:
    Die Problematik der Historitzität hatte ich oben ja schon angesprochen. Das ist ein gewisses Todschlagargument gegen jegliche Absolutheitsansprüche, da ja auch wir unsere Aussagen immer in der Zeit machen. Trotzdem würde ich die Menschenrechte beispielsweise als heutigen Standard, so wie sie sich heute darstellen, als universellen Maßstab setzen, da sie definitiv eine bessere Grundlage bieten als die Moral irgendeiner Religion oder Gesellschaft. Immerhin waren die Sklavenhaltergesellschaften sicherlich hochmoralisch, wenn man ihren eigenen moralischen Maßstab anlegte. Unter heutigen, beispielsweise christlichen Maßstäben, mag das wieder ganz anders aussehen. Deswegen würde ich hier von empirischen Vergleichen oder Methoden absehen und stattdessen versuchen normative Ansprüche zu finden, wie eine menschliche Ethik aussehen könnte. Die Menschenrechte sind da eigentlich zu wenig, aber sie sind eine gute Basis, von der aus alle Religionen und Gesellschaften operieren könnten. Die Bibel, beispielsweise, ist keine Basis, weil, wie Christian schön ausgeführt hat, der Umgang mit Frauen, obwohl in der Bibel eindeutig sexistisch und abwertend Frauen gegenüber, erst für heutige Verhältnisse “herausinterpretiert” werden muss. Menschenrechte sollten nicht beliebig interpretierbar sein.

  194. #194 Andrea N.D.
    4. November 2010

    @Christian:
    Ja, aber auch diese Gesetze (die unveränderbar bleiben sollen) haben sich Menschen irgendwann selbst gegeben. Gerade das Frauenwahlrecht wurde vor noch nicht einmal 100 Jahren eingeführt! Die Religionen behaupten, dass ihre Gebote von Gott kommen. Ich halte das ja für eine reine Annahme, wie ich bei Mose bereits ausführte, aber wer bezieht sich schon gern im Glauben auf Moses, einen Menschen? Das heißt, meiner Ansicht nach handeln ja eigentlich die (in diesem Fall) evangelischen Christen in gewissem Maße genauso wie die Bürger einer Demokratie – sie dürfen es nur nicht zugeben. Insofern kannst Du eine gewisse Demokratie in der evangelischen Kirche nur behaupten, wenn Du die Hypothese fallenlässt, dass die Gebote direkt von Gott kamen. Sieht nach vitiösem Zirkel aus :-).

  195. #195 Andrea N.D.
    4. November 2010

    @roel:
    “@Andrea N.D. “…muss zunächst geklärt werden, von welcher Moral eigentlich gesprochen wird” Nein das braucht nicht geklärt werden. Das ist so wie wenn Sie erstmal die Sprache abklären wenn Sie wissen wollen ob ein Mensch sprechen kann.”

    Nein, tut es nicht, das liegt im Begriff “Moral” begründet. Moralen gibt es viele, welche ist denn gemeint, wenn ich frage “Kann ein Atheist moralisch sein?” Die islamische, die koreanische, die chinesische oder die christliche? Insofern hat das überhaupt nichts mit Sprache zu tun. Sprache würde ich – wenn überhaupt – zur Ethik analog setzen. Dann würde die von Dir genannte Analogie aber beinhalten, dass die Ethik in uns vorhanden ist. Das ist eine sehr schwierige und kontroverse Problematik.

    “Aus diesem Grunde müsste die Frage anders gestellt werden, und zwar: Kann ein Atheist ein ethischer Mensch sein?” Nein brauchen Sie nicht, Antwort geben Sie sich mit “Und diese Frage ist wirklich überflüssig, weil sowohl Atheisten als auch Theisten ethisch oder nicht ethisch handeln können…”
    Verstehe ich nicht. Hier war doch alles klar?

    “Insofern geht alleine die Tatsache, dass Du die Frage stellst “Kann ein Atheist moralisch sein” schon in die Richtung eines Vorwurfes…” Den Vorwurf kann ich nicht erkennen, ich sehe das als rein rethorische Frage an.”

    Ist nicht bereits so eine Frage rhetorisch stellen eine Art Vorwurf, wenn ich – wie Christian – eine spezielle, also die christliche Moral, zugrundelege? Aber damit brauchen wir uns nicht aufhalten. Wie sich herausgestellt hat, war es ja eh die falsche Frage. Wenn jemand aber absichtlich eine falsche Frage stellt, dann sehe ich schon einen gewissen Vorwurf darin (d.h. aber nicht, dass ich das Christian unterstelle!).

    “Aber das weitaus interessanteste aus Ihrem Beitrag hier finde ich, ist: “…und auch christliche Menschen halten das Sonntagsgebot kaum mehr für ein moralisches Gebot.” Das gilt mittlerweile für fast alle Gebote, die m.E. meistens nur noch als Richtlinien aufgefasst werden”

    Eine Diskussion über die Gültigkeit und den Status der christlichen Gebote … wenn Christian einen Artikel schreibt, beteilige ich mich gerne an der Diskussion :-).

  196. #196 ares
    4. November 2010

    Sven Türpe· 04.11.10 · 10:11 Uhr
    In einem Teil Deutschlands bedeutete Sorge um den Weltfrieden, den Wehrdienst zu verweigern, gegen die Rüstung zu demonstrieren und sich mit der Aussicht anzufreunden, an künftigen Kriegen ausschließlich als Verlierer teilzunehmen

    In zukünftigen Kriegen Herr Sven Türpe, wird es nur Verlierer geben. Wie im übrigen es in jedem Krieg nur Verlierer gab und geben wird.

  197. #197 Frank S
    4. November 2010

    Es gibt auch in demokratischen Gesellschaften Gesetze und Regeln, die jenseits von Abstimmungen stehen, genau so, wie sich auch Religionen in vieler Hinsicht nach den Ansichten ihrer Gläubigen richten müssen.

    Und trotzdem bleibt ein Unterschied zwischen von Menschen gemachten Gesetzen und von einem Gott erlassenen Geboten.
    Letztere beanspruchen einen weit höheren Stellenwert. Würden wir von Menschen erdachte Gesetze noch als gerechtfertigt empfinden, angesichts z.B. der Verbreitung von Aids in Afrika? Würden wir hier auf menschlichen Traditionen beruhende Ablehnung von Kondomen noch rechtfertigen können, ohne “übernatürliche” Erwägungen miteinzuschließen?

    Ob Atheisten moralische Menschen sein können, läßt sich einfach nicht beantworten. Wenn Religion A sagt “Ja, können sie!” und Religion B sagt “Nein, können sie nicht!”, was ist dann die Antwort?
    Was ist die Antwort, wenn Religion C ebenfalls sagt “Nein, können sie nicht!”? Oder wenn das zwar die offizielle Meinung von A,B und C ist, die meisten Menschen die angeben, der jeweiligen Religion zu folgen, jedoch antworten “Klar können Atheisten das!”?

    Die Frage läßt sich nicht beantworten. Oder vielmehr, sie wird ständig unterschiedlich beantwortet. Wer definiert Moral? Aus Sicht eines religösen Menschen der jeweilige Gott ( oder das Äquivalent ), aus Sicht eines Atheisten gibt es keine endgültige Definition.
    Bevor es irgend einer Religion gelingt, zu beweisen, dass sie näher an der Wahrheit ist, als die anderen ( einschließlich des Fliegenden Spaghettimonsters ), hat auch keine mehr Anrecht, Moral zu definieren. Selbst diejenigen Religionen, deren Defintion von Moral ich mich am ehesten anschließen könnte.

  198. #198 Christian Reinboth
    4. November 2010

    @Andrea N.D.:

    Insofern kannst Du eine gewisse Demokratie in der evangelischen Kirche nur behaupten, wenn Du die Hypothese fallenlässt, dass die Gebote direkt von Gott kamen.

    …oder die dieser Vorstellung zugrundeliegende Annahme, dass Gott überhaupt existiert. Nur: Wer selbst in diesem Punkt nicht mit der kirchlichen Linie konform geht, für den macht eine Mitgliedschaft in der Tat (vermutlich) keinen Sinn – und dann besteht noch immer die ganz demokratische Option des Austritts, wie ich ja auch aus einer Partei oder anderen weltanschaulichen Vereinigung austreten kann, mit deren Grundwerten ich mich nicht oder nicht mehr identifizieren kann…

    Eine Diskussion über die Gültigkeit und den Status der christlichen Gebote … wenn Christian einen Artikel schreibt, beteilige ich mich gerne an der Diskussion :-).

    Spannendes Thema, in das man gut die Weltethos-Überlegungen von Küng einfließen lassen könnte, der ja von der Existenz universell gültiger ethischer Regeln über alle Religionen und humanistische Atheisten hinweg ausgeht. Ich weiß nur nicht, ob der “Frische Wind” der richtige Ort für solche Artikel ist – da würde einer ja nicht ausreichen und wenn ich hier als theologischer Laie eine Artikelserie zu den zehn Geboten starte gibt es vermutlich (nicht ganz ohne Grund) Haue. Ich hätte ja noch ein totes Blog auf evangelisch.de, das sich für laienhafte Betrachtungen im Spannungsfeld Glaube vs. Wissenschaft bzw. Theismus vs. Atheismus gut eignen würde – leider fehlt mir, glaube ich, die Zeit um da etwas wirklich Vernünftiges auf die Beine zu stellen…

  199. #199 Andrea N.D.
    4. November 2010

    @roel:
    Christian hat sicherlich recht, das wird ein zu zeitintensives Unterfangen, wenn man es ernsthaft betreiben wollte. Ich finde aber seinen Hinweis sehr nützlich, sich dazu vielleicht mit dem einen oder anderen Werk von Klüng zu beschäftigen.

    @Christian:
    “…..oder die dieser Vorstellung zugrundeliegende Annahme, dass Gott überhaupt existiert.”
    Das hast Du gesagt :-). Deine Antwort interpretiere ich damit so, dass, da dieser Zirkel in der evangelischen Kirche nicht auflösbar ist, die evangelische Religion per se (nicht die evangelischen Institutionen) eben nicht demokratisch sein kann, ohne ihr Fundament zu leugnen – womit sie ja keine Religion mehr wäre.

  200. #200 sjones
    4. November 2010

    Eine Frage hätte ich: Welchen konkreten Benachteiligungen ( bis darauf, daß man nicht Papst werden kann z.B.) sind Atheisten in Deutschland ausgesetzt?

  201. #201 Sven Türpe
    4. November 2010

    In zukünftigen Kriegen Herr Sven Türpe, wird es nur Verlierer geben. Wie im übrigen es in jedem Krieg nur Verlierer gab und geben wird.

    Mich gäbe es ohne den bislang letzten Krieg hierzulande höchstwahrscheinlich nicht, der Gewinn ist offensichtlich. Sind Deine Thesen immer so leicht zu widerlegen?

  202. #202 ares
    4. November 2010

    Mich gäbe es ohne den bislang letzten Krieg hierzulande höchstwahrscheinlich nicht, der Gewinn ist offensichtlich.

    ob ausgerechnte Sie ein Gewinn sind müssen andere entscheiden.

    Sind Deine Thesen immer so leicht zu widerlegen?

    Es sind Ihre Thesen, nicht die meinigen.

  203. #203 cydonia
    4. November 2010

    Aha, es braucht also einen Krieg, um so etwas wie Sven Türpe entstehen zu lassen. Das würde natürlich einiges erklären…
    Aber was für eine arrogante, selbstgerechte und dämliche Reaktion. Das bringen nicht viele, in dieser Härte.
    @sjones
    Nun, zum Beispiel dass sie sich immer und immer wieder mit den Hirngespinsten von Gläubigen diverser Richtungen auseinandersetzen müssen, die meinen, sie müssten alle Welt davon in Kenntnis setzen, welch großartige Wahrheit sie entdeckt haben, obwohl es nur das Wiederkäuen von hinlänglich bekanntem Schwachsinn ist. Auch der Atheist wünscht sich manchmal Ruhe und propagandafreie Zonen.

  204. #204 Sven Türpe
    4. November 2010

    Auch der Atheist wünscht sich manchmal Ruhe und propagandafreie Zonen.

    Niemand nimmt ihm seine Privatsphäre.

  205. #205 cydonia
    4. November 2010

    Nein, natürlich nicht, die Kirchen und die Kirchenglocken sind Hirngespinste, oder wie soll ich das verstehen?
    In Diskussionen von missionarisch eifernden Deppen angeschrien zu werden, ist auch keine Störung, man könnte ja zuhause bleiben.
    Ideologieunterricht in der Schule: Ist halt Tradition, ignorieren wirs.
    Gottesdienste im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk: Ausschalten ist Trumpf.
    Herr Türpe, auch wenn Sie bei Bedarf taub und blind sein können, so ist das vielen Anderen nicht möglich. Aber die sind ja auch nur einfache Menschen, und keine Folgen des Weltkrieges……

  206. #206 Sven Türpe
    4. November 2010

    Nein, natürlich nicht, die Kirchen und die Kirchenglocken sind Hirngespinste, oder wie soll ich das verstehen?

    Möchtest Du mir erläutern, welchen für unsere Diskussion relevanten Unterschied Atheisten Deiner Ansicht nach zwischen Kirchen und Kirchenglocken einerseits und Reihenhäusern und Rasenmähern andererseits machen?

  207. #207 cydonia
    4. November 2010

    Fährt irgendjemand mit dem Rasenmäher, um mir seinen Glauben um die Ohren zu hauen, oder vielleicht um lautstark den Gott des Grases zu preisen?
    Kann es sein, dass Herr Türpe noch nicht mitgekriegt hat, welche Funktion läutende Kirchenglocken haben?

  208. #208 Sven Türpe
    4. November 2010

    Fährt irgendjemand mit dem Rasenmäher, um mir seinen Glauben um die Ohren zu hauen, oder vielleicht um lautstark den Gott des Grases zu preisen?

    Brauchen sie den Grünschnitt für irgend etwas, oder landet er als Opfer auf dem Komposthaufen? Und macht das irgendeinen Unterschied für die objektive Belästigung?

    Kann es sein, dass Herr Türpe noch nicht mitgekriegt hat, welche Funktion läutende Kirchenglocken haben?

    Du wirst es mir sicher gleich überzeugend erklären, nicht wahr? Bis dahin halte ich Glocken einfach für bronzene Objekte zur Erzeugung von Geräuschen, auch wenn sie vielleicht in Wirklichkeit Vogelscheuchen, Phallussymbole oder Gedankenmanipulationsstrahlensender sind. Occams Razor, Du verstehst.

  209. #209 cydonia
    4. November 2010

    Ach ja, und wenn glatzköpfige junge Männer scharenweise durch die Straßen laufen, und das Horst-Wessel-Lied anstimmen ist das selbstverständlich auch nur Geräusch.
    Dass es Inhalte gibt, ist noch nicht zu Ihnen vorgedrungen, was natürlich auch erklären würde, wieso Sie ein Kommunikationsproblem haben.
    Schwache Vorstellung, da hatte ich mir von einem erfahrenen Troll doch ein bisschen mehr erwartet. Doch jetzt ist auch gut. Sie sind nicht originell oder geistreich genug, um Worte an Sie zu verschwenden.
    Hatte die(zweifelhafte) Ehre.

  210. #210 sjones
    4. November 2010

    @Cydonia: Das Läuten der Kircheglocken ist aber eine verhältnismäßig kleine, berechenbare Störung und gehört eher in die persönlichen Befindlichkeiten. Da kann man sich auch über spielende Kinder oder laute Musik des Nachbarn aufregen.
    Was ich gemeint habe ist: Werden Atheisten bei der Jobwahl, Wohnungsvergabe, Sozialleistungen etc. aufgrund Ihres Atheist-Seins benachteiligt? Werden Atheisten in Deutschland offen angegriffen?

  211. #211 cydonia
    4. November 2010

    Selbstverständlich! Fragen Sie mal die exponierten Atheisten, mit welchen Drohungen sie sich herumschlagen müssen, weil sie eine oder mehrere Ideologien in Frage stellen.
    Ich bezweifle, dass Sie je dabei waren, wenn in einer Diskussion die richtig harten Drohungen seitens der Religiösen ausgepackt wurden, sonst würden Sie ihre naive Weltsicht wahrscheinlich hier nicht ausbreiten.

  212. #212 sjones
    4. November 2010

    @Cydonia: Hoppla jetzt verstehe ich. Es geht um die Botschaft hinter dem Läuten. Nun die Frage ist wo man beim Verbieten die Grenze zieht, solche DInge ufern schnell aus. Mir persönlich sind weniger Verbote mehr wert als hie und da durchaus vermeidbare Belästigungen zu ertragen. Ich brauche selbst für die Zeugen Jehovas weniger Zeit an der Haustür als für den Zeitschriftenkeiler. Das kann ich aushalten.

  213. #213 Sven Türpe
    4. November 2010

    Ach ja, und wenn glatzköpfige junge Männer scharenweise durch die Straßen laufen, und das Horst-Wessel-Lied anstimmen ist das selbstverständlich auch nur Geräusch.

    Du möchtest Deine Ablehnung des Läutens von Kirchenglocken also in Analogie zur Ablehnung der öffentlichen Aufführung des Horst-Wessel-Liedes begründen, verstehe ich das richtig? Nur zu, ich bin gespannt, wie Du das hinbekommst.

    Dass es Inhalte gibt, ist noch nicht zu Ihnen vorgedrungen, was natürlich auch erklären würde, wieso Sie ein Kommunikationsproblem haben.

    Was wäre denn der Inhalt eines Glockentones? Wieviele Bit Information kann ein Geläut überhaupt codieren?

  214. #214 Sven Türpe
    4. November 2010

    Fragen Sie mal die exponierten Atheisten, mit welchen Drohungen sie sich herumschlagen müssen, weil sie eine oder mehrere Ideologien in Frage stellen.

    Also mir haben bisher immer nur meine Mitatheisten gedroht. Manchmal sind sie auch der Versuchung erlegen, mir kurzerhand das Wort zu entziehen.

  215. #215 sjones
    4. November 2010

    @Cydonia: Zu den Drohungen: das hat heutzutage fast jede Interessensgruppe zu ertragen, die Leute sind sehr leicht mit Sprache gewalttätig. Leute die mit Asylanten arbeiten, genauso wie Banker, man wundert sich oft wegen welchem Unsinn man die ” Kehle bald durchgeschnitten bekommt”. Das ist bedauerlicherweise heutzutage der Stil: quasi ein bisschen Tarantino in jeder Lebenslage. Daran muss man sich zwar nicht gewöhnen, aber man soll es schon mal in das richtige Licht rücken.

  216. #216 cydonia
    4. November 2010

    Ich rede nicht von Verboten, möchte aber nicht über Gebühr belästigt werden.
    Klare Trennung von Staat und Kirche würde mir wie vielen anderen Atheisten vollkommen reichen. Das würde die staatliche Unterstützung einer Ideologie in öffentlichen Schulen schon mal unterbinden.

  217. #217 roel
    4. November 2010

    @sjones Jobs innerhalb kirchlicher oder kirchennaher Organisationen können Anders- und Nichtgläubige nicht annehmen. Bei der Wohnungssuche, bei kircheneigenen Wohnungen werden Sie als Anders- oder Nichtgläubiger evtl. Nachteile haben. Bei kirchlichen Kindergärten ebenfalls evtl.. Eine kirchliche Hochzeit und ein kirchliches Begräbnis können Sie als Anders- oder Nichtgläubiger vergessen. Aber es gibt natürlich immer Alternativen.

    @Cyndonia “Selbstverständlich! Fragen Sie mal die exponierten Atheisten, mit welchen Drohungen sie sich herumschlagen müssen, weil sie eine oder mehrere Ideologien in Frage stellen.” Nein, ich frage Sie! Mit welchen Drohungen müssen/mussten Sie sich herumschlagen, weil sie eine oder mehrere Ideologien in Frage stellen/gestellt haben, oder von welchen konkreten Drohungen haben Sie Kenntnis?

  218. #218 sjones
    4. November 2010

    Die Trennung von Staat und Kirche ist unvollständig das ist richtig, das kann man auch ändern. Außerdem muss ich hier in A ‘mal rausfinden wieviel von meinen Steuern in diese Richtung wandern. Das Bimmeln stört mich persönlich aber überhaupt nicht

  219. #219 cydonia
    4. November 2010

    Herr Türpe, Sie sind nicht satisfaktionsfähig, ich glaube, das hatte ich woanders schon klargestellt. Und nach dem billigen Strohmann sind Sie eh raus.
    @sjones
    Ich habe mich bei der ersten Morddrohung nicht mit einem Whisky an den Kamin gesetzt und gelassen meiner Frau zugeprostet. Das ist ein bisschen viel verlangt, meinen Sie nicht auch? Ideologen und Ideologien sind mir ein Greuel, und auch per Definition intolerant. Ich nehme die Drohungen durchaus ernst.

  220. #220 Sven Türpe
    4. November 2010

    Herr Türpe, Sie sind nicht satisfaktionsfähig, ich glaube, das hatte ich woanders schon klargestellt. Und nach dem billigen Strohmann sind Sie eh raus.

    Ich bitte um eine Erläuterung.

  221. #221 Christian Reinboth
    4. November 2010

    @cydonia:

    Nein, natürlich nicht, die Kirchen und die Kirchenglocken sind Hirngespinste, oder wie soll ich das verstehen?

    Nun leben wir ja aber in einer pluralistischen Gesellschaft, in der ich die Wahlstände der MLPD, in denen der Kommunismus gepredigt wird ebenso aushalten muss wie das Läuten einer Kirchenglocke. Ein Recht, im öffentlichen Raum nicht mit Meinungen oder Inhalten konfrontiert zu werden, die nicht in mein Weltbild passen, existiert schlicht und ergreifend nicht – und auch mit der Trennung von Staat und Kirche hat das Glockenläuten bzw. das Verbot desselben ja im Grunde nichts zu tun…

    Selbstverständlich! Fragen Sie mal die exponierten Atheisten, mit welchen Drohungen sie sich herumschlagen müssen, weil sie eine oder mehrere Ideologien in Frage stellen. Ich bezweifle, dass Sie je dabei waren, wenn in einer Diskussion die richtig harten Drohungen seitens der Religiösen ausgepackt wurden, sonst würden Sie ihre naive Weltsicht wahrscheinlich hier nicht ausbreiten.

    Also ich habe schon etliche Diskussionen zwischen “Religiösen” und Atheisten mitgemacht und kann mich nicht an eine einzige erinnern, in der eine Drohung seitens der Theisten gefallen wäre. “Wenn Sie glauben, dürften Sie eigentlich an keiner Hochschule tätig sein” oder “Wenn Sie glauben, dürften Sie eigentlich nicht politisch tätig sein” oder “Diesem Altenheim/Krankenhaus/Hospiz/Kindergarten etc. gehören aufgrund der Konfessionsbindung eigentlich sämtliche Mittel gestrichen” – das habe ich alles schon durch, kann mich da aber nur an bisweilen empörte und bisweilen gelassene Reaktionen der jeweiligen “Gegenseite” erinnern, nie aber an Drohungen irgendeiner Art… Also – wo werden Atheisten in Deutschland ganz konkret aufgrund ihres Nichtglaubens oder ihrer Meinung zu Glaubensfragen (physisch?) bedroht? Gibt es da Beispiele? Medienberichte?

    Nicht dass ich das hier eskalieren möchte, aber “wir werden von euch bedroht” ist schon eine ziemlich heftige Aussage, die man – finde ich – schon irgendwie belegen sollte. Über konkrete Beispiele können wir dann gerne diskutieren…

  222. #222 cydonia
    4. November 2010

    Ich denke, Herr Reinboth, anonyme Anrufe und Briefe, die einem den Tod wünschen sind einfach nicht besonders schön. Gut, es ging um einen Vortrag über Evolution, und da schlagen die Wellen manchmal sehr hoch, und die Aggressionen sind oft nicht von schlechten Eltern. Ich fasse meine Diskussionsgegner auch nicht mit Samthandschuhen an, klar, und zerlege mit Vorliebe die dämlichsten Argumente, und diese Freude am Zerlegen ist natürlich nicht dazu geeignet, Sympathie seitens bestimmter Leute hervorzurufen. Trotzdem gehen mir Drohungen zu weit.
    Was die öffentliche Präsenz von Religionen anbelangt: Mir ist das zuviel, und ich möchte nochmal betonen, dass es mir nicht um ein Verbot geht. Ich empfinde aber Vieles als störend und unangebracht. Das mag mit meiner Herkunft zusammenhängen: in meiner Heimat ist es eben nicht selbstverständlich, dass Religionen z.B. per Rundfunkgesetz ein Sonderstatus eingeräumt wird. Ich halte einen solchen Sonderstatus nicht für gerechtfertigt, ebenso wenig wie das Recht der Kirchen, Kindern in öffentlichen Schulen mit einer fragwürdigen Ideologie zu indoktrinieren. Es geht also um den Sonderstatus EiNER Ideologie, den ich einfach ungern akzeptieren möchte.

  223. #223 Achmed the Dead Terrorist
    4. November 2010

    Silence! I kill you!

  224. #224 Christian Reinboth
    4. November 2010

    Ich denke, Herr Reinboth, anonyme Anrufe und Briefe, die einem den Tod wünschen sind einfach nicht besonders schön.

    Über den Punkt brauchen wir ja nun nicht zu diskutieren, so etwas ist nicht nur “nicht schön” sondern ein gewaltiger Skandal. Aber auch wenn ich Ihre Geschichte nicht anzweifeln will, habe ich trotzdem Schwierigkeiten, mir das sozusagen im “real life” vorzustellen. Sie haben irgendwo einen – ich vermute öffentlichen – Vortrag zum Thema Evolution gehalten und sind aus diesem Grund per Post und Telefon mit dem Tode bedroht worden? Hier in Deutschland? Von Mitgliedern einer christlichen Gemeinde? In diesem Jahrzehnt? Nachdem ich schon so viele Debatten zum diesem und anderen Themen mitgemacht habe, kann ich mir eine derartige Eskalation kaum vorstellen… Wie genau ist das denn abgelaufen?

  225. #225 cydonia
    4. November 2010

    Herr Reinboth, ob die Anrufer und Schreiber Mitglieder einer christlichen Gemeinde waren, das kann ich Ihnen nicht sagen. Es lief, wie gesagt, anonym ab.
    Es ist aber anzunehmen, dass die Drohungen aus dem Umkreis der Leute kamen, die schon beim Vortrag durch Zwischenrufe und aggressives Verhalten auffielen. Wenn Sie eine genaue Schilderung möchten, dann mailen Sie mich privat an, schließlich bin ich hier nicht das Thema.
    Sie könnten aber auch mal bei den netten Briefen reinschauen, die jemand wie Dawkins regelmäßig bekommt, und ich kann ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, wieso es Sie so sehr wundert, dass dergleichen passiert. Schließlich wissen wir doch wozu Fanatiker fähig sind, auch wenn ich im Nachhinein nicht glaube, dass die mir Drohenden diese Drohung auch wahr gemacht hätten. Aber als sanfte Lämmlein sind mir Gläubige in solchen Diskussionen bis jetzt auch nicht aufgefallen. Genau das scheinen Sie sich aber zu erwarten, oder irre ich mich?
    Dass Menschen, die sich im Besitz der Wahrheit wähnen, schon mal über die Stränge schlagen, sollte sich inzwischen herumgesprochen haben, dachte ich.

  226. #226 michael
    4. November 2010

    > Nun leben wir ja aber in einer pluralistischen Gesellschaft, in der ich die Wahlstände der MLPD, in denen der Kommunismus gepredigt wird ebenso aushalten muss wie das Läuten einer Kirchenglocke.

    Einen Wahlstand sehe ich nicht mehr, wenn ich um die Ecke gebogen bin, eine Glocke höre ich über eine größere Strecke hinweg. Der richtig Vergleich wäre ein Lautsprecherwagen , der durch die Straßen fährt und seine Propaganda absondert, und das nicht nur einmal am Tag.

    Und was Morddrohungen betrifft:
    https://bazonline.ch/schweiz/standard/KreuzgegnerFamilie-verlaesst-die-Schweiz-nach-Morddrohungen/story/22396379

    mit ein paar interessanten Kommentaren.

  227. #227 Sven Türpe
    5. November 2010

    Einen Wahlstand sehe ich nicht mehr, wenn ich um die Ecke gebogen bin, eine Glocke höre ich über eine größere Strecke hinweg.

    Und da hast Du gar keine andere Wahl, als Dich fürchterlich aufzuregen und Dir den Tag zu verderben, nicht wahr? Christ sein dürfen’s ja, mir san ja tolerant, aber müssen’s des unbedingt in der Öffentlichkeit zeig’n?

    Praxistipp: Es lebt sich weitaus entspannter, wenn man sich zur Regel macht, seine Umgebung wertfrei zu betrachten und lediglich interessiert oder auch desinteressiert oder von mir aus erheitert zur Kenntnis zu nehmen. Eine Welt, in der alles nach Deinem Kopf ginge, wäre garantiert eine schlechtere.

  228. #228 Sven Türpe
    5. November 2010

    Dass Menschen, die sich im Besitz der Wahrheit wähnen, schon mal über die Stränge schlagen, sollte sich inzwischen herumgesprochen haben, dachte ich.

    Dann können wir ja froh sein, dass Atheisten nicht unter dieser Prämisse handeln.

  229. #229 Andrea N.D.
    5. November 2010

    @Christian:
    Ich wollte mich eigentlich in die Diskusison nicht einmischen, weil sie auch vom Artikel wegführt, aber neben den Kirchenglocken (die ich auch als unsägliche, vermeidbare Belästigung sehe) ist ein konkreter Nachteil beispielsweise, dass Konfessionslose in konfessionsgebundenen Kindergärten, Schulen oder Instutionen nicht angestellt werden. Das ist in Ordnung, wenn diese Institutionen keinerlei säkulare staatliche Unterstützung erhalten würden – was aber nirgends der Fall sein dürfte. Wenn ich noch einmal den Bogen zu den Glocken schlage, hätten auch die Muezzins im Namen der Religionsfreiheit alle Berechtigung über dem Himmel zu lärmen. Vielleicht sollten auch Christen in dieser Hinsicht einmal ein bisschen über die Bedeutung von “Rücksicht” nachdenken. Es würde ja schon genügen das Gebimmel von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr früh auszumachen.

  230. #230 sjones
    5. November 2010

    In Österreich sind die konfessionellen Institute nicht anders gefördert als alle anderen Privatschulen und Kindergärten, hier sehe ich keinerlei Handlungsbedarf. Und es ist Privatsache ob die Eltern ihre Kinder in Sudbury, Montessori, Waldorf oder eben konfessionelle Schulen gehen, denn es gibt keinen Zwang genau diese zu besuchen.
    Glocken: wie gesagt, ich und ich denke sehr viele andere nehmen sie nicht einmal wahr, da sie für mich auch nicht diesen “verkünderischen” Touch haben, den cydonia so denke ich darin hört.
    Was mich überhaupt zu der Frage bewogen hat ist folgendes:

    Übernehmen wir wieder ohne jegliche Anpassung an mitteleuropäische Verhältnisse eine US Debatte? Dort haben Atheisten denke ich ein härteres Leben, aber bei uns? Sollten wir nicht andere Fragen stellen: z.B. warum in A die Kirche als Großgrundbesitzer so wenig Steuern zahlt. Oder warum sie noch immer Steuern einheben darf. Oder was es für unseren Staat bedeutet wenn eine mächtige Lobby einem anderen Staat, dem Vatikan, quasi weisungsgebunden ist?

  231. #231 Andrea N.D.
    5. November 2010

    @sjones:
    Selbstverständlich besteht hier Handlungsbedarf. In der BRD werden Steuergelder dafür ausgegeben, dass Kinder in diesen “privaten” Schulen ideologisch “verbrämt” werden. Das kann nicht im Sinne aller Steuerzahler sein. Wenn sie komplett alleine finanziert werden, dann ist es Privatsache, ob die Eltern ihre Kinder dorthin schicken (wobei ich diese Meinung auch nicht zwingend teile, die Toleranz hätte beispielsweise bei einer rechten oder Terroristen-Schule ein Ende).

    Die Staatsgeschichte wäre wohl eher etwas für Ali, da kenne ich mich zu wenig aus. Ich würde an Deine Frage noch anschließen, dass vielleicht auch einmal die “Lobby” in Frage gestellt werden sollte.

  232. #232 Christian Reinboth
    5. November 2010

    @Andrea N.D.: Obwohl Du Recht hast – die Diskussion führt tatsächlich vom Artikel weg – gestatte ich mir trotzdem eine kurze Antwort: Das Nichteinstellen Konfessionsloser in konfessionsgebundenen Einrichtungen halte ich prinzipiell für eine leicht fragwürdige aber alles in allem nicht verwerfliche Vorgehensweise (der hpd würde sicher auch keinen schwerreligiösen Journalisten beschäftigen), die staatliche Förderung ist vom Standpunkt der Chancengerechtigkeit her sicher hinterfragbar, ist aber meines Erachtens nach schlicht und ergreifend auch eine Notwendigkeit – im Gegensatz beispielsweise zu Florian bin ich nämlich nicht der Ansicht, dass eine “Säkularisierung” des Pflegebereichs wünschenswert oder überhaupt umsetzbar wäre – aber das würde uns vermutlich wirklich zu weit vom eigentlichen Artikel wegführen…

    Bei den Kirchenglocken ist eine Diskussion vielleicht einfacher, da mir unsere Standpunkte da deutlicher zu differieren scheinen: Auch wenn das nicht besonders rücksichtsvoll klingen mag, halte ich es nicht für gerechtfertigt, eine über ein Jahrtausend gewachsene Kulturtradition “sterben zu lassen”, weil der eine oder andere sich dadurch akustisch belästigt fühlt, vor allem auch deshalb, weil ich bei solchen Argumenten immer das Gefühl habe, dass sie auf die Verbannung sämtlicher Religion aus dem öffentlichen Raum (nicht im Sinne staatlicher Unterstützung sondern im Sinne des gesellschaftlichen Raumes) abzielen, was sich wiederum nicht mit der pluralistischen Grundordnung vertragen würde, über die wir ja eigentlich alle froh und dankbar sein können…

    Ich bin sogar fest davon überzeugt, dass es ausgesprochen töricht wäre, sein Leben so leben zu wollen als gäbe es um einen herum keine Andersdenkenden, d.h. durchs Leben zu gehen ohne auf akustische, optische oder sonstige Weise wahrnehmen zu müssen, dass es Menschen gibt, die meine Anschauungen nicht teilen. Das bedeutet für mich, dass ich den Darwin-Fisch am Auto ebenso gelassen hinnehme wie den “Jesus liebt Dich”-Aufkleber und dass die kopftuchtragende Muslima ebenso auf den öffentlichen Platz gehört wie der Student im “mein Held ist Che Guevara”-Shirt. Man kann ja manches falsch, dumm oder archaisch finden, sollte es aber nicht ausblenden. Oder, wie John Donne – wenn auch in anderem Kontext – so schön geschrieben hat: No man is an island, entire of itself.

  233. #233 Sven Türpe
    5. November 2010

    Das kann nicht im Sinne aller Steuerzahler sein.

    Das ist genau der Zweck der Steuern: man nimmt sie ein, um damit Dinge anstellen zu können, die nicht im Sinne aller Steuerzahler sind. Was in meinem Sinne ist, bezahle ich ja sowieso, vielleicht nicht mit Vergnügen, aber doch bereitwillig. Steuern gibt es für alles andere.

  234. #234 sjones
    5. November 2010

    @Andreas: jetzt wird’s kompliziert: denn solange keine strafbare Handlung vorliegt denke ich kann man die Ausrichtung der Schule nicht verbieten, man kann es aber “unschick” machen dorthin zu gehen.
    Zur Finanzierung: Der Staat, also wir alle, haben ein Interesse an Schulbildung für unsere Kinder, entweder zahlt er alles selber ( was meist für Leute die selber in irgendwelchen staatlichen Institutionen Steuern beziehen kein Problem ist) oder er gibt Zuschüsse ( d.h. weniger Geld) und kontrolliert nur den Unterrichtsstoff-> Privatschulen.

    Lobbys verbieten: nach welchen Kriterien solllen die denn ausgewählt werden und wie verboten. Sollen wir die Umweltschützer, Anti oder Pro Atom Lobby, den Verband deutscher Ingenieure oder gar die Rektorenkonferenz gleich mitverbieten?

  235. #235 miesepeter3
    5. November 2010

    Um mal wieder zum Thema zu kommen mal `ne Gegenfrage:

    Kann ein moralischer Mensch Atheist sein?

  236. #236 Andrea N.D.
    5. November 2010

    @Christian:
    “Bei den Kirchenglocken ist eine Diskussion vielleicht einfacher, da mir unsere Standpunkte da deutlicher zu differieren scheinen: Auch wenn das nicht besonders rücksichtsvoll klingen mag, halte ich es nicht für gerechtfertigt, eine über ein Jahrtausend gewachsene Kulturtradition “sterben zu lassen”, weil der eine oder andere sich dadurch akustisch belästigt fühlt, vor allem auch deshalb, weil ich bei solchen Argumenten immer das Gefühl habe, dass sie auf die Verbannung sämtlicher Religion aus dem öffentlichen Raum (nicht im Sinne staatlicher Unterstützung sondern im Sinne des gesellschaftlichen Raumes) abzielen, was sich wiederum nicht mit der pluralistischen Grundordnung vertragen würde, über die wir ja eigentlich alle froh und dankbar sein können… ”

    Ist das ein Argument? Weil es eine jahrtausend gewachsene Kulturtradition ist? Soll ich einmal herumkramen, was für unsägliche Traditionen wir sonst noch so hatten, die wir glücklicherweise abgeschafft haben? Und ist der Muezzinruf keine gewachsene Kulturtradition? Ich würde Dir direkt neben Dein Haus ein solches Türmchen hinstellen. Dann könntest Du zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens brauchst Du Dich akustisch nicht belästigt fühlen (weil es ja eine jahrtausendelange Tradition darstellt) und zweitens könntest Du Deiner pluralistischen (was ist an den Kirchenglocken einer einzigen Konfession eigentlich pluralistisch?!) Grundordnung frönen, wenn Du jeden Tag um 4.00 mit dem Gejaule geweckt wirst. Und dann unterhalten wir uns noch einmal darüber, dass auch der Muezzin auf Dich Rücksicht nehmen könnte und vielleicht erst ab 6.00 Uhr rufen darf, okay?

    “… im Gegensatz beispielsweise zu Florian bin ich nämlich nicht der Ansicht, dass eine “Säkularisierung” des Pflegebereichs wünschenswert oder überhaupt umsetzbar wäre – …”
    Dazu hatte ich mich auch bereits geäußert. Da hätte ich doch gerne alturistische Beispiele. Wo bezahlt die Kirche denn ausschließlich Pflegedienste oder verrichtet diese? Dafür müsstest Du dringend einmal Belege bringen. Bei den Pflegebereichen, mit denn wir zusammenarbeiten – und es sind einige – ist keine Sozialstation, kein Altenheim etc. kirchlich finanziert. Auch die Caritas schöpft kräftig Steuergelder ab. Und auch die früher von den Kirchen als Träger geführten Kliniken wurden von den Krankenkassen bezahlt. Also von was redest Du, wenn Du von nichtsäkularen Pflegebereichen redest?

    Dein letzter Absatz ist schön formuliert und absolut zustimmungsfähig. Leider sagt die Erfahrung mir, dass die Toleranz der Kirchengeläutliebhaber beim Muezzinruf ziemlich schnell vorbei ist. Also sollte vielleicht doch auf eine gewisse Rücksichtnahme aller auf alle geachtet werden und nicht ständig Sonderrechte für eine Gruppe eingeräumt werden. Das hat dann nämlich Gelassenheit nichts mehr zu tun.

  237. #237 sjones
    5. November 2010

    @miesepeter: Aus persönlicher Erfahrung: selbstverständlich.

  238. #238 roel
    5. November 2010

    @Andrea N.D. Das Problem ist, wer entscheidet was Belästigung ist. Für mich ist das Geläut von Kirchenglocken kein Aufregungsgrund. Für Cydonia schon. Allerdings lasse ich mich von anonymen Drohungen auch nicht beeindrucken, und ordne die nicht irgend einer Religion oder Ideologie zu, sonder als Äußerung eines/r Spinners/in.

    Wenn jetzt Glockenläuten als Lärmbelästigung empfunden wird und als solches anerkannt und verboten wird, was machen wir (die Gesellschaft) wenn sich der nächste berufen fühlt Kirchtürme als optische Belästigung anzuprangern.

  239. #239 Sven Türpe
    5. November 2010

    Ich würde Dir direkt neben Dein Haus ein solches Türmchen hinstellen.

    *Yawn,* wird Zeit, dass das Wochenende kommt, das ist ein echtes Freitagsargument.

  240. #240 sjones
    5. November 2010

    @Andrea: zu dem Glockengeläute habe ich einen Verdacht: es ist ein Scheinproblem an dem man sich reiben kann damit man die wirklich wichtigen Ungerechtigkeiten nicht angehen muß und trotzdem ein ” Kämpfer für die gerechte Sache ” ist.
    Ich würde einfach eine “Bürgerinitiative gegen Kirchengeläute” gründen und für meine Sache werben.
    Nur nebenbei: historisch gesehen hatten die Kirchenglocken auch ganz profanen Alarmcharakter wie Sirenen, sie werden ja auch zu anderen Anlässen geläutet.

  241. #241 Andrea N.D.
    5. November 2010

    @sjones:
    Nur nebenbei: historisch gesehen hatten die Kirchenglocken auch den Sinn einer Uhr. Wenn die Glocken nur bei Alarm läuten würden (anstatt der Feuersirene), würde sich kein Mensch beschweren. Wenn die Personen, die so romantisch an der Tradition des Geläutes hängen, einfach einmal die in ihrem Haushalt vorhandenen Uhren zählen würden …

    Ich habe nichts gegen Tradition – da bin ich extrem gelassen. Ich habe etwas gegen Krach in der Nacht, wenn man schlafen möchte und sonst nichts hört. Und ich denke, es wäre kein Problem (wird ja glücklicherweise auch schon praktiziert) und sollte auch von der christlichen Toleranz und Nächstenliebe gefordert werden können, dass sie das Gebimmel zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr abstellen.

    Das mit dem Argumentationsgang des “Scheinproblems” finde ich generell überheblich. Das hatten wir auch ständig bei der Genderdebatte. Kleinvieh macht auch Mist und wer entscheidet, was Kleinvieh ist? Obwohl ich Dir natürlich damit Recht gebe, dass wenn wir die Säkularisierung endlich vollständig durchsetzen würden, das Kirchengeläut wohl von selbst verschwinden würde.

    @Sven:
    Es ist immer wieder erstaunlich, dass eigene Traditionen vehement verteidigt werden (auch wenn sie für andere nachteilig sind), aber fremde vehement abgelehnt werden, nicht wahr? Die Toleranz reicht genau bis zur eigenen Haustüre. Das wollte ich damit verdeutlichen, nicht, dass ich jetzt ins Wochenende gehe :-).

  242. #242 Sven Türpe
    5. November 2010

    Die Toleranz reicht genau bis zur eigenen Haustüre.

    Das sollte es wohl suggerieren, ja. Fehlt nur noch der Beleg.

  243. #243 Andrea N.D.
    5. November 2010

    @Sven:
    Guck einfach nach den Protestveranstaltungen, wenn Moschees errichtet werden sollen (München-Sendling) oder “Türmchen” errichtet werden (Rendsburg). Es lassen sich bestimmt Beispiele über ganz Deutschland finden.

  244. #244 sjones
    5. November 2010

    @Andrea ja die eigene Traditionen sind halt die eigenen, die kennt man am besten,da hat man am wenigsten Aufwand und die wenigsten Probleme. Es ist eine Frage der Bequemlichkeit.Wenn die Traditionen dann überkommen sind, na dann ändert man ( auf demokratischem Wege) sie halt, entweder in dem man sie nicht mehr lebt oder tatsächlich ein Gesetz dagegen erwirkt.

    Zum Thema Zeitbegrenzung des Läutens: was machen denn Schichtarbeiter? Die schlafen ja tagsüber. Also ich bin nicht der Meinung, daß Dinge die mich persönlich aber die meisten anderen nicht stören, per Gesetz bindend in unserem Fall 8 Mio Leuten vorgeschrieben wird. Ich würde auch gerne folgendes haben: Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor von 0-6 Uhr, Gastgärten zu ab 20:00 Uhr ( wegen der Kinder). Mich stört der Lärm auch. trotzdem kann ich mich sehr leicht damit arrangieren, weil ich auch akzeptiere, daß andere diese Dinge nutzen wollen.
    Wass ich lieber hätte ist eine Novelle des Erbschaftsrechts, daß die Krähen daran hindert kurz vor dem Exitus bettlägrigen Leuten eine Änderung der Erbschaft zugunsten der Kirche abzuluchsen. Aber da ist ja das Glockenproblem.

  245. #245 Andrea N.D.
    5. November 2010

    @sjones:
    Es ist gut, dass Du das noch einmal ansprichst, so kann ich auch auf die “Rasenmäherproblematik” noch einmal eingehen. Erstens ist eine “demokratische” Änderung nicht möglich, da die Kirchen Sonderstatus genießen. Da sind die Glocken noch das kleinste Problem. Und zweitens können sämtliche Lärmbelästigungen (Rasenmäher mit Mittagspause, Gastgärten ab 20 Uhr für Kinder gesperrt, Lärmschutz auf Straßen) geregelt werden – die Glocken aber seltsamerweise nicht. Und Rasenmähen, Autofahren und Kinder sind (im Rahmen) einfach notwendige Dinge, die in gewissem Maße alle tun/brauchen. Glocken sind zu nichts nütze und werden nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung gewünscht.
    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das Argument mit den Schichtarbeitern nur begrenzt tragfähig ist, weil tagsüber einfach der Grundlärmpegel die Glocken nicht so laut erscheinen lässt. Rasenmäher werden beispielsweise nachts auch nicht gefahren. Wo ist eigentlich das Problem, die Bimmelei zu begrenzen und warum wird hier überhaupt unter vernünftig Diskutierenden widersprochen? Ich versteh’s nicht. Und nein, selbstverständlich brauche ich keinen Muezzin, der mich frühmorgens zum Gebetsteppich weckt. Wer aber bimmelt, darf anderen Religionen das Recht nicht absprechen, auch Krach zu machen.

  246. #246 Guido
    5. November 2010

    Ethik beschaäftigt sich meines Wissen mit dem Verhältniss des Menschen zu höheren Ebenen und Moral mit dem Verhältniss der Menschen zueinander.
    Also ist die Frage recht leicht beantwortet. Ein Atheist kann ein moralischer Mensch sein.

  247. #247 Sven Türpe
    5. November 2010

    Erstens ist eine “demokratische” Änderung nicht möglich, da die Kirchen Sonderstatus genießen.

    Welche Erwägungen liegen diesem Sonderstatus zugrunde? In welchem Maße gelten die Grundlagen dieser Erwägungen fort?

  248. #248 Sven Türpe
    5. November 2010

    Guck einfach nach den Protestveranstaltungen, wenn Moschees errichtet werden sollen (München-Sendling) oder “Türmchen” errichtet werden (Rendsburg).

    Oder Bahnhöfe verbuddelt (Stuttgart), Mülltonnen herumgefahren (Gorleben), Fußballspiele fernsehoptimiert (Berlin), Geld gespart (Griechenland) oder nationales Recht angewendet (Katalonien).

    Was genau soll ich daraus über die Toleranz der hier Diskutierenden schließen?

  249. #249 Johann Schoor
    6. November 2010

    Was für eine blöde Ausgangsfrage:
    jeder Mensch kann alles sein, was andere auch sein können.
    (Genauso könnte man fragen: kann ein Christ sündigen?)

    Die Frage ist doch nur ob er es im Einzelfall ist und unter welchen Bedingungen. Wnn die Zeiten gut sind, kann jeder leicht moralisch sein. Man ist es ja auch, weil man selber keine Probleme haben will. Aber was, wenn plötzlich alles ganz anders ist?

  250. #250 koi
    6. November 2010

    Mal einige Anmerkungen zum Glockenläuten.

    Erst mal sollte man unterscheiden zwischen weltlichen und kirchlichen Geläut. Das weltliche unterliegt der TA Lärm und kann auf dem Zivilweg eingeklagt werden. Darunter fällt z.B. das Uhrenschlagen und das Silversterläuten.
    Weil es hier schon mal angesprochen wurde: Dass in Gemeinden mit mehreren Turmuhren diese zeitlich versetzt zuschlagen hat nicht mit der Genauigkeit der Uhren sondern mit der Einhaltung der Lärmschutz-Ordung zu tun. Oft gehören Uhren in Kirchtürmen der poltischen Gemeinde und unterliegen gar nicht der Entscheidungsgewalt der zugehörigen Kirchen. Kurz: das hat nichts mit Kirchen oder Religion zu tun.

    Kirchliches Läuten in der Nacht ist recht selten. Weihnachten (Christmette, katholisch bzw. weihnachtlicher Gottesdienst, evangelisch, Beginn meistens 22.00 Uhr, 23.00 Uhr oder Mitternacht) und Ostern (Auferstehungsfeier, katholisch, Beginn 5.00 Uhr) dürften hier die einzigen sein die Nachtzeit fallen. (lokale Besondereitn können natürlich bestehen). Das früheste Läuten ist normalerweise das Angelus (wieder katholisch) um 6.00 Uhr, das aber oft generell oder nur im Winter auf 7:00 Uhr gelegt ist.
    Gegen dieses Kirchliche Läuten steht der Verwaltungsrechtsweg offen. Es ist also nicht so, dass es hier einen rechtsfreien Raum gibt. Es kann auch geregelt werden, wenn auch auf einem anderen Weg.

    Das Problem der Ruhestörung durch Glockenläuten ist ein an den juristischen Fakultäten oft wiederholter und jedem Jurastudenten bekannter Standardfall der Verwaltungsrechtswissenschaft. Es geht dabei um das Problem des richtigen Rechtsweges. Während für profanes Geläut der Zivilrechtsweg einschlägig ist, gilt sakrales Geläute als hoheitlich. Dadurch ist der Bürger, so er gegen sakrales Geläut gerichtlich vorgehen will, auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen.
    (Wikipedia)

    (Schlagworte in unser aller Wiki: Technische_Anleitung_zum_Schutz_gegen_Lärm, Läuteordnung, Glockengeläut)

    Noch ein paar private Gedanken:
    Läuten tagsüber sehe ich gelassen. Da gibt es schlimmeren und störenderen Lärm, vor allem vom Verkehr. Die Behauptung, dass Glocken nur von einem kleinen Teil der Bevökerung gewünscht werden halte ich für belegpflichtig.

    Die Anmerkungen zum Muezinrufen sind natürlich Polemik, schlecht gemachte noch dazu.
    Traditionen sind lokal, sie werden gegründet, verändern sich und sterben aus. Glockentürme und Turmuhren sind Tradition, die sich bezüglich der Zeitbestimmung, (Armbanduhren, Handys mit Uhren, öffentliche Uhren an jeder Ecke) sicher ziemlich überlebt haben, ich freue mich aber trotzdem jedesmal wenn ich nach Deutschland zurückkomme über diesen Servive, der da geboten wird. Wenn es aber keinen mehr interessiert, oder immer mehr Leute dagegen etwas tun, werden die Glocken verschwinden. Für kirchliches Läuten gilt dasselbe. Gesetzt und Sonderrechte hin oder her. Wenn mehr Moslems hier mehr Moscheen bauen wird es irgenwann auch einen Muezin geben und Leute, die dagegen klagen. Irgendwann wird es dann Tradition sein, oder eben auch nicht.

  251. #251 Andrea N.D.
    6. November 2010

    @Sven:
    Du wolltest Belege haben, ich habe Dir gesagt, wo Du suchen kannst. Wenn Du Deine Frage bis zum übernächsten Kommentar vergessen hast, kann ich auch nichts daran ändern.

  252. #252 Andrea N.D.
    6. November 2010

    @koi:
    “Oft gehören Uhren in Kirchtürmen der poltischen Gemeinde und unterliegen gar nicht der Entscheidungsgewalt der zugehörigen Kirchen. Kurz: das hat nichts mit Kirchen oder Religion zu tun.”
    Das war mir nicht bekannt, zumindest nicht, dass die Kirchen oder Religionen damit nichts zu tun haben könnten (auch wenn die Gemeinde für den Ablauf des Läutens verantwortlich sein mag, was ich bezweifle). Gründe, Belege? Und ein Kirchturm mit Glocke hat natürlich primär nichts mit Kirche und Religion zu tun, schon klar.

    Belege, dass das “zeitlich versetzte Schlagen” unter die Lärmschutzordnung fällt? Weil zwei Türme zu laut sein könnten, gibts Dauer- und Falschgeläut oder wie muss ich mir das vorstellen? Unsere Kirchturmglöckchen läuten ca. 2 Minuten früher als die in der Nachbargemeinde. Und ich dachte immer die wollten uns in den Genuss aller Glocken bringen. Auf den Artikel in der Lärmschutzordnung bin ich wirklich gespannt. Minimal Dezibel (wenn überhaupt?) weniger dafür wesentlich länger – interessanter Aspekt.

    “Kirchliches Läuten in der Nacht ist recht selten.”
    Belege? Statistiken? “Recht”? Ist das eine Größenordnung in der Lärmschutzorndung? Überall, wo ich bisher darauf geachtet habe, ging das Gebimmel durch die Nacht durch, also um 24.00 Uhr 4 x + 12 x. Bedeutet in unserem Fall zeitversetzt um 24.00 Uhr 4 x + 12 x + 4 x + 12 x. Das Extragebimmel habe ich noch gar nicht berücksichtigt (das macht auch nichts, ist ja nur einmalig).
    Sprichst Du von einem anderen Land als Deutschland?

    “freue mich aber trotzdem jedesmal wenn ich nach Deutschland zurückkomme über diesen Servive, der da geboten wird”
    Ich finde es auch einen klasse Service von einer angeblich aus Lärmschutzgründen falsch gestellten Kirchturmuhr über die aktuelle Zeit informiert zu werden. Sag mir Bescheid, wenn Du das nächste Mal hier bist, dann kaufe ich Dir für 5 Euro eine Armbanduhr.

  253. #253 MoritzT
    6. November 2010

    Andrea, ich finde Glockenläuten cool. Sorry, ist so. Völlig profan und ohne religiösen Hintergedanken. Ein rein sentimentaler Zug von mir. Ist das nun unmoralisch, weil ich mich an etwas erfreue, was zum Teil einen religiösen Hintergrund hat und manche Menschen in unverholenen Hass ausbrechen, oder hat meine Sentimentalität die Rücksicht anderer verdient?

    Ich hab übrigens ein echtes Problem mit Menschen, die absolute Stille brauchen und gegen Kindergärten, Kühe, Frösche und Kirchturmglocken prozessieren. Dieser Schlag Mensch heißt in meinem Kulturkreis Preiß (“Preuße”) und ist weder integrationsbereit und nicht integrierbar. Wie schon von einigen meiner Vorredner gesagt: Freiheit und Toleranz beruht darauf, dass man die Lebensweise seiner Mitmenschen akzeptiert – und nicht umgekehrt!

  254. #254 koi
    7. November 2010

    @Andrea

    @koi:
    “Oft gehören Uhren in Kirchtürmen der poltischen Gemeinde und unterliegen gar nicht der Entscheidungsgewalt der zugehörigen Kirchen. Kurz: das hat nichts mit Kirchen oder Religion zu tun.”
    Das war mir nicht bekannt, …

    Danke, wenn ich behilflich sein konnte.

    … zumindest nicht, dass die Kirchen oder Religionen damit nichts zu tun haben könnten (auch wenn die Gemeinde für den Ablauf des Läutens verantwortlich sein mag, was ich bezweifle). Gründe, Belege?

    Die Trennung in “profanes” Läuten und “liturgisches” Läuten hast Du verstanden? Die Tatsache, dass beide Lärmemissionen nicht im rechtsfreien Raum stattfinden, sondern geregelt sind und damit auf dem Verwaltungs- oder Gerichtsweg überprüft werden können hast Du verstanden? Wie man bei Wikipedia ein Stichwort eingibt, weist Du? (Technische_Anleitung_zum_Schutz_gegen_Lärm, Läuteordnung, Glockengeläut). Und wie oft und wann eine Uhr schlägt weißt Du hoffentlich, wenn nicht melde Dich, ich erkläre es dir.

    Und ein Kirchturm mit Glocke hat natürlich primär nichts mit Kirche und Religion zu tun, schon klar.

    Ein Turmuhr mit Schlagwerk hat natürlich primär nichts mit Kirche und Religion zu tun, ich habe auch schon Rathausuhren schlagen hören. Für liturgisches Läuten gibt es die kirchlichen Läuteordungen, die festlegen welche Glocken wann und wie lang schlagen, einige sind über den entsprechenden Wiki Artikel erreichbar.

    Belege, dass das “zeitlich versetzte Schlagen” unter die Lärmschutzordnung fällt? Weil zwei Türme zu laut sein könnten, gibts Dauer- und Falschgeläut oder wie muss ich mir das vorstellen? Unsere Kirchturmglöckchen läuten ca. 2 Minuten früher als die in der Nachbargemeinde. Und ich dachte immer die wollten uns in den Genuss aller Glocken bringen. Auf den Artikel in der Lärmschutzordnung bin ich wirklich gespannt. Minimal Dezibel (wenn überhaupt?) weniger dafür wesentlich länger – interessanter Aspekt.

    Auch hier geht es um Uhren, die läuten nicht, die schlagen, ich hoffe Du verstehst den Unterschied. Das versetzte Schlagen wird gemacht um a) die Information wie spät es ist nicht zu überlagern und b) die TA_Lärm einzuhalten, wobei das zweite eher ein mitgenommener Nebeneffekt ist. In der TA sind Dezibel Grenzen angegeben, wie die eingehalten werden müssen nicht.
    Btw. Ich höre von meiner Wohnung am Sontag zwei Kirchengeläute, bei bestimmten Wind 3, die näheren sind nicht weiter als 500m Luftlinie entfernt. Uhrenschlagen höre ich nie. Allerdings sind die Türme recht niedrig und die Gegend ist bebaut.

    “Kirchliches Läuten in der Nacht ist recht selten.”
    Belege? Statistiken? “Recht”? Ist das eine Größenordnung in der Lärmschutzorndung? Überall, wo ich bisher darauf geachtet habe, ging das Gebimmel durch die Nacht durch, also um 24.00 Uhr 4 x + 12 x. Bedeutet in unserem Fall zeitversetzt um 24.00 Uhr 4 x + 12 x + 4 x + 12 x. Das Extragebimmel habe ich noch gar nicht berücksichtigt (das macht auch nichts, ist ja nur einmalig).
    Sprichst Du von einem anderen Land als Deutschland?

    Ich habe ein bisschen den Eindruck, du ignorierst die Argumente um polemisieren zu können.
    Nachts schlagen Uhren (teilweise jede viertel Stunde), das ist profanes Läuten, auch wenn es aus einem Kirchturm kommt, und unterliegt der TA_Lärm. Lies die TA, mach Schallmessungen und rede mit dem Besitzer der Uhr wenn es nicht passt. Mit Religion hat das zumindest rechtlich nichts zu tun.

    “freue mich aber trotzdem jedesmal wenn ich nach Deutschland zurückkomme über diesen Servive, der da geboten wird”
    Ich finde es auch einen klasse Service von einer angeblich aus Lärmschutzgründen falsch gestellten Kirchturmuhr über die aktuelle Zeit informiert zu werden. Sag mir Bescheid, wenn Du das nächste Mal hier bist, dann kaufe ich Dir für 5 Euro eine Armbanduhr.

    Danke für das Angebot. Da ich meine Anonymität nicht aufgeben will und schon eine schöne Uhr besitze, schlage ich Dir vor, das Geld in meinen Namen an Misereor oder Adveniat zu spenden, meinetwegen auch an den Humanistischen Bund. Die Spendenquittung darfst Du behalten.

  255. #255 Andrea N.D.
    7. November 2010

    @Moritz T.
    “Freiheit und Toleranz beruht darauf, dass man die Lebensweise seiner Mitmenschen akzeptiert – und nicht umgekehrt”
    Aber Du hast etwas gegen Menschen, die Stille benötigen – das ist dann wohl Deine Art von Toleranz? Na ja …

    … was ja auch immer sehr einfach ist, wenn Du nicht über den Tellerrand hinausguckst. Da wünsche ich Dir doch ein kleines Türmchen mit Rufer (selbstverständlich spielt der religiöse Hintergrund überhaupt keine Rolle) direkt neben Deinen Garten. Wenn Du dann ein halbes Jahr um 4.00 Uhr geweckt worden bist, dann sprechen wir uns hier noch einmal und reden über die Lebensweise Deiner Nachbarn und Deine angebliche Toleranz, okay?

    @koi:
    Irgendwie hast Du nichts Neues gesagt und nach wie vor keine Belege gebracht. Im Wiki-Artikel steht schon ganz oben das:”

    “Der Stundenschlag, das regelmäßige Schlagzeichen zur vollen Stunde, oft auch zur Viertelstunde, hat keinen kirchlichen Hintergrund. Er stammt aus der Zeit des Mittelalters, als der Großteil der Bevölkerung keine Uhr hatte und von der Turmuhr der Kirche abhängig war. Die Tradition hat sich jedoch bis heute gehalten und wird oft von Kirchengemeinden als liturgisches Zeichen für Vergänglichkeit und Ewigkeit umgedeutet.”

    Dass der Stundenschlag keine kirchliche “Geschichte” hat, bedeutet wohl in der Gegenwart nicht, dass er heute nicht als liturgisches Zeichen gedeutet wird. Und das ist wohl eher kirchlich als profan? Überlesen?

    Was ich allerdings am Wiki-Artikel interessant finde, ist die Tatsache, dass in ihm das Läuten (nachdem sogar für die gläubigsten und konservativsten Menschen die religiöse Erklärung wohl auch nicht mehr zeitgemäß erschien) jetzt mit der “Tradition” erklärt wird. Was genau soll diese Tradition eigentlich sein, wenn nicht hauptsächlich kirchlichen Ursprungs? Gab es andere? Und ist das eigentlich ein Argument: Weil wir das immer schon so gemacht haben, deshalb machen wir es jetzt auch weiter. Die Höhlen lassen grüßen.

    Wo waren noch einmal Deine Belege dafür, dass “kirchliches Läuten in der Nacht recht selten” sei? Ich teile diesen Eindruck nicht. Hier wäre doch auch interessant, den christlichen Anteil der Bevölkerung der Orte festzustellen, wo nachts durchgeläutet wird. Wenn (was ich stark vermute) viel Geläute und hoher christlicher Bevölkerungsanteil zusammenkommen, hat es indirekt wohl doch wieder etwas mit Religion zu tun.

    Wobei Du selbstverständlich Recht hast, ich kann mich ja beschweren und versuchen das Gebimmel nachts abstellen zu lassen. Du hast nur nicht begriffen, dass es mir darum gar nicht geht. Mir geht es darum, dass hier unnötiger (religiöser) Krach unter dem Deckmäntelchen der “Religionsfreiheit” veranstaltet wird, während islamische Bauten vehement bekämpft werden.

  256. #256 BreitSide
    7. November 2010

    @Andrea: richtig, der Glockenschlag zur Uhrzeit hat keine kirchliche Geschichte. Und ist deswegen auch schon mal gerichtlich untersagt worden.

    Auch meiner Beobachtung (und persönlicher Statistik) nach gibt es wenig Menschen in D, die nachts noch beschallt werden. Und dieser Anteil nimmt zu, je ländlicher die Gegend ist. In Groß- und Größtstädten ist nach 22:00 Uhr üblicherweise nicht mehr so viel zu hören.

    Oder hat jemand andere Erfahrungen aus Berlin, München, Hamburg oder so?

  257. #257 BreitSide
    7. November 2010

    @sjones: zu den Nacht- und Schichtarbeitern hat Andrea schon abschließend Richtiges gesagt.

    Ansonsten gibt es ja die TA Lärm, wie oben schon angesprochen.

    Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor von 0-6 Uhr

    Ist doch längs Realität bei Krankenhäusern und in Kurgebieten. Woanders – natürlich – nicht, da ja alle selbst mit dem Auto fahren wollen… Es verzichtet ja wohl auch keiner auf den billigen Urlaubsflug, um Rücksicht auf die Flughafenanwohner zu nehmen. Oder doch eine(r) hier? Nicht einmal ich, ich verzichte wegen der hohen Klimabelastung. Der Lärmschutz der Anwohner ist nur ein willkommener Zusatzgrund.

    Gastgärten zu ab 20:00 Uhr ( wegen der Kinder)

    Auch das ist seit Jahrzehnten Realität. Wenn auch meistens erst ab 22:00 Uhr. Nur in Bayern sieht man in den nächtens lärmenden Gästen ein besonders schützenswertes Kulturgut, das zu verteidigen ist.

  258. #258 BreitSide
    7. November 2010

    koi:

    Das versetzte Schlagen wird gemacht um a) die Information wie spät es ist nicht zu überlagern und b) die TA_Lärm einzuhalten, wobei das zweite eher ein mitgenommener Nebeneffekt ist.

    Also das Geläute (bzw das Schlagen, Läuten kommt ja nachts nicht vor) der Nachbargemeinde ist ja nun wirklich idR so leise, dass man schon genau hinhören muss. Ich behaupte mal einfach aus dem Bauch heraus, dass nicht einmal 1 % der Deutschen durch Nachbardorfs Glocken überhaupt mehr als 40 dB (A) abkriegen. Da ist jedes Auto auf der Straße lauter.

    Also ist das Unsinn mit der TA Lärm. Dazu solltest Du wissen, dass im Freifeld eine Minderung von 6 dB pro Abstandsverdoppelung eintritt. Und wenn die Nachbarskirche dann 10 dB leiser ist, wird sie gar nicht mehr eingerechnet.

    Und die absichtliche Zeitversetzung halte ich Gerlinde gesagt für ein Gerücht. Ganz im Gegentum, alle Gemeinden, die ich kenne, bemühen sich besonders um Pünklichkeit des Glockenschlags.

  259. #259 roel
    7. November 2010

    @Andrea N.D. “Wo waren noch einmal Deine Belege dafür, dass “kirchliches Läuten in der Nacht recht selten” sei? Ich teile diesen Eindruck nicht.” Wo sind Ihre Belege, dass das kirchliche Läuten in der Nacht nicht selten ist?

  260. #260 MoritzT
    7. November 2010

    ja, Andrea, ich hab ein ernsthaftes Problem damit, wenn Leute in Wohnungen neben Kirchen oder Fußballplätzen oder Schulen oder Kindergärten ziehen und sich dann über den Lärm beschweren. Selbstgerechtes Pack. Der Lärm, der stört, ist nämlich immer der der anderen. Die eigene Stereoanlage macht ja keinen Lärm, und das tägliche Rumgebrülle, um seine Ruhe durchzusetzen, ist dann auch kein Lärm. (Wow, das gibt eine kognitive Dissonanz, dass es einem fast den Kopf zerreißt)
    Kein Problem hab ich damit, wenn die Leute Ruhe brauchen, weil sie krank sind oder ein kleines Kind daheim haben. Wobei nach meiner Erfahrung alte, kranke Menschen über Trubel oft ganz froh sind.

    Nur zur Erinnerung:
    1. Leben verursacht Lärm.
    2. Auch der Umkehrschluss stimmt: völlige Ruhe gibts nur im Grab.
    3.a Auch moralische Atheisten machen beim Leben Lärm
    3.b Das ist auch gut so.

    Und jetzt kann mit diesem off-topic-Kirchenglockenbashing auch mal wieder Schluss sein!

  261. #261 michael
    8. November 2010

    > 1. Leben verursacht Lärm.

    Noch lange kein Grund, dass einzelne Sekten mit Glockengelärme auf sich und ihre Ritualhandlungen aufmerksam machen müssen.

  262. #262 roel
    8. November 2010

    @michael “Noch lange kein Grund, dass einzelne Sekten mit Glockengelärme auf sich und ihre Ritualhandlungen aufmerksam machen müssen.”

    Vielleicht meinen Sie Kirchen?

    Natürlich gibt es immer wieder Leute die sich über in Ihren Ohren unnötigen Lärm aufregen. Was ist mit Sportveranstaltungen, Discotheken, Wochenmärkten, Jahrmärkten, Straßenverkehr, Flugverkehr, Schifffahrt, Spielplätzen (müssen die eigentlich in Wohngebieten sein), Bauarbeiten usw.? Alles Lärmschleudern, und gegen alle gibt es Leute, die sich aufregen. Und, können die sich nicht diskret privat ohne es mir in irgendeiner Form mitteilen zu müssen, aufregen? Nein, selbst hier auf scienceblogs wird man damit belästigt!

  263. #263 Christian Reinboth
    8. November 2010

    Noch lange kein Grund, dass einzelne Sekten mit Glockengelärme auf sich und ihre Ritualhandlungen aufmerksam machen müssen.

    Zu meinem nicht geringen Erstaunen stelle ich fest, dass sich das Kirchenglocken-Thema tatsächlich über das Wochenende gerettet hat, deshalb erlaube ich mir, dazu – obwohl off topic – auch noch mal einen Kommentar abzugeben. Bei manchen Äußerungen wie der oben angeführten habe ich nämlich immer das Gefühl, dass es im Grunde gar nicht darum geht, eine Lärmbelästigung einzuschränken, sondern vielmehr darum, jedes Anzeichen für religiösen Glauben aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen und Kirchen damit letztendlich sogar noch schlechter zu stellen, als die “Fußballvereine”, mit denen sie immer so gerne verglichen werden. Zudem gibt es doch keine Kirche, die nachts um 3:00 Uhr zum Gottesdienst ruft – wenn es um diese Zeit läutet (von Weihnachten und Ostern mal abgesehen) hat das ganz sicher eher nicht-sakralen Charakter… Bei dem immer wieder aufkommenden Gewettere gegen das “christliche Gebimmel” sehe ich jedenfalls kein Licht am Ende des Tunnels: Wird in der Nacht nicht mehr geläutet, stört das Läuten am Tag, wird tagsüber nicht mehr geläutet, stört als nächstes die Dominanz der Glockentürme im Stadtbild etc. pp. So kann eine pluralistische Gesellschaft nicht funktionieren.

    Und was den Muezzin angeht: Ja, das wäre sicher erst mal ungewohnt (nicht ohne Grund sind Traditionen meist regional verwurzelt) – vielleicht würde es mich aber auch dazu anregen, einmal das Gespräch zu suchen und mich mit den Überzeugungen anderer auseinanderzusetzen. Im Übrigen halte ich es für ein Gerücht, dass es gerade die “christlichen Kirchtumverteidiger” sind, die am lautesten gegen den Bau einer Moschee protestieren – oft ist sogar das Gegenteil der Fall. So sammeln beispielsweise Kölner Kirchgemeinden Spendengelder für den Bau einer Moschee in Köln-Ehrenfeldt:

    https://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-666/i.html

  264. #264 koi
    8. November 2010

    @BreitSide
    Ich stimme Dir zu, TA und versetztes Läuten haben nicht miteinander zu tun, da habe ich falsch interpretiert. Das versetzte Läuten hat mir mal ein Turmuhrbauer (oder wie nennt man die Leute?) so erzählt. Ist aber natürlich nicht wirklich belastbar.
    Ansonsten war es das zu dem Thema von mir.

  265. #265 Andrea N.D.
    8. November 2010

    Okay, also Beschallung hauptsächlich in ländlichen Gegenden, wo man es dann richtig genießen kann, weil man sonst ja nichts hört.
    Nein Christian, kein religiöses Symbol, das ist – zumindest für meine Aussagen – eine haltlose Übertreibung von Dir. Mir geht es um unnötige bzw. zu vermeidende Lärmbelästigungen. Und mir geht es darum, dass Erklärungn von koi ala “Uhrzeit geben ist doch ein toller Service”, oder “mich regen Leute auf, die neben den Kirchturm ziehen und sich dann beschweren” vielleicht nicht mehr ganz richtig bzw. intolerant gegenüber den vom Moritz T. als “Hörsensibelchen” dargestellten Personenkreis sind.

    Dein “Sammelbeispiel” scheint mir eher die Ausnahme – komme nur leider grade nicht an Links. Die Moschee in München jedenfalls ist noch nicht gebaut.

    @roel:
    Wenn jemand etwas wie “Nachts ist Geläute selten” behauptet, sollte er das belegen. Vielleicht hat er ja Recht? Warum soll ich jetzt Belege für das Gegenteil bringen, wenn jemand diese Behauputung aufgestellt hat? Das ist mir nicht ganz klar.
    Du behauptest, in Deutschland gebe es 12 rote Einhörner und wenn ich nach Belegen frage, drehst Du mir eine Nase und sagst, ich solle das Gegenteil belegen? So wohl eher nicht.

    @Michael:
    Das ist genau mein Punkt: unnötigen Lärm vermeiden. Aber es ist sogar hier schwierig, das auszudrücken, weil es nämlich nicht – wie Christian behauptet, so ist, dass die Religiösität stört, sondern genau anders herum, die Kirchen und ihre Anhänger bereits sehr heftig werden, wenn man es nur wagt so ein Thema anzusprechen.

    @Christian:
    Ich warte immer noch auf profunde Antworten zum Thema “krichliche Pflege” etc. und deren angeblichen Vorteile bzw. dass sie nicht komplett nichtkirchlich finanziert sei. Das wurde schon einmal von einem Thread in einen anderen verschoben und poppt immer wieder hoch.

    Hier noch einmal der Kommentar:
    “@Christian:
    “Bei den Kirchenglocken ist eine Diskussion vielleicht einfacher, da mir unsere Standpunkte da deutlicher zu differieren scheinen: Auch wenn das nicht besonders rücksichtsvoll klingen mag, halte ich es nicht für gerechtfertigt, eine über ein Jahrtausend gewachsene Kulturtradition “sterben zu lassen”, weil der eine oder andere sich dadurch akustisch belästigt fühlt, vor allem auch deshalb, weil ich bei solchen Argumenten immer das Gefühl habe, dass sie auf die Verbannung sämtlicher Religion aus dem öffentlichen Raum (nicht im Sinne staatlicher Unterstützung sondern im Sinne des gesellschaftlichen Raumes) abzielen, was sich wiederum nicht mit der pluralistischen Grundordnung vertragen würde, über die wir ja eigentlich alle froh und dankbar sein können… ”

    Ist das ein Argument? Weil es eine jahrtausend gewachsene Kulturtradition ist? Soll ich einmal herumkramen, was für unsägliche Traditionen wir sonst noch so hatten, die wir glücklicherweise abgeschafft haben? Und ist der Muezzinruf keine gewachsene Kulturtradition? Ich würde Dir direkt neben Dein Haus ein solches Türmchen hinstellen. Dann könntest Du zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens brauchst Du Dich akustisch nicht belästigt fühlen (weil es ja eine jahrtausendelange Tradition darstellt) und zweitens könntest Du Deiner pluralistischen (was ist an den Kirchenglocken einer einzigen Konfession eigentlich pluralistisch?!) Grundordnung frönen, wenn Du jeden Tag um 4.00 mit dem Gejaule geweckt wirst. Und dann unterhalten wir uns noch einmal darüber, dass auch der Muezzin auf Dich Rücksicht nehmen könnte und vielleicht erst ab 6.00 Uhr rufen darf, okay?

    “… im Gegensatz beispielsweise zu Florian bin ich nämlich nicht der Ansicht, dass eine “Säkularisierung” des Pflegebereichs wünschenswert oder überhaupt umsetzbar wäre – …”
    Dazu hatte ich mich auch bereits geäußert. Da hätte ich doch gerne alturistische Beispiele. Wo bezahlt die Kirche denn ausschließlich Pflegedienste oder verrichtet diese? Dafür müsstest Du dringend einmal Belege bringen. Bei den Pflegebereichen, mit denn wir zusammenarbeiten – und es sind einige – ist keine Sozialstation, kein Altenheim etc. kirchlich finanziert. Auch die Caritas schöpft kräftig Steuergelder ab. Und auch die früher von den Kirchen als Träger geführten Kliniken wurden von den Krankenkassen bezahlt. Also von was redest Du, wenn Du von nichtsäkularen Pflegebereichen redest?

    Dein letzter Absatz ist schön formuliert und absolut zustimmungsfähig. Leider sagt die Erfahrung mir, dass die Toleranz der Kirchengeläutliebhaber beim Muezzinruf ziemlich schnell vorbei ist. Also sollte vielleicht doch auf eine gewisse Rücksichtnahme aller auf alle geachtet werden und nicht ständig Sonderrechte für eine Gruppe eingeräumt werden. Das hat dann nämlich Gelassenheit nichts mehr zu tun.”

  266. #266 roel
    8. November 2010

    @Andrea N.D. Ne, Ne, Sie schreiben an koi: “Wo waren noch einmal Deine Belege dafür, dass “kirchliches Läuten in der Nacht recht selten” sei? Ich teile diesen Eindruck nicht. Hier wäre doch auch interessant, den christlichen Anteil der Bevölkerung der Orte festzustellen, wo nachts durchgeläutet wird. Wenn (was ich stark vermute) viel Geläute und hoher christlicher Bevölkerungsanteil zusammenkommen, hat es indirekt wohl doch wieder etwas mit Religion zu tun.”

    Sie schreiben, dass Sie der Ansicht sind das nächtliches kirchliches Läuten nicht selten ist. Nicht selten ist für oft. Sie gehen also davon aus, dass nächtliches kirchliches Geläut oft vorkommt und finden es interessant den christlichen Bevölkerungsanteil festzustellen.

    Ich bin eher der Ansicht von Koi, der im übrigen gut beschreibt, wann nachts geläutet wird. Und da etwas was oft vorkommt einfacher zu belegen ist, als etwas was selten ist (zumal für mich gut beschrieben) wende ich mich an Sie, mit der Bitte um Belege, dass das kirchliche Läuten in der Nacht nicht selten ist?

  267. #267 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @roel:
    “Ne ne”, also vorher schrieb Koi: Kirchliches Läuten ist selten. Ich fragte nach Belegen. Ich habe diese Behauptung nicht aufgestellt, also suche ich auch nicht nach Belegen.

    Ich schrieb nichts von “Ansicht”, sondern dass ich diesen “Eindruck” nicht teile, um klar zu machen, dass wir offensichtlich unterschiedlichen “Eindrücken” unterliegen, die unbelegt gleichermaßen falsch wie richtig sein können. Vielleicht hat koi ja Recht und dies ist sehr einfach zu belegen (wenn auch sicherlich nicht in Bayern).

    “Ich bin eher der Ansicht von Koi, der im übrigen gut beschreibt, wann nachts geläutet wird. ”

    Na ja, dass das nur eine Ansicht sein kann, merkt man. Wie kann koi denn “gut beschreiben”, dass bei uns im Dorf gebimmelt wird und woanders nicht? D.h. wie kann denn überhaupt ein “Wann” “gut beschrieben” werden? Entweder es bimmelt oder nicht, dann hat das aber mit “guter Beschreibung” sehr wenig zu tun, sondern eher mit Statistiken.

    Da Du so sehr darauf herumreitest und Koi und mir offensichtlich die Zeit fehlt und das Thema dann doch so wesentlich nicht erscheint, zudem starke regionale Unterschiede bestehen zu scheinen, was hälst Du davon, wenn Du jetzt belegst, dass “es nachts selten läutet”, wo Du doch dieser Ansicht bist?

  268. #268 roel
    8. November 2010

    @Andrea N.D. Da halte ich garnichts von.

    1. bin ich im Jahr an durchschnittlich 21 Orten in Deutschland, wo mich bisher noch nie irgendwelches nächtliches Geläut gestört hat und

    2. koi: “Kirchliches Läuten in der Nacht ist recht selten. Weihnachten (Christmette, katholisch bzw. weihnachtlicher Gottesdienst, evangelisch, Beginn meistens 22.00 Uhr, 23.00 Uhr oder Mitternacht) und Ostern (Auferstehungsfeier, katholisch, Beginn 5.00 Uhr) dürften hier die einzigen sein die Nachtzeit fallen. (lokale Besondereitn können natürlich bestehen). Das früheste Läuten ist normalerweise das Angelus (wieder katholisch) um 6.00 Uhr, das aber oft generell oder nur im Winter auf 7:00 Uhr gelegt ist.” Bin ich der gleichen Meinung. Und

    3. Wenn das also bei Ihnen im Dorf anders läuft als unter 2., dann müssten Sie schon dafür die Belege liefern.

  269. #269 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @roel:
    “Wenn das also bei Ihnen im Dorf anders läuft als unter 2., dann müssten Sie schon dafür die Belege liefern”

    O je, das ist nicht Dein Ernst, oder? Soll ich Dich jetzt um 24.00 Uhr anrufen, damit Du mithören kannst?

    Du kannst einfach nicht verstehen, dass hier nicht DEINE Ansichten gefragt sind, sondern dass wir – wenn wir hier unbedingt feststellen müssen, wer quantitativ recht hat (wobei es mir darum in der Diskussion nicht ging, aber das wirst Du wohl nicht mehr verstehen) – Statistiken darüber finden müssten, wann wo nachts gebimmelt oder nicht gebimmelt wird. Dann hätten könnten wir auf einer Basis beispielsweise die Aussage machen, dass von xxxx Kirchenglocken nur 40% nachts läuten, dies von den Gemeinden geregelt ist und dort (wie ja bereits öfters bemerkt wurde) geklagt werden kann. Allerdings wurde hier nicht um Quantität sondern um Grundsätzlichkeit gesprochen. Wie Christian ja sehr schön bemerkte, ist das Gebimmel – wo und wann es denn stattfindet – ja eine gute alte Tradition, Nichtchristen lediglich ein Dorn im Auge, befördert den (christlichen?) Pluralismus und erfordert keine christliche Rücksichtnahme. Und da ist es dann egal, ob es in einem Dorf bimmelt oder in XXX Dörfern. Und damit ist für mich die Glockendiskussion beendet. Der Artikel handelte von etwas ganz anderem, zu dem u.a. Du Dich leider nicht geäußert hast und das wesentlich wichtiger und interessanter gewesen wäre als Dich nachts anzurufen um Dir zu beweisen, dass es nachts bimmelt. Fahr doch einfach einmal nach Bayern und campe neben einer Kirche. Dann kannst Du das nächtliche Läuten kaum versäumen.

  270. #270 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @ …
    ob es Dich dann allerdings “stört”, ist ja wieder eine andere Sache.

  271. #271 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Das Thema Kirchengeläut wird auf ScienceBlogs mit einer Vehemenz diskutiert dass es einem als Bewohner des katholischen Münster(Westf) schon manchmal den Atem verschlägt. Da ich selbst überhaupt kein Kirchenglockenbedingtes Schlaf-Störungs-Problem habe (obwohl zwei Kirchen nur wenige 100 m von meinem Schlafzimmer entfernt sind) habe ich mal ein wenig recherchiert.

    Wie ich u.a. dem Schlafmagazin entnehme gibt es von Seiten der Kirchen-Leitungen Empfehlungen, zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr morgens nicht die Uhrzeit zu schlagen. Verantwortlich sind jedoch die jeweiligen Gemeinden. Insofern scheint es das Beste zu sein, sich an die Kirchengemeinde im Wohnort zu wenden. Falls allerdings die örtlichen Gemeindemitglieder (die vermutlich auch Nachbarn sind) nicht den Wunsch verspüren, seltener den Glockenschlag zu hören, muss man sich als guter Demokrat vermutlich der Mehrheit beugen.

  272. #272 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich:

    Das war schon klar. Vielen Dank für die Recherche.
    Aber noch einmal: Darum ging es nicht, sondern u.a. um die Begründungen, die für das Läuten angeführt wurden. Wieviele Kirchen es dann tatsächlich sind, ist dann nicht von Relevanz.

    Wenn Sie kein Schlafproblem haben, obwohl zwei Kirchen nur wenige 100 m von Ihrem Schlafzimmer entfernt sind, heißt das jetzt, dass diese zwei Kirchen auch nachts durchbimmeln? Oder heißt es, dass Sie kein Schlafproblem haben, weil es bei Ihnen auch “selten nachts läutet”? Wenn es nachts bei Ihnen läutet, hätten wir ja schon 4 Kirchen in Deutschland, vielleicht könnten Sie dann roel klar machen, dass das “bei Ihnen im Dorf anders läuft”?

  273. #273 roel
    8. November 2010

    @Andrea N.D. “Du kannst einfach nicht verstehen, dass … Statistiken darüber finden müssten, wann wo nachts gebimmelt oder nicht gebimmelt wird.”

    Nein, mich interessiert erst einmal Ihre eigene Erfahrung zu nächtlichem Kirchengeläut. Anscheinend zerplatzt diese eigene Erfahrung jetzt wie eine Seifenblase. Und die Kirchenglocken, die Sie als unsägliche, vermeidbare Belästigung ansehen, kennen Sie nur von Höhrensagen.

    Zu dem eigentlichen Thema: Klar sind Atheisten ethische Menschen! Das ist für mich keine Frage. Sollte auch so verstanden werden können aus meinen Kommentaren!

  274. #274 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @roel:
    “Nein, mich interessiert erst einmal Ihre eigene Erfahrung zu nächtlichem Kirchengeläut. Anscheinend zerplatzt diese eigene Erfahrung jetzt wie eine Seifenblase. Und die Kirchenglocken, die Sie als unsägliche, vermeidbare Belästigung ansehen, kennen Sie nur von Höhrensagen.”

    Hä? Ich kenne die Belästigung nur vom “Hörensagen”? Was soll das denn jetzt? Vermischt Du jetzt schon wieder die Statistikebene mit der “Fühlebene”? Nur weil Du Dich nicht belästigst fühlst, existiert das Läuten nicht? Hier scheint wirklich alles verloren. Ich kann mich Dir nicht verständlich machen oder Du willst mich absichtlich missverstehen. Lassen wirs gut sein ja? Bei mir ist nachts Gebimmel (von zwei Kirchen), ich persönlich habe keinen Bock darauf, aber darum geht es gar nicht und ging es mir nie. Mir jetzt zu unterstellen, ich würde mir das Läuten einbilden, ist mir wirklich zu dämlich.

  275. #275 roel
    8. November 2010

    @Andrea N.D. Na ja, dann sind wir ja wieder beim Ausgangspunkt, den Belegen, die sie ja nicht liefern wollen, aber von mir Gegenbelege anfordern. Ich vermische hier keine Ebenen. Aber bevor wir hier Statistiken führen, sollten wir zumindest wissen warum. Und das einzige wass Sie dazu bringen sind unbelegte Behauptungen.

  276. #276 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @roel:
    Wir sind nur insofern beim Ausgangspunkt als dass Du Dich standhaft weigerst zu lesen. Also war das im anderen Thread doch kein Missverständnis. Wir also sind wieder beim Spaghettimonster (was nicht zwingend religiös sein muss, es hat eher mit wissenschaftlichem Verständnis zu tun) angemkommen.

  277. #277 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Ich weiß nicht, ob die Kirchen nachts läuten, da ich da entweder schlafe oder mit Freunden rede oder auswärts bin.

    Ich weiß, dass die Kirchen sonntags morgens um 10:00 Uhr läuten, und das ist für mich schon des öfteren störend, da es samstags meistens spät wird. Meistens schlafe ich aber nach dem Läuten einfach wieder ein, und wenn nicht, koche ich mir einen Kaffee und sag mir: “Eigentlich richtig, man sollte den schönen Sonntag nicht verschlafen.”

    Ich weiß, ich bin recht einfach strukturiert.

  278. #278 Frank S
    8. November 2010

    Spielt es denn eine Rolle, wie der einzelne zu Glockengeläut oder Muezzinrufen steht?

    Hier ist für mich nur bedenklich, wenn mit zweierlei Maß gemessen wird – wenn religiöse Rechtfertigungen akzeptiert werden wo “profane” Begründungen abgeschmettert würden.

    So lange sich irgend eine Geräuschquelle innerhalb des gesetzlichen Rahmen bewegt, ist mir gleichgültig, ob da eine Privatperson dahintersteht, eine katholische Kirche, oder eine Moschee – So lange alle drei nach denselben Kriterien beurteilt werden.

    “Das gehört zu unserer Religion” oder “Das ist Tradition” sind für mich keine Begründungen. Was irgendjemand glaubt, hat für andere keine Sonderstellung zu haben, und moderne Dummheiten mit dem Verweis auf vergangene Dummheiten zu begründen, ist mehr als fragwürdig.
    Fairerweise muss man allerdings zugestehen, dass solche Sonderbehandlung nicht nur Religionen betrifft. Da muss man nur einmal versuchen, in einem Dorf eine Beschwerde gegen den lokalen Schützenverein durchzukriegen.

  279. #279 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Okay, Sie haben keine Ahnung, ob Ihre zwei Kirchen, die – wie wir jetzt erfahren durften – keine 100 m von ihrem Schlafzimmerfenster entfernt sind, nachts läuten, weil Sie – wie wir zudem erfahren durften – anderen Freizeitvergnügen nachgehen, wo Sie das nicht mitbekommen. Sie wollten uns also weiter oben einfach nur mitteilen, dass Sie das Läuten nicht stört, ja dass Sie es so wenig wahrnehmen, dass Sie nicht einmal wissen, ob es nachts läutet oder nicht. Vielen Dank.

    Noch einmal für Sie, Moritz T und roel: Ich wollte keine Umfrage darüber starten, wen jetzt das Läuten stört oder nicht. Ich wollte auch nicht unbedingt eine Aufstellung darüber machen, wie viele Kirchen in Deutschland jetzt tatsächlich nachts läuten oder nicht. Es ging um etwas anderes; Frank S. hat das meiste davon noch einmal schön zusammengefasst.

  280. #280 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Andrea N.D., Ich finde ja immer wieder schade, dass Sie auch in Details nicht richtig lesen. “einige hundert” und “keine hundert”, das ist quasi ein unterschied von einer Größenordnung.

  281. #281 Andrea N.D.
    8. November 2010

    @Jörg Friedrich:
    Tut mir schrecklich leid, das war natürlich ein ganz wesentliches überlesenes Detail in dieser Diskussion. Wenn Sie sich den Betrag über Ihre persönlichen Befindlichkeiten gespart hätten, hätte ich so ein unwesentliches Detail in einem komplett überflüssigen Beitrag für diese Diskussion auch nicht überlesen können. Vielleicht denken Sie das nächste Mal darüber nach, ob Ihre Beiträge überhaupt zur Diskussion passen, bevor Sie so wesentliche Details wie die Entfernung zweier Kirchtürme zu Ihrem Schlafzimmer aus Ihrem Leben ausplaudern. Noch dazu ein Detail, das, wie sich herausstellte, auch noch komplett überflüssig ist, da Sie nicht einmal wissen, ob die einige hundert Meter entfernten Glocken jetzt nachts eigentlich läuten oder nicht. O man, Sie haben wieder den ersten Preis gewonnen. Wie schaffen Sie das nur immer?

  282. #282 roel
    8. November 2010

    @Andrea N.D. “Tut mir schrecklich leid, das war natürlich ein ganz wesentliches überlesenes Detail…” Ja Details, wen kümmern schon Details. Und dann dem anderen einen verpassen, schließlich ist es ja Jörg Friedrichs Fehler, das er das Detail eingebracht hat und nicht Ihrer, dass Sie es falsch verstanden haben.

  283. #283 Jörg Friedrich
    8. November 2010

    Christian Reinboth, ich bitte um Entschuldigung dafür dass ich diese Off-Topic-Diskussion unter Ihrem interessanten Beitrag befeuert habe.

  284. #284 koi
    8. November 2010

    @Andrea
    Ich wollte ja eigentlich nicht mehr, aber der Aspekt auf den ich hinweisen wollte ist ja ein bisschen untergegangen.
    Es gibt keinen rechtsfreien Raum für das Kirchenläuten. Das Uhrenschlagen von Kirchtürmen unterliegt dabei noch nicht einmal einem besonderen Schutz. Wenn Du aus der der Wiki Aussage, dass einige Menschen oder Kirchengemeinden das Uhrläuten als liturgisches Zeichen für Vergänglichkeit und Ewigkeit umdeuten herausliest, dass jetzt eine andere Rechtsordnung gilt, dann Willkommen in Andreas Welt.
    Willst Du vielleicht auch die Sonne abschaffen weil es Sonnenanbeter
    gibt?

    “Der Stundenschlag, das regelmäßige Schlagzeichen zur vollen Stunde, oft auch zur Viertelstunde, hat keinen kirchlichen Hintergrund. Er stammt aus der Zeit des Mittelalters, als der Großteil der Bevölkerung keine Uhr hatte und von der Turmuhr der Kirche abhängig war. Die Tradition hat sich jedoch bis heute gehalten und wird oft von Kirchengemeinden als liturgisches Zeichen für Vergänglichkeit und Ewigkeit umgedeutet.”
    Dass der Stundenschlag keine kirchliche “Geschichte” hat, bedeutet wohl in der Gegenwart nicht, dass er heute nicht als liturgisches Zeichen gedeutet wird. Und das ist wohl eher kirchlich als profan? Überlesen?

    Nein, oder besser Ja, weil komplett irrelevant für die Fragestellung. Es geht auch nicht um die Erklärung mit Tradition, obwohl ich die nachvollziehen kann, es geht um Recht: Verwaltungsrecht und Zivilrecht.
    Unser Traditionsverständnis ist ziemlich sicher auch nicht deckungsgleich.

    Wo waren noch einmal Deine Belege dafür, dass “kirchliches Läuten in der Nacht recht selten” sei? Ich teile diesen Eindruck nicht. Hier wäre doch auch interessant, den christlichen Anteil der Bevölkerung der Orte festzustellen, wo nachts durchgeläutet wird. Wenn (was ich stark vermute) viel Geläute und hoher christlicher Bevölkerungsanteil zusammenkommen, hat es indirekt wohl doch wieder etwas mit Religion zu tun.

    “Wenn das also bei Ihnen im Dorf anders läuft als unter 2., dann müssten Sie schon dafür die Belege liefern”
    O je, das ist nicht Dein Ernst, oder? Soll ich Dich jetzt um 24.00 Uhr anrufen, damit Du mithören kannst?

    Ich habe in dieser Welt nie behauptet, dass nachts keine Kirchenuhren schlagen, sondern dass kirchliches oder liturgisches Läuten (z.B.) Angelus in der Nacht selten ist und das auch belegt. In der Zwischenzeit kamen ja sogar Links herein, die sogar behaupten, dass Kirchengemeinden freiwillig auf nächtliches Uhrenschlagen du zu frühes liturgisches Läuten verzichten – wie können die nur.
    Dein Eindruck und Deine Lärmempfindlichkeit interessieren mich dabei überhaupt nicht. Der Zusammenhang vieler (Uhren)Geläute in der Nacht und christlicher Bevölkerungsanteil dürfte wohl ähnlich aussagekräftig sein wie der zwischen Storchenpopulation und Geburtenquote.

    Apropos Belege

    Dein letzter Absatz ist schön formuliert und absolut zustimmungsfähig. Leider sagt die Erfahrung mir, dass die Toleranz der Kirchengeläutliebhaber beim Muezzinruf ziemlich schnell vorbei ist. Also sollte vielleicht doch auf eine gewisse Rücksichtnahme aller auf alle geachtet werden und nicht ständig Sonderrechte für eine Gruppe eingeräumt werden. Das hat dann nämlich Gelassenheit nichts mehr zu tun.”

    Erfahrung ist kein Beleg, Anekdoten sind kein Beleg und Sonderrechte für Kirchenuhren gibt es nicht, das habe ich und andere belegt. Leider habe ich aber den Verdacht, dass Du in einem Ozean von Belegen verdursten würdest.
    @alle
    Mir geht es nicht ums Läuten oder um Moral, aber ich ärgere mich wenn falsche Behauptungen immer wiedergekäut werden obwohl ein bis zwei Klicks und eine zumindest oberflächliche Recherche das klarstellen können. Noch mehr nervt es mich, wenn Argumente ignoriert werden, rabulistisch oder nur plump umgedeutet werden und dann nach Belegen dafür gefragt wird. Wie war das:

    komme nur leider grade nicht an Links

    PS. gegen Polemik habe ich nichts, wenn sie gut ist.

    Entschuldigt für OT und meinen Ausbruch, ich habe am Anfang ja sogar das Stöckchen hingehalten. SCNR.
    Kommt nur bei Bedarf wieder vor

  285. #285 Christian Reinboth
    8. November 2010

    Och Leute…jetzt zankt euch doch bitte nicht so wegen der Kirchenglocken… Vielleicht kommen wir wieder auf die Sachebene zurück wenn wir feststellen, dass sakrales Läuten (im Sinne des Rufs zum Gottesdienst) nicht in der Nacht stattfindet und nächtliches Leuten im Grunde eher ungewöhnlich ist – ich persönlich kenne nur einen Ort, in dem auch in der Nacht jede Stunde geläutet wird – Wieda im Südharz, wo der Glockenturm eine faszinierende Geschichte hat und sich aufgrund der Tallage des Ortes auf einem Hügel befindet – eine spannende Sache, die hier aber zu weit führen würde (wir bewegen uns ja ohnehin schon weit off topic). Die Glocke läutet aber tatsächlich zu jeder vollen Stunde – auch um 3:00 Uhr, daran muss man sich in der Tat erst mal gewöhnen (hat aber mit Religion nichts zu tun…).

    Vielleicht lässt uns Andrea ja wissen, ob die Glocke, die sie da stört, tatsächlich zu einer Kirchgemeinde gehört (d.h. keine “kommunale” Glocke ist) und ob sie sich über das nächtliche Läuten schon mal bei der betreffenden Kirchgemeinde oder dem zuständigen Ordnungsamt beschwert hat – und wenn ja, was man ihr geantwortet hat.

  286. #286 michael
    8. November 2010

    > Und, können die sich nicht diskret privat ohne es mir in irgendeiner Form mitteilen zu müssen, aufregen? Nein, selbst hier auf scienceblogs wird man damit belästigt!

    Der einzige Lärm , dem man überall! ausgesetzt ist, ist der Strassenlärm und der Glockenlärm einiger Sekten oder Kirchen, die glauben, dass sie noch einen größeren Teil der hiesigen Bevölkerung repräsentieren. Gegen den Strassenlärm wird ja immerhin was unternommen.

    > Wird in der Nacht nicht mehr geläutet, stört das Läuten am Tag, wird tagsüber nicht mehr geläutet, stört als nächstes die Dominanz der Glockentürme im Stadtbild etc. pp. So kann eine pluralistische Gesellschaft nicht funktionieren.

    Schön gesagt. Aber war es nicht der Kölner Kardinal , der gefordert hat, dass bei einer Moschee in D das Minarett nicht höher als der Kirchturm sein dürfe.

  287. #287 Andrea N.D.
    9. November 2010

    @Christian:
    “Vielleicht lässt uns Andrea ja wissen, ob die Glocke, die sie da stört, tatsächlich zu einer Kirchgemeinde gehört (d.h. keine “kommunale” Glocke ist) und ob sie sich über das nächtliche Läuten schon mal bei der betreffenden Kirchgemeinde oder dem zuständigen Ordnungsamt beschwert hat – und wenn ja, was man ihr geantwortet hat.”

    Es ist schön, dass auch DU eine Kirche kennst, die nachts bimmelt. Es ist wirklich schön, dass roel keine einzige Kirche kennt, die nachts bimmelt und es ist am schönsten, dass Jörg Friedrich nicht einmal weiß, ob seine (Achtung, hier müssen wir genau sein: einige 100 Meter entfernten Kirchtürme) nachts bimmeln.

    “Noch einmal für Sie, Moritz T und roel: Ich wollte keine Umfrage darüber starten, wen jetzt das Läuten stört oder nicht. Ich wollte auch nicht unbedingt eine Aufstellung darüber machen, wie viele Kirchen in Deutschland jetzt tatsächlich nachts läuten oder nicht. Es ging um etwas anderes; Frank S. hat das meiste davon noch einmal schön zusammengefasst.” Und ich wollte auch keinen Rechtsstreit beginnen. Laut roel höre ich das Gebimmel eh nur vom “Hörensagen”, insofern kann das ja kaum Relevanz haben. Falls Du darauf hinaus willst, dass ja alles nur “weltliches Gebimmel” ist, muss ich Dich leider enttäuschen. Bereits in dem von Koi zitierten Wiki steht ja schon, dass die Kirchen sich das weltliche Stundenschlagen angeeignet haben. Aber auch hier geht es nicht um eine Aufstellung darüber, welches Stundenschlagen jetzt profan oder kirchlich ist.

    Christian, es ist schade, dass Du auf die wesentlichen Fragen, wie die von Dir angeblich so wichtige kirchliche “Pflege” geantwortet und Du bist eigentlich auch nicht auf den von mir aufgezeigten vitiösen Zirkel in Deiner Argumentation eingegangen. Jetzt in die selbe Kerbe zu schlagen, wie manche Kommentatoren hier, ist in hohem Maße unseriös. Genau diese Art der grundsätzlichen unchristlichen Nichtrücksichtnahme gegenüber Nichtchristen, die Begründung mit einer angeblichen Tradition und die unangemessenen Reaktionen auf einen so kleinen und unbedeutenden Vorschlag, wie das Bimmeln einzustellen, zeugt von einem so hohen Maß an Intoleranz allen Nichtchristen gegenüber, das mich immer wieder verblüfft und mich zu der Annahme verleitete, dass es hauptsächlich die Christen sind, die gegen eventuelle Lärmbelästungen anderer Religionen vorgehen (was stimmen kann, aber nicht stimmen muss). Und das Schönreden der Aktionen der krichlichen Oberen mit vermeintlichen muslimischen “Unterstützungen” hat ja Michael schön pariert.

  288. #288 Andrea N.D.
    9. November 2010

    https://www.reference-global.com/doi/abs/10.1515/9783899497137.338

    In diesem Urteil ist die “Verquickung” der unterschiedlichen Möglichkeiten gut dargestellt. Die im Urteil genannte evangelische Kirche kann sich nicht mit “sakralen Handlungen” herausreden, bimmelt also nachts “profan”, ist als “Träger” bzw. Eigentümer der Kirche jedoch für das Geläute verantwortlich. Resistent und intolerant gegenüber andere Befindlichkeiten (beruft sich auf Tradition und Religionsfreiheit (fälschlicherweise) – sehr schön dargestellt) wird die evangelische Gemeinde aufgefordert das Läuten nachts einzustellen. Gut beschrieben ist auch der mühselige Weg dorthin und die Nicht-Reaktion bzw. Intoleranz der Glockenbetreiber. Einziger Punkt, den ich nicht verstehe, ich dachte die Grenze sind 65 Dezibel? Damit hätte doch die Kirche munter weiterbimmeln können, waren es doch nur 62 Dezibel.

    Da bin ich wieder am Ausgangspunkt. Wo ist eigentlich das Problem der Christen aus Rücksichtnahme das Läuten nachts einzustellen? Und zwar nicht nur der Christen, die unter Umständen kirchlich dafür verantwortlich sind sondern, auch der Christen, die dem Glockenläuten zustimmen, weil es ja eine “so schöne Tradition ist”, oder, wie hier bereits genannt wurde, “ein so toller Service”. Und natürlich auch die Christen, die lärmempfindlichere Menschen als “Hörsensibelchen” darstellen, die ja wieder wegziehen könnten (dazu gibt es einiges im Web), wenn’s ihnen nicht passt.

  289. #289 roel
    9. November 2010

    @Andrea N.D. Zum Läuten der Glocken hat koi umfassend geschrieben. Dazu äussere ich mich jetzt nicht mehr.

    “Genau diese Art der grundsätzlichen unchristlichen Nichtrücksichtnahme gegenüber Nichtchristen, die Begründung mit einer angeblichen Tradition und die unangemessenen Reaktionen auf einen so kleinen und unbedeutenden Vorschlag, wie das Bimmeln einzustellen, zeugt von einem so hohen Maß an Intoleranz allen Nichtchristen gegenüber, das mich immer wieder verblüfft und mich zu der Annahme verleitete, dass es hauptsächlich die Christen sind, die gegen eventuelle Lärmbelästungen anderer Religionen vorgehen (was stimmen kann, aber nicht stimmen muss).”

    Wem haben Sie den unbedeutenden Vorschlag unterbreitet das Bimmeln einzustellen?

    Ansonsten, können Sie mit solchen Satzkonstruktionen in die Politik gehen. Viel Lärm um nichts! Und eine andere Frage habe ich noch: Was veranlasst Sie im Namen aller Nichtchristen zu sprechen?

  290. #290 Andrea N.D.
    9. November 2010

    @roel:
    Wenn Du jemals einen eigenen Beitrag einstellst und nicht nur Belege von nicht von mir aufgestellten Behauptungen forderst oder tolle Ratschläge hast, wie ich mit Jörg Friedrichs Entfernung zweier Kirchtürme zu seinem Schlafzimmer umzugehen habe, oder Empfehlungen, in welche Bereiche ich sonst noch so gehen kann, kurz, wenn Du Deine ad hominems stecken lässt und auch einmal etwas eigenes zu sagen hast, anstatt immer nur zu klatschen oder zu pöbeln, nehme ich Dich vielleicht wieder einmal ernst und antworte. Ansonsten hast Du sicher nichts dagegen, wenn ich Dich überlese.

  291. #291 roel
    9. November 2010

    @Andrea N.D. Sehen Sie, Sie sind mir zu schnell mit irgendwelchen Behauptungen, die Sie nie belegen können. Die Argumente anderer beachten Sie gar nicht und/oder verstehen Sie falsch. Es macht den Eindruck als ob der einzige Ort an dem Sie gegen Kirchenglocken kämpfen scienceblogs ist. Nur, diesen Kampf können Sie hier gar nicht führen, das ist der falsche Ort.

    Das wirklich einzige Argument, dass Sie gegen das Geläut haben, ist Störung Ihrer Nachtruhe. Also nochmal

    Wem haben Sie den unbedeutenden Vorschlag unterbreitet das Bimmeln einzustellen?
    Was veranlasst Sie im Namen aller Nichtchristen zu sprechen?

  292. #292 cydonia
    9. November 2010

    @roel
    Soweit ich das überblicken kann, habe ich das Glockenbeispiel gebracht. Deswegen eine Verbeugung in Richtung Andrea N.D., die sich hier mit einigen Strohmännern, aber vor allem mit viel unterschwelliger Aggressivität herumschlagen muss.
    Das Beispiel hatte aber hauptsächlich damit zu tun, dass es ideologisch geprägte Gemeinschaften gibt, die mit staatlichem Segen Werbung für sich machen dürfen, wobei anderen ideologisch geprägten Gruppierungen genau dies verweigert wird.
    Das Argument war, und ich bitte darum, nicht jetzt schon wieder Strohmänner in den Ring zu werfen, dass eine Ideologie, deren Grundlagen nicht belegbar sind, nicht auf Sonderrechte pochen dürfen sollte. Auch Tradition scheint mir als Argument zu schwach, um ernsthaft in Erwägung gezogen zu werden.

    Was anderes, das mir unglaublich sauer aufgestoßen ist, und das ich jetzt aufgrund der, wie ich finde, recht einseitigen Ausrichtung des threads doch noch mal zur Sprache bringen möchte.
    Was würden sie, Herr Reinboth, von der Frage: ” Kann ein Ausländer ein moralischer Mensch sein?” halten? Selbst wenn Sie die Frage dann mit “Selbstverständlich!” beantworten, kann ich den Sinn der Frage nicht nachvollziehen. Es ist ein Problem, das ich auch mit manchen Schriften von Hans Küng habe. Es scheint für Sie, wie auch für ihn, eine “richtige” Position zu geben, von der aus die restlichen Menschen beurteilt werden.
    Ich bin der Meinung, dass man eine solche Frage nicht stellen kann, wenn man sich nicht auf der “richtigen” Seite wähnt. Eine solche Frage scheint mir an Arroganz kaum zu überbieten! Sie können ja versuchen mich vom Gegenteil zu überzeugen.

  293. #293 roel
    9. November 2010

    @cydonia Nicht das es falsch bei Ihnen ankommt. Genauso wie Sie gegen einseitig vom Staat erlaubte Werbung für eine Religion oder auch Ideologie sind bin ich gegen einseitig falsche Argumente und gegen Leute, die meinen für alle anderen Nichtchristen zu sprechen, aber doch nur die eigene Meinung sagen. Ich hoffe nicht, dass sie mich meinen mit unterschelliger Agressivität, denn ich bin alles andere als agressiv. Ich versuche immer einen sachlichen und höflichen Ton zu wahren.

    Eine Frage habe ich an Sie: Wenn Sie den christlichen Kirchen Tradition in Deutschland absprechen, wer ist in Deutschland in Ihren Augen berechtigt sich auf Tradition zu berufen?

    Den 2. Teil ihres Kommentars richten Sie zwar an Christian Reinboth aber ich möchte für mich antworten. Die Frage “Kann ein Atheist ein ethischer Mensch sein?” verstehe ich als rein rethorisch. Der Sinn dieser Frage liegt in der Antwort, die nur Ja sein kann. In meinen Augen ist jeder Mensch ein ethischer Mensch. Ohne Ausnahme, allerdings mit Unterschieden in der Ethik.

  294. #294 cydonia
    9. November 2010

    @roel
    Es geht nicht um erlaubt oder nicht erlaubt. ich betone nochmal, dass ich Verbote ablehne. Es geht mir um die direkte Unterstützung!
    Tradition ist immer ein problematisches Thema. Warum? Weil es auch genügend Traditionen gibt, von denen wir uns zumindest in Deutschland zu recht distanziert haben. Eine Gesellschaft entwickelt sich weiter, diskutiert über Regeln und Gesetze, und muss aus meiner Sicht Traditionen, die sich als nicht mehr zeitgemäß erweisen, in die Tonne treten. Auch Homophobie oder Rassismus war traditionell in dieser und vielen anderen Gesellschaften weit verbreitet. Mich freut, dass dergleichen zum großen Teil überwunden wurde.
    Ich finde, dass man sich solch rhetorische Fragen nicht nur sparen kann, sondern sie sich verkneifen sollte. Ich frage doch auch nicht, ob Christen gute Menschen sein können. Was sollte eine solche rhetorische Frage denn Anderes bewirken können, als dass durch eine solche Frage automatisch impliziert wird, dass das nicht selbstverständlich ist.
    Anderes Beispiel gefällig?
    “Können Frauen logisch denken?” Würde ich diese Frage wirklich stellen, wenn ich nicht Zweifel an der Geisteskraft des weiblichen Geschlechts hegen würde?
    Sprache ist verräterisch, meistens.

  295. #295 Thomas J
    9. November 2010

    @roel

    Traditionen sind doch der Feind der Aufklärung… oder so, nicht?

  296. #296 MoritzT
    9. November 2010

    naja, Cydonia, zumindest ein Teil der Diskutanten bei Scienceblogs spricht religiösen Menschen ethisches Handeln per se ab – also ist die Frage von Herrn Reinboth erstens brillant formuliert (sie impliziert eine Attacke der Gegenseite) und zweitens brillant geziehlt (sie wendet sich an all jene Scienceblog-Leser, die sich für Atheisten halten – und zumindest bei den Kommentaren ist das die Mehrheit).

    Sprechverbote sind Denkverbote – und diese Diskussion hier war zumindest zeitweise wirklich spannend. Hätte man so ohne diese Frage nicht gehabt.

    Und danke übrigens, dass wir wieder beim Thema sind. Dass ich intolerant bin, wissen jetzt alle (weil ich Toleranz gegenüber der christlichen Mehrheit (sic! In Süddeutschland ist das so) fordere). Vielleicht sollte man die Frage wirklich so stellen, wie von der Cydonia abgelehnt: Können Menschen, die nicht belegbare, nicht überprüfbare und ihrem Wesen nach der Naturwissenschaft fremde Phänomene wie Moral und Ethik für nicht allgemeingültig halten, wirklich ethisch handeln? Oder handeln diese Menschen rein utilitaristisch (und die Sache mit der evolutionären Entwicklung von Ethik und Moral ist utilitaristisch). Gelten Werte allgemeingültig, wenn sie nur eine individuell gleichartige Illusion unseres Hirnes sind?

  297. #297 cydonia
    9. November 2010

    @MoritzT
    Wieso sollte Ethik den Naturwissenschaften fremd sein? Auch ethische Fragen sind durchaus wissenschaftlich greifbar. Wenn Du nicht der Meinung bist, nenne mir bitte ein Beispiel, das Deine These stützt.
    Und wieso Toleranz gegenüber der christlichen Mehrheit? Toleriert werden die Religionen doch eh, und das sogar per Grundgesetz. Wo ist das Problem? Möchtest Du ernsthaft behaupten, es wäre im Interesse der Gemeinschaft, Religionen oder andere Ideologien zu verbieten? Verlangt doch Keiner! Also nochmal: Keine Strohmänner bitte!
    Und nur nebenbei: Ich bin ein Mann, nur damit es nicht wie in anderen threads zu Irritationen kommt.

  298. #298 cydonia
    9. November 2010

    @MoritzT
    PS: Wie kommst Du darauf, dass religiösen Menschen per se ethisches Handeln abgesprochen wird? Erklär mir das bitte, sonst muss ich auch das als Strohmann abbuchen.

  299. #299 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Thomas J, wenn Traditionen der Aufklärung feindlich gegenüberstehen, kann es dann eine Tradition der Aufklärung geben?

  300. #300 roel
    9. November 2010

    @cydonia “”Können Frauen logisch denken?” Würde ich diese Frage wirklich stellen, wenn ich nicht Zweifel an der Geisteskraft des weiblichen Geschlechts hegen würde? ” Vielleicht, wenn Sie meinen, dass Ihr Gegenüberhat diese Zweifel hat und Sie ihm zeigen wollen, dass dieser unberechtigt ist. Oder Sie wollen Ihrem Gegenüber damit eine Analogie aufweisen.

    Traditionen sehe ich zwiegespalten. Auch wenn ich die religuiösen Traditionen nicht lebe, kann ich doch verstehen, dass viele andere diese leben und in ihnen einen Sinn sehen. Warum auch nicht? Muß man die Gläubigen bekehren und Ihnen zeigen, dass nur Wissenschaft wahr ist? Ich glaube an keinen Gott aber ich glaube auch nicht, dass das Universum sich selbst aus dem Nichts geschaffen hat, und das scheint mir im Moment der Wissenschaft letzte Weisheit zu sein.

  301. #301 Thomas J
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich

    phu… gibt es die denn?

    Sie wissen aber, um was es mir geht, oder?

    @roel
    Gläubige muss man nicht bekehren, sie aber darauf hinweisen und auch bekämpfen, wenn sie aus ihrem Glauben (das bezieht sich ja nicht nur auf Religionen) Ideologien ableiten, die den Menschenrechten widersprechen.

    und das hier:

    “aber ich glaube auch nicht, dass das Universum sich selbst aus dem Nichts geschaffen hat, und das scheint mir im Moment der Wissenschaft letzte Weisheit zu sein. ”

    wär jetzt nicht nötig gewesen.

  302. #302 cydonia
    9. November 2010

    Dass man Gläubige bekehren sollte, denke auch ich nicht.
    Dass man jungen Menschen die Chance geben sollte, sich in der welt zu orientieren, ohne dass man ihnen ein festes Muster in die Hand drückt, nach dem sie die Wirklichkeit interpretieren sollten, halte ich allerdings für wichtig.
    Und wenn man Glauben nicht auf diese Weise weitergibt wird er meiner Meinung nach über kurz oder lang einfach verschwinden. Ist das in Ihren Augen auch Bekehrung?

  303. #303 MoritzT
    9. November 2010

    Eigentlich müsstest Du Dir die Antworten oben nachlesen – aber das wird wieder unter Diskussionsverweigerung gepackt.
    Also nochmal: Ethik, Moral und Werte sind per se metaphysische Konstrukte, weder direkt noch indirekt messbar und setzen für ihre Existenz andere, metaphysische Konstrukte voraus. Die einzige Erklärung, die ins naturwissenschaftliche Weltbild passt, erklärt diese Phänome zur Illusion, die ihrerseits evolutionär entstanden sei. Damit sind Werte und das ganze Gedöns nicht zurückführbar auf nachvollziehbare, nicht beobachterabhängige Größen – wenn man das Weltbild nicht erweitert und so wie die Physik prinzipielle Unerfahrbarkeit akzeptiert (vgl. Unschärferelation). Gerade die Biologen werden ziemlich polemisch, wenns um so was geht. In meinen Augen ist die Frage, ob Werte ein immanenter Bestandteil des menschlichen Seins sind (und mithin ein metaphysisches Konstrukt in das Weltbild aufgenommen werden muss) – oder obs bloß Geschwurbel ist, eine Illusion, ein unbestimmtes Gefühl! Ich halte diese Frage für nicht beantwortet.

    Und was das das per se angeht: OK, mag keiner explizit so gesagt haben, aber aus dem Diskussionsverlauf oben liest man schon ein Überlegenheitsgefühl der Atheisten und aus manchen Kommentaren eine durchdringende, aggressive Ablehnung gegenüber Religionen unter HInweis auf deren unethisches Handeln heraus – so als ob das unethische Handeln charakteristisch sei für Religionen und die unethischen (wie auch die ethischen) Handlungen nicht einfach grundsätzlich Menschenwerk sein könne.

  304. #304 Christian Reinboth
    9. November 2010

    @cydonia:

    Was anderes, das mir unglaublich sauer aufgestoßen ist, und das ich jetzt aufgrund der, wie ich finde, recht einseitigen Ausrichtung des threads doch noch mal zur Sprache bringen möchte. Was würden sie, Herr Reinboth, von der Frage: ” Kann ein Ausländer ein moralischer Mensch sein?” halten?

    Falls es aus dem Text und den Kommentaren nicht deutlich hervorgegangen sollte: Der Hintergrund der Fragestellung ist, dass sich atheistische Kommentatoren in sehr vielen Debatten auf den ScienceBlogs darüber beklagt haben, dass ihnen im Diskurs mit religiösen Menschen – zumindest gefühlt – jegliche Moral abgesprochen würde. “Als Atheist kann man ja gar keine moralischen Werte haben” ist somit in meinen Augen eine Art Gegenpart zu “Wer religiös ist, kann offenbar nicht klar denken”. Und obwohl beide Positionen in Debatten – unter anderem eben auch hier auf den SB – der jeweiligen Gegenseite regelmäßig zum Vorwurf gemacht werden, zweifele ich an deren Prävalenz und habe das mit dem Küng-Zitat zu belegen versucht. Die Frage an sich mag somit zwar überflüssig sein, das Ausräumen von Vorurteilen (zudem von so hässlicher Natur) betrachte ich aber dennoch als lohnenswert.

    Um es auf das Ausländer-Beispiel zu übertragen: Auch die Frage “Sind alle Ausländer Sozialschmarotzer” ist überflüssig und mag mithin schon als Beleidigung aufgefasst werden, wenn jedoch der nachfolgende Artikel dazu beiträgt, genau dieses falsche Bild bei einigen auszuräumen, kann das so verkehrt nicht sein. Wobei es mir ja im Grunde gar nicht darum ging, das “religiöse Vorurteil” auszuräumen, dass Atheisten moralische Grundwerte fehlen, sondern eher darum zu verdeutlichen, dass eben dieses Vorurteil auf theistischer Seite – oder zumindest durch einen ihrer bekannteren Vertreter – als ebenso dumm und falsch empfunden wird, wie dies auf atheistischer Seite der Fall ist.

    Wie die Vielzahl der Kommentare zeigt, trifft die Frage ja auch irgendwo einen Nerv, von daher kann es so verkehrt nicht gewesen sein, sie auszusprechen (unschön wurde die Debatte ja erst nach dem Umschwenk auf die Kirchenglocken-Thematik). Ich bin ja ohnehin der Überzeugung, dass gerade diese “gefühlten” gegenseitigen Vorhaltungen eines der Haupthindernisse im Dialog zwischen Theisten und Atheisten sind: Ich würde auch nicht mit jemandem diskutieren wollen, der mich schon bevor auch nur der erste Satz gefallen ist als unmoralisch oder dämlich abstempelt. Von daher halte ich es nicht für verkehrt, bestimmte Vorurteile bei Gelegenheit aufzugreifen und zu sezieren…

  305. #305 cydonia
    9. November 2010

    Ich fang mal hinten an…
    “Ok, mag keiner explizit so gesagt haben..” Dann, werter MoritzT, kannst Du es auch nicht als Fakt bringen, sonst ist es, so leid es mir tut, nichts weiter als ein Strohmann.
    Du transportierst, vermute ich, Deine persönlichen Vorstellungen. Als Argument sind diese aber nur sehr eingeschränkt brauchbar.
    Ethik und Moral sind aus meiner Sicht Alles andere als metaphysische Konstrukte. Sonst muss ich mir nämlich auch überlegen, ob eine Mykorrhiza-Symbiose ein metaphysisches Konstrukt ist.
    Was ist denn so schlimm daran, anzunehmen, Moralvorstellungen hätten sich im Laufe des Zusammenlebens der Menschen entwickelt und verändert, und zwar je nach Bedarf? Und wieso sollte ich das anzweifeln. Argumente bitte!

  306. #306 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Thomas J, es ist meines Erachtens nicht hilfreich, einen Gegensatz von Aufklärung und Tradition zu konstruieren. Auch die Aufklärung fußt auf Traditionen und hat selbst eine Tradition des Denkens und Argumentierens begründet. Ohne Traditionen gäbe es gar keine Stabilität und damit keine Entwicklung.

    Der Gegensatz – und das meinen Sie vielleicht – besteht zwischen Aufklärung und Dogmatik.

    Ich hoffe, dass Sie meinen Einwand nicht als zu kleinlich empfinden.

  307. #307 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    cydonia, MoritzT, eine kleine Handreichung, wenn’s nicht stört:
    Wenn man über die Konstruiertheit oder wissenschaftliche Begründbarkeit von Moral und Ethik streitet hat es sich in den vergangenen Jahrhunderten als hilfreich erwiesen, zwischen dien beiden Begriffen zu unterscheiden: Moral bezeichnet dann praktischerweise die Werte-gestützten Handlungsgründe eines Menschen, während Ethik die Lehre von solchen Handlungsgründen ist. (worauf schon die Endung -ik wie in Logik, Physik usw hinweist)

    Sodann ist es sinnvoll sich darüber zu verständigen ob man die historische Entwicklung von Ethiken oder Moralvorstellungen betrachtet, diese kann man natürlich wissenschaftlich untersuchen, das ist meist unstrittig.

    Man kann aber auch betrachten, ob sich eine bestimmte Moralvorstellung irgendwie naturwissenschaftlich begründen lässt. Dies wir meist als der sog. “” bezeichnet. Wie der verlinkte Wikipedia-Artikel schon zeigt, ist das eine typische unendliche philosophische Diskussion, zu der geistvolle neue Beiträge jederzeit willkommen sind.

  308. #308 cydonia
    9. November 2010

    Hmja Herr Reinboth, ich weiß noch nicht genau, warum mich das Ganze nicht überzeugt, vielleicht krieg ichs noch raus. Auf jeden Fall, ehrlichen Dank für die Antwort!
    Ich denke übrigens, dass sich die Aussagen “Als Atheist kann man ja gar keine moralischen Werte haben” und “Wer religiös ist, kann offenbar nicht klar denken” auf sehr unterschiedlichen Ebenen bewegen.
    Das erste ist eine Behauptung, die relativ leicht widerlegbar ist(genau so, wie die Behauptung, religiöse Menschen könnten keine moralischen Werte haben)
    Bei der zweiten Behauptung spielen aus meiner Sicht Erfahrungen eine große Rolle, und zwar solcherlei Erfahrungen, die auch mich zur Überzeugung gebracht haben, dass ungewöhnlich viele religiös geprägte Menschen über bestimmte Dinge nicht nachdenken wollen(dass sie es nicht können bezweifle ich). Das ist auffällig und bedenkenswert.

  309. #309 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    HTML-Fehler, in den Anführungstrichen steht “Naturalistischer Fehlschluss”

  310. #310 michael
    9. November 2010

    > Ich frage doch auch nicht, ob Christen gute Menschen sein können.

    Warum nicht ? Unser Religionslehrer sagte immer, dass ein Christ sich jeden Tag fragen sollte, ob er selbst ein guter Mensch ist.

  311. #311 cydonia
    9. November 2010

    Dann Herr Friedrich, in der Hoffnung, dass es ebenfalls nicht stört, einige kurze Bemerkungen zum besseren Verständnis dessen, was so als Tradition bezeichnet wird.
    Unter dem Wort Tradition wird sehr oft alles Mögliche subsumiert. Oft meint man damit irgendwelche Regeln, manchmal Rituale, zuweilen auch einfach nur unhinterfragte Denkweisen.
    Ich würde mich gerade bei diesem Begriff über eine Differenzierung freuen.

  312. #312 Thomas J
    9. November 2010

    @Jörg Friedrich

    Vielleicht fehlt mir das nötige Geschichtsbewusstsein… aber ich fühle mich nicht in einer Tradition verwurzelt, wenn ich so und so denke. Jeder Mensch muss doch selber denken lernen…

    Traditionen können aber auch dogmatisch verteidigt werden, so wie das Kirchengebimmel.
    Das zeigt ja die Tatsache, dass es Kirchengemeinden gibt, die pragmatisch das Läuten in der Nacht abstellen und andere, die aus Tradition das Läuten beibehalten.

    Kurzum:
    Tradition kann nie ein rationales Argument für irgend eine Entscheidung sein.

  313. #313 cydonia
    9. November 2010

    michael, Scherzkeks! Es geht darum, ob sie es prinzipiell sein könnten. Und das sollte dann schon bejaht werden.

  314. #314 cydonia
    9. November 2010

    Herr Friedrich, ich denke nicht, dass man einem naturalistischen Fehlschluss erlegen ist, wenn man sich überlegt, weshalb sich bestimmte Verhaltensweisen wohl entwickelt haben könnten, und man sich dann beispielsweise bei Herdentieren umschaut, um Verhaltensweisen zu entdecken, die den unsrigen recht ähnlich sind.
    Mir schwant, die Angst, erkennen zu müssen, “nur” ein Tier zu sein wird mit der Naturalistischer-Fehlschluss-Keule bekämpft. Das scheint mir nicht legitim zu sein.

  315. #315 cydonia
    9. November 2010

    @ThomasJ
    Geht mir genauso mit der Tradition, deswegen möchte ich dann auch immer ganz genau wissen, was die Leute denn damit meinen. Die Erklärungen fallen erstaunlich oft recht wirr und vage aus.

  316. #316 MoritzT
    9. November 2010

    Naja, ich glaube, dass wir den wirklich essentiellen Punkt noch nicht getroffen haben: Jede Form der Ethik, die dem Naturalistischen Fehlschluss “erliegt”, hat den deutlichen Vorteil, dass die zugrundeliegenden Denkmuster und die daraus prinzipiell ableitbaren Normen einen tieferen Gültigkeitsanspruch besitzen, der prinzipiell nicht angetastet werden kann – und das trifft nun für Religionen wie auch für Kant zu. Alle nicht naturalistisch fehlschließenden Formen der Ethik passen zwar besser ins Weltbild, sind aber in sich variabel, ob nun eher utilitaristisch oder eben anders.
    Daraus könnte man nun postulieren, dass die nicht-fehlschließende Ethik in sich das Risiko trägt, leichter den gerade passenden Maßstäben unterworfen zu werden. Ist in Realität schwierig, weil sich beide Seiten in unethischem Verhalten nicht nachstehen und damit beide den Realitätstest nicht bestehen.

  317. #317 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Zum Begriff der “Tradition”: Ich denke, da sind wir einer Meinung, vielleicht ist das aus meinen kryptischen Bemerkungen nicht ganz deutlich geworden. Eben weil dieser so vielschichtig ist, sollte man, wenn man Aufklärung von irgendetwas abgrenzen will, nicht “Tradition” sondern z.B. “Dogma” als gegenwort nehmen.

    Zum “Naturalistischen Fehlschluss”:
    cydonia, Ihr Beispiel von der vergleichenden Verhaltensforschung fällt doch genau in die Kategorie von Forschung, die überhaupt nicht strittig ist. Natürlich kann man z.B. nach angeborenen Verhaltensweisen suchen, die wir dann als moralisch ansehen. man kann erforschen, was von dem, was wir als Werte-getrieben betrachten, Natur und was Kultur ist. Da gibt es dann ganz unterschiedliche Ergebnisse, wenn man z.B. einmal die kulturelle bedingtheit von “Mutterliebe” betrachtet. Die Frage nach den kulturellen und den angeborenen Ursachen von moralischen urteilen ist eine legitime Forschungsfrage.

    Der “naturalistische Fehlschluss” bezeichnet die (negativ beantwortete) Frage, ob man aus dem Sein auf das Sollen schließen kann. Um im Beispiel zu bleiben: Kann man wissenschaftlich begründen, dass eine Mutter ihre Kinder lieben soll? So etwas versuchen utilitaristische Ethiken. Wie gesagt, man kann argumentieren, dass das ein naturalistischer Fehlschluss ist, man kann aber auch argumentieren, dass das nicht der fall ist. Ich denke, das Erhellende an dieser Diskussion ist nicht das Ergebnis, sondern die verschiedenen Argumente.

  318. #318 BreitSide
    9. November 2010

    @koi: “dürfte wohl ähnlich aussagekräftig sein wie der zwischen Storchenpopulation und Geburtenquote.”

    Da bist Du – wie die meisten – dem Irrtum erlegen, dass, wenn eine direkte kausale Verknüpfung nicht gegeben ist (Störche verursachen nicht die Geburten), kein Zusammenhang bestehe. Hier ist es die berühmte “dritte Ursache” – und noch eine mittelbare Folge. Also:
    – unser Wohlstand beruht (ua) auf der Tatsache, dass wir Feuchtgebiete urbar gemacht (dh zerstört) haben
    – damit haben wir die Lebensgrundlage der Störche zerstört
    – eine weltweit zu beobachtende Tatsache, dass (im Schnitt…) höherer Wohlstand weniger Kinder bedeutet.

    Aber das ist schon wieder ot. Ich stelle nur gern Dinge richtig.:-)

  319. #319 Jörg Friedrich
    9. November 2010

    Thomas J, ich muss noch eine Frage stellen: Lassen Sie nur “rationale Argumente” als (gute, ausreichende, akzeptable) Argumente gelten?

    Wenn ja, dann möchte ich sagen, dass ich das für einen Fehler halte, und dass ich denke, dass der Verweis auf Traditionen ein gültigen Argument sein kann. In Traditionen kommen die sedimentierten Erfahrungen einer Gesellschaft zur Geltung, genau die Dinge, die wir nicht rational erklären können, die aber dennoch wirken. Wer Traditionen akzeptiert, der gibt zu, dass es ein Wissen gibt, dass nicht rational begründet werden kann, da niemand alles, was wichtig ist, wissenschaftlich erklären kann.

    Das heißt nicht, dass man Traditionen nicht kritisch hinterfragen sollte. Aber auch dafür gibt es mehr möglichkeiten als nur die wissenschaftlich-rationale Analyse.

  320. #320 Thomas J
    9. November 2010

    @JF

    Können Sie ein, zwei Beispiele geben?

  321. #321 BreitSide
    9. November 2010

    Auch wenn das Glockenlärmthema schon “offiziell” beendet ist, noch ein paar Fakten:

    @Andrea: “Einziger Punkt, den ich nicht verstehe, ich dachte die Grenze sind 65 Dezibel?”

    Um Gottes Willen(!)! 85 dB(A) sind die Grenze zum “Lärmbereich”, ab 80 dB(A) muss Gehörschutz zur Verfügung gestellt werden. 70 dB(A) sind erlaubt bei “vorwiegend mechanisiertenen Tätigkeiten”. 55 dB(A) gelten für geistig höherwertige Tätigkeiten.
    Das gilt aber nur für Arbeitsplätze.

    Laut https://de.wikipedia.org/wiki/Technische_Anleitung_zum_Schutz_gegen_L%C3%A4rm#Immissionsrichtwerte

    Auszug:
    Ziff 6.1 c: Kern-, Dorf- und Mischgebiete tags (6:00-22:00): 60 dB(A), nachts: 45 dB(A)

    Der Faktor zwischen 65 und 45 dB ist 100! Dh, eine Lärmquelle (Kirchenglocken) von 65 dB entspräche 100 Lärmquellen á 45 dB im selben Abstand.

    Und für die, die meinen, “das stört doch keinen”: Lärmereigniss, die nachts auch nur 55 dB(A) erreichen, stören objektiv(!) den Schlaf bzw. dessen Tiefe. Auch wenn sie subjektiv nicht als störend empfunden werden. Das nennt man die “extraaurale Wirkung” von Lärm.

    55 dB(A) entspricht ungefähr einem normalen Gespräch. Und ich denke nicht, dass jemand hier entzückt wäre, wenn in seinem Schlafzimmer “nur ein normales Gespräch” geführt würde.

    Schon 1910 prophezeite Robert Koch: „Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen, wie die Cholera und die Pest“. Auch aus Wiki.

    Nicht umsonst gibt es den jährlichen “noise awareness day”.

    Die Argumentationsfiguren “nur im Grab ist es ruhig” oder “die Stille Fordernden sind intolerant” erinnern fatal an die Raucherargumente “der Nichtraucher ist intolerant, mir als tolerantem Raucher macht es nichts, wenn jemand nicht raucht”. Einfach lächerlich.

    Nochmal sorry für ot, aber diese Klarstellungen scheinen mir wichtig.

  322. #322 BreitSide
    9. November 2010

    Sorry, nochmal ot, aber mir ist noch was aufgestoßen:

    @koi: “Sonderrechte für Kirchenuhren gibt es nicht, das habe ich und andere belegt.”

    Ich weiß jetzt nicht, ob es schon jemand angemerkt hat, aber wir wissen doch “Recht haben heißt nicht Recht kriegen”, und es ist ja wohl bezeichnend, dass es bei Kirchenglocken erst eines Gerichtsurteils bedarf.

    Wenn ein Rücksichtsloser nachts mit dem Motorrad durchs Kurgebiet donnert, bedarf es nicht eines Gerichtsurteils, nur eines klitzekleinen Tips an die Polizei, dass er verknackt wird.

  323. #323 BreitSide
    9. November 2010

    …und noch ein ot…:

    @frankS: “So lange sich irgend eine Geräuschquelle innerhalb des gesetzlichen Rahmen bewegt, ist mir gleichgültig, ob da eine Privatperson dahintersteht, eine katholische Kirche, oder eine Moschee – So lange alle drei nach denselben Kriterien beurteilt werden.”

    Würde man ein neues Gotteshaus bauen, dürften nachts definitiv keine Glocken läuten. Bei den anderen ist es “Bestandsschutz”, ein in D sehr hoch geachtetes Gut. Klingt irgendwie nach Tradition, oder?

  324. #324 BreitSide
    9. November 2010

    @JF: “Wer Traditionen akzeptiert, der gibt zu, dass es ein Wissen gibt, dass nicht rational begründet werden kann, da niemand alles, was wichtig ist, wissenschaftlich erklären kann.”

    Mit Verlaub, das ist Käse (nicht gleich aufregen, ich meine das wirklich so). Tradition hat nichts mit Wissen oder Nichtwissen zu tun.

    Die Tradition der Volkstänze zB, das sind einfach Werbungsrituale. Wo ist da der Bezug zu Wissen oder Nichtwissen?

    Ich denke, Du meinst eher so Sachen wie Sonnwendfeuer oder Fasching, mit denen man die Naturkräfte/-geister beeinflussen will.

    Traditionelle Mannbarkeits- oder Initiationsrituale haben wieder nichts mit Nichtwissen zu tun, sie erfüllen (bzw erfüllten) exakt den Zweck, für den sie gedacht sind/waren: eine feste Bindung an die Gemeinschaft aufzubauen.

    Samt deren moralischen Wertvorstellungen.

  325. #325 MoritzT
    9. November 2010

    Der letzte Satz von BreitSide ist spannend: moralische Wertvorstellungen sind allein sozialer Kitt. Cool! Weg damit! Im Ernst: wenns wirklich so ist, dass so Sachen wie das Naturrecht oder die Würde des Einzelnen gar nicht existieren, sondern ein evolutionär entstandenes Über-Ich mit seinem notorisch schlechten Gewissen uns zu unserem eigenen Wohlfühlen eine solche Illusion gibt – dann muss man sich gut überlegen, ob man an den ethischen Sonnwendfeuern und Moralfaschings noch teilnimmt oder sie nicht gleich radikalissimo an ihrer Nützlichkeit misst. Dann sind diese Vorstellungen nämlich unglaublich relativ.
    Und da kommen dann doch wieder die Religionen ins Spiel: sind Atheisten wegen des grundsätzlich unterschiedlichen Konzepts der Begründung der Wertvorstellungen anfälliger für ethische Grenzgänge als religiöse Menschen – den Klerus im letzteren ausdrücklich ausgenommen?
    Meiner Erfahrung nach kann man das bei ethischen Grenzfragen schon recht zuverlässig unterscheiden. Abtreibungen sind in stark religiös geprägten Gegenden deutlich seltener als in atheistisch/agnostisch geprägten Regionen. (Ich gebe zu, dass das Problem Abtreibung ursprünglich von den christlichen Kirchen durch ihre rigide Sexualmoral erst heraufbeschworen wurde.) Alles Pillepalle, Sonnenwendfeuer, Fasching, oder gibts da einen Unterschied in der Bewertung und Flexibilität der Grundsätze des Handelns?

  326. #326 BreitSide
    9. November 2010

    Und hier wieder ein typischer Fall von böswilligem Nichtverstehen:

    MoritzT: “Der letzte Satz von BreitSide ist spannend: moralische Wertvorstellungen sind allein sozialer Kitt.”

    Inhaltsverständnis: null. Setzen, sechs!

  327. #327 BreitSide
    9. November 2010

    @Moritz: “(Ich gebe zu, dass das Problem Abtreibung ursprünglich von den christlichen Kirchen durch ihre rigide Sexualmoral erst heraufbeschworen wurde.)”

    Sooo wichtig und alt sind die christlichen Kirchen auch nicht. Es gab unerwünschte Kinder schon lange vor den christlichen Kirchen, und es gab ebenso lange Methoden, sie loszuwerden.

    Zustimmung allerdings, dass sie das Problem deutlich verschärft haben.

  328. #328 Frank S
    9. November 2010

    Man muss nicht alles rational begründen können. Niemand verlangt eine rationale Begründung, warum jemand z.B. keine Erdbeeren mag, oder “Der mit dem Wolf tanzt” liebt.
    Genau so läßt sich nicht rational begründen, warum es “falsch” ist, Hunde zu essen, aber in Ordnung, Schweine zu verspeisen.

    Das sind Geschmäcker, Gewohnheiten oder Marotten. Es handelt sich nicht um grundsätzliche Aussagen über die Natur unserer Welt, und es kann gegensätzliche Ansichten geben, ohne dass eine von ihnen falsch sein muss.
    Traditionen – ebenso wie moralisch/ethische Ansichten – sind nicht objektiv feststellbar.

    Andere Dinge hingegen sind es. Homöopathie hat in keiner seriösen Studie Wirkung gezeigt, genau so wenig Schamanentänze ( das heißt nicht, das die Behandlung selbst zwangsläufig keine Wirkung gezeigt haben muss. Nur, dass die Wirkung nicht auf den Globuli/den Ritualgesängen beruhte, sondern z.B. auf dem Placebo-Effekt ).
    Hier kann man objektiv urteilen, und hier genügt “Tradition” oder “Religion” nicht mehr als Rechtfertigung – jedenfalls nicht, wenn die Absicht, die dahintersteht die Heilung des Patienten ist.

    Und da liegt der Hund begraben. Denn hinter den Traditionen oder Religionen stehen ja oft noch andere Absichten – sozialer Zusammenhalt der Gesellschaft, Gesundheit, unbeinträchtigtes Heranwachsen von Kindern etc.
    Dort muss akzeptiert werden, dass Tradition/Religion keinen Garantieschein dafür besitzen, auch die beste Methode zu sein, ihre hehren Ziele zu erreichen.
    Wer künstliche Befruchtung verbieten will, mag ehrlich überzeugt sein, dadurch zum Wohle seiner Mitmenschen zu handeln. Aber genau da muss er rational begründen können, warum das zutrifft.

  329. #329 BreitSide
    10. November 2010

    @Moritz: die “Würde des Einzelnen” wird noch gar nicht so lange als universell betrachtet. Schon gar nicht für die aus der anderen Familie/dem anderen Dorf/dem anderen Land/der anderen Kultur/Hautfarbe etc.

    Dass die Menschenrechte für alle Menschen dieser Welt gelten sollen, ist eine politische Willensentscheidung. Weder Naturrecht noch Evolution.

    Und wir sind – wie sich gerade in letzter Zeit herausstellte – nicht Sklaven der Verhaltensweisen, die uns die Evolution “ins Nest gelegt hat”. Wir können wählen.

  330. #330 cydonia
    10. November 2010

    Herr Friedrich, Sie hätten aufgrund meiner Argumentation erkennen können, dass ich sehr wohl weiß, wobei es sich bei einem naturalistischen Fehlschluss handelt. Ich weigere mich aber, mich auf ein derart durchsichtiges Glatteis führen zu lassen.
    Solche Fragen wie: “Kann man naturwissenschaftlich begründen, dass eine Mutter ihre Kinder lieben soll” sind, nicht nur für mich, vollkommen irrelevant. Derlei Diskussionen überlasse ich liebend gerne Spezialisten wie Herrn Ratzinger. Mein Verständnis von Philosophie rät mir derartige Spielchen zu ignorieren.
    Und zu den Traditionen: Wenn Wissen nicht rational begründet werden kann, sollte doch aus intellektuellen Redlichkeitsgründen auf das Etikett Wissen verzichtet werden.
    Sie vermischen in höchstem und inakzeptablen Maße Philosophie und Theologie. Das gefällt mir ganz und gar nicht. Ich sehe beide Bereiche als inzwischen klar getrennt an, und möchte mich persönlich nicht mit Glaubenswahrheiten, wie auch immer sie etikettiert sind, herumschlagen.
    Wenn Sie Traditionen wissenschaftlich nicht hinterfragen können, und glauben, dass Sie über andere Instrumente verfügen, ist das Ihr Problem. Ich bin noch nie auf die Schwierigkeit gestoßen, eine Tradition nicht zerpflücken und zumindest hypothetisch erklären zu können.

  331. #331 koi
    10. November 2010

    Achtung OT:
    @Breitside

    @koi: “dürfte wohl ähnlich aussagekräftig sein wie der zwischen Storchenpopulation und Geburtenquote.”
    Da bist Du – wie die meisten – dem Irrtum erlegen, dass, wenn eine direkte kausale Verknüpfung nicht gegeben ist (Störche verursachen nicht die Geburten), kein Zusammenhang bestehe. Hier ist es die berühmte “dritte Ursache” – und noch eine mittelbare Folge.

    Nee, dem Irrtum bin ich nicht erlegen, ich habe das mit der berühmten “dritte Ursache” schon im Kopf gehabt, sonst hätte ich schon einen anderen als diesen ausgelutschten Vergleich gewählt.
    Und hier auf den scienceblogs bin ich auch davon ausgegangen, dass ihn einige goutieren.

    Ich weiß jetzt nicht, ob es schon jemand angemerkt hat, aber wir wissen doch “Recht haben heißt nicht Recht kriegen”, und es ist ja wohl bezeichnend, dass es bei Kirchenglocken erst eines Gerichtsurteils bedarf.
    Wenn ein Rücksichtsloser nachts mit dem Motorrad durchs Kurgebiet donnert, bedarf es nicht eines Gerichtsurteils, nur eines klitzekleinen Tips an die Polizei, dass er verknackt wird.

    Stimmt schon, aber auch für den Motoradfahrer muss es erst mal eine Rechtsgrundlage geben. Und der Tipp hilft leider auch nur, wenn er dazu führt, dass der Motoradfahrer daraufhin in flagranti ertappt wird.

    Würde man ein neues Gotteshaus bauen, dürften nachts definitiv keine Glocken läuten. Bei den anderen ist es “Bestandsschutz”, ein in D sehr hoch geachtetes Gut. Klingt irgendwie nach Tradition, oder?

    Bestandsschutz ist schon eher ein wichtiger Teil der Rechtssicherheit, auch wenn er manchmal so ausgelegt wird, wie es einem nicht gefällt.

    @Andrea
    weil ich eh dabei bin.
    Es ist schön, dass Du mit Deinem letzten Link zeigst, dass ich recht hatte:
    – Es gibt keine Sonderrechte für nächtliches Uhrenschlagen.
    – Die Uhrenschläger können sich eben nicht (immer) auf Tradition und schon gar nicht auf sakrale Bedeutung zurückziehen.
    – Es gibt erfolgreiche Rechtsmittel dagegen vorzugehen.

    Bei der restlichen Interpretation des unvollständigen Textes (Gut beschrieben …, Intoleranz des Betreibers …) gehen unsere Meinungen allerdings ein bisschen auseinander.

    Und:
    Dass ich Christ sei, könntest Du bei Gelegenheit mal belegen

  332. #332 Kristin
    10. November 2010

    … bei vielen Atheisten der Eindruck entstanden ist, man spreche ihnen in der Tat sämtliche Werte ab.
    ——————————
    Das ist bedauerlicherweise wirklich häufig der Fall. Als es um die Etablierung des Religionsunterrichtes in Berlin ging, wurde ganz viel mit Werten und Moral argumentiert: Werte für Berlin. Atheisten sind häufiger kriminell, weil sie ja keine Moral haben. etc.pp. Was man sich da als Atheist alles anhören durfte – nicht fein.

  333. #333 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Koi:
    Seufz.
    “@Andrea
    weil ich eh dabei bin.
    Es ist schön, dass Du mit Deinem letzten Link zeigst, dass ich recht hatte:
    – Es gibt keine Sonderrechte für nächtliches Uhrenschlagen.
    – Die Uhrenschläger können sich eben nicht (immer) auf Tradition und schon gar nicht auf sakrale Bedeutung zurückziehen.
    – Es gibt erfolgreiche Rechtsmittel dagegen vorzugehen.”

    Sollte ich das je bestritten haben, weil es mir unklar war, gebe ich Dir in diesem Punkt nun noch einmal ausdrücklich Recht. Warum werden noch einmal Rechtsmittel dafür benötigt, um mühselig gegen etwas vorzugehen? Oder anders: Warum bedarf es bei Kirchenglocken eines Rechtsurteils um das Gebimmel einzustellen, wo doch die Rechtslage so eindeutig ist? Darum ging es mir unter anderem. Den Rest kannst Du nachlesen.

    Was das mit dem Christ soll, weiß ich nicht, aber Du wirst darauf brennen, es mir mitzuteilen, also werde ich wohl nicht darauf verzichten können, sonst hättest Du diese Pöbelfrage nicht gestellt.

    Ich denke aber insgesamt war es eine schönes Ablenkungsmanöver, weil schon sehr früh herauskam (wie ich auch oben mehrfach erläutert hatte), dass die Frage: “Kann ein Atheist ein moralischer Mensch sein?” insofern von einer die eigene Moral als überlegen ansehenden und intoleranten Warte gestellt ist, als das sie automatisch eine bestimmte Moral unterstellt und diese als Maßstab zur Beurteilung des Verhaltens von Atheisten nimmt. In meinem ersten Kommentar bereits wünschte ich mir, dass nicht nur Beurteilungskriterien einer Religion zugrundegelegt werden, sondern universale Beurteilungskriterien.

    Deshalb wies ich Christian darauf hin, dass seine Frage falsch gestellt sei und er – sofern er nicht einfach nur polemisieren wollte, da bin ich mir nicht mehr so sicher – die Frage anders formulieren müsste, nämlich: “Kann ein Atheist ein ethischer Mensch sein?” Und diese Frage ist, wie cydonia auch bemerkte, und ich ganz am Anfang schon schrieb, komplett überflüssig und deutet zudem auf eine sprachliche Herabsetzung hin (Können Frauen eigentlich logische denken? Können Ausländer eigentlich arbeiten? Auch hier wird ein eigener, überlegener Maßstab vorausgesetzt).

    Dass die Äußerungen von Jörg Friedrich und Christian zur angeblichen kirchlichen Demokratie nicht haltbar sind, habe ich ebenfalls dargestellt. Angesichts der Tatsache, dass die Frage schon eine bestimmte Moral voraussetzt, hinter der zudem ein Dogma steht, hat das ganze auch wirklich nichts mit Demokratie zu tun. Das Frauenwahlrecht anzuführen, um die Kirche demokratisch erscheinen zu lassen, war genauso falsch wie den Vatikanischen Konsilen zu versuchen, ein demokratisches Prozedere unterzuschieben.

    Vor diesem Hintergrund ist das Glockenbeispiel in dieser Kommentarschlacht schon interessant; vor allem die Reaktionen. Christian schrieb ja sinngemäß ungefähr, heute die Glocken, morgen die Kirchen und übermorgen “verbrennen wir die Bischhöfe” (sorry, konnte nicht widerstehen) – und genau das kam in den Kommentaren auch heraus. Traditionen dürfen nicht hinterfragt werden, es darf sich nicht daran gestört werden und im Endeffekt kommt eine Schlacht darüber hinaus, wer sich denn am wenigsten gestört fühlt – der hat dann Recht oder fühlt sich am tollsten. Und wenn so ein Geschrei von allen Religionsrichtungen und Atheisten veranstaltet wird, weil – wie wir festgestellt haben – eine geltende Rechtslage durchgesetzt werden soll (NUR Gebimmel einstellen von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr, MEHR nicht); dann wundere ich mich nicht mehr, dass die PID torpediert wird, Deutschland als eines der wenigen Länder nicht mit embryonalen Stammzellen forschen darf und Kinder nach wie vor Leichen am Kreuz angucken müssen (zur Vorbeugung: koi, die Rechtslage ist mir bekannt, die Realität sieht anders aus).

    Ganz ehrlich? Manchmal wünsche ich mir, dass sich der Islam mehr durchsetzt, damit dieser nichtsäkularisierte Staat endlich erkennt, dass Religionsfreiheit nicht “Tyrannei “einer Religion bedeuten muss, sondern auch Freiheit von Religion bedeuten kann. Die Kopftücher beispielsweise stehen immer wieder zur Diskussion, weil sie angeblich das öffentliche Empfinden stören und ein Unterdrückungssymbol darstellen. Ich frage mich wirklich, was eigentlich das öffentliche (oftmals möglichst naturgetreue) Zurschaustellen einer Leiche am Kreuz symbolisieren soll und warum sich niemand an einem halbnackten Sterbenden, mit Pflöcken durchbohrten und Blutendem stört.

  334. #334 cydonia
    10. November 2010

    Andrea, danke für die aus meiner Sicht ausgesprochen saubere Argumentation!
    Ich bin gespannt auf die Reaktionen, und werde versuchen, wenn es meine Zeit erlaubt, meinen Senf dazuzugeben. Gruß, cydonia

  335. #335 Christian Reinboth
    10. November 2010

    @Andrea N.D.:

    Warum werden noch einmal Rechtsmittel dafür benötigt, um mühselig gegen etwas vorzugehen? Oder anders: Warum bedarf es bei Kirchenglocken eines Rechtsurteils um das Gebimmel einzustellen, wo doch die Rechtslage so eindeutig ist?

    Ich glaube, dass Du da zu Unrecht einen Skandal siehst. Die Rechtslage hinsichtlich des Bezahlens von Rechnungen ist in Deutschland beispielsweise auch ganz eindeutig (wer kauft muss auch zahlen), trotzdem kommt es jedes Jahr zigtausendfach vor, dass der Gläubiger umständlich mahnen, einen Titel erwirken oder sogar vor Gericht ziehen muss, um an sein Geld zu kommen. Die Rechtsstaatlichkeit ist ja nicht dadurch gegeben, dass jeder Bürger sich zu jedem Zeitpunkt an geltendes Recht hält, sondern dass man bei Rechtsverletzungen erfolgreich klagen kann. Will sagen: Wenn denn die Rechtslage wirklich ganz eindeutig ist, die Kirchgemeinde das aber einfach nicht einsieht, dann dürfte ja bereits eine einzige Anhörung vor Gericht ausreichen.

    Daher nochmal meine Frage von gestern (oder vorgestern): Hast Du Dich denn schon mal über das Geläut bei jemandem beschwert oder versucht, Deine diesbezüglichen Rechte z.B. über eine Eingabe beim Ordnungsamt durchzusetzen? Und wenn ja, was ist dabei herausgekommen?

    Das Frauenwahlrecht anzuführen, um die Kirche demokratisch erscheinen zu lassen, war genauso falsch…

    Inwiefern ist das falsch? Das Frauenwahlrecht gehört zu denjenigen demokratischen Selbstverständlichkeiten, die zumindest in der evangelischen Kirche voll umgesetzt werden und eignet sich insofern zumindest meines Erachtens nach schon als ein Beispiel dafür, dass “Kirche” per se nicht gänzlich undemokratisch sein muss – wie ja behauptet. Dass man nicht über den Inhalt der Bibel abstimmen kann, macht die Kirche – wie schon im vorangegangenen Kommentar dargestellt – ja auch keineswegs undemokratisch, schließlich kann auch in einer Demokratie nicht über jeden Sachverhalt – schon gar nicht den Inhalt von Büchern – abgestimmt werden.

    Christian schrieb ja sinngemäß ungefähr, heute die Glocken, morgen die Kirchen und übermorgen “verbrennen wir die Bischhöfe” (sorry, konnte nicht widerstehen) – und genau das kam in den Kommentaren auch heraus. Traditionen dürfen nicht hinterfragt werden, es darf sich nicht daran gestört werden und im Endeffekt kommt eine Schlacht darüber hinaus, wer sich denn am wenigsten gestört fühlt – der hat dann Recht oder fühlt sich am tollsten.

    So war das ja nun erkennbar nicht gemeint – ich habe bei der Diskussion um den “Dauerbrenner” Kirchengeläut nur immer den Eindruck, dass das Geräusch von einigen deshalb als besonders störend empfunden wird, weil es aus einer Kirche kommt – und da liegt die Vermutung nahe, dass es – vielleicht unbewusst – nicht nur um die Nachtruhe sondern auch darum geht, jedes Anzeichen öffentlich praktizierter Religion (was Geläute mitten in der Nacht übrigens eindeutig nicht ist, da nicht sakraler Natur) möglichst zu minimieren oder verschwinden zu lassen, was sich ja auch in Deiner Kritik am “öffentlichen Zurschaustellen” des Kruzifix ausdrückt.

    Ganz ehrlich? Manchmal wünsche ich mir, dass sich der Islam mehr durchsetzt, damit dieser nichtsäkularisierte Staat endlich erkennt, dass Religionsfreiheit nicht “Tyrannei “einer Religion bedeuten muss, sondern auch Freiheit von Religion bedeuten kann.

    Ob das ein so weiser Wunsch ist, sei mal dahingestellt. Die Auseinandersetzung zwischen Atheismus und Christentum dürfte meiner Einschätzung nach aller Polemik zum Trotz für die Atheisten wesentlich angenehmer sein als die bislang kaum existente Auseinandersetzung zwischen Atheismus und Islam.

  336. #336 cydonia
    10. November 2010

    Herr Reinboth, ich möchte Sie daran erinnern, dass ich mich zu meinen Erfahrungen mit christlich geprägten, teilweise unverschämten bis sehr aggressiven Diskutanten bereits geäußert hatte.
    Ich habe mit einigen Imamen und islamischen Gemeindemitgliedern ähnliche Diskussionen geführt, und muss sagen, dass diese Diskussionen bis jetzt wesentlich höflicher abliefen.
    Ich denke, dass viele christlich geprägte Menschen glauben, Sie hätten(aus Tradition?) mehr Rechte als andere, und sich deswegen zum Teil so schlecht benehmen.
    Ich vermute, Sie haben sich noch nicht mit Vertretern des Islam in Deutschland über Atheismus unterhalten. Vielleicht sollten Sie es einfach mal versuchen.

  337. #337 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Christian:
    Sieht so aus, als möchtest Du noch einmal von vorne anfangen, auch gut.

    “Das Frauenwahlrecht anzuführen, um die Kirche demokratisch erscheinen zu lassen, war genauso falsch…
    Inwiefern ist das falsch? Das Frauenwahlrecht gehört zu denjenigen demokratischen Selbstverständlichkeiten, die zumindest in der evangelischen Kirche voll umgesetzt werden und eignet sich insofern zumindest meines Erachtens nach schon als ein Beispiel dafür, dass “Kirche” per se nicht gänzlich undemokratisch sein muss – wie ja behauptet. Dass man nicht über den Inhalt der Bibel abstimmen kann, macht die Kirche – wie schon im vorangegangenen Kommentar dargestellt – ja auch keineswegs undemokratisch, schließlich kann auch in einer Demokratie nicht über jeden Sachverhalt – schon gar nicht den Inhalt von Büchern – abgestimmt werden.”

    Das hatten wir schon:

    “Auch in einer Demokratie gibt es aber Werte und Gesetze, die eben nicht Gegenstand von Abstimmungen werden können oder dürfen. Auch mit einer deutlichen Mehrheit ließe sich hierzulande richtigerweise weder die Sklaverei einführen noch das Frauenwahlrecht abschaffen. Und ebenso unvorstellbar wäre eine innerkirchliche Abstimmung darüber, ob man vielleicht das fünfte Gebot streichen oder drei neue hinzufügen sollte…”

    Meine Antwort darauf war:
    @Christian:
    Ja, aber auch diese Gesetze (die unveränderbar bleiben sollen) haben sich Menschen irgendwann selbst gegeben. Gerade das Frauenwahlrecht wurde vor noch nicht einmal 100 Jahren eingeführt! Die Religionen behaupten, dass ihre Gebote von Gott kommen. Ich halte das ja für eine reine Annahme, wie ich bei Mose bereits ausführte, aber wer bezieht sich schon gern im Glauben auf Moses, einen Menschen? Das heißt, meiner Ansicht nach handeln ja eigentlich die (in diesem Fall) evangelischen Christen in gewissem Maße genauso wie die Bürger einer Demokratie – sie dürfen es nur nicht zugeben. Insofern kannst Du eine gewisse Demokratie in der evangelischen Kirche nur behaupten, wenn Du die Hypothese fallenlässt, dass die Gebote direkt von Gott kamen. Sieht nach vitiösem Zirkel aus :-).

    Scheint so, als hättest Du das vergessen. Im Thread weiter oben hast Du Dich dann damit herausgeredet, dass ja zwar das von Gott gesetzte Dogma nicht geändert werden kann/darf (also ein zutiefst undemokratischer Akt), aber dafür kann ja jede aus dem Verein austreten. Und da kommen die Glocken, der Religionsunterricht und die Leiche am Kreuz ins Spiel. Von denen kann mensch nämlich nicht austreten. Das ist eine Grundsatzfrage und hat, lieber Christian, noch einmal: nichts mit aktuellen Beschwerden oder Hörleiden zu tun. Dass die Rechtslage hier (ich bin lernfähig) aktuell dies eigentlich klar geregelt hat (wie auch bei den Kreuzen und dem Unterricht), macht es um so frustrierender. Bzw. es ist frustrierend, mit wie viel Unverständnis, Unterstellungen (auch hier) und Gerichten mensch sich erst herumschlagen muss, bevor eine religiöse Lärmbelästigung abgestellt wird. Das hat sehr viel mit religiösem Selbst- und selbstverständlichem Sendungsbewusstsein zu tun. Genauso wie das Ansetzen einer christlichen Moral zur Beurteilung aller nichtchristlichen Menschen. Und enthält nicht gerade die christliche Moral viel Rücksichtnahme, Verständnis und Nächstenliebe? Da liegen doch Anspruch und Realität weit auseinander. Vielleicht sollte die nächste Frage lauten: Kann vor dem hohen Anspruch der christlichen Moral eigentlich ein Christ noch moralisch sein?

    Ich denke nicht, dass möglichst alle sakralen Anzeichen aus der Öffentlichkeit minimiert (ein seltsamer Ausdruck) werden oder verschwinden sollen. In einem wirklich pluralistischen und säkularisiertem Staat sollte nur nicht nur EINER Religion gestattet sein, ihre optischen und akustischen Signale zu setzen. Ich meine, es sollte in einem säkularisietem Staat in öffentlichen Bereichen, wie Schulen, überhaupt keine sakralen Zeichen gesetzt werden.
    Mein Wunsch, dass auch andere Religionen das einfordern, was die christliche Religion für sich selbstverständlich in Anspruch nimmt war nicht dahingehend, dass das Ganze noch unerfreulicher wird, sondern dass ein Bewusstsein dafür entwickelt wird, dass wir ein Staat mit Religionsfreiheit haben. Es heißt nicht christliche Religionsfreiheit oder Vorherrschaft der christlichen Religion. Den Rest hatte ich bereits geschrieben und möchte mich ungern wiederholen.

  338. #338 roel
    10. November 2010

    @Andrea N.D. Erst kämpfen Sie gegen Kirchenglocken, jetzt gegen Kruzifixe was wird es als nächstes sein? Sie wünschen sich mehr Islam in Deutschland. Auf kurz oder lang wird sich der Islam auch in Deutschland stärker etablieren, auch mit seinen Symbolen und Traditionen. Ich hoffe in einer nicht radikalisierten Form.

    Aber das verschlechtert doch Ihre Situiation. Haben Sie es jetzt nur vermehrt mit dem Christentum zu tun kommt mit dem Islam die nächste Religion hinzu. Wie wäre es mit einem rein atheistischen Staat? Hierzu fällt mir Albanien ein (Link siehe unten) und
    man sieht schnell, wozu Atheismus misbraucht werden kann. Die Lösung kann eigentlich nur sein dass mehr Toleranz geübt wird.

    Sie können natürlich denken was Sie wollen. Sie können für die Kinder den am Kreuz blutenden Jesus als Zumutung empfinden, vielleicht ja auch für sich selber. Schaut man sich den Müll an, der heutzutage im Fernsehen den Kindern gezeigt wird, dann erscheint ein blutender Jesus weit entfernt von allem worüber man sich aufregen könnte.

    Aus wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/Säkularisierung#Albanien_und_der_totalit.C3.A4re_S.C3.A4kularismus
    “Zu einer besonders radikalen Entwicklung kam es nach dem Zweiten Weltkrieg in Albanien, unmittelbar beeinflusst durch den Stalinismus und die maoistische Kulturrevolution, beides entschieden säkularistische Bewegungen. Unter dem Diktator Enver Hoxha wurde eine gewaltsame Säkularisierung vorangetrieben, die immer radikalere Formen annahm. Sie mündete schließlich 1967 in ein totales Religionsverbot, das die Praktizierung jedweder Religion unter Strafe stellte. Hoxha erklärte das Land zum „ersten atheistischen Staat der Welt“, Moscheen und Kirchen wurden systematisch zerstört.”

  339. #339 cydonia
    10. November 2010

    roel, Vorsicht!
    Wenn Du jetzt anfängst von atheistischen Staaten zu reden, und die kaum noch angezweifelte Einschätzung, dass es sich bei Albanien oder anderen sogenannten kommunistischen Staaten um ideologisch geprägte Systeme handelt(e), die einen gottgleich verehrten Führer an die Spitze ihrer “Staatsreligion”, in Anlehnung an sämtliche religiösen Traditionen, setzen, ignorierst, dann nehme ich dich nicht mehr ernst!
    Der Keks ist gegessen! Back bitte einen neuen.

  340. #340 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @roel:
    Du bist wirklich nicht ernst zu nehmen. Ich finde nur folgendes so witzig: Meine Kinder sehen nicht fern. Und was ist jetzt mit Deinem schönen Argument? War wohl mal wieder ein Strohmann. Ich fand Argumente schon immer gut, die darauf basieren, dass es woanders ist es noch viel viel schlimmer ist, deshalb lassen wir es mal lieber schlimm. Da fällt mir ein, es wird wirklich viel Müll im Fernsehen gezeigt. Florian schrieb da doch irgendetwas über staatliches subventionierte Bibelkartoons oder so …

    Zu Deiner Steigerung (die auch Christian verwendet hat) und die ich bei “brennenden Bischöfen” enden ließ, ist auch schon alles gesagt. Du wiederholst uns nur.

    Das ist wirklich klasse: Back bitte einen neuen Keks!

  341. #341 Christian Reinboth
    10. November 2010

    @Andrea N.D.:

    Dass die Rechtslage hier (ich bin lernfähig) aktuell dies eigentlich klar geregelt hat (wie auch bei den Kreuzen und dem Unterricht), macht es um so frustrierender. Bzw. es ist frustrierend, mit wie viel Unverständnis, Unterstellungen (auch hier) und Gerichten mensch sich erst herumschlagen muss, bevor eine religiöse Lärmbelästigung abgestellt wird.

    Ich hoffe das kommt jetzt nicht falsch an, da ich die Frage schon mehrfach gestellt habe, aber es interessiert mich wirklich (auch, um Deinen Standpunkt besser verstehen zu können): Du sprichst von einer Dich persönlich betreffenden Belästigung und einer diesbezüglich eindeutigen Rechtslage. Wenn dem so wäre, wäre es doch kein Problem, diese Belästigung via Ordnungsamt oder notfalls auch Gericht zu beseitigen. Daher nochmal die Frage: Hast Du Dich schon bei der Gemeinde beschwert, zu der die Glocke gehört? Was hat man Dir geantwortet? Warum läuten die Glocken auch in der Nacht – und was sagt das Ordnungsamt dazu? Wir drehen uns doch im Kreis, wenn Du immer wieder betonst, wie klar die Rechtslage ist und wie intolerant und hässlich Du es findest, dass das geltende Recht nicht eingehalten wird – den Teil habe ich ja verstanden. Aber warum wird es nicht eingehalten? Hast Du Dich schon mal irgendwo beschwert oder weisst von jemandem, der dies getan hat? Und wie ist die Reaktion ausgefallen?

    Vielleicht sollte die nächste Frage lauten: Kann vor dem hohen Anspruch der christlichen Moral eigentlich ein Christ noch moralisch sein?

    Eine der zentralen Fragen des christlichen Glaubens. Ich persönlich halte es da mit Luther: Kein Christ kann (immer) so handeln, dass er dem hohen Anspruch der christlichen Moral gerecht wird. Man kann sich nur immer wieder bemühen und muss darüber hinaus einfach auf das Beste hoffen – sola scriptura, sola fide, sola gratia….

    @cydonia:

    Ich vermute, Sie haben sich noch nicht mit Vertretern des Islam in Deutschland über Atheismus unterhalten. Vielleicht sollten Sie es einfach mal versuchen.

    Meine Diskussionserfahrungen mit Vertretern islamischen Glaubens waren bislang durchweg positiv, allerdings begegne ich ihren Überzeugungen ja auch mit dem gleichen Respekt, den ich mir im Gegenzug für meine Überzeugungen wünsche. Bei Diskussionen mit Atheisten ist mir dagegen schon häufig aufgefallen, dass sie die Ansicht vertreten dass man zwar – richtigerweise – den Gesprächspartner als Person respektieren muss, Glaubensüberzegungen aber für Hohn und Spott “zum Abschuss freigegeben” sind. Ich könnte mir vorstellen, dass eine derartige Einstellung – die ja keineswegs alle Atheisten teilen (Atheismus ist ja ohnehin kein monolithischer Block) – im Dialog mit anderen Religionen problematisch werden könnte, die entsprechende Reverenz auch von Außenstehenden einfordern (ob das richtig oder falsch ist, darüber kann man sich ja streiten – ein gewisses Konfliktpotenzial scheint mir da aber auf jeden Fall gegeben zu sein)…

    Herr Reinboth, ich möchte Sie daran erinnern, dass ich mich zu meinen Erfahrungen mit christlich geprägten, teilweise unverschämten bis sehr aggressiven Diskutanten bereits geäußert hatte.

    Ich hatte in meinen 30 kurzen Jahren bereits mehrfach das Missvergnügen, mich mit unverschämten und aggressiven Atheisten auseinandersetzen zu müssen, ebenso mit unverschämten und aggressiven Christen, Konservativen, Liberalen, Linken und sogar Autofahrern und Handwerkern. Man sollte sich den Fehler ersparen, aufgrund schlechter Erfahrungen zu generalisieren und auf die Gruppe insgesamt zu schließen. Mit Deppen muss man sich – das ist leider so – überall herumschlagen.

  342. #342 cydonia
    10. November 2010

    @Christian Reinboth
    Da sind wir uns, denke ich, einig. Aggressive Diskussionsteilnehmer, die denken, sie hätten die Wahrheit mit Löffeln gefressen, und Argumente nur vom Hörensagen kennen, sind eine Zumutung.
    Ich generalisiere, hoffe ich, nicht. Die Erfahrungen mit aggressiven Christen waren aber aus den genannten Gründen die einprägsamsten. Krieg ich auch so schnell nicht wieder weg, vermute ich.
    Zu Ihrer Erfahrung, dass Glaubensüberzeugungen “Für Hohn und Spott zum Abschuss freigegeben sind”: Kennen Sie den, wie ich finde brillanten Essay von Jan-Philipp Reemtsma mit dem Titel: “Muss man Religiosität respektieren?” ? Die Lektüre lohnt sich, denke ich, und darüber würde ich gerne diskutieren. Die Antwort auf diese rhetorische Frage ist übrigens ein recht unmissverständliches, wenn auch gegenüber den Gläubigen respektvolles Nein.
    Ideologie und Persönlichkeit werden klar getrennt, eine Vorgehensweise, die nicht nur gut begründet wird, sondern die ich auch in den meisten Fällen für absolut notwendig halte.
    In Deutschland ist die Vorgehensweise (noch) unüblich. Ich halte sie aber für mehr als bedenkenswert.

  343. #343 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @Christian:
    Mir ging es um Generelles und ich muss eigentlich nicht meine persönlichen Schlafzimmerentfernungen zu Kirchtürmen hier mitteilen. Ich fand es auch ziemlich krass, dass mir unterstellt wurde, ich bildete mir das Läuten nur ein – aber gut.

    Ich denke es beginnt schon vorher – in einem kleinen bayerischen Dorf (nicht im Hinterland, sondern relativ nah zu München, damit keine Missverständnisse aufkommen), das in eine Dorfgemeinschaft mit je einer Kirche eingegliedert ist. Die Kirchen liegen ca. 1,5 – 2,0 km auseinander. Hier zählt Tradition noch etwas, mann ist stolz darauf, alles was immer schon so gemacht wurde, wird auch weiter so gemacht, ho ho. Das gilt für das Wiederaufblühen der Schützenvereine nach einem kurzen Ducken unter dem neuesten Amoklauf genauso wie für selbstverständlichen Alkholofluss (auch harte Sachen, auch Ausgabe unter 16 Jährige) bei jeder sich bietender Gelegenheit und einer kurzen Trauerminute zum Gedenken für die Wiederaneinembaumverendeten wie für Kirchengebimmel und 100 andere Sachen. Gerade heute sagte wieder einer zu mir, dass ich wissen würde, wer das und das ist oder was laufe, wenn ich einmal in die Kirche gehen würde. Abgesehen davon, dass ich (aufgeheizt von der Diskussion hier) ihm ziemlich unflätig geantwortet habe, wüsste ich gar nicht in welche der 4 Kirchen ich gehen sollte, um allen gerecht zu werden.

    Anhand dieser ganzen Situation ist auch in meinem Dorf das Doppelgebimmel eine Abwägungssache. Lege ich mich deswegen einmal wieder mit dem Bürgermeister an, wo ich als Vollzeitarbeits-Mami sowieso schon schlechte Karten habe, weil traditionell waren die Frauen ja immer und so weiter und zudem habe ich ja gar keine Zeit, weil ich arbeite, oder kümmere ich mich lieber darum, dass die Kinderbetreuung besser oder das Abwasser endlich so gestaltet wird, dass unsere Keller nicht mehr vollaufen? Lege ich mich mit dem Direktor an, um die 3 Stunden Religionsunterricht in Ethik zu verwandeln und schicke mein Kind mit dem Bus 1/2 Stunde durch die Gegend, wo ich es dann selbst abholen muss, was nicht geht, da ich ja arbeite usw. Manchmal sind die praktischen Zwänge eben größer als die Eindeutigkeit der Rechtslage. Mach doch einfach oder setz doch einfach durch ist eben manchmal nicht so einfach. Das frustierende an dieser Sache ist doch, dass sich die Mamis von den “Religionskindern” dieser Problematik nicht stellen müssen. Das wird einfach in den Unterricht eingegliedert. Ich weiß, dass es vom Stundenplan auch anders geht. Mein Älterer hatte es immerhin ein Jahr geschafft, keine zusätzlichen Stunden zu den Religionskindern abzusitzen (die übrigens, wenn sie anfielen, im Religionsunterricht abgesessen wurden; nur für den Fall, dass jemand meint, wenn ihr Kind Ethik nimmt, dass es dann den Einflüssen des Religionsunterrichts entzogen sei; ja ja, Rechtslage und Praxis, und mensch könnte ja wieder etc). Mittlerweile denke ich, ich hätte besser das Arbeiten aufhören sollen. Mein Kleiner zeigt nämlich mittlerweile große Ängste, was Geschichten “nach dem Tod” etc. angeht, die beim Älteren klar nicht vorhanden sind und die dem Jüngeren im Religionsunterricht eingeredet werden. Das geht weit über ein angeblich “abgebissenes Ohr” am Tempelberg hinaus und ist sehr bedenklich.

    Insofern werde ich einen Teufel tun und mich wegen dem Gebimmel beschweren und die aktuelle Rechtslage einzufordern. Ich werde aber weiterhin generell – das tue ich auch im Dorf, dazu stehe ich – einfordern, dass irgendwann Religionsfreiheit gelebt werden wird. Ich persönlich halte nämlich 3-stündigen Islamunterricht auf Türkisch für keine großartige Ingetrationsleistung, während sich die Kinder die Köpfe auf dem Pausenhof einschlagen. Derweil ist der katholische und evangelische Religionsunterricht damit beschäftigt olle Kamellen und Märchen durchzukauen, während die Kinder dringend lernen müssten mit Konflikten umzugehen. Und nein, das geht anhand der Bibel nicht, das hatten wir hier oft genug. Und dann würde ich mir eine Gesellschaft wünschen, in der nicht SB-Autoren eine dediziert abwertende Frage über die Existenz einer bestimmten Moral bei Atheisten stellen und sich dann darüber entrüsten, dass der Ball zurückgeworfen wird.

  344. #344 roel
    10. November 2010

    @cydonia “Wenn Du jetzt anfängst von atheistischen Staaten zu reden…” Das war nur mein Kontrastprogramm zu unserem von Andrea N.D. beschriebenen nicht säkularisietem Staat. Es ist mir schon bewusst das es Etikettenschwindel war. Aber gerade das ist die Gefahr. Wieviele kommunistische Staaten hat es gegeben, die nur Diktaturen waren und wieviele Demokratien sind wirklich demokratisch? Das ist nicht Thema. Kekse übrigens auch nicht.

    @Andrea N.D. “Ich finde nur folgendes so witzig: Meine Kinder sehen nicht fern.”
    Aber sie müssen sich immer ganz verängstigt den gekreuzigten Jesus anschauen?

    “…dann wundere ich mich nicht mehr, dass … Kinder nach wie vor Leichen am Kreuz angucken müssen.” “Ich frage mich wirklich, was eigentlich das öffentliche (oftmals möglichst naturgetreue) Zurschaustellen einer Leiche am Kreuz symbolisieren soll und warum sich niemand an einem halbnackten Sterbenden, mit Pflöcken durchbohrten und Blutendem stört.” Wissen Sie das erinnert mich an jemanden mit einer Schlangenphobie die gegen den Äskulapstab ankämpft.

  345. #345 Andrea N.D.
    10. November 2010

    @roel:
    ” “Ich finde nur folgendes so witzig: Meine Kinder sehen nicht fern.”
    Aber sie müssen sich immer ganz verängstigt den gekreuzigten Jesus anschauen? ”

    Hast Du außer Quote Mining und bewusst falschen Kombinationen noch etwas zu bieten? Bring doch einmal eigene Argumente anstatt nur ad hominems. Ansonsten gilt ab jetzt “überlesen”.

  346. #346 Frank S
    10. November 2010

    Ist es unverschämt, Religionen mit Hohn und Spott zu begegnen?

    Eine schöne Frage.

    Persönlich halte ich es da wie Henry Louis Mencken:
    “Wir sollten die Religion eines Menschen respektieren, aber nur so weit und in dem Maße, wie wir seine Ansicht respektieren, dass seine Frau schön ist und seine Kinder intelligent sind.”

    Zu jemandem zu gehen und ihm zu sagen:
    Dein Kind ist dumm!
    Das ist unverschämt.

    Einem Kind für schlechte Leistungen in Mathematik eine 6 zu geben, ist gerechtfertigt – egal, wie überzeugt die Eltern sind, dass ihr Kind ein Genie ist.

    Persönlicher Glaube gehört respektiert und niemand sollte aufgrund seines Glaubens angegriffen oder beleidigt werden.
    Dort, wo Religion in den öffentlichen Raum getragen wird, und wo in ihrem Namen Einfluß auf unsere Gesellschaft genommen wird, verdienen religiöse Argumente genau so wenig Schutz vor Kritik wie alle anderen.

  347. #347 roel
    10. November 2010

    @Andrea N.D. Sie laden doch zum Quote Mining ein. Sie sorgen sich um die Kinder, die sich den blutenden Jesus am Kreuz anschauen müssen, aber es sind dann doch nicht ihre eigenen Kinder. Sorgen sich den deren Eltern auch darum? Meinen Sie diese Kinder sind besonders verängstlicht dadurch oder neigen eher zu Gewalttaten? Ich habe mich niemals an solchen Symbolen gestört und ich kenne auch niemanden, der diese Symbole als störend empfindet. Daher kann ich ihre Gefühle da nicht so recht nachvollziehen. Aber wie gesagt, so wie sie diese Argumente bringen, laden Sie einfach nur zum Widerspruch ein!

  348. #348 Ronny
    11. November 2010

    Ist es unverschämt, Religionen mit Hohn und Spott zu begegnen?

    Gute Frage, mir fallen da spontan Gegenfragen ein:

    1) Wie bringt man jemand schonend bei, dass er vielleicht unter Wahnvorstellungen leidet ? Denn wenn mir jemand von seinem unsichtbaren Freund erzählt, der von ihm verlangt sich an seine Gesetze zu halten, dann rate ich primär zu einem Arztbesuch.

    2) Wieso darf ein Religiöser meinen Intellekt beleidigen indem er tatsächlich annimmt, dass ich so dumm bin an einen unsichtbaren Gott zu glauben, ich umgekehrt seinen Intellekt aber nicht ? Wenn der andere mich für einen Idioten hält, wieso darf ich das nicht umgekehrt ?

    3) Wieso hat ein großer Verein mit seltsamen, unbewiesenen Ansichten so große Sonderrechte und wird nicht wie ein z.B: Anglerverein eingeordnet. Nach der alten Regel: Wir sind die Mehrheit, wir haben recht ?

    4) Wieseo wird in der Schule nicht ‘Religion’ als solches unterrichtet, sondern nur der Inhalt EINER Religion ? Religion ist ein interessantes Thema aber in der Schule wäre doch ein besserer Zugang: Wieso gibts Religion, was treibt Menschen dazu, welche gibt es usw. und nicht das ‘Nachbeten’ von 600-6000 Jahre alten Sagenbüchern.

  349. #349 Ronny
    11. November 2010

    Noch eine Anmerkung:

    Mich entsetzt immer diese Aussage, dass nur religiöse Menschen eine Moral haben, denn das implziert für mich, dass mich diese nur deshalb nicht töten, weil sie Angst haben in die Hölle zu kommen oder Gott nicht zu gefallen.

    Eine schreckliche Vorstellung !

  350. #350 Andrea N.D.
    11. November 2010

    @Ronny:
    Vielen Dank für die Vorlage, das bringt mich über einen kurzen Ausflug über die finanziellen Verhältnisse der Kirche zu zwei weiteren Fragen.

    Der Spiegel zitiert in der aktuellen Ausgabe (S. 17) Carsten Ferk “Violettbuch Kirchenfinanzen”. Dort sind ausgeführt, dass “die direkten und indirekten Leistungen, die der Staat Katholiken und Protestanen und deren Einrichtungen bisher gewährt, järhlich rund 19 Milliarden Euro” beträgt. “Diese Summe enthält nicht die 9 Milliarden Kirchensteuern und die schätzungsweise 45 Milliarden für Caritas und Diakonie.” Religionsunterricht 1,7 Milliarden, christliche Kindergärten 3,9 Milliarden, rein kirchliche Unternehmung wie Miserior (beschöfliches Hilfswerk) 63 % seines 162-Millionen-Etats vom Entwicklungsministerium, nur 5 % direkt von der Kirche (!); zudem Kosten für Baulasten für den Erhalt von Tausenden Kirchen und Pfarrhäusern. Angesichts dieser Zahlen erscheint die Aussage von Christian über die angeblich “notwendige” kirchliche Pflege oder anderen Einrichtungen doch gleich in einem ganz anderen Licht!

    Zwei Fragen schließen sich mit Bezug auf die im Artikel gestellte Frage an: Können die Verantwortlichen einer religiösen Institution, der christlichen Kirchen moralisch sein? Hier würde ich klar mit NEIN antworten. Schließlich gehört Hab- und Raffgier zu den Todsünden. Können die Verantwortlichen der christlichen Kirchen ethisch sein? Hier fällt mir spontan die generelle Lüge ein, unter dem Deckmäntelchen der altruistischen Nächstenliebe möglichst viel einzuheimsen. Aber ich denke, bei den Zahlen kann sich die Frage jede selbst beantworten.

  351. #351 Lichtecho
    11. November 2010

    @Ronny: Doch doch Religiöse können Dich töten, ohne in die Hölle zu kommen, weil Du ein Ungäubiger bist. Für das schlechte Gewissen gibt es Beichte und Ablasshandel.

    Ich denke schon, dass Atheisten die ungefährlicheren Menschen sind. Faierweise muss man aber auch sagen, dass nicht jeder gläubige Mensch ein Mörder ist, selbst dann nicht, wenn er sich ein antikes Folterinstrument um den Hals hängt oder seine Minarette mit Schwertern vergleicht.

  352. #352 cydonia
    11. November 2010

    @ronny@Andrea N.D.
    Dürfte ich dann ganz kurz bemerken, dass eure Einwürfe, selbst wenn sie inhaltlich einige wichtige Informationen und Gedanken beinhalten, wahrscheinlich nicht dazu geeignet sind, eine gute Diskussion anzustoßen.
    Der Grund ist aus meiner Sicht eine Art Sippenhaftgedanke, mit dem sich Religionen Nahestehende konfrontiert sehen müssen. Ich zum Beispiel möchte eigentlich diskutieren, und deswegen halte ich selbst indirekte Vorwürfe für kontraproduktiv.
    Aber es ist, wie gesagt, meine Sicht der Dinge, kein Vorwurf.

  353. #353 Andrea N.D.
    11. November 2010

    @cydonia:
    Ich habe keinen indirekten Vorwurf gebracht, sondern die finanzielle Situation der Kirche dargestellt :-).
    Außerdem halte ich diese Diskussion für totgelaufen. Die Argumente wurden gebracht und auf die wesentlichen davon geht der Autor nicht ein. Deshalb hat sich der Thread wohl erledigt. Das ist aber kein Vorwurf sondern eine reine Feststellung, bevors langweilig wird. Außerdem möchte ich vor allem Christian noch einmal danken, dass er uns hier die Gelegenheit gab so freimütig über das Thema zu diskutieren und hoffe, dass auch er Dinge mitnehmen konnte.

  354. #354 roel
    11. November 2010

    @Ronny “Mich entsetzt immer diese Aussage, dass nur religiöse Menschen eine Moral haben, denn das implziert für mich, dass mich diese nur deshalb nicht töten, weil sie Angst haben in die Hölle zu kommen oder Gott nicht zu gefallen.”

    Haben Sie Wahnvorstellungen. Jeder hat sich an Gesetze zu halten, wenn Gläubige sich zusätzlich an z.B. Gebote halten, die nicht dem Gesetz wiedersprechen, ist das OK. Ausserdem habe ich hier von niemanden gelesen, dass nur Gläubige Moral haben können.

    @Lichtecho “Ich denke schon, dass Atheisten die ungefährlicheren Menschen sind.” Die gefährlicheren Menschen sind immer die Fanatiker. Fanatik ist von Religion unabhängig.

    @Andrea N.D. “Ich habe keinen indirekten Vorwurf gebracht, sondern die finanzielle Situation der Kirche dargestellt :-).”

    Stimmt, indirekt sind die Vorwürfe nicht, sonder direkt:
    “Können die Verantwortlichen einer religiösen Institution, der christlichen Kirchen moralisch sein? Hier würde ich klar mit NEIN antworten. Schließlich gehört Hab- und Raffgier zu den Todsünden. Können die Verantwortlichen der christlichen Kirchen ethisch sein? Hier fällt mir spontan die generelle Lüge ein, unter dem Deckmäntelchen der altruistischen Nächstenliebe möglichst viel einzuheimsen.”

    Und täglich grüßt das Murmeltier: “Die Argumente wurden gebracht und auf die wesentlichen davon geht der Autor nicht ein.”

    Mich interessiert, warum Sie so etwas machen, immer das gleiche Spiel. Argumente bringen, die jeder Mitdenkende als falsch erkennen kann, abstreiten, es so gemeint zu haben, und dann dem jeweiligen Autor vorwerfen er ginge nicht auf ihre Argumente ein. Bei allem was ich zwischenzeitlich von Christian Reinboth gelesen habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass er absichtlich ein wichtiges Argument übersehen hat.

  355. #355 Andrea N.D.
    11. November 2010

    @roel:
    Dein Geschwafel beschränkt sich auf unqualifizierte Kritik an anderen. Was hälst Du davon, wenn Du Deine Kritik etwas fundierst und nachliest, wo Christian nicht auf Argumente geantwortet hast oder, noch besser, wenn Du einmal etwas Eigenes bringst und Dich ansonsten dezent zurückhälst? Dein Quote Mining und Ausedemzusammenhangreißenundbeliebigwörterzusammensetzen nerven mittlerweile gewaltig. Vielen Dank.

  356. #356 Christian Reinboth
    11. November 2010

    @cydonia:

    Kennen Sie den, wie ich finde brillanten Essay von Jan-Philipp Reemtsma mit dem Titel: “Muss man Religiosität respektieren?” ? Die Lektüre lohnt sich, denke ich, und darüber würde ich gerne diskutieren. Die Antwort auf diese rhetorische Frage ist übrigens ein recht unmissverständliches, wenn auch gegenüber den Gläubigen respektvolles Nein.

    Der Vortrag von Reemtsma ist mir bekannt und in der Tat diskussionswürdig. Ich kann mich dem Autor allerdings vor allem deshalb nicht anschließen, weil ich den Eindruck habe, dass er sein “respektvolles Nein” vor allem auf dem Umstand begründet, dass eine sekuläre Gesellschaft lebens- und wertefähig sei – eine These, die vermutlich nicht mal Küng bestreiten würde. Aber folgt aus dem Umstand, dass die Gesellschaft den persönlichen Glauben des Einzelnen nicht unbedingt benötigt gleich, dass man auch einer Ideologie gegenüber, die man persönlich für verkehrt hält, nicht etwa ein Minimum von Respekt aufbringen muss? Ich finde nicht, dass dem so ist und halte es darüber hinaus für nicht ungefährlich, solche Fragen am “Wert für die Gesellschaft” festzumachen.

    Wohlgemerkt: Ich rede nicht vom “offenen” Atheismus, der den Gedanken an einen Gottesglauben öffentlich sichtbar ablehnt – und auch nicht davon, dass die Kirche nicht kritisiert oder für den “Nichtglauben” nicht geworben werden soll – all dies hat in einer pluralistischen Gesellschaft selbstredend seinen Platz. Ich denke da mehr an den “Vulgäratheismus” (schönes Wort aus dem aktuellen Thread bei Florian), bei dem ich manchmal den Eindruck habe, dass es den Vertretern letztendlich nur darum geht, religiöse Menschen maximal zu beleidigen, zu demütigen oder zu provozieren (mir fällt da spontan die eine oder andere Aktion eines US-SB-Kollegen ein). Ein Atheismus, der sich auf diese Form ausdrückt ist in meinen Augen nicht wirklich besser als ein den Koran verbrennender christlicher Fundamentalist oder die Truppe von der Westboro Baptist Church, die die Särge von US-Soldaten mit “God hates Fags”-Transparenten “empfangen”. All das hat mit einem pluralistischen Meinungswettstreit nicht mehr viel zu tun und ist nichts anderes als Krawallmacherei – die zwar durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein mag, sich aber für zivilisierte Menschen dennoch irgendwo verbittet.

    Will sagen: Der Respekt vor dem Glauben Dritter darf und soll natürlich nicht so weit gehen, dass man ihm nicht widerspricht oder Einverständnis heuchelt – das auf keinen Fall. Er sollte aber zumindest so weit gehen, dass man sein Gegenüber nicht gezielt beleidigt oder verletzt – ich erinnere mich da an eine Diskussion um Glauben und Atheismus mit Vertretern diverser Glaubensrichtungen, an dem auch eine Muslima beteiligt war, der man nach dem ersten schüchternen Satz ins Gesicht gelacht und mitgeteilt hat, der “Aberglauben eines primitiven Kameltreibers” könne ja für einen intelligenten Menschen kaum eine Lebensgrundlage sein. Ein Dialog, der auf diese Art und Weise beginnt, kann unmöglich produktiv enden und ist es meines Erachtens nach auch nicht wert geführt zu werden – genau so läuft er aber in vielen Fällen (nicht nur im Internet) ab, auch wenn ich natürlich keinen Zweifel daran habe, dass es auch entsprechende Gegenbeispiele mit sich unmöglich verhaltenden theistischen Diskussionsteilnehmern gibt und immer wieder geben wird. Auch denen fehlt dann aber – vereinfacht ausgedrückt – das Quantum Respekt vor den Überzeugungen ihres Gegenübers, das ich mir – im Gegensatz zu Reemtsma – eben wünsche.

    Aber wer weiß, vielleicht bin ich durch die Arbeit in der Kommunalpolitik einfach zu sehr “auf Konsens gebürstet”. Ich weiß zumindest, dass ich auch wenn ich sagen wir mal von der Verstaatlichung der Energiekonzerne oder von der Laufzeitverlängerung nicht viel halte, keinen sinnvollen Dialog mit meinem Gegenüber führen (und ihn schon gar nicht von meinem Standpunkt überzeugen) kann, wenn ich ihm gleich mit dem ersten Satz entgegenwerfe, dass ich seine sämtlichen Überzeugungen für vollkommen idiotische Wahnvorstellungen halte und im Grunde gar nicht bereit bin, irgendetwas anderes zu akzeptieren als seine Zustimmung zu meinem intellektuell überlegenen Standpunkt.

    Gehe ich auf diese Weise an die Sache heran, erleide ich nicht nur im Dialog Schiffbruch, sondern begehe auch den Fehler, meinen Standpunkt für den einzig richtigen zu halten und damit jegliche Chance eines geistigen Austausches und eines für alle Seiten befriedigenden Konsenses zu vergeben. Das steht mit rechtlich betrachtet zwar frei, zeugt aber weder von großer Weisheit noch wirkt es besonders manierlich oder anziehend…

  357. #357 cydonia
    11. November 2010

    Einverstanden mit dem letzten Abschnitt. Mit einigem Anderen auch.
    Was Reemtsma anbelangt: Ich verstehe ihn wahrscheinlich anders als Sie. Ich werde später darauf eingehen.

  358. #358 roel
    11. November 2010

    @Andrea N.D. Hören Sie auf mich zu beleidigen! Und wo war in meinem letzten Kommentar “Ausedemzusammenhangreißenundbeliebigwörterzusammensetzen”. Zumindest das können Sie mal belegen. Ihre immer ganzen haltlosen Vorwürfe können Sie sich schenken.

    Meinen eigenen Standpunkt zu dem Thema habe ich klar, deutlich und unmissverständlich dargelegt. Jeder Mensch hat eine Ethik! Ich mag es absolut nicht, wenn hier permanent falsche Argumente gebracht werden, und solange wie Sie das tun, kommentiere ich das! Und nocheinmal ganz deutlich für SIE, zeigen SIE mir bitte ein Zitat, das ich aus dem Zusammenhang gerissen habe und dadurch den Sinn verfremdet habe. Ich habe auch nichts dagegen, wenn Sie mich in Zukunft sietzen, mittlerweile dürften selbst Sie mitbekommen haben das wir nicht per Du sind.

  359. #359 Christian Reinboth
    11. November 2010

    @Ronny:

    Mich entsetzt immer diese Aussage, dass nur religiöse Menschen eine Moral haben, denn das implziert für mich, dass mich diese nur deshalb nicht töten, weil sie Angst haben in die Hölle zu kommen oder Gott nicht zu gefallen.

    Dieser Fehlschluss ergibt sich aus dem Zerrbild eines Gottes, der dem Menschen permanent auflauert und nur darauf aus ist, ihn für Fehler zu bestrafen oder zu quälen. Während die katholische Kirche vor der Reformation dieses Bild in gewissem Rahmen gepflegt hat, um Ablassbriefe verschachern zu können, entspricht es nicht dem Gottesbild der christlichen Kirchen unserer Zeit. Für eine qualifizierte Antwort müsste man sicher einen Theologen befragen, aus dem küchentheologischen Bauch heraus würde ich aber sagen, dass es der sich aus dem Schöpfungsakt ergebende inhärente Wert jedes menschlichen Lebens ist, der es verbietet, Hand an einen Menschen zu legen – und eben nicht die Furcht vor der Strafe, die einen hierfür erwarten würde. Die Furcht vor Strafe ist zumindest in der lutherischen Glaubenswelt ohnehin ein unsinniges Konstrukt, da es keinem Menschen möglich ist, sein Leben so zu führen, dass es den christlichen Wertvorstellungen voll und ganz entspricht.

    Von dieser Warte aus betrachtet ist jeder Mensch ein Sünder, der vielleicht auf den Glauben oder die Gnade hoffen, sich aber nicht durch eigenes Handeln “freikaufen” kann (hier spielt das Konstrukt der “Werkgerechtigkeit” eine große Rolle).

    Die Frage wäre auf jeden Fall ein spannendes Thema für eine qualifizierte theologische Diskussion, in Kurzform festzuhalten ist aber, dass nicht alles Positive, was ein Theist tut (oder alles Negative, was er unterlässt) auf die Furcht vor Bestrafung zurückzuführen ist – eine solche Vorstellung ist eine ziemlich grobe Reduktion des Glaubens auf mittelalterliche “Bauernpredigten”, die modernen theistischen Vorstellungen nicht gerecht wird…

  360. #360 Andrea N.D.
    11. November 2010

    @Christian:
    “…wenn ich ihm gleich mit dem ersten Satz entgegenwerfe, dass ich seine sämtlichen Überzeugungen für vollkommen idiotische Wahnvorstellungen halte und im Grunde gar nicht bereit bin, irgendetwas anderes zu akzeptieren als seine Zustimmung zu meinem intellektuell überlegenen Standpunkt.”

    Wie würdest Du denn, auch unter Berücksichtigung, was Dir hier an Argumentation entgegengebracht wurde, den Satz “Kann ein Atheist ein moralischer Mensch sein?” interpretieren? Als einen Standpunkt, von dem aus von überlegener Warte aus über andere Menschen geurteilt wird? Hm …zwar nicht im ersten Satz, dafür im Titel.

    Aber, der Konsens ist nicht weit, die Frage wird im Artikel ja bejaht: Selbstverständlich kann sogar ein Atheist, obwohl er keine christlichen Werte besitzt, ein moralischer Mensch sein. Das finde ich sehr großzügig von Dir.

    Wie heißt es so schön in der Bibel: Wer ohne Sünde/Fehler ist, werfe den ersten Stein …

  361. #361 Christian Reinboth
    11. November 2010

    @Andrea N.D.: Es tut mir leid falls der Eindruck entsteht, ich würde nicht auf jedes Argument eingehen – ich habe heute leider wieder mal nur ein paar Minuten um einige Kommentare zu beantworten und bin dabei von der 350+-Kommentar-Diskussion leicht erschlagen. Soweit ich das aber überblicke, ist der einzige Teilbereich Deiner Argumentation, auf den ich bislang tatsächlich gar nicht eingegangen bin, die Debatte um den kirchlichen Anteil am Pflegewesen (ich dachte, ich arbeite mich erst mal an der Ethik und am Glockenthema ab, bevor ich auch noch damit anfange…). Kommt aber noch. Oder habe ich sonst noch etwas Wesentliches übersehen?

    Erst mal noch zur Glockengeschichte: Ich entnehme Deiner ausführlichen Schilderung – danke dafür – dass Du es aus Furcht vor Repressalien (welcher Art?) bislang unterlassen hast, Dich bei irgendjemandem – sei es das Ordnungsamt oder auch der Pfarrer der zuständigen Kirche – über das Geläut zu beschweren oder zumindest anzufragen, warum überhaupt in der Nacht geläutet wird (einen sakralen Grund kann es dafür ja in der Tat nicht geben). Du scheinst Dir trotzdem ziemlich sicher zu sein, dass man auf eine solche Anfrage nicht nur nicht eingehen, sondern Dich dafür auch noch in irgendeiner Form mobben würde, was ich zumindest zu bezweifeln wage – dem Pfarrer, der auf eine einfache Nachfrage, warum nachts geläutet wird unhöflich reagiert, würde ich jedenfalls jederzeit gerne eine hässliche Beschwerdemail zukommen lassen…

    Das gilt für das Wiederaufblühen der Schützenvereine nach einem kurzen Ducken unter dem neuesten Amoklauf genauso wie für selbstverständlichen Alkholofluss (auch harte Sachen, auch Ausgabe unter 16 Jährige) bei jeder sich bietender Gelegenheit und einer kurzen Trauerminute zum Gedenken für die Wiederaneinembaumverendeten wie für Kirchengebimmel und 100 andere Sachen.

    Deine Schilderung hat bei mir den Eindruck hinterlassen, dass das Geläute im Grunde in eine Kategorie mit Dorffesten, Dirndeln und Besäufnissen einzuordnen ist, die man etwas diffus mit “Tradition” umschreiben könnte. Das unterstreicht nochmal, dass es bei der Diskussion eigentlich nicht um Sonderrechte für Kirchen sondern eben um gewachsene Strukturen geht, die – vielleicht – von der Mehrheit so gewollt sind oder zumindest von ihr akzeptiert werden. Da gibt es in unserer Gesellschaft natürlich auch sehr vieles, das mich stört, mit dem ich mich aber trotzdem irgendwie abfinden muss, solange ich keine Mehrheit von meinem Standpunkt überzeugen kann oder aber meine persönlichen Rechte (z.B. auf Lärmschutz) verletzt werden – um die einzufordern, muss ich mich aber natürlich beschweren, womit wir uns irgendwo im Kreis drehen.

    Will sagen: Ich verstehe ja Dein Dilemma (inzwischen glaube ich besser als zu Beginn), bin mir aber nicht sicher, dass es sich wirklich um ein Problem handelt, dass mit irgendwelchen “religiösen Sonderrechten” zu tun hätte – auch das Besäufnis auf dem Dorffest hat ja keinen religiösen Charakter und sogar noch dezidiert negative Folgen und trotzdem könntest Du vermutlich lange gegenanreden, ohne dass sich Dir eine Mehrheit anschließen würde.

    Gerade heute sagte wieder einer zu mir, dass ich wissen würde, wer das und das ist oder was laufe, wenn ich einmal in die Kirche gehen würde. Abgesehen davon, dass ich (aufgeheizt von der Diskussion hier) ihm ziemlich unflätig geantwortet habe, wüsste ich gar nicht in welche der 4 Kirchen ich gehen sollte, um allen gerecht zu werden.

    Problem ebenfalls verstanden. Aber: Wie willst Du verhindern, dass sich Menschen im Rahmen einer Organisation sozial vernetzen und austauschen, der Du zwar angehören dürftest aber nicht angehören willst und deshalb “außen vor” bist? Ist es fair, daraus einen Vorwurf zu generieren – immerhin schließt Dich ja niemand aktiv aus. Ich könnte mir vorstellen, dass mir auch einige wichtige Kontakte und Infos entgehen, weil ich nicht im Wernigeröder Automobilclub oder im SPD-Ortsverein bin, was ja aber nicht deshalb so ist, weil man mich dort ausschließt sondern weil ich nicht dort gar nicht Mitglied sein möchte…

    Ich persönlich halte nämlich 3-stündigen Islamunterricht auf Türkisch
    für keine großartige Ingetrationsleistung, während sich die Kinder die Köpfe auf dem Pausenhof einschlagen. Derweil ist der katholische und evangelische Religionsunterricht damit beschäftigt olle Kamellen und Märchen durchzukauen, während die Kinder dringend lernen müssten mit Konflikten umzugehen.

    Zumindest in dem Punkt sind wir uns vollkommen einig, auch wenn eine gelungene Integrationsleistung einen gewissen Respekt vor den Überzeugungen des jeweiligen Gegenübers vorraussetzt. Wichtig wäre hier unter anderem, dass im islamischen Religionsunterricht auch über das Christentum und im evangelischen und katholischen Religionsunterricht auch über den Islam geredet bzw. der Austausch gesucht wird.

    Und dann würde ich mir eine Gesellschaft wünschen, in der nicht SB-Autoren eine dediziert abwertende Frage über die Existenz einer bestimmten Moral bei Atheisten stellen und sich dann darüber entrüsten, dass der Ball zurückgeworfen wird.

    Also da muss ich jetzt doch mal entschieden widersprechen: Weder war irgendwas, das ich im Artikel oder den Kommentaren geschrieben habe, “dezidiert abwertend” gegenüber Atheisten, noch habe ich mich hier großartig über Deinen oder andere Kommentare entrüstet. Come on – da gab es auf den SB schon ganz andere Debatten über Religion und Atheismus, dagegen ist diese nicht nur ein Schosshündchen in Sachen Abwertung und Entrüstung, sondern auch ein Quell wirklich guter Beiträge…

  362. #362 cydonia
    11. November 2010

    Kurzer Einwurf:
    Was mich immer verblüfft und auch irritiert, ist eine Tendenz, die auch in Ihrer Replik auf Ronny aufblitzt, Herr Reinboth: Sie verweisen auf das aktuelle Gottesbild, und darauf, dass es sich ja(positiv, im heutigen Sinne) verändert habe. Dies widerspricht in höchstem Maße der Gottesvorstellung, die viele Menschen, mit denen ich mich unterhalten konnte, zu haben vorgeben.
    Denn wenn Menschen ihren Gott nach gusto je nach Zeitgeist verändern, was bleibt dann noch? Ist es dann nicht ehrlicher, gleich zuzugeben, dass es halt keine unabhängig vom menschlichen Geist, und der gesellschaftlichen Entwicklung existierende Gottesvorstellung gibt? Wenn man nämlich Gott, und das was er will, immer wieder verändert, wo bleibt denn dann die Substanz?
    Insofern halte ich radikale, fundamentalistische Religionsvertreter für konsequenter, wenn auch für wesentlich unsympathischer und gefährlicher.
    Für mich sind liberale Religionsvertreter eigentlich zuweilen nichts anderes als Atheisten, die sich nicht trauen, sich als solche zu bezeichnen. Ihr Umgang mit dem Gottesbild legt dies zumindest nahe.

  363. #363 Christian Reinboth
    11. November 2010

    @Andrea N.D.:

    Wie würdest Du denn, auch unter Berücksichtigung, was Dir hier an Argumentation entgegengebracht wurde, den Satz “Kann ein Atheist ein moralischer Mensch sein?” interpretieren? Als einen Standpunkt, von dem aus von überlegener Warte aus über andere Menschen geurteilt wird? […] Selbstverständlich kann sogar ein Atheist, obwohl er keine christlichen Werte besitzt, ein moralischer Mensch sein. Das finde ich sehr großzügig von Dir.

    Du arbeitest Dich viel zu sehr an der Frage ab. Fakt ist doch, dass es offenbar nicht wenige Atheisten gibt, die den Eindruck haben, ihnen werde von ihren theistischen Mitmenschen pauschal die Befähigung zu einem ethischen oder moralischen Leben abgesprochen – zumindest ist dies ein Vorwurf, der in entsprechenden Debatten immer wieder hochkommt, obwohl sowohl führende Theologen als auch – zumindest nach meinem Eindruck – die große Masse der Gläubigen dies dezidiert anders sieht. Da ein fruchtbarer Dialog auf dem gegenseitigen Ausräumen von Missverständnissen fußt, dachte ich, dass es bei all den Religions-Atheismus-Debatten auf den ScienceBlogs an der Zeit wäre, diesen Vorwurf einmal näher zu beleuchten, und das mit einem Artikel der die atheistische Position klar bejaht. Mir daraus den Strick von einer überlegenen moralischen Warte drehen zu wollen halte ich – bei allem Respekt – für Wortklauberei, schließlich stelle ich nicht die Frage sondern greife sie lediglich aus zahlreichen anderen Threads auf…

  364. #364 Andrea N.D.
    11. November 2010

    @roel:
    Ich denke nicht, dass die Vorwürfe haltlos sind. Ich rege mich über Leichen am Kreuz auf, woraufhin Du sagst, dass ja das Fernsehen viel schlimmere Filme bringt (wo ist da bitteschön der Zusammenhang?), ich dann sage, meine Kinder sehen nicht fern (d.h. ich gehe auf Dein zusammenhangsloses Gefasel ein, dass Fernsehen viel schlimmer sei), woraus Du dann machst:

    “Ich finde nur folgendes so witzig: Meine Kinder sehen nicht fern.”
    Aber sie müssen sich immer ganz verängstigt den gekreuzigten Jesus anschauen?” Quote mining vom feinsten.

    Noch mehr Belege gefällig? In Deinem perfiden Vorgehen unterstellst Du sogar eine “Einladung”:
    “Sie laden doch zum Quote Mining ein.”
    Das ist wirklich der Gipfel. Jetzt bin ich schuld, dass Du des Lesens nicht mächtig bist und keine Zusammenhänge erfassen kannst.

    Aber mein Favorit ist Dein Schluss, dass jetzt plötzlich die Kinder nicht mehr meine seien:
    “Sie sorgen sich um die Kinder, die sich den blutenden Jesus am Kreuz anschauen müssen, aber es sind dann doch nicht ihre eigenen Kinder. ”

    Reicht das für “nocheinmal ganz deutlich für SIE, zeigen SIE mir bitte ein Zitat, das ich aus dem Zusammenhang gerissen habe und dadurch den Sinn verfremdet habe.”?

    Lass einfach Deine böswilligen Unterstellungen, aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate, Deine inhaltichen Nichtbeiträge und ständiges Generve: kurz: hör auf mich zu betrollen, such Dir ein anderes Opfer.

    Und: Wenn Dir die Anrederegeln im Netz nicht passen, troll woanders.

  365. #365 Christian Reinboth
    11. November 2010

    @cydonia:

    Ist es dann nicht ehrlicher, gleich zuzugeben, dass es halt keine unabhängig vom menschlichen Geist, und der gesellschaftlichen Entwicklung existierende Gottesvorstellung gibt?

    Den Satz würde ich sofort unterschreiben, sehe aber nicht, inwiefern einen das gleich zum Atheisten macht. Ein lebendiger Glaube kann sich auch verändern – das bedeutet ja nicht zwangsweise, dass sich auch ein (hypothetischer) Gott verändern würde, sondern nur, dass es zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Vorstellungen von Gott gab und geben wird. Man darf außerdem nicht das Missbrauchspotenzial von Religion außer Acht lassen – so leitet sich die Vorstellung von einem überwachenden und strafenden Gott maßgeblich aus dem mittelalterlichen Bild von Kirche ab, wo – oft bar jeder theologischen oder biblischen Grundlage – die Gottesfurcht einfacher Menschen dazu missbraucht wurde, ihnen Geld aus der Tasche zu leiern – nicht ohne Grund hat sich die Amtskirche lange dagegen gewehrt, es dem “einfachen” Volk zu ermöglichen, die Bibel selbst zu studieren. Wenn sich solche Umstände ändern, ändert sich natürlich auch das “Volks-Gottesbild” – ich kann darin aber weder etwas Verwerfliches noch einen Umstand erkennen, der mich gleich zum Atheisten machen müsste. Man darf nicht vergessen, dass das Gottesbild durch die Kirche(n) geprägt wird, die als menschliche Institutionen dem (zumeist positiven) Wandel unterworfen sind.

  366. #366 roel
    11. November 2010

    @Cydonia “Insofern halte ich radikale, fundamentalistische Religionsvertreter für konsequenter, wenn auch für wesentlich unsympathischer und gefährlicher.”

    Das sehe ich ähnlich, wobei ich radikal mit gewalttätig assoziiere und daher nicht verwende. Ich beschreibe das so: Gläubigen, die zu 100% versuchen ihren Glauben und die Glaubensgrundsätze einzuhalten, sind mir sympathischer. Gefährlich finde ich nur Fanatiker.

    “Für mich sind liberale Religionsvertreter eigentlich zuweilen nichts anderes als Atheisten, die sich nicht trauen, sich als solche zu bezeichnen. Ihr Umgang mit dem Gottesbild legt dies zumindest nahe.”

    Genauso sehe ich das, es gibt viele sogenannte Christen die weder die 10 Gebote kennen noch nach Ihnen handeln, genauso wie es Angehörige anderer Glaubensgruppen gibt, die ebenfalls nicht nach ihren Grundsätzen handeln. Ich halte das nur für einen Etikettenschwindel, genauso wie die kommunistischen Staaten und fragwürdige Demokratien, sie bezeichnen sich so, und wissen doch selber das sie es nicht sind.

  367. #367 klauszwingenberger
    11. November 2010

    Dabei ist es so einfach: ein Atheist KANN in demselben Maße moralisch handeln, in dem ein Theist/Deist/sonstwas unmoralisch handeln KANN. Ich jedenfalls wage nicht von mir zu behaupten, dass ich Religiösität oder Nicht-Religiösität eines Zeitgenossen danach erraten könnte, wie dieser Mensch handelt (Gottesdienstbesuche etc. beiseite). Bin ich zu naiv, oder hab ich zuviel in meinem Wieland gelesen?

  368. #368 Andrea N.D.
    11. November 2010

    @Christian:
    Ach ja?

    “Die Kirche ist genau an diesen Grenzbereichen gefragt – besonders da, wo es um die Achtung und die Würde des Menschen geht. Sie muss sich sozusagen mit ihrem eigenen wissenschaftlichen Hintergrund, mit der Theologie, und ihrer geschichtlichen Erfahrung zu den gesellschaftlich umstrittenen Themen positionieren. Der Forscher geht – schlicht gesagt – seinem Beruf nach und handelt allein ergebnisorientiert. Bei der Bewertung seiner Ergebnisse ist er auf ethische Kategorien, wie sie die Kirche vertritt, angewiesen. Wenn sich Kirche nicht zum Beispiel zu Fragen der Gentechnik äußert, wird die Wissenschaft allein gelassen. Es kann zu Entwicklungen kommen, durch die die Gesellschaft, die Menschheit Schaden nehmen kann. Der Dialog zwischen Kirche und Wissenschaft – vor allem den Naturwissenschaften – hat hier seine besondere Bedeutung: Hilfen zu geben, wenn die Gefahr droht, dass die menschliche Würde verletzt werden könnte.”

    https://www.tag-des-herrn.de/artikel/1639.php

    Wird hier nicht den Forschern per se ethisches Handeln abgesprochen?

    https://www.iavg.org/iavg033.pdf

    Leider kann ich nicht weiter recherchieren (und dreh mir jetzt bitte keinen Strick daraus, “Kirche” ist halt grundsätzlich gesperrt, seltsam eigentlich), ich komme auf so viele Seiten nicht, aber es sind genug, die zeigen, dass das nicht stimmt: “zumindest ist dies ein Vorwurf, der in entsprechenden Debatten immer wieder hochkommt, obwohl sowohl führende Theologen als auch – zumindest nach meinem Eindruck – die große Masse der Gläubigen dies dezidiert anders sieht” Die Masse der Gläubigen sieht das dediziert nicht anders, wie könnten sonst die Kirchenvertreter durchsetzen, dass es praktisch keine Stammzellforschung gibt und die PID jetzt verboten werden wird?

    Deinen Optimismus in Ehren, aber wenn Du diesen Eindruck den wirklichen Gegebenheiten anpasst, dann wirst Du Deinen Artikel vielleicht auch mit anderen Augen lesen.

    “Da ein fruchtbarer Dialog auf dem gegenseitigen Ausräumen von Missverständnissen fußt, dachte ich, dass es bei all den Religions-Atheismus-Debatten auf den ScienceBlogs an der Zeit wäre, diesen Vorwurf einmal näher zu beleuchten, und das mit einem Artikel der die atheistische Position klar bejaht. ”

    Ja! Aber Du tust dies von Deiner moralisch überlegenen christlichen Warte aus. Mit Küng. Das ist keine Bejahung einer atheistischen Position oder die Entkräftigung eines falschen Vorwurfes. Du bleibst in dem christlichen Gedankengebäude.
    Um den Vorwurf zu entkräften hättest Du zunächst angeben müssen, dass die christliche Moral nicht als Grundlage genommen wird, sondern die ethischen Vorgaben beispielsweise der Menschenrechte. Und damit ist der von den Atheisten angenommene Vorwurf sowieso so überflüssig wie: Kann eine Frau logisch denken? Hat ein Theist Wahnvorstellungen? Ich habe das jetzt schon so oft geschrieben!

  369. #369 cydonia
    11. November 2010

    @roel
    Auf den post muss ich einfach eigehen, aber ich muss auch noch arbeiten. Später.
    @Christian Reinboth
    Ich sehe auch nichts Verwerfliches, ich sehe nur bodenlose Inkonsequenz.
    Die Frage ist einfach: Was bleibt? In Anbetracht der sich in eintscheidenden Punkten widersprechenden Gottesvorstellungen weltweit aus meiner Sicht das blanke Nichts(auf Gott bezogen).
    Küng sieht das anders: ich kann ihm zwar in seiner Argumentation, sie logisch trotzdem nicht nachvollziehen.

  370. #370 Frank S
    11. November 2010

    Wenn das Gottesbild und die Ansichten über Seinen Willen so sehr dem Zeitgeist, dem Wandel der menschlichen Gesellschaft unterworfen sind, worauf begründet sich dann noch der Unterschied zu irgend einer beliebigen, rein dem menschlichen Verstand entsprungenen Weltanschauung oder Ethik?

    Wenn Menschen über Jahrhunderte von tyrannischen Institutionen hinters Licht geführt wurden, ohne dass es ihnen aufgefallen ist, wenn die göttliche Botschaft manipuliert und mißbraucht werden kann, warum sollte noch irgend etwas als göttlich angesehen werden?

    Warum können wir heute sicher sein, dass das aktuelle Gottesbild – vielmehr, das lokale, christliche Gottesbild – auch nur einen winzigen Schritt näher an der Wahrheit ist, als der rächende, eifersüchtige und launische Gott des alten Testaments?
    Und müssen wir nicht damit rechnen, dass in ein paar Jahrhunderten wieder eine andere Sichtweise herrscht?

    Sind die Widersprüche zwischen den unterschiedlichen Religionen – und innerhalb einer Religion – ein Ergebnis der unterschiedlichen Reaktionen verschiedener Kulturen und Gesellschaften? Sind einige von ihnen näher an der Wahrheit als andere? Und wer, weshalb?

    Was ist der Maßstab für die Nähe zur göttlichen Wahrheit?

  371. #371 roel
    11. November 2010

    @Andrea N.D. “Ich rege mich über Leichen am Kreuz auf, woraufhin Du sagst, dass ja das Fernsehen viel schlimmere Filme bringt (wo ist da bitteschön der Zusammenhang?)” Nur weil Sie den Zusammenhang nicht sehen, heißt das nicht das dort keiner ist! Irgendwie versuchen Sie hier Aussagen zu drehen und zu wenden, wie es Ihnen beliebt.

    Meine Aussage hierzu ist: “Schaut man sich den Müll an, der heutzutage im Fernsehen den Kindern gezeigt wird, dann erscheint ein blutender Jesus weit entfernt von allem worüber man sich aufregen könnte.” Das heißt, das jeder Mensch heutzutage im Fernsehen schlimmere Sachen zu sehen bekommt als eine Jesusfigur die am Kreuz hängt und mit etwas rote Farbe aufgepinselt wurde. Das regt doch keinen mehr auf nur Sie und Sie schieben hier Kinder vor: “… und Kinder nach wie vor Leichen am Kreuz angucken müssen”. Angenommen Sie schaffen es wirklich Ihre Kindern komplett vom Fernsehen fernzuhalten, was ist mit den anderen Medien, die schlimme Bilder zeigen, Werbeplakate an der Straße, Zeitschriften in der Auslage, ein Video in der Schule. Können Sie Ihre Kinder auch davon fernhalten?

    “Ich frage mich wirklich, was eigentlich das öffentliche (oftmals möglichst naturgetreue) Zurschaustellen einer Leiche am Kreuz symbolisieren soll und warum sich niemand an einem halbnackten Sterbenden, mit Pflöcken durchbohrten und Blutendem stört.” Ok hiermit habe ich Angst assoziiert, aber was meinen Sie denn dann, Ekel? Oder was? Denn der eigentliche Sinn, scheint Ihnen entgangen zu sein.

    Sie sorgen sich um die Kinder, die sich den blutenden Jesus am Kreuz anschauen müssen, aber es sind dann doch nicht ihre eigenen Kinder. OK, es sind doch Ihre eigenen, hatte ich wohl falsch verstanden.

    “Das ist wirklich der Gipfel. Jetzt bin ich schuld, dass Du des Lesens nicht mächtig bist und keine Zusammenhänge erfassen kannst.” Return to sender!

    “Wenn Dir die Anrederegeln im Netz nicht passen, troll woanders.” Es sind nicht die Anrederegeln im Netz die mir nicht passen. Wo steht, dass man im Netz jeden dutzen soll. Höflich kann man nicht nur ausserhalb des Netzes sein, sondern auch innerhalb.

  372. #372 junia
    11. November 2010

    eigenartig, dass der Vatikan die Menschenrechtskonvention nicht unterschrieben hat!!!

  373. #373 roel
    11. November 2010

    @junia “eigenartig, dass der Vatikan die Menschenrechtskonvention nicht unterschrieben hat!!!”

    Aus Wikipedia: “Als so genannte geschlossene Konvention kann sie nur von Mitgliedern des Europarats unterzeichnet werden.” Der Vatikan hat nur Beobachterstatus.

  374. #374 junia
    11. November 2010

    eigenartig, dass der Vatikan die Menschenrechtskonvention nicht unterschrieben hat!!! Und stört es niemanden, dass die Kath. Kirche für die Todesstrafe ist?

    Ich traue der Moral und Ethik der Katholischen Kirche nicht. Sie passt sich nur deshalb den ethischen Wertvorstellungen der modernen Menschen in unserem Kulturkreis an, weil sie sonst noch mehr zahlende Mitglieder verlieren würde. Hätte die RKK wieder mehr Macht, würde sie ihre Moral und Ethik wahrscheinlich wieder umstellen auf das Niveau des Alten Testaments und mit Dampf zurückrudern ins finstere Mittelalter.

    Die Menschenrechte sind gegen die Kirche von den Humanisten hart erkämpft worden. Wozu sollte also die Kirche zu der Ethik von wissenschaftlichen Forschungen eine kompetente Meinung haben. Es geht meiner Meinung da um Ängste der Menschen, die den kirchlichen Instituten, allen voraus die RKK, am Arsch vorbei geht, schon allein deshalb, weil nach der kirchlichen Lehre das Leben auf dieser Erde nicht geliebt werden soll. Denn Gott geht es um das Leben nach dem Tode im Himmel. Je mehr ein Mensch hier leidet, um so größer ist sein Gewinn im Himmel.
    Selig sind die Leidtragenden, denn sie sollen getröstet werden…(aber erst im Himmel).

    Die Ethik und Moral der Kirche, insbes. der Kath. Kirche ist machtorientiert und nicht humanorientiert. Erbsünde ist deshalb erfunden worden, damit sich kein Mensch durch bewusstes Leben nach den zehn Geboten von der Kirche unabhängig machen kann. Dass sexuelle Lust als Sünde bezeichnet wird, macht nur deshalb Sinn, weil die Kirche weiß, dass dieser “Sünde” sich niemand entziehen kann wegen seiner biologischen Grundlagen, also ein wichtiger machtpolitischer Grund – und das sogar gegen das ausdrückliche Gebot Gottes: “Seid fruchtbar und vermehret euch.”

    Aus dem gleichen Grund sind so unschädliche und niemandem Schaden zufügenden Handlungen wie Onanie oder auch Homosexualität eine schwere Sünde, weil man sie nicht willentlich beeinflussen kann und deshalb der kirchlichen Erlösung bedürfen.

    Auch der Zweifel ist eine der schwersten Sünden, weil er dazu führen kann, dass man der Kirche den Rücken kehrt – obwohl Jesus dem Thomas seine Wunden hingehalten hat, um ihm zu beweisen, dass er auferstanden ist und er ihn nicht dafür getadelt hat. Wenn diese Begebenheit nicht eine wichtige Zeugenaussage der leiblichen Auferstehung Christi wäre, würde die Kath. Kirche diese Begebenheit sicher gern unter den Tisch fallen lassen.

    Die Ängste der Menschen sollten ein Wörtchen mitzureden haben bei gefährlichen Forschungen, die Religion ist dabei unerheblich.

  375. #375 junia
    11. November 2010

    eigenartig, dass der Vatikan die Menschenrechtskonvention nicht unterschrieben hat!!! Und stört es niemanden, dass die Kath. Kirche für die Todesstrafe ist?

    Ich traue der Moral und Ethik der Katholischen Kirche nicht. Sie passt sich nur deshalb den ethischen Wertvorstellungen der modernen Menschen in unserem Kulturkreis an, weil sie sonst noch mehr zahlende Mitglieder verlieren würde. Hätte die RKK wieder mehr Macht, würde sie ihre Moral und Ethik wahrscheinlich wieder umstellen auf das Niveau des Alten Testaments und mit Dampf zurückrudern ins finstere Mittelalter.

    Die Menschenrechte sind gegen die Kirche von den Humanisten hart erkämpft worden. Wozu sollte also die Kirche zu der Ethik von wissenschaftlichen Forschungen eine kompetente Meinung haben. Es geht meiner Meinung da um Ängste der Menschen, die den kirchlichen Instituten, allen voraus die RKK, am Arsch vorbei geht, schon allein deshalb, weil nach der kirchlichen Lehre das Leben auf dieser Erde nicht geliebt werden soll. Denn Gott geht es um das Leben nach dem Tode im Himmel. Je mehr ein Mensch hier leidet, um so größer ist sein Gewinn im Himmel.
    Selig sind die Leidtragenden, denn sie sollen getröstet werden…(aber erst im Himmel).

    Die Ethik und Moral der Kirche, insbes. der Kath. Kirche ist machtorientiert und nicht humanorientiert. Erbsünde ist deshalb erfunden worden, damit sich kein Mensch durch bewusstes Leben nach den zehn Geboten von der Kirche unabhängig machen kann. Dass sexuelle Lust als Sünde bezeichnet wird, macht nur deshalb Sinn, weil die Kirche weiß, dass dieser “Sünde” sich niemand entziehen kann wegen seiner biologischen Grundlagen, also ein wichtiger machtpolitischer Grund – und das sogar gegen das ausdrückliche Gebot Gottes: “Seid fruchtbar und vermehret euch.”

    Aus dem gleichen Grund sind so unschädliche und niemandem Schaden zufügenden Handlungen wie Onanie oder auch Homosexualität eine schwere Sünde, weil man sie nicht willentlich beeinflussen kann und deshalb der kirchlichen Erlösung bedürfen.

    Auch der Zweifel ist eine der schwersten Sünden, weil er dazu führen kann, dass man der Kirche den Rücken kehrt – obwohl Jesus dem Thomas seine Wunden hingehalten hat, um ihm zu beweisen, dass er auferstanden ist und er ihn nicht dafür getadelt hat. Wenn diese Begebenheit nicht eine wichtige Zeugenaussage der leiblichen Auferstehung Christi wäre, würde die Kath. Kirche diese Begebenheit sicher gern unter den Tisch fallen lassen.

    Die Ängste der Menschen sollten ein Wörtchen mitzureden haben bei gefährlichen Forschungen, die Religion ist dabei unerheblich.

  376. #376 junia
    11. November 2010

    https://www.kreuz.net/article.5356.html

    Viel Vergnügen,
    ja es ist schon ein Kreuz mit der Kirche

  377. #377 junia
    11. November 2010

    https://www.kreuz.net/article.5356.html

    Viel Vergnügen,
    ja es ist schon ein Kreuz mit der Kirche

  378. #378 junia
    11. November 2010

    https://www.kreuz.net/article.5356.html

    Viel Vergnügen,
    ja es ist schon ein Kreuz mit der Kirche

  379. #379 cydonia
    11. November 2010

    @roel
    Erstmal eine Frage: Wie unterscheidest du einerseits Fanatiker und andererseits Gläubige, die zu 100% versuchen ihren Glauben und die Glaubensgrundsätze einzuhalten?
    Mir fällt es schwer, da einen Unterschied zu sehen.

  380. #380 S.S.T.
    11. November 2010

    Ich versteh es auch nicht, warum braucht es 350+ Posts um so etwas einfach wie von
    @klauszwingenberger

    Dabei ist es so einfach: ein Atheist KANN in demselben Maße moralisch handeln, in dem ein Theist/Deist/sonstwas unmoralisch handeln KANN. Ich jedenfalls wage nicht von mir zu behaupten, dass ich Religiösität oder Nicht-Religiösität eines Zeitgenossen danach erraten könnte, wie dieser Mensch handelt (Gottesdienstbesuche etc. beiseite). Bin ich zu naiv, oder hab ich zuviel in meinem Wieland gelesen?

    zusammen zu fassen?

    Die Frage in der Überschrift sollte natürlich eine Provokation sein, was ich nicht kritisiere.

    Kann ein Atheist ein moralischer Mensch sein?

    Die Antworten darauf liefern sowohl @klauszwingenberger in seinem Fünfzeiler als auch Küng in seinem Mehrzeiler.

    Wo liegt eigentlich das Problem?

  381. #381 cydonia
    11. November 2010

    @Christian Reinboth
    Danke für Ihre ausführlichen Einschätzungen zu Reemtsmas Text!
    Einen zentralen Punkt benennen Sie gleich zu Anfang, und ich möchte mich vorerst darauf beschränken, genau diesen Punkt zur Diskussion zu stellen, weil mir da die größten Differenzen in der Einschätzung aufzutreten scheinen.
    Sie wundern sich, oder Sie halten es schlicht für verkehrt, dass man einer Ideologie, die man persönlich für verkehrt hält, nicht ein Minimum an Respekt entgegenbringt.
    Warum denn das?
    Wieso sollte ich einer Ideologie, oder einer fixen Idee, oder einem wie auch immer gearteten Spleen auch nur ein Fitzelchen an Respekt entgegenbringen?
    Die Würde des Menschen ist unantastbar, aber doch nicht seine Überzeugungen, die er, speziell im Falle einer Religion, nicht einmal selbst entwickelt hat, sondern die er sich in den allermeisten Fällen hat einimpfen lassen, wenn auch unfreiwillig.
    Nur weil viele Menschen es zugelassen haben oder zulassen mussten, dass sie einen Angriff auf eine geschickterweise mit ihrer Persönlichkeit verknüpften Ideologie als persönlichen Angriff interpretieren und getroffen aufschreien, muss ich diese Ideologie doch nicht respektieren.
    Im Gegenteil, es spricht Einiges dafür, eine solche Reaktion als sehr ungesund
    anzusehen, und zu versuchen, den Menschen dabei zu helfen, sich mit dieser oft sehr belastenden Verknüpfung auseinanderzusetzen, damit sie wieder unterscheiden lernen, wer sie selbst sind, und welche Anteile der Persönlichkeit durch äußere Einflüsse verformt wurden.
    Ich helfe unter anderem Menschen, die versuchen sich von sektenähnlichen Strukturen zu lösen, und das Elend, das mir dort zuweilen begegnet, war bis jetzt nicht dazu geeignet, mir Respekt vor irgendwelchen Ideologien einzuflößen.
    Ich finde die Forderung, man solle eine Ideologie respektieren ausgesprochen schräg.
    Ich bin der festen Überzeugung, dass genau diese unselige, von vielen akzeptierte Verknüpfung zwischen Ideologie und Persönlichkeit dringend auf den Prüfstand gestellt werden müsste.
    Wenn mir jemand sagt, dass ich ihn aber jetzt verletzt habe, weil ich ein von ihm bereits als Kind geglaubtes Märchen als genau das bezeichne, dann glaube ich ihm seine Betroffenheit, nur unterscheidet sich diese Betroffenheit aus meiner Sicht recht wenig von der Betroffenheit, die ein Mensch zeigt, wenn er erfährt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Ich fand das damals auch schlimm, bin aber nicht unglücklich darüber, heute nicht mehr an den Weihnachtsmann zu glauben.
    Also nochmal: Wieso zum Teufel sollte man einer Ideologie Respekt zollen? Nur um Menschen zu schonen, die diese Ideologie nicht in Frage stellen können? Wenn man auch noch weiß, dass eine Ideologie, die vielen Erkenntnissen widerspricht, das Leben nicht leichter macht. Also warum?

  382. #382 cydonia
    11. November 2010

    @S.S.T.
    Es geht ums drumherum, und dass man einen solchen thread, wen Du genau hinguckst durchaus für eine interessante Diskussion nutzen kann. Nutzen kann! nicht muss.

  383. #383 Thomas J
    11. November 2010

    @cydonia und Christian

    ohne den Essay gelesen zu haben…
    Ich muss cydonia beipflichten:
    Weltanschauungen verdienen keinen Respekt, genausowenig wie mein Musikgeschmack, cydonias politische Meinung oder Christians religiös geprägtes Weltverständnis Respekt verdienen. Schlussendlich darf und soll sich auch jeder über die Anschauungen des Anderen lustig machen können.
    Schlussendlich zählen Argumente, die nachvollziehbar sind. Darüber lässt sich diskutieren. Ideologien sind angreifbar, dürfen aber schon auch verteidigt werden.

    @Christian

    ganz ernsthaft… verlangst du Respekt vor deinen religiösen Gefühlen? Stört es dich wirklich, wenn sich jemand darüber lustig macht?

  384. #384 BreitSide
    11. November 2010

    Sowas: grad bringen sie bei “Quer” mit Christoph Süß was über Glockenbegehren in Lohr am Main (das nach einigen Aussagen schwärzer ist als Passau):
    – eine Initiative gegen das Schlagen einer (evangelischen) Kirche
    – und eine – richtig – dafür!

  385. #385 roel
    11. November 2010

    @cydonia Ich unterscheid zwischen Gläubigen und Fanatikern. Ich bleibe hier mal bei den Christen, es funktioniert aber genausogut bei anderen Religionen und Ideologien. Ein gläubiger Christ ist für mich jemand, der die Bibel kennt, sich mit ihr beschäftigt hat, die 10 Gebote kennt und diese versucht einzuhalten. Hierbei sind für mich die wichtigsten Gebote:
    Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen.
    Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.
    Du sollst nicht morden.
    Du sollst nicht ehebrechen.
    Du sollst nicht stehlen.
    Du sollst kein falsches Zeugnis geben.

    Ich weiß es gibt 10 Gebote, die anderen beachte ich hier jetzt nicht weiter. Jeder Christ der diese Gebote zumindest versucht einzuhalten ist für mich gläubig. Wenn ein Christ mordet so kann er das in meinen Augen nur aus Notwehr. Stehlen und lügen ebenfalls nur in äussersten Notsituationen. Ich gehe davon aus, das ein Christ nicht ehebricht.

    Ein Fanatiker hat sich vielleicht auch mit der Bibel beschäftigt aber er hält es mit den Geboten und der Auslegung anders. Ein Fanatiker missbraucht den Namen Gottes (vielleicht für einen heiligen Krieg) ohne es sich selber einzugestehen. Und vielfach begehrt er auch des anderen Hab und Gut. Gläubige versuchen ihren Nächsten zu lieben wie sich selbst. Fanatiker definieren erstmal wer ist Nächster und wer nicht. Die die er als Nicht-Nächste definiert meint er bekehren und bekämpfen zu müssen.

    Als dritte Gruppe neben den Gläubigen und den Fanatikern gibt es die, die, wenn es opportun ist so handeln, wie sie sich christliches handeln vorstellen. Diese Gruppe hat sich nie wirklich mit dem Glauben auseinandergesetzt und kennt höchstens Fragmente der Bibel. Dises ist die mit Abstand größte Gruppe von diesen dreien.

    Oder kurz gesagt ein gläubiger Christ lebt Liebe, ein fanatischer Christ lebt Hass, ein opportunistischer Christ versucht seinen Vorteil zu leben.

  386. #386 cydonia
    11. November 2010

    Gut, roel, ist mir jetzt leider zu spät, aber Kommentar kommt.
    Aber: Wie kannst du es wagen, manche Gebote als wichtiger zu erachten als andere?
    Ich meine natürlich in Anbetracht deiner sonstigen Position.

  387. #387 BreitSide
    11. November 2010

    @roel: schon vergessen?

    Die herrliche Aktion, eine kirchliche Ratgeberin auf Herz und Nieren zu prüfen:

    https://www.humanistsofutah.org/2002/WhyCantIOwnACanadian_10-02.html

    Danke nochmal GV für die Quellenlieferung! Ich weiß nicht, wie sie auf die Fragen antwortete. Aber wenn selbst Du sogar die 10 Gebote (also einen ganz kleinen Teil der Bibel) relativierst (auf Deutsch: nur die befolgst/befolgen willst, die Dir momentan passen), woran sollen wir dann “die Christen” messen?

    Vielleicht tue ich Dir da Unrecht, und Du meintest mit “die anderen beachte ich hier jetzt nicht weiter” ein rein zeitlich gemeintes “jetzt”

    Trotzdem meine Fragen:
    Was hättest Du anstelle von Laura S dem Frager geantwortet?
    Was hätte ein Christ, der Dir Vorbild ist, darauf geantwortet?
    Was sollte der “ideale” Christ antworten?

  388. #388 cydonia
    11. November 2010

    @roel
    Und doch noch eine kurze Frage: Wie hälst dus denn mit den sonstigen Vorschriften in der Bibel? Es gibt ja nun doch einige, deren Einhaltung Dich ziemlich schnell mit der Gesetzgebung zumindest in diesem Land in Konflikt bringen dürften.
    Und wenn Du beispielsweise das Tötungsgebot gegen Homosexuelle nicht befolgst(und es ist nicht umzuinterpretieren, außerdem eines meiner Lieblingsbeispiele), wie begründest du Deinen Ungehorsam gegen diese göttliche Regel?

  389. #389 BreitSide
    11. November 2010

    Christian:

    ich habe bei der Diskussion um den “Dauerbrenner” Kirchengeläut nur immer den Eindruck, dass das Geräusch von einigen deshalb als besonders störend empfunden wird, weil es aus einer Kirche kommt – und da liegt die Vermutung nahe, dass es – vielleicht unbewusst – nicht nur um die Nachtruhe sondern auch darum geht, jedes Anzeichen öffentlich praktizierter Religion (was Geläute mitten in der Nacht übrigens eindeutig nicht ist, da nicht sakraler Natur) möglichst zu minimieren oder verschwinden zu lassen

    Mit dem “von einigen” wird ein Schuh daraus. Aber genauso umgedreht: Einige gehen gegen alle möglichen Schallquellen vor (Kinder, Rettungshubschrauber), nicht aber gegen Kirchenglocken.

    So sind wir ja wohl doch alle hinreichend inkonsequent.

    Festzuhalten bleibt: eine Kirche in weniger als vielleicht 100 m Entfernung schädigt durch ihr nächtliches Schlagen die Gesundheit. Ob das durch andere Werte wieder kompensiert wird, ist eine andere Frage.

  390. #390 BreitSide
    11. November 2010

    koi zu Andrea: Dein Eindruck und Deine Lärmempfindlichkeit interessieren mich dabei überhaupt nicht. Der Zusammenhang vieler (Uhren)Geläute in der Nacht und christlicher Bevölkerungsanteil dürfte wohl ähnlich aussagekräftig sein wie der zwischen Storchenpopulation und Geburtenquote.

    Daraufhin wies ich auf die doch vorhandene kausale Beziehung hin. Darauf Du:

    Nee, dem Irrtum bin ich nicht erlegen…

    Daraus darf ich also ableiten, dass zwischen dem Nachtschlagen (irgendjemand hatte uns doch ermahnt, dass es Nachtläuten kaum gibt) und dem christlichen Bevölkerungsanteil einen sehr gut belegten Zusammenhang gibt?

  391. #391 michael
    11. November 2010

    Die einzige Instanz, die enscheidet, ob jemand sich gottgefällig in seinem Leben verhalten hat, ist nun mal Gott.

    Und wer eifrig das Neue Testament studiert hat, weiß , daß es nicht darauf ankommt, was einer sagt oder schreibt, sondern was einer tut.

    An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.

  392. #392 cydonia
    11. November 2010

    Michael, Paulus sagt, dass nicht die Taten, sondern allein der rechte Glaube zählt. Und das ist so sehr neues Testament, mehr geht gar nicht.
    Lies noch mal Paulus, oder wie ich schon woanders empfahl, noch besser den neuesten Comic von Ralf König: “Antityp”

  393. #393 michael
    11. November 2010

    @cydonia

    ‘An ihren Taten sollt ihr sie erkennen’ ist, glaube ich, von Jesus himself und
    Jesus toppt Paulus.

  394. #394 roel
    11. November 2010

    @cydonia “Aber: Wie kannst du es wagen, manche Gebote als wichtiger zu erachten als andere?” Ich habe mich früher mit einigen Religionen, und da ich katholisch getauft bin natürlich mit dem Christentum zu allererst beschäftigt. Im NT beruht vieles auf Liebe, Respekt und Wahrheit. Für Christen sollten alle Gebote wichtig sein, für mich, um zwischen den von mir definierten Gruppen zu unterscheiden, reichen die oben genannten.

    @breitseite Das hast du falsch verstanden. Ich bin kein Christ ich glaube an keinen Gott. Ich habe mich nur früher mit Religionen beschäftigt. Und das o.g. sind meine Kriterien wie ich zwischen den verschiedenen “Christen” unterscheide. Mehr nicht. Ich habe deinen Link kurz überflogen, solche Fragen kann man zu jeder Religion und jeder Ideologie zusammenstellen. Früher habe ich selbst gerne solche Fragen gestellt, aber das macht vielleicht 10 Minuten Spaß und das war es dann.

  395. #395 cydonia
    11. November 2010

    Michael, ohne Paulus würdest du Jesus gar nicht kennen!
    Paulus ist der ultimative Joker!

  396. #396 clizz
    11. November 2010

    @ Christian Reinboth· 10.11.10 · 10:48 Uhr

    Die Rechtslage hinsichtlich des Bezahlens von Rechnungen ist in Deutschland beispielsweise auch ganz eindeutig (wer kauft muss auch zahlen), trotzdem kommt es jedes Jahr zigtausendfach vor, dass der Gläubiger umständlich mahnen, einen Titel erwirken oder sogar vor Gericht ziehen muss, um an sein Geld zu kommen. Die Rechtsstaatlichkeit ist ja nicht dadurch gegeben, dass jeder Bürger sich zu jedem Zeitpunkt an geltendes Recht hält, sondern dass man bei Rechtsverletzungen erfolgreich klagen kann. Will sagen: Wenn denn die Rechtslage wirklich ganz eindeutig ist, die Kirchgemeinde das aber einfach nicht einsieht, dann dürfte ja bereits eine einzige Anhörung vor Gericht ausreichen.

    Da beschäftigt mich doch gleich eine spannende – zugegebenermaßen rhetorische – Frage. Ich gehe mal von der Annahme aus, dass wir darin übereinstimmen, Rechtsverletzungen (im Sinne ihres Beispieles des säumigen Zahlers) als unmoralisch zu bewerten. Nun halten sich hier – ausgerechnet – die Vertreter unserer traditionellen christlichen Wertvorstellungen nicht an geltendes Recht. Können diese Vertreter bzw. die Institution selbst demzufolge moralische Menschen sein?

    Die Antwort darauf dürfte wahrscheinlich auch die Antwort auf die Frage des Blogbeitrages sein, allerdings würde ich noch einen Schritt weiter gehen wollen. Betrifft es bei den Atheisten nur das Subjekt, so ist im Fall der Kirchenglocken gleichwohl die Institution Kirche zu betrachten.

  397. #397 Thomas J
    11. November 2010

    @cydonia, michael

    Taten sind entscheidend = katholisch
    Glauben ist entscheiden = reformiert

    etwas verkürzt natürlich.

  398. #398 koi
    11. November 2010

    @Breitside
    Jetzt haut es uns langsam aus der Kurve. Ich habe vergessen, dass das Internet eine ironiefreie Zone ist (immerhin habe ich ja einen Konjunktiv verwendet). Ein möglicher direkter oder indirekter Zusammenhang zwischen Geläut und christlicher Bevölkerung war erst mal für meine Argumentation irrelevant, jedenfalls nach meiner Meinung. Ob es einen direkten Zusammenhang gibt, oder einen indirekten, weil die Bevölkerung auf dem Land überaltert ist und deswegen schwerer hört oder was auch immer – ich vermute es, aber werde es nicht untersuchen. Wenn es Dir wichtig ist: Ich weiß nicht ob es einen Zusammenhang zwischen ländlichen Nachtschlagen und christlichen Bevölkerungsanteil gibt. Ich vermute einen indirekten und mehr wolle ich nicht ausdrücken.
    Ich wollte (und habe hoffentlich) auch nie behauptet, dass nachts keine Turmuhren schlagen, ich wollte nur auf die rechtlich relevante Trennung zwischen profanen und liturgischen Läuten (das nachts nach meiner Aussage wirklich selten ist) hinweisen, der Aspekt geriet ja dann schnell aus dem Focus.
    Lass gut sein 😉

  399. #399 Hel
    12. November 2010

    Nu ja… Aus agnostischer Sicht scheint mir dieser Thread n’bisken zu belejen, dass hier niemand so gebenedeit ist, total gefeit vor pharisäischen oder destruktiven Tendenzen zu sein *ggg*

    Bonne Nuit *busserl*

  400. #400 michael
    12. November 2010

    > Michael, ohne Paulus würdest du Jesus gar nicht kennen!
    Paulus ist der ultimative Joker!

    Hehe, mag sein. Dann würde ich sagen: सिद्धार्थ गौतम hat gesagt: … .

    WIe dem auch sei, meiner Meinung nach erkennt man einen moralichen Menschen an seinem Handeln und nicht an seinem Glauben.

  401. #401 cydonia
    12. November 2010

    Na, Thomas, wenn das mal so einfach wäre…..
    Aber ich hoffe doch, dass Du unsere kleine Pokerpartie nicht allzu ernst genommen hast.
    Obwohl ich bei sowas Ähnlichem schon mal Ohrenzeuge sein durfte.

  402. #402 Thomas J
    12. November 2010

    @cydonia

    welche Pokerpartie?
    Und man muss sich das Leben einfach machen… dann lebts sich auch einfacher 🙂

  403. #403 Christian Reinboth
    12. November 2010

    @cydonia:

    Nur weil viele Menschen es zugelassen haben oder zulassen mussten, dass sie einen Angriff auf eine geschickterweise mit ihrer Persönlichkeit verknüpften Ideologie als persönlichen Angriff interpretieren und getroffen aufschreien, muss ich diese Ideologie doch nicht respektieren.

    Doch – gerade die Erkenntnis, dass religiöse Vorstellungen zu einem wichtigen Element der persönlichen Identität werden können und entsprechende Angriffe von solchen Menschen als Angriffe auf ihre Persönlichkeit wahrgenommen werden, sollte einen – weniger aus Respekt vor den Vorstellungen als mehr aus Respekt vor der Person selbst – dazu bewegen, zumindest die Form zu wahren. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Die Kritik an Religion oder an Kirche finde ich richtig und notwendig, mich irritiert nur lediglich die Form, die ich für einen Dialog als nicht förderlich empfinde.

    Um es mal an einem nicht-religiösen Beispiel festzumachen: Auch die Homöopathie wird ja auf den ScienceBlogs häufig und gern – auch durch mich – kritisiert. Ich hätte demnach kein Problem damit, einem überzeugten Anhänger der Homöopathie klar mitzuteilen, dass ich von der völligen Nutzlosigkeit der Methode überzeugt bin, die Vorstellung vom “Wassergedächnis” für unbeweisbar halte und persönlich im Falle einer Erkrankung nicht darauf zurückgreifen und auch anderen davon abraten würde. Es würde mir dagegen nicht im Traum einfallen, ihr oder ihm vorzuwerfen, ein geistloser Anhänger einer abgrundtief dämlichen Ideologie zu sein, nicht den Hauch einer Ahnung von Medizin oder Physik zu haben und meiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass sich sämtliche Homöopathen mit ihren Globuli selbst vergiften mögen – nicht nur deshalb, weil ich nicht so denke, sondern auch weil ich – selbst wenn es so wäre – im Regelfall genügend Respekt vor meinem Gesprächspartner habe, um ihn nicht auf eine derartige Weise zu attackieren.

    Ich hoffe, der Unterschied wird deutlich. Meine Optionen, mir falsch erscheinende Vorstellungen zu kritisieren, wird durch die Wahrung entsprechender Umgangsformen nur minimal eingeschränkt – und zumindest soviel Respekt vor dem Gegenüber sollte meines Erachtens nach drin sein (zumindest solange der sich nicht ebenfalls im Ton vergreift)…

  404. #404 Christian Reinboth
    12. November 2010

    @Thomas J.:

    ganz ernsthaft… verlangst du Respekt vor deinen religiösen Gefühlen? Stört es dich wirklich, wenn sich jemand darüber lustig macht?

    Nein, mich persönlich stört das nicht besonders, ich weiß aber, dass es andere Menschen teilweise tief verletzt und ärgere mich daher über Kritik, wenn die erkennbar nur diesen einen Zweck (des Verletzens) verfolgt. Was mich ärgert sind Vorwürfe, die ins Persönliche gehen: Wenn beispielsweise jemand gläubigen Eltern vorwirft, sie würden mit der Taufe einen Akt seelischer Kindesmisshandlung begehen oder aber sie würden ihr Kind im Sinne einer faschistodien Ideologie erziehen, dann kann man das nicht mehr einfach mit “ich kritisiere doch nur die Ideologie und nicht den Menschen” verbuchen, hier fehlt dann der (notwendige) Respekt vor dem Gegenüber.

  405. #405 Christian Reinboth
    12. November 2010

    @clizz:

    Da beschäftigt mich doch gleich eine spannende – zugegebenermaßen rhetorische – Frage. Ich gehe mal von der Annahme aus, dass wir darin übereinstimmen, Rechtsverletzungen (im Sinne ihres Beispieles des säumigen Zahlers) als unmoralisch zu bewerten. Nun halten sich hier – ausgerechnet – die Vertreter unserer traditionellen christlichen Wertvorstellungen nicht an geltendes Recht. Können diese Vertreter bzw. die Institution selbst demzufolge moralische Menschen sein?

    Über geltendes Recht kann man bekanntlich verschiedener Auffassung sein – nicht selten werden ja Rechtsfälle auch von einer Instanz anders entschieden als von der nächsten, d.h. auch unter Juristen und Richtern weicht die Bewertung der Rechtslage voneinander ab. Dass dies auch unter Laien der Fall ist, ist eigentlich weder überraschend, noch sagt es viel über den Charakter aus. Gut möglich, dass sich sowohl die Vertreter der Kirchgemeinde als auch die Petitenten vollkommen im Recht fühlen – genau für solche Fälle haben wir ja aber das Gericht als neutrale und fachkundige Entscheidungsinstanz.

  406. #406 Thomas J
    12. November 2010

    @Christian

    Danke, sehr einverstanden

  407. #407 roel
    12. November 2010

    @clizz “Nun halten sich hier – ausgerechnet – die Vertreter unserer traditionellen christlichen Wertvorstellungen nicht an geltendes Recht. Können diese Vertreter bzw. die Institution selbst demzufolge moralische Menschen sein?” Natürlich, nur weil jemand in der Meinung anderer in Teilbereichen unmoralisch handelt ist er kein unmoralischer Mensch.

  408. #408 Frank S
    12. November 2010

    Die Art von Respekt, die den Gläubigen respektiert, aber den Glauben selbst kritisiert, sollte selbstverständlich der Regelfall sein.

    Nur… wer legt fest, wann es Kritik, und wann Beleidigung ist?

    Die Mohammed-Karrikaturen – waren das Beleidigungen oder Kritik? Wenn die Religion eines Menschen ihm verbietet, einer Frau die Hand zu schütteln, wer beleidigt dann wen? Wenn Homosexuelle mal eben für Naturkatastrophen verantwortlich gemacht wird, wer beleidigt dann wen? Oder wenn eben Atheisten kategorisch die Fähigkeit zum moralischen Handeln abgesprochen wird, wer beleidigt dann wen?

    Manche Ansichten, Ansprüche und Verhaltensweisen die manche gläubige Menschen mit ihrer Religion begründen, kann ich weder respektieren noch akzeptieren. Und, ehrlich gesagt, in einigen extremen Fällen ist es für mich auch schwer, den Menschen dahinter selbst noch zu respektieren.

    Beleidigungen sind kein vernünftiger Umganston. Einen Menschen wegen seines Glaubens zu beleidigen, ist unangemessen. Aber den *Glauben* selbst zu beleidigen… Manche Tat “im Namen des Glaubens” beleidigt die entsprechende Religion weit mehr, als es irgend einem Atheisten mit Worten gelingen könnte.

  409. #409 cydonia
    12. November 2010

    Wichtige Bemerkung Frank, danke. Wo denn nun die Grenze zwischen Kritik und Beleidigung ist, kann man nur sehr schwer definieren, wenn man mit den persönlichen Gefühlen von Menschen konfrontiert wird, die nun mal da sind.
    @Christian Reinboth
    Da sind wir nicht sehr weit voneinander entfernt. Bei der Form stimme ich sofort zu!
    Ich greife aber das Beispiel mit der Taufe auf, um zu zeigen, wo ich noch einen Unterschied in der Bewertung sehe.
    Ich wurde schon mehrmals von Bekannten darauf angesprochen, warum wir denn unsere Kinder nicht haben taufen lassen. Das Thema habe ich, soweit ich mich erinnern kann, noch nie selbst auf den Tisch gebracht. Dann, und nur dann, steige ich ins Thema ein, weil es mir quasi aufgedrängt wurde. Und dann, und nur dann, bohre ich hartnäckig nach, warum denn die Bekannten sich zu diesem Schritt entschlossen haben. Schon allein diese Frage wird von vielen als Affront empfunden, weil sie nicht gewohnt sind, ihre Entscheidung zu begründen.
    Menschen, die beim Thema Taufe von Kindesmisshandlung und von faschistoid reden, sollten sich aus meiner Sicht zum nächsten Psychologen begeben. Es könnte aber trotzdem sein, dass Reaktionen heftiger als erwartet ausfallen, weil der gesellschaftliche Druck in bestimmten Kreisen recht hoch ist.
    Wie dem auch sei, wenn sich die Angesprochenen dann zu einer Begründung herablassen, ist diese dann meist sehr dünn und substanzlos. Wenn ich dann doch noch weiterfrage(und das ist aus meiner Sicht das Grundproblem: Menschen wollen mit ihrer unreflektierten Ideologie tunlichst in Ruhe gelassen werden), kommen manchmal Begründungen, die mir die Schuhe ausziehen, die ich aber auch für ehrlicher halte, und deswegen anschließend betreten schweige, obwohl ich durchaus Lust hätte, A….tritte zu verteilen.
    Soviel zur Taufe.

  410. #410 miesepeter3
    12. November 2010

    @cydonia

    “Wie dem auch sei, wenn sich die Angesprochenen dann zu einer Begründung herablassen, ist diese dann meist sehr dünn und substanzlos.”

    Wenn ich das richtig verstanden habe, nimmst Du dir das recht, deine Kinder nicht zu taufen lassen, aus deiner Überzeugung. Wieso haben dann andere nichtdas gleiche Recht, ihre Kinder taufen zu lassen, egal, wie dünn die Begründung ist. Soll das Kind selbst entscheiden? noch nicht in dem Alter, da entscheiden die Eltern noch für das Kind und das nicht nur aus kirchlicher Sicht, sondern auch aus weltlicher Gesetzgebung. Kann sich ja später anders entscheiden, wenn es verständiger ist, sagt der Gesetzgeber. Daran rumzunörgeln ist kleinlich.
    Genau so kleinlich ist es aber auch, die nichttaufenden Eltern mit Nörgelei zu überziehen. Auch ich wundere mich immer wieder, wie wenig Eltern über die Taufe nachdenken, sie lassen halt taufen. Andererseits ist es für das tägliche Leben nicht unbedingt praktisch, über alles und jedes erst einmal lange zu grübeln. Man macht einfach aus a)Gewohnheit b) Erfahrung c) Unwissenheit. Man kann ja später (meist) noch korrigieren.
    Auch ich würde meine Kinder nicht schon als Baby taufen lassen, aber eine höhere Moralität leite ich daraus nicht für mich ab.

  411. #411 itz
    12. November 2010

    „Ich wurde schon mehrmals von Bekannten darauf angesprochen, warum wir denn unsere Kinder nicht haben taufen lassen.“

    Ich bitte Sie: Lassen Sie Ihr Kind taufen. Wie sich jüngst herausgestellt hat ist die Gefahr, dass Ihr Kind eine Straftat begeht größer als bei einem ungetauften (konfessionslosen) Menschen. Das wollen wir doch nicht!

    „Etwas überraschend ist der über alle Spezifikationen hinweg festgestellte kriminogene Einfluss der Konfessionslosigkeit. Alternative Schätzungen (ohne Dokumentation in den Tabellen) zeigen gleichzeitig, dass bei Mitgliedern der christlichen Kirchen eine messbar geringere Kriminalität feststellbar ist. (…)
    Es kann vermutet werden, dass die (Nicht-)Mitgliedschaft in einer Amtskirche ein Indikator für ein (fehlendes) moralisches Verhalten ist,
    dass durch die anderen Variablen des Schätzmodells nicht abgedeckt wird. Im Übrigen bestätigt auch die Studie des KFN (Baier, Pfeiffer et al. 2010, Kap. 3.3) eine höhere Kriminalität bei den kirchlich nicht gebundenen Jugendlichen – und zwar sowohl bei deutschen als auch nichtdeutschen Befragten – als bei „christlichen“ Jugendlichen.“
    (Unzureichende Bildung: Folgekosten durch Kriminalität – Prof. Dr. Horst Entorf, Philip Sieger Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung [Meine Hervorhebung])

    Man scheint sich ja weitgehend einig, dass auch ein Atheist ein moralischer Mensch sein kann. Aber sind am Ende doch die religiösen Menschen moralischer als die konfessionslosen?

  412. #412 klauszwingenberger
    12. November 2010

    Wieder einmal sehr kurz und sehr unsachlich:

    Ich weiß nicht, ob es eine Urban Legend ist, aber zu Studentenzeiten zirkulierte damals die Nachricht, die höchste Diebstahlsrate in den Institutsbibliotheken verzeichneten Juristen und Theologen. Na, wenigstens für die säkulare Feldpostnummer schien mir das aus eigener Anschauung durchaus plausibel…

    Anyway: cydonia war es glaube ich, der sehr viel weiter oben sinngemäß schrieb, die Ausgangsfrage sei, so kurz und bündig man sie beantworten könne, jedenfalls ein schöner Anlass, eine Grundsatzdiskussion zu führen. Das haben wir nun auch erleben/erleiden müssen, und das kommt davon, wenn man etwas irgendwann mal grundsätzlich gesagt haben möchte. Ich hätte auch ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass das liturgische Glockengeläut, das vor rund 30 Jahren einmal die Verwaltungsgerichte landauf-landab in Atem hielt, noch einmal sein schreckliches Haupt erheben würde. Aber Moraldebatten machen eben vieles möglich. Nur, und das ist das, was mich alleine interessiert, sie bringen kein Lot an Einsicht. Ich jedenfalls hätte kein Problem damit, Vertiefungen und Verbreiterungen dieses Themas der theologischen Fakultät beliebiger Konfession zwecks Rundflügen um den eigenen intellektuellen Bauchnabel zu überlassen. Die drei Promille Varianz, die der steilen These der Bertelsmann-Studie zu Grunde gelegen haben, machen mich daran nicht wirklich irre.

  413. #413 cydonia
    12. November 2010

    @miesepeter
    ich mag es nicht besonders, wenn meine posts absichtlich missverstanden werden.
    Also ihrer Meinung nach sollte ich, wenn mich morgen mein Nachbar anmacht, weil ich nicht jeden Tag um 5 Uhr früh 7 Kokosnüsse in den Apfelbaum hänge, dieses ignorieren, und ihn nicht fragen, warum er das denn tut?
    Fragen zu rituellen Handlungen sind verboten, weil…..?
    @itz
    Meinen Sie das jetzt ernst, oder wollen sie mich auf den Arm nehmen?
    Falls Sie das ernst meinen sollten, glauben Sie dann wahrscheinlich auch, dass die Kriminalitätsrate beispielsweise in Indien höher ist, weils da ja nicht genug brave Christen gibt……Nein, das können Sie nicht ernst gemeint haben.
    @klauszwingenberger
    Ich meinte da weniger die Glockendiskussion(bitttebitte nicht wieder anfangen!) als andere, für mich durchaus interessante Bemerkungen und Perspektiven, die sich bis jetzt ergaben.
    Hannah Arendt zitierend: “Ich will verstehen!”. Und wie soll ich das anders machen, als dadurch, dass ich mich in die Diskussion begebe?

  414. #414 Hazet
    12. November 2010

    Wusste garnicht, daß man soviel Zündstoff in das Thema packen kann !
    Solch eine hochgespielte Thematic hat sicherlich Ursachen….. eine
    davon ist meiner Ansicht nach eine gewisse Überheblichkeit, welche
    gerne von unseren atheistischen Mitmenschen gegenüber den religiös
    lebenden Bürgern gezeigt wird ! Vereinfacht ausgedrückt : die Atheisten
    halten ihre religiösen Mitmenschen für rückständig !
    Am schlimmsten halten es da die sogenannten Vertreter der Evolutions-
    Theorie.. als wenn diese Sorte von Wissenschaftlern den Beweis für
    ihre Theorie in der Schublade liegen hätten … dabei hat die DNA-
    Forschung schon herausgefunden, das der Mensch nicht vom Affen
    abstammt… und der DNA-Komplex viel komplizierter ist als noch vor
    einigen Jahren angenommen wurde !! Zufall ?? eine 1 mit 300 Nullen,
    wäre die reale Zahl, ist das alles nur moderner Aberglaube aus Prinzip ??
    Grundsätzlich hat jeder Mensch eine Moral, welche von der Erziehung
    und dem Elterhaus geformt wird! Wichtig, deshalb erwähnenswert, ist die Tatsache, daß schon die UR-Menschen an die Götter glaubten !
    Deshalb stellt sich die Frage, wofür ist der Glaube wichtig ?
    wichtig für Essen und Trinken = nein
    wichtig für die Fortpflanzung = nein
    wichtig für den geistigen Zusammenhalt der Menschen = ja
    wichtig für die kulturelle Entwicklung der Menschen durch Rituale, welche
    sich aus dem Glauben an die Götter gebildet haben ! (diese Rituale waren
    den Zeiten entsprechend auch teilweise grausam !)
    Für diese Rituale wurden auch Musikinstrumente erfunden.. eigentlich
    überflüssig.. oder ??
    Zitat : nur die Allwissenden glauben an nichts..und von nichts kommt nichts !
    mfG.

  415. #415 cydonia
    12. November 2010

    Gut, wenn jetzt die Kreationisten auch noch kommen, bin ich raus. Das unqualifizierte und arrogante, von keiner Erkenntnis getrübte Gewäsch brauche ich unbedingt, um mir das Wochenende zu vermiesen.
    Ja, Hazet, du bist gemeint.Bei soviel Schwachsinn ists dann doch vorbei mit meiner Höflichkeit.

  416. #416 Frank S
    13. November 2010

    Das einzige Problem, das ich mit Kreationisten habe ist, dass ich nie sicher bin, ob es nun eine Parodie ist oder ernst. Ein überzeugter Kreationist ist einfach nicht von Satire zu unterscheiden. Insofern sind weitere Diskussionen da immer fruchtlos.

  417. #417 michael
    13. November 2010

    > Gut, wenn jetzt die Kreationisten auch noch kommen, bin ich raus.

    Schade, nachdem das ‘… sein kann.’ nun klar ist, hätte man ja jetzt die Frage nach der Existenz überwiegend moralischer handelnder Christen oder Atheisten und woran man solche erkennt stellen können.

    Nebenbei gefragt, darf man z.B. ‘Siddhartha Gautama’ zu den Atheisten zählen?

  418. #418 Thomas J
    13. November 2010

    @Hazet

    “wichtig für die Fortpflanzung = nein”

    schau doch mal bei Michael Blume rein. https://www.chronologs.de/chrono/blog/natur-des-glaubens

  419. #419 Günther Vennecke
    13. November 2010

    @Hazet,

    dabei hat die DNA-Forschung schon herausgefunden, das der Mensch nicht vom Affen abstammt…

    Stimmt auffalllend! Wir stammen tatsächlich nicht vom Affen ab: wir SIND Affen!

    Die biologischen Unterschiede zwischen uns Menschen und den nächsten Verwandten sind tatsächlich so klein, dass es unwissenschaftlich wäre, uns aus der im allgemeinen Sprachgebrauch ohnehin nur unscharf definierten Gruppe der Affen auszuschließen. Wir und die anderen Affen gehören zur Ordnung der Primaten und bilden mit den Orang-Utans, Gorillas und Schimpansen vier Familien der Unterordnung Trockennasenaffen.

    Wichtig, deshalb erwähnenswert, ist die Tatsache, daß schon die UR-Menschen an die Götter glaubten !

    Ebenfalls Zustimmung. In der Geschichte der Menschheit hat es wohl nahezu 10.000 Gottheiten gegeben, die zu den verschiedenen Zeitaltern von den Menschen angebetet wurden. Sie ALLE sind inzwischen auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet. Wir alle sind inzwischen Atheisten was Götter wie Thor, Zeus, Poseidon, Wotan, Baal, usw., usw., betrifft. Der moderne, aufgeklärte Mensch geht nur einen Gott weiter – wie es einer der klügsten heute lebenden Menschen, der britische Wissenschaftler Richard Dawkins, so überzeugend ausgedrückt hat!

  420. #420 Günther Vennecke
    13. November 2010

    @itz,

    die von Ihnen aufgeführte Studie steht in krassem Gegensatz zu anderen, internationalen Studien, die das genaue Gegenteil belegen: Je sekularer eine Gesellschaft ist, desto ethischer verhält sich auch seine Bevölkerung, wie man leicht am Beispiel der skandinavischen Länder belegen kann, wo die Religion nur noch eine kaum wahrnehmbare Rolle spielt.

    Dass gerade Länder, die sich christlich nennen, aber eher im unteren Bereich rangieren, wenn es um Fragen wie Kriminalität, Scheidungsraten, Teenagerschwangerschaften, usw. geht, zeigen in ganz drastischer Weise die USA, wobei sogar innerhalb der Staaten dieser Gegensatz von religiösem Gehabe und sozialem Niveau offen zutage tritt: je religiöser ein Staat sich gibt, desto mehr hat er mit schweren sozialen Defiziten zu kämpfen. Und die Kausalität scheint auch geklärt zu sein: die sozialen Defizite treten auf, WEIL die Bevölkerung religiös ist, nicht umgekehrt. Insofern kann man in diesem ZUsammenhang von iener selbst verschuldeten Unmündigkeit reden.

  421. #421 Günther Vennecke
    13. November 2010

    Ein paar sehr interessante Gedanken zum Unterscheid zwischen Moral und Ethik habe ich auf dieser Website gefunden:

    Bereits zu Anfang hatte Schmidt-Salomon die Begriffe Moral und Ethik scharf voneinander getrennt. Moral versteht er dabei als metaphysisches Urteil über gut und böse, das weder verhandelbar noch hinterfragbar ist. Ethik erkennt Schmidt-Salomon hingegen als die Regeln, die Menschen untereinander auf der Basis unterschiedlicher Interessen entwickeln. Der Ethiker akzeptiere Bedürfnisse, der Moralist nicht. Der Moralismus beschwöre die Doppelmoral deshalb, weil er seinem metaphysischen Konstrukt gar nicht gerecht werden kann. Ethik heiße kreative Lösung, Moral autoritäres Dogma. Moralismus sei das naiv-archaische Instrumentarium vormoderner Kulturen und Ethik bedeute, Moralismus zu bekämpfen. Die Losung des Ethikers sei: “Trau keinem erhabenen Motiv, wenn es nicht auch ein handfestes gibt.” Das moralisierende Weltbild ist für ihn sogar der entscheidende Punkt, um Menschen in Kriege wie den Irakkrieg hetzen zu können. Moral sei die Verfestigung irrationaler Standpunkte und verurteile Menschen außerhalb jeglichen Zusammenhangs aufgrund persönlicher Schuldfähigkeit. Ethik entstünde nicht aus irrationalen Standards, sondern aus der flexiblen Verhandlung über unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse, suche zwischen verschiedenen Menschen Lösungen für Interessenskonflikte. Ziel sei also nicht die Strafe des “Bösen”, sondern Fair Play.

    https://www.sopos.org/aufsaetze/4546c5d5cf6d2/1.phtml

    Besonders den letzten Satz sollten sich alle religiösen Moralisten ins Stammbuch schreiben lassen.

  422. #422 S.S.T.
    13. November 2010

    @Günther Vennecke· 13.11.10 · 12:19 Uhr

    Sehr schön, erspart eigentlich jeden Kommentar auf die kruden Thesen von @Hazet.

    Nur so als Anmerkung: Der geistige Zusammenhalt der Menschen kann auch durch den gemeinsamen Genuss von geistigen Getränken gefördert werden, wie ihn auch verhindern, so wie es ebenfalls bei verschiedenen Glaubensrichtungen der gleichen Religion schon vorgekommen sein soll.
    Atheisten können durchaus gläubig sein, z.B. dass sie nicht in den nächsten 10 Min. ein Herzinfarkt dahinrafft oder dass die nächste Roulette-Kugel in ein rotes Fach fällt.

  423. #423 miesepeter3
    13. November 2010

    @cydonia

    Ich glaube nicht, dass ich Dich mißverstanden habe, eher umgekehrt.
    Ich gestatte jedem, morgens um 5 keine 7 Kokosnüsse in den Apfelbaum zu hängen und auch nicht zu anderen Zeiten andere Anzahlen vom beliebigen Früchten in sonstwas zu hängen. Ich bin auch nicht dafür, dieses Nichtbefolgen von rituellen Handlungen zu bemängeln oder sogar eine Rechtfertigung zu verlangen. Aber genausowenig bin ich dafür, den rituell Handelnden sein Tun zu verbieten. Fragen dazu sind natürlich erlaubt, sowohl in die eine wie in die andere Richtung. Aber Fragen aus Neugier und bloßstellende Fragen weisen schon Unterschiede auf.
    Solange man auf Augenhöhe dikutieren will, sind die bloßstellenden Fragen nicht angebracht, schon aus reiner Höflichkeit.

  424. #424 Günther Vennecke
    13. November 2010

    Bei Schmidt-Salomon wird man zu obigem Thema immer wieder fündig. Der Mann argumentiert glasklar und wirklich überzeugend:

    Als ethisches Vorbild für unsere Zeit taugt der Gott der Juden, Christen und Muslime gewiss nicht Wäre die Bibel tatsächlich „Gottes Wort“, müsste man den in ihr wirkenden göttlichen Tyrannen gleich mehrfach wegen kolossaler Verbrechen gegen die Menschlichkeit anklagen. Kein noch so verkommenes Subjekt unserer Spezies hat jemals derartig weitreichende Verbrechen begangen, wie sie vom Gott der Bibel berichtet werden! Man denke nur an die völlige Auslöschung von Sodom und Gomorra, den weltweiten Genozid an Menschen und Tieren im Zuge der sog. „Sintflut“ oder aber an die für Christen und Muslime verbindliche Androhung ewiger Höllenqual, gegen die jede irdische und damit endliche Strafmaßnahme verblassen muss.

    https://www.giordano-bruno-stiftung.de/human/mangebote.htm

    Deshalb hier noch einmal die modifizierte Frage:

    Kann ein wirklicher, bibelgläubiger Christ ein ethischer Mensch sein?

    Die Antwort läuft wohl nach allem hier Gesagten auf ein eindeutiges NEIN! hinaus.

    Ethisch kann nur ein Mensch sein, der seine Einstellung im Hinblick auf die Bedürfnisse und Rechte seiner Mitmenschen immer wieder kritisch im Lichte humanistischer Grundsätze hinterfragt.

    Nicht aber jemand, der das eigenständige Denken zu Gunsten einer rückständigen Religion aufgibt, die auf den absurden Aussagen eines bronzezeitlichen Sammelsuriums einander inhaltlich ausschließender, unter äußerst fragwürdigen zustande gekommener Texte basiert.

  425. #425 miesepeter3
    13. November 2010

    @itz

    Hochinteressant die Studie. Ich kenne nur eine und die kommt zu dem Schluß : Je religiöser eine Gemeinschaft, desto höher die Kriminalitätsrate. Als Beispiele wurden die
    USA und Russland angeführt. Sehr viele tiefgläubige Menschen und weltweit die höchste Vergewaltigungsrate. Müssen sich in letzter Zeit sehr gebessert haben, die Gläubigen.

  426. #426 Günther Vennecke
    13. November 2010

    @miesepeter 3

    Solange man auf Augenhöhe dikutieren will, sind die bloßstellenden Fragen nicht angebracht, schon aus reiner Höflichkeit.

    Höflichkeit ist sicherlich das Schmieröl der Gesellschaft. Es stellt sich allerdings die Frage, ob man in einer Diskussion darauf verzichten muss, absurde Positionen aus reiner Höflichkeit nicht anzusprechen?

    In der Tat gehört es zu den Tricks der Religionen, darauf zu beharren, dass solche Absurditäten aus “Respekt vor Glaubensüberzeugungen” nicht weiter behandelt werden.

    Wer mit solchen Überzeugungen hausieren geht und meint, andere von den eigenen Absurditäten überzeugen zu müssen, muss sich der Kritik stellen und auch in Kauf nehmen, sich der Lächerlichkeit preis zu geben, denn letztendlich sind viele Glaubensüberzeugungen genau das: in höchstem Maße lächerlich.

    Religion ist in aller Regel das Ergebnis einer frühkindlichen Gehirnwäsche. Es ist daher fraglich, ob man mit Leuten, die absurde religiöse Positionen einnehmen, überhaupt “auf Augenhöhe” diskutieren kann.

    Schließlich und endlich ist eine “bloßstellende Frage” doch wohl eine, die den Finger in die Wunde legt, d. h., genau die Schwachstellen aufdeckt, die die unhaltbaren Positionen des Gläubigen aufdecken. Sollte man dem Gläubigen nicht den Gefallen tun und ihn darauf hinweisen, anstatt ihn in seiner zumindest zum Teil selbst verschuldeten Unmündigkiet zu belassen?

  427. #427 perk
    13. November 2010

    Atheisten können durchaus gläubig sein, z.B. dass sie nicht in den nächsten 10 Min. ein Herzinfarkt dahinrafft oder dass die nächste Roulette-Kugel in ein rotes Fach fällt.

    bitte bitte nicht..
    nicht schon wieder..
    das pseudoargument glauben mit glauben zu verwechseln darf nicht immer wieder aufgewärmt werden.. das verursacht nur herzinfarkte bei ernsthaften diskussionsteilnehmern

    religiöser glaube und berechtigte vermutungen sind ein unterschiedliches prinzip.. zwei verschiedene bedeutungen des wortes glauben, deren zusammenwerfen für jede diskussion zur qual wird..

  428. #428 Hel
    13. November 2010

    @Günther Vennecke

    Ich erlaube mir mal, dezent darauf hinzuweisen, dass ich die 10 AnGebote des evolutionären Humanismus schon ca. 200 Kommentare zuvor gepostet hatte, vgl https://www.scienceblogs.de/frischer-wind/2010/10/kann-ein-atheist-ein-ethischer-mensch-sein.php#comment156259

    Anyway, es gibt also eine vom Christentum unabhängige und zu ihm dennoch nicht grundlegend konträre Ethik, die sich aus den Traditionen von Aufklärung und Humanismus entwickelt hat.

    Ob es dem Thread gut tut, jetzt wieder fernab vom Thema hier herumirrlichternde Kreationisten überzeugen zu wollen, wage ich zu bezweifeln. Ich fürchte, nun ist er endgültig ausgelutscht.

  429. #429 Günther Vennecke
    13. November 2010

    @Hel,

    Ich erlaube mir mal, dezent darauf hinzuweisen, dass ich die 10 AnGebote des evolutionären Humanismus schon ca. 200 Kommentare zuvor gepostet hatte

    Sorry, war mir nicht (mehr) bewusst. Ich fürchte, man kann nicht jedesmal neben dem eigentlichen Artikel auch noch sämtliche Postings wieder durchlesen, wenn man nach ein paar Tagen wieder auf die Seite kommt.

    Kreationisten kann man sicherlich nicht überzeugen, dazu sind die viel zu informationsresistent. Da hier aber nicht nur Kreationisten lesen, ist es vielleicht doch nicht ganz unnütz, die klugen und wohl kaum zu widerlegenden Argumente der Giordano Bruno Stiftung ein wenig mehr zu verbreiten. Möglicherweise bleibt beim einen oder anderen, der sich noch im Meinungsbildungsprozess befindet, etwas hängen, was ihm Stoff zum Nachdenken und für erste Erkenntnisse bietet.

    War keine böse Absicht!

  430. #430 Hel
    13. November 2010

    @Günther Vennecke

    Nichts für ungut – und meine volle Zustimmung für Da hier aber nicht nur Kreationisten lesen, ist es vielleicht doch nicht ganz unnütz, die klugen und wohl kaum zu widerlegenden Argumente der Giordano Bruno Stiftung ein wenig mehr zu verbreiten.

    Leider wurden diese hier zwischenzeitlich vom profanen Glockengeläut übertönt, bleiben aber natürlich eine ausgezeichnete Grundlage für das ursprüngliche Thema.

  431. #431 S.S.T.
    13. November 2010

    @perk· 13.11.10 · 14:40 Uhr

    Ich bekenne mich schuldig den Ironie-tag nicht gesetzt zu haben. Werde ich morgen beichten, glaub ich zumindest.

  432. #432 michael
    14. November 2010

    > Werde ich morgen beichten, glaub ich zumindest.

    Ego te absolvo, und zur Buße fünf Teller kalten Griesbrei essen.

  433. #433 itz
    14. November 2010

    @cydonia 12.11.10 – 17:32
    Auch ich bekenne mich schuldig den Ironie-Tag nicht gesetzt zu haben. Ich habe es natürlich nicht ernst gemeint!

    @klauszwingenberger
    Noch kürzer, dafür nur unwesentlich sachlicher. Ich habe keine Ahnung ob Theologen und Juristen häufiger Bücher klauen. Aber Kirchgänger betrügen häufiger beim Zeitungskauf.

    „Aber Moraldebatten machen eben vieles möglich. Nur, und das ist das, was mich alleine interessiert, sie bringen kein Lot an Einsicht.“

    Das sehe ich dann doch etwas optimistischer – I believe in good!
    Im Übrigen macht mich die Bertelsmann Studie genauso wenig irre wie Sie – dafür ist sie nicht gut genug! Aber würde eine bessere Studie Sie denn „irre machen“? Es könnte ja doch, vielleicht, eventuell möglich sein, dass die religiöseren Menschen auch die moralischeren sind.

    Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Und ja, @Günther Vennecke & miesepeter3, mir ist durchaus bewusst, dass die Studien über Moral und Religion ebenso zahlreich wie widersprüchlich sind.

    Ich kann hier nur cydonia zitierend, Hannah Arendt zitieren: „Ich will verstehen!“

    Gute Nacht! 😉

  434. #434 cydonia
    14. November 2010

    Also, itz, allein vom schrägen Satzbau her wars schon klar, aber ich rechne ja mit allem…..Also, das schöne Glockengeläut(sehr angenehm!) genieße ich jetzt nach getaner Arbeit mit einem schönen Glas Rotwein. Ganz im Ernst!

  435. #435 Hel
    14. November 2010

    @cydonia

    Also, das schöne Glockengeläut (sehr angenehm!) genieße ich jetzt nach getaner Arbeit mit einem schönen Glas Rotwein.

    Sehr gut 🙂

    Allerseits gute Nacht und nen schönen Sonntag wünscht Hel, den profanen Party-Radau prekärer Teenager in der Wohnung drüber ignorierend und entspannt das letzte Glas vom guten Weißweine leerend

  436. #436 Hazet
    14. November 2010

    Viel Schall und Rauch… ich für meine Person würde niemals behaupten,
    Atheisten hätten keine Moral… im Gegenteil, diese mag besser und
    toleranter sein ( Toleranz ist auch ein moralischer Aspekt !) als von
    den “intensiv” Gottgläubigen, welche bei der Toleranz mehr als kleinlich
    sind !
    Was ich klar und deutlich bemängelt habe, ist eine gewisse Überheblichkeit ,
    diese kommt auch bei einigen Kommentaren deutlich durch !
    Ob Sie es wissen… es gibt da Gruppierungen, die sich NEW-Atheisten
    nennen !… waren die Alten nicht gut genug ?
    Neulich hatte ich von irgendeinem Verlag eine Werbung im Briefkasten,
    wollten mit dem Schinken vom T.Sarrazin werben ! War damit schon
    beim Papier-Container, als mir der erste Satz quer kam !
    Stand da doch..( und diese Berl. Zeitung betitelte sich selbst als modern!)
    …Die letzte Hexe wurde in Bayern Anno XXXX verbrannt, damit dieses
    wieder vorkommt, solle man den T.Sarrazin lesen! (so etwa die Werbung )
    Kein Mensch möchte ins Mittelalter zurück, nur den Christen des
    öfteren unter die Nase zu reiben, wieviele Morde unter dem Zeichen
    des Kreuzes begangen wurden, ist mehr als Einfältig und fordert die
    Gegenargumente heraus ! … es ist ein Teil unserer grausamen Vergan-
    genheit …. auch die Atheisten haben unter dem Zeichen des Kreuzes
    millionenfach gemordet, nur mit dem Unterschied , das Kreuz hatte
    ein paar häßliche Haken dran !

    Moral ist kein Kaugummi ! … und wer sich bemüht informiert zu sein,
    kann die Fakten der DNA-Forschung nicht ignorieren- nur die mit
    der “EVO” beschäftigten Wissenschaftler brauchen halt länger um
    das aufzuarbeiten bzw. einzuordnen !
    mfG.

  437. #437 cydonia
    14. November 2010

    Hazet, es hat mit Überheblichkeit recht wenig zu tun, wenn man angesichts deiner penetranten Ahningslosigkeit die Hände über dem Kopf zusammenschlagen möchte.
    Beispiele gefällig?
    Du hättest zur Klärung deiner Fehleinschätzung, was die DNA-Forschung betrifft, einfach mal andere Quellen zu Rate ziehen können, als die, die Dir Deine Glaubensbrüder und -schwestern auf die Nase gebunden haben. Deine Behauptung ist mit ein wenig Grundwissen und Recherche ohne größere Probleme ins Reich der Kreationistenmärchen zu verbannen. Wenn du nichts wissen willst, ist das dein Problem. Du darfst selbstverständlich auch glauben was du willst, es wird dir sogar von der Verfassung garantiert. Nur kann etwas, nur weil du es nicht verstehen kannst oder willst, für andere sehr wohl verständlich sein.
    Wer aber, obwohl es in diesem thread schon thematisiert wurde, immer noch glaubt, er könne jede beliebige Diktatur als atheistisch bezeichnen, weil es ihm gerade in den Kram passt, sollte sich andere Diskussionspartner suchen. Vorzugsweise solche, die die gleichen Vorurteile pflegen, denn sonst könnte es sein, dass du deine Meinung angesichts besserer Argumente ändern wirst. Und das willst du doch ganz betimmt nicht, sonst hättest du die Informationen die dein Weltbild erschüttern könnten längst wahrgenommen.
    Wer unbedingt blind und taub sein will, dem kann man nicht helfen. Wenigstens ist das meine Erfahrung. Und missioniert werden möchte ich zumindest nicht. Ich lasse dich auch in Ruhe, wenn du nicht zuhören willst.

  438. #438 Günther Vennecke
    15. November 2010

    @Hazet,

    auch die Atheisten haben unter dem Zeichen des Kreuzes
    millionenfach gemordet, nur mit dem Unterschied , das Kreuz hatte
    ein paar häßliche Haken dran !

    Das scheint ein beliebtes Spiel zu sein, Atheisten in die Nähe von Nazis zu rücken, funktioniert aber so leider nicht.

    Hitler ist nämlich katholisch erzogen worden und die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass sein unbändiger Judenhass von dieser Erziehung herrührt. Hitler war Zeit seines Lebens Katholik, hat mit beiden “großen” christlichen Kirchen paktiert – und sie mit ihm! Die katholische Kirche hat Hitler niemals exkommuniziert, man hat sogar in den Kirchen offiziell für Hitler gebetet. Es gibt viele Fotodokumente, die kirchliche Würdenträger den “Hitlergruß” entbietend zeigen – nicht, weil sie dazu gezwungen worden wären, sondern aus voller Überzeugung für die Sache.

    Die übergroße Mehrheit aller KZ-Schergen waren Christen und viele – allzu viele – sahen wohl kein großes Problem darin, die “Gottesmörder” in die Gaskammern zu schicken.

    Wann hört eigentlich diese Geschichtsklitterung auf, Hitler den Atheisten in die Schuhe zu schieben?

    https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Christen

    https://scienceblogs.com/pharyngula/2006/08/list_of_hitler_quotes_he_was_q.php

  439. #439 Hel
    15. November 2010

    @Günther Vennecke

    Wann hört eigentlich diese Geschichtsklitterung auf, Hitler den Atheisten in die Schuhe zu schieben?

    Unter Ratzinger schon mal ganz sicher nicht, vgl https://www.scienceblogs.de/zoonpolitikon/2010/09/ratzinger-ist-ein-feind-der-bildung.php

  440. #440 Hazet
    15. November 2010

    Hallo Leute,
    Nichts liegt mir ferner, als hier irgendwelche Schuldzuweisungen abzugeben !
    sollte das so aufgefaßt worden sein ( ich schrieb von einer gemeinsamen
    Schuld und Verantwortung ) so sage ich sorry !
    Wer damals gegen Hitler war, landete im KZ..egal ob Kirchenmann oder
    nicht ! Mein alter Herr saß 6 Wochen wegen Uniforms-Beleidigung, die
    schmutzigen braunen Hosen hätten Ihn beinahe ins KZ gebracht !
    Details über diese Zeit..und wo die Ursachen dafür waren,daß z.B. KZ’s
    schon vor der Hitler-Zeit existierten, sind unter “Abschiebehaft”
    Gruppe- Leipzig nachzulesen ! ( Abschiebehaft und KZ’s sind Relikte
    aus der Weimarer- Republik !)
    Die MORAL von der Geschicht : Es macht keinen Sinn den Menschen
    in Schubladen einzuteilen, keiner von UNS hat die Intelligenz mit
    Löffeln gegessen…und was man glaubt oder nicht, sollte Jedermann’s
    ureigenste Sache bleiben !
    mfG.

  441. #441 Frank S
    15. November 2010

    Was jemand glaubt, ist seine eigene Sache.
    Wenn er auf der Grundlage seines Glaubens zu handeln beginnt, ändert sich das.

    “Glaube” wird gerne als etwas rein abstraktes gesehen, das sich um solche Belanglosigkeiten dreht wie die Frage “was geschieht nach unserem Tod?” oder “was ist der Sinn des Lebens?”, vielleicht auch “wo komme ich her?”.

    Da mag es grundlose Spielverderberei erscheinen, als unnötige Unhöflichkeit, durch Besserwisserei und überhebliches Belehren, den Menschen ihre Luftschlösser zu zerstören, aus keinem anderem Grund als “Recht zu haben”.

    Nur ist “Glaube” auch eine Art, die Welt wahrzunehmen. Und wie wir die Welt wahrnehmen, bestimmt, wie wir in ihr handeln. Wer sich außerwählt glaubt, mag sich allen anderen als überlegen betrachten und ihre Recht mit Füßen treten. Wer ein bestimmtes Stück Land oder eine Stadt als sein Heiligtum betrachtet, mag mit niemandem Frieden schließen können, der dies als *sein* Heiligtum ansieht. Wer glaubt, dass sein Gott Homosexuelle hasst, mag Menschen allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminieren, verfolgen und töten, und fühlt sich dabei moralisch im Recht. Wer glaubt, dass Gott allein über das Leben und die Gesundheit eines Menschen entscheidet, mag seinen Kindern medizinische Behandlung verweigern und stattdessen versuchen, ihren Glauben zu stärken.

    Wir können der Notwendigkeit nicht entkommen, uns ein Urteil über die Natur unseres Universums zu machen – es bildet die Grundlage, auf der wir alle anderen Entscheidungen treffen. Und nicht alle Weltanschauungen sind problemlos miteinander vereinbar.

  442. #442 Franz Graf-Stuhlhofer
    15. November 2010

    Ein heikles Thema …

    Bei der Beschäftigung mit der NS-Zeit fiel mir etwas auf – das betrifft allerdings nicht genau unser Thema hier (Atheist …). Nämlich für und gegen kirchlichen Glauben:

    Beim Widerstand gegen den Nationalsozialismus gibt es auffällig viele Menschen, die einen engen Bezug zum kirchlichen Glauben hatten:
    Weiße Rose, Bischof Galen, Franz Jägerstätter, Dietrich Bonhoeffer, und auch Menschen aus dem Kreis um Stauffenberg.
    Bei der Gegenseite ist vor allem an die SS zu denken – die den Nationalsozialismus besonders rücksichtslos umsetzte. Um zur SS zu kommen, war es Bedingung, aus der Kirche ausgetreten zu sein.

    D.h. beim einen Extrem (Widerstand) gibt es auffällig viele Menschen mit Kirchenbezug, beim anderen Extrem gibt es eine prinzipielle Distanz gegenüber dem Kirchlichen.

    Das gilt für die beiden Extreme; für die große Bevölkerungsmehrheit dazwischen fiel mir nichts auf – d.h. ich könnte nicht z.B. sagen, dass aktive Kirchenglieder im Allgemeinen mehr Einsicht und mehr Mut hatten als andere Menschen. (Ich könnte aber auch nicht das Gegenteil sagen.)

    Und, nochmals, meine Aussage betrifft nicht die Ausgangsfrage hier – nämlich die Atheisten (als ob ich die radikalen Nazis pauschal als Atheisten einstufen würde). Denn etwa bei Hitler sieht es so aus, dass er an ein höheres Wesen glaubte (Gott, Allmächtiger, Vorsehung genannt). D.h. man kann Hitler in gewisser Weise als (gott-)gläubig einstufen. Allerdings nicht im Sinne des kirchlichen Glaubens: Dass er etwa von christlichem Mitleid nichts hielt, machte er wiederholt deutlich. Und es war auch offensichtlich, dass er den kirchlichen Einfluss möglichst zurückdrängen wollte.

  443. #443 Günther Vennecke
    15. November 2010

    @Franz,

    D.h. beim einen Extrem (Widerstand) gibt es auffällig viele Menschen mit Kirchenbezug,

    Widerspruch: Das stimmt so nicht.

    Es gab unter den Widerständlern auch ein paar Christen, aber keineswegs “auffällig viele”. Und die Kirchen hielten es – wie in fast allen rechten Diktaturen – lieber mit den Machthabern.

    Wo es Widerstand aus den Reihen der etablierten Kichen gab, waren es immer individuelle Geistliche, etwa Dietrich Bonhoeffer oder Kardinal von Galen. Von den Kanzeln kamen ganz andere Stimmen, da wurde das Volk auf Hitler eingeschworen.

    Womit sich wiederum der Verdacht erhärtet, dass ein Kirchenchrist KEIN ethischer Mensch sein kann. Denn Ehtik besteht nicht darin, andere (die Pfaffen) für sich denken und entscheiden zu lassen, sondern sich seines eigenen Verstandes zu bedienen oder – um es mit Kant zu sagen: SAPERE AUDE!

  444. #444 michaeal
    16. November 2010

    > Womit sich wiederum der Verdacht erhärtet, dass ein Kirchenchrist KEIN ethischer Mensch sein kann. Denn Ehtik besteht nicht darin, andere (die Pfaffen) für sich denken und entscheiden zu lassen.

    Was wohl sagen soll, die Kirchgänger sind so blöd, die tun alles, was der Pfarrer auf der Kanzel sagt.

    Ja, ist schon eine schöne S…e, dass es Christen gab, denen man nicht absprechen kann, dass sie sich den damaligen Machhabern widersetzten. Das Leben kann schon grausam sein!

  445. #445 Günther Vennecke
    16. November 2010

    @michaeal,

    Wie sagt doch gleich Steven Weinberg:

    “Für gewöhnlich tun gute Menschen Gutes und böse Menschen Böses, damit aber gute Menschen Böses tun, dazu bdarf es der Religion.”

    Natürlich ist meine Aussage überzeichnet. Sie ist allerdings als Replik auf die Überschrift dieses Threads gedacht. Wenn jemand die provozieren Frage stellt, ob ein Nicht-Christ ethisch handeln kann, dann muss auch die Gegenfrage erlaubt sein, nämlich ob ein Chrsit ethisch handeln kann.

    Und die Antwort auf letztere fällt überwiegend negativ aus. Denn ein Christ, der tatsächlich nach den Geboten der Bibel lebt – wäre er sonst Christ zu nennen? – muss notwendigerwiese unethisch leben, weil die Bibel ein zutiefst unethisches Werk ist.

    Lesen Sie sich einmal diverse Gebote in den Büchern Mose durch, dann werden Sie nicht umhin kommen, meine Sicht der Dinge zu teilen. Auch im neuen Testament finden sich zahlreiche Stellen, die zutiefst unethisch sind, etwa, wenn der “Gott der Liebe” unbedingten Kadavergehorsam fordert, anderenfalls man dem “höllischen Feuer” überantwortet werde und zwar auf ewig.

  446. #446 Franz Graf-Stuhlhofer
    16. November 2010

    Günther Vennecke schrieb: „Von den Kanzeln kamen ganz andere Stimmen, da wurde das Volk auf Hitler eingeschworen.“

    So pauschal stimmt das nicht. Bitte differenzieren!
    Den Pfarrern wurde seitens der Nazi vorgeschrieben, dass sie unpolitisch predigen. D.h. auch ein Predigen FÜR Hitler war riskant – gewünscht war, dass sich die Kirchenleute ganz heraushalten.

    Ein konkretes Beispiel: In Wien brachte der evangelische Pfarrer Max Monsky die Monats-Zeitschrift „Wahrheit und Liebe“ heraus. Vom Dez.1938-Heft wurde die gesamte Auflage von 1500 Exemplaren von der Gestapo „sichergestellt“, da sich Monsky darin „unzulässigerweise mit dem Verhältnis Kirche und Staat befasst“, und da ein Führer-Zitat ohne besondere Bewilligung abgedruckt wurde.

    D.h. so ohne weiteres konnten auch hitlerbegeisterte Pfarrer (solche gab es, vor allem im evangelischen Bereich) nicht politisch predigen (schriftlich oder mündlich), daher auch nicht das Volk „auf Hitler einschwören“.

  447. #447 klauszwingenberger
    16. November 2010

    @ Franz Graf-Stuhlhofer:

    Und den Widerstand hat man gerne anderen überlassen. Spachen wir hier von Dienst nach Vorschrift oder von Moral?

  448. #448 roel
    16. November 2010

    @Günther Venneke “Denn ein Christ, der tatsächlich nach den Geboten der Bibel lebt – wäre er sonst Christ zu nennen? – muss notwendigerwiese unethisch leben, weil die Bibel ein zutiefst unethisches Werk ist.” Die zehn Gebote sind nicht gleichbedeutend mit der Bibel, sie sind nur ein Teil der Bibel. Wie meinen Sie das jemand der gemäß der 10 Gebote lebt unethisch lebt? Und warum ist die Bibel zutiefst unethisch, welche Ethik legen Sie zugrunde?

    “Lesen Sie sich einmal diverse Gebote in den Büchern Mose durch, dann werden Sie nicht umhin kommen, meine Sicht der Dinge zu teilen.” Also es gibt 10 Gebote, welche davon meinen Sie?

    Alle Menschen könne irren, alle können fehlgeleitet werden, sich einer Massenhysterie zu entziehen vermögen die wenigsten, das hat weniger mit Glauben oder Nichtglauben, Bildung oder Nichtbildung zu tun, als mit Charakter.

  449. #449 cydonia
    16. November 2010

    So roel? Und der Charakter(ein Wort über dessen genaue Definition wir uns sowieso erstmal einigen müssten) ist irgendwie vom Himmel gefallen?
    Menschen, die bereits als Kinder von ihren Eltern in Diskussionen mit einbezogen wurden, und die man nicht nur mit unhinterfragten Instant-Wahrheiten gefüttert hat, sind für Massenhysterie oder bescheuerte Ideologien viel weniger anfällig. Das ist Fakt.

  450. #450 Günther Vennecke
    16. November 2010

    @roel,

    “Die Hexen sollst du nicht leben lassen, …. wer am Sabbath Holz sammelt, muss getötet werden, …. widerspricht dir dein Sohn, so lasse ihn zu Tode steinigen, … erobert die Städte der fremden Völker und tötet alles, was sich darin findet. nur die Jungfrauen nehmt für euch, … wer seine Kindder liebt, der spare nichtmit der Rute, usw., usw. Und so etwas soll ethisch sein?

    Sie sehen also, ich brauch gar nicht auf die 10 Gebote – im übrigen eine Mischung aus Unsinnigkeiten (1.-4.) und Selbstverständlichkeiten, ohne die keine menschliche Gruppe funktiieren kann – zurück zu greifen.

    Die Bibel taugt nun wirklich nicht als Vorlage für die Ethik einer Gesellschaft, die im 21. Jhdt. lebt. Unsere Ethik ist die Ethik der Aufklärung und des Humanismus und all dem, was irgendwelche Religionen in ihren verstaubten Büchern lehren, weit überlegen.

    Moderne Christen können nur, weil sie diese Ethik auch kennen, gezielt aus der Bibel die “guten” Stellen herauspicken und die schlechten einfach ignorieren. Trotzdem behaupten viele – und manche scheinen es sogar zu glauben – dass die Bibel “Gottes Wort” sei und folglich jedes einzelne Wort davon wahr und göttliches Gesetz.

  451. #451 Franz Graf-Stuhlhofer
    16. November 2010

    klauszwingenberger schrieb, an mich gerichtet: “Und den Widerstand hat man gerne anderen überlassen. Sprachen wir hier von Dienst nach Vorschrift oder von Moral?”

    Was meinen Sie damit? Wer ist MAN, und wer sind Ihrer Meinung nach die ANDEREN, denen MAN den Widerstand überließ?

  452. #452 roel
    16. November 2010

    @Günther Vennecke Wenn jemand im Zusammenhang mit der Bibel von Geboten spricht, dann sind es die zehn Gebote. Was Sie mehr oder weniger zitieren gehört nicht zu den zehn Geboten. Soweit ich das richtig zuordne sind es alles Stellen aus dem Alten Testament. Der christliche Glaube baut aber stark auf dem neuen Testament auf. Es heißt nicht mehr “Auge um Auge” sondern “Liebe deinen nächsten”. Wenn Sie sich die zehn Gebote anschauen, sehen Sie das auch diese nicht zu Mord und Todschlag auffordern sondern mit, “du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, du sollst nicht morden, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht stehlen” gerade zum Gegenteil. Natürlich gibt es in der Bibel Stellen die hierzu im krassen Widerspruch stehen.

    “Unsere Ethik ist die Ethik der Aufklärung und des Humanismus und all dem, was irgendwelche Religionen in ihren verstaubten Büchern lehren, weit überlegen.” Wen auch immer Sie mit uns meinen, ich habe eher den Eindruck das vorwiegend eine Ethik des Egoismus gelebt wird.

  453. #453 Hazet
    16. November 2010

    Ich denke mal, wenn man die letzteren Kommentare liest, daß im Grunde
    JEDER bemüht ist, miteinander auszukommen! Moral ist schließlich nicht
    von irgendeinem Glaubensbekenntnis abhängig !
    Was die religiöse Toleranz eines A.Hitler gegenüber der Kirche betriff, so
    möchte ich hier mal Fakten bringen !
    1.) A.Hitler war nur auf dem Papier Mitglied der Kath.Kirche… und das
    auch nur, um sich den Rücken für seine grausamen Pläne freizuhalten !
    2.) Es gibt Beispiele genug, wie seine Schergen ( in Holland z.B.) ganze
    Kirchengemeinden in’s KZ geschickt haben, weil der Pfarrer von der
    Kanzel eine kritische Predikt hielt. ( in dieser Gemeinde waren auch
    Juden integriert, also Notadoptierte Christen )
    3.) Hitler war überzeugter Anhänger der Evolutions-Theorie.. weil das
    zu seinen Zielen passte ! ( Begründung folgt ! )
    Als junger Bursche sah ich meine Mutter mit Leuten zus.stehen die
    ich nicht kannte, Sie war mit den Händen am gestulieren !
    Später klärte Sie mich auf, daß von Ihren Geschwistern ein Kind im
    im Treppenhaus gestürzt war und sich dabei eine Kopfverletzung mit
    nachfolgendem Sprach- und Gehörverlust zugezogen hatte.
    Da dieses kein angeborener Fehler war, wurde das Mädel nicht wie
    viele andere behinderte Kinder, den Eltern weggenommen und
    getötet !……. jetzt folgt Punkt 4.
    4.) Ziel des Wahnsinnigen war es, die Evolution der Menschen zu
    beschleunigen, weil Ihm eine “REINE- Arische Rasse” vorschwebte !
    Da hatten behinderte Kinder keinen Platz, ganz zu schweigen von
    den vielen Juden, Polen usw !!
    Ich hoffe, daß Ihnen diese ” Tatsachen ” der Wahrheit ein Stück
    näher gebracht haben !
    mfG.

  454. #454 cydonia
    16. November 2010

    Nochmal, Hazet, kannst Du dich denn jetzt mal informieren, bevor Du hier noch mehr Halbwahrheiten postest. Das ist ja nicht zum Aushalten!

  455. #455 Günther Vennecke
    16. November 2010

    @Hazet,

    .) Hitler war überzeugter Anhänger der Evolutions-Theorie.. weil das
    zu seinen Zielen passte ! ( Begründung folgt ! )

    Das ist Quatsch mnit Soße! Hitler wusste von der Evolutionstheorie so viel wie eine Kuh vom Flugzeug. Kann man in seinem berüchtigten Werk, Kapitel 9 ganz gut nachlesen.

    Die verquasten Zuchtvorstellungen der Nazis hatten nichts mit Evolution zu tun, sondern basiertem auf dem schon Jahrtausende alten empirischem “Wissen” von Tierzüchtern. Der Rest ist Hörensagen gewesen, aber mit Sicherheit keine fundierte Kenntnis der Evolutionstheorie.

    Ziel des Wahnsinnigen war es, die Evolution der Menschen zu
    beschleunigen, weil Ihm eine “REINE- Arische Rasse” vorschwebte !

    Das beweist doch, dass die Nazis keine Kenntnis der Evolutionstheorie hatten, denn Evolution drängt nicht in eine bestimmte Richtung sondern experimentiert mit dem vorhandenen Genpool.

    Ich hoffe, daß Ihnen diese ” Tatsachen ” der Wahrheit ein Stück
    näher gebracht haben !

    Basteln Sie sich ruhig weiter Ihre “Wahrheit” zusammen, Sie werden es nötig haben.

  456. #456 Günther Vennecke
    16. November 2010

    @roel,

    Wenn jemand im Zusammenhang mit der Bibel von Geboten spricht, dann sind es die zehn Gebote. Was Sie mehr oder weniger zitieren gehört nicht zu den zehn Geboten.

    So baut man einen Strohmann. Sie definieren für sich, was Gebote sind und behaupten dann, der andere hätte Unrecht, weil er Ihrer ad hoc Definition nicht folgt. Was Sie sagen, ist natürlich Unsinn, sonst würde es ja nicht ZEHN Gebote heißen, sondern einfach nur Gebote.

    Die Bibel ist voll von Befehlen, die Jahwe erteilt und die meisten davon sind ehtisch unter aller Sau. Gäbe es diesen Gott wirklich, so gehörte er als Verbrecher vor Gericht.

    Soweit ich das richtig zuordne sind es alles Stellen aus dem Alten Testament. Der christliche Glaube baut aber stark auf dem neuen Testament auf. Es heißt nicht mehr “Auge um Auge” sondern “Liebe deinen nächsten”.

    Das ist eine “fromme” Legende, also eine platte Lüge. Jesus selber hat laut neuem Testament gesagt, dass nicht ein Jota vom alten Testament zurück genommen wird.
    (Matthäus 5,18) Dort steht übrigens auch: Wer hzu sienem Bruder sagt,” Du Narr!”, der ist des höllischen Feuers schuldig. Und das soll ethisch sein?

    Wenn Sie sich die zehn Gebote anschauen, sehen Sie das auch diese nicht zu Mord und Todschlag auffordern sondern mit, “du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, du sollst nicht morden, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht stehlen” gerade zum Gegenteil.

    Sie haben vergessen zu erwähnen, dass im 10. Gebot auch das Begehren des nächsten Sklaven verboten wird (“moderne” Übersetzungen sprechen allerdings lieber von “Knecht” und “Magd”) und die Frau zusammen mit den Sklaven, Ochsen und Eseln zum Besitz des Mannes erklärt wird.

    Natürlich gibt es in der Bibel Stellen die hierzu im krassen Widerspruch stehen.

    Das ist ziemlich untertrieben! Die ganze Bibel ist ein einziger Widerspruch und jeder kann sich nach Belieben das herauspicken, was ihm ins Konzept passt. So erklärt sich auch, dass es schätzungsweise dreißigtausend christliche Sekten gibt, die alle ihre ganz eigene “Wahrheit” aus der Bibel herauspicken und sich dann jeweils für die einzigen halten, die die wahre Wahrheit – natürlich im Gegensatz zu allen anderen – erkannt hätten.

    Das Grundproblem der Bibel ist, dass die dort verzeichneten Vorstellungen im wesentlichen als Rechtfertigung für Raub- und Mordzüge der Israeliten herhalten mussten. Allein aus diesem Grunde sind sie für die moderne Gesellschaft ungeeignet.

    Die moderne Ethik ist ein Ergebnis der Aufklärung und ihre Grundpfeiler (Menschenrechte, Demokratie, Gleichberechtigung der Frauen, Abschaffung von Sklaverei und Todesstrafe, usw.) mussten vielfach gegen den erbitterten Widerstand der Kichen erkämpft werden. Zum Teil geht die Auseinandersetzung (Frauenrechte, Todesstrafe) noch weiter.

    Sehen Sie sich die Haltung der katholischen Kirche zum Gebrauch von Kondomen an. Was der Papst vor einiger Zeit zu diesem Thema in Afrika hat verlauten lassen, ist an moralischer Verkommenheit nicht mehr zu überbieten!

  457. #457 michael
    16. November 2010

    > Denn ein Christ, der tatsächlich nach den Geboten der Bibel lebt – wäre er sonst Christ zu nennen?

    Für einen Christen kommt es nur darauf an, was Gott von seinem Leben hält. Was andere davon halten, ist irrelevant, belanglos und unerheblich.

    Was die Moral angeht, halte ich es mit dem Spruch: ‘An ihren Taten sollt ihr sie erkennen’.

    Und wer dann von den Buddhisten, Muslimen, Atheisten, Christen und was weiss ich dann besser dasteht, weiss ich nicht.

  458. #458 Günther Vennecke
    16. November 2010

    @michael,

    Für einen Christen kommt es nur darauf an, was Gott von seinem Leben hält.

    Und wie will der Christ wissen, was der imaginäre Sky-daddy von ihm hält?

    Das perfide ist doch, dass die Kirchen ihren Gläubigen vorgaukeln, sie wüssten genau, was ihr Gott von ihnen erwarte. Dabei ist alles reines Hirngespinst, schlimmstenfalls eine gezielte Propagandalüge um die Schäfchen unter Kontrolle zu halten und sie abzuzocken.

    Klappt besonders gut in den USA, wo es zigtausende von eigenständigen Kirchen gibt, bei denen die genarrten Schäfchen bis zu zehn Prozent ihres Einkommens abliefern. Ab 20 Gemeindemitgliedern kann ein Pastor dann schon ganz gut leben. Geschickte Dämogogen bringen es leicht auf ein paar hundert oder weit über tausend und scheffeln auf diese Weise Millionen.

    Die katholische Kirche betreibt das Spielchen schon seit Jahrhunderten ein hat dabei ein ungeheures Vermögen angehäuft, das dann dazu benutzt wird, große Teile der Menschheit im Elend dahinvegetieren zu lassen, siehe z. B. Haiti.

  459. #459 michael
    17. November 2010

    > Und wie will der Christ wissen, was der imaginäre Sky-daddy von ihm hält?

    Das weiss er gar nicht!

    > Die katholische Kirche betreibt das Spielchen

    Wohl wahr.

    > siehe z. B. Haiti.

    Ob die Kirche alleine am Unglück Haitis schuld ist?

    Um die Anerkennung der Unabhängigkeit durch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich zu erreichen, musste Haiti sich jedoch durch hohe Zahlungsverpflichtungen „freikaufen“. Diese Zahlungen, die fast das ganze 19. Jahrhundert hindurch andauerten, überstiegen die Leistungskraft Haitis bei weitem.

  460. #460 Franz Graf-Stuhlhofer
    17. November 2010

    WIDERSTAND

    Günther Vennecke schrieb, meiner These widersprechend: „Es gab unter den Widerständlern auch ein paar Christen, aber keineswegs “auffällig viele”.“

    Welche Namen fallen Ihnen konkret ein, wenn Sie an „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ denken?
    Dass es Einzelne waren, nicht Kirchen als Ganze, stimmt – da sind wir uns einig.

    Wer noch wenig bekannt ist: Arnold Köster, Baptisten-Prediger in Wien. Von jenen, über deren Wirken wir durch schriftliche Quellen gut informiert sind, war er der schärfste, öffentliche, kontinuierliche NS-Kritiker im Großdeutschen Reich. Das könnte ich genauer erklären, jedenfalls gibt es einen Artikel über ihn im Internet:
    https://www.bbkl.de/k/koester_a.shtml
    (Falls jemand meint, diese Bezeichnung – „der schärfste …“ usw. treffe auf wen Anderen eher zu, bitte sagen! Interessiert mich!)

    Für mich war die Untersuchung von Bayern in der NS-Zeit aufschlussreich (von Broszat+Fröhlich). Da wurde beschrieben, wie ein Kommunist versuchte, NS-kritische Flugblätter zu verbreiten. Das war ja für ihn hochgefährlich. Er ging es sehr kreativ an. Da er wissen wollte, wie seine Flugblätter auf Leser wirken, schickte er einige Flugblätter (natürlich anonym) an andere Kommunisten aus seinem Bekanntenkreis. Wenn er einen solchen dann zufällig traf, fragte er ihn, ob er „zufällig“ auch jenes Flugblatt erhalten hatte … Alle leugneten es, d.h. sie taten so, als wüssten sie nichts davon. Nach dieser Erfahrung hörte jener Kommunist auf mit seinen Aktionen. Er sagte sich: Wenn nicht einmal solche, die dem Nationalsozialismus distanziert gegenüberstanden, nicht einmal das geringe Risiko eingingen, ihm gegenüber zu erkennen zu geben, dass sie ein solches Flugblatt gelesen hatten, dann konnte er sich keine Hoffnungen machen, mit seinen Flugblättern irgendwas zu bewirken.
    Das ungünstige Kosten/Nutzen-Verhältnis von Widerstand war sicher auch ein Grund, warum sich nur wenige Menschen dazu entschlossen.

  461. #461 Hazet
    17. November 2010

    Wer sich selbst für so schlau hält, um mit dem Begriff “Halbwahrheiten”
    gewisse Wertungen abzugeben, dem mangelts an Erfahrung oder dem
    umfangreicheren Schriftwerk .
    Es ist doch logisch, daß in dem ..mein K(r)ampf Buch nicht’s von den
    Zielen mit dem Begriff Evolution zu finden ist .. Ch. Darwin war Brite..
    seine Erzfeinde !
    Viele Menschen wurden qualvoll bei med.gen. Experimenten
    umgebracht, alles mit dem Ziel, die Evolution seiner arischen
    Herrscherrasse voranzutreiben ! Dieses hatte eine Selektion
    aller “minderwertiger” Menschen mit deren Tötung zur Folge!
    Hitler war wahnsinnig , aber dumm ??
    Ich meine, Ihr solltet einmal, statt der Hitler Version solche Bücher
    wie z.B. Wir haben es gesehen…Augenzeugen-Berichte von den
    Greueltaten der Nazi’s , sorgsam lesen !! Wenn Ihr dann immer
    noch meint, ich verbreite Halbwahrheiten, dann ist so oder so
    Hopfen und Malz verloren !
    mfG.

  462. #462 Günther Vennecke
    17. November 2010

    @michael,

    Ob die Kirche alleine am Unglück Haitis schuld ist?

    Ich bezog mich nich auf die Geschichte Haitis, die kenne ich so gut wie gar nicht, ich meinte, dass die katholische Kirche jetzt Gelegenheit gehabt hätte, etwas von ihren zusammengeraubten und -gerafften hunderten von Milliarden davon aufzuwenden, um die akute Not zu lindern. Immerhin sind rund 80% der Bevölkerung Haitis katholisch.

    Aber die kath. Kirche vertröstet die Menschen lieber auf das fiktive “Leben” im Jenseits als hier und jetzt ihr Los zu verbessern.

  463. #463 georg
    18. November 2010

    @ Franz Graf-Stuhlhofer· 17.11.10 · 10:04 Uhr

    WIDERSTAND

    Schon wieder einer, der offenbar keinen qualifizierten Geschichtsunterterricht hatte.

    Informieren sie sich doch z. B. mal darüber, wer durch Zustimmung zum
    Ermächtigungsgesetz den Nazis dabei geholfen hat, deren Diktatur zu installieren und wer dem nicht zugestimmt hat. Zitat aus wikipedia:

    Prälat Ludwig Kaas, Vorsitzender des katholischen Zentrums, begründete vor dem Deutschen Reichstag das „Ja“ seiner Partei zum „Ermächtigungsgesetz“:

    Für die sozialdemokratische Fraktion begründete der SPD-Vorsitzende Otto Wels die strikte Ablehnung der Gesetzesvorlage;

    mfg georg

  464. #464 Hazet
    18. November 2010

    Wikipedia scheint wohl Eure neue Bibel zu sein ? ich hatte Euch höflichst
    auf die Seite der Leipziger-Gruppe ( Thema Abschiebehaft ) aufmerksam
    gemacht ! Die Ermächtigungs-Gesetze ( davon gab es zu der Zeit viele !!)
    wurden aus der Not heraus in Kraft gesetzt … ja.. Deutschland lag am
    Boden ! ( Ihr wisst nicht was Not ist ?? ) Zu der Zeit wusste niemand,daß
    Hitler ein Wolf im Schafspelz ist…auch die SPD nicht !
    Die Opposition der SPD war nur auf Machtverlust begründet und nicht
    auf die “Schrecken” die dann später kamen! (Relikt der Weimarer-Republik)
    So wurden auch unter SPD-Regie die KZ’s weiter betrieben, obwohl,
    wie dieselben “nicht” in der Regierungsverantwortung waren, eine
    sofortige Abschaffung gefordert wurde !
    In der Weimarer Republik wechselten die Regierungen sehr oft, weil
    keiner die Probleme ( auch mit den Zahlungen an die Alliierten) im
    Griff bekam .
    Die KZ’s wurden dann letztlich aus finanziellen Gründen (Unterhaltskosten)
    aufgelöst.. und nicht aus Respekt vor den Menschen !!
    Dieses geschah, lange bevor Hitler an die Macht kam… deshalb hat
    sich auch “keine” Partei mit Ruhm bekleckert, oder besonderes soziales
    Verhalten offenbart !
    So.. liebe Leute, ich hoffe, der Geschichts-Unterricht ist angekommen !
    mfG.

  465. #465 georg
    18. November 2010

    Gegenüber dem, was Hazet so von sich gibt, machen die Ausführungen von FGS einen geradezu informierten und durchdachten Eindruck.

    Es gibt eben nichts, was nicht noch unterboten werden kann.

  466. #466 cydonia
    18. November 2010

    Aber georg, ich glaube inzwischen nicht mehr, dass hazet echt ist.
    Ich denke, es ist eine Art Halbwahrheitsverdreher-bot, den man so programmiert hat, dass er belegte Informationen gezielt ignoriert, und verschwörungstheoretische Schwurbeleien bevorzugt, wobei das Peinlichkeitslevel von post zu post bis zur Schmerzgrenze erhöht wird.

  467. #467 Günther Vennecke
    18. November 2010

    Kann ein Katholik ein ethischer Mensch sein?

    Zumindest einige(viele?) der Päpste waren es ganz offensichtlich nicht:

    Es ist nach wie vor ein Rätsel, weshalb der Vatikan kaum einen Nazi exkommuniziert hat. Nicht nur Adolf Hitler selbst blieb vom Stellvertreter Christi unbehelligt, sondern auch Heinrich Himmler, Hans Frank, Oswald Pohl und Franz von Papen. Die einzige Ausnahme bildete Joseph Goebbels. Er ist tatsächlich exkommuniziert worden. Aber nicht wegen seiner Verantwortung am Dritten Reich und dem Holocaust, sondern weil er eine Protestantin zu ehelichen gewagt hatte.

    https://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/libertarian/allgemein/2010-11-18/nazis-im-talar

  468. #468 cydonia
    18. November 2010

    Und da wir gerade beim Katholenbashing sind: Die Werke von Camus und Sartre standen immer auf dem Index, “Mein Kampf” nie….
    Ich möchte trotzdem betonen, dass ich das nie den jeweiligen Gläubigen ankreiden würde, ich hätte mir aber gewünscht, dass dergleichen von der Führung irgendwann thematisiert worden wäre.

  469. #469 Günther Vennecke
    18. November 2010

    @cydonia,

    ich hätte mir aber gewünscht, dass dergleichen von der Führung irgendwann thematisiert worden wäre.

    Das ist wohl kaum zu erwarten, denn das hieße ja, dass der Unfehlbarkeitsanspruch der Päpste aufgegeben werden müsste. Und wenn dann also zugäbe, dass man sich in diesem Punkt geirrt hätte, würde man eine Lawine lostreten, denn dann wäre klar, dass das ganze Dogmengewirr der katholischen ein einziger großer Irrtum ist, ergo:

    initiis obsta!

  470. #470 Thomas J
    18. November 2010

    https://diepresse.com/home/panorama/religion/449931/Der-Irrmeinung-von-der-Unfehlbarkeit-des-Papstes

    ich mags ja auch zwischendurch auf die Katholen einzudreschen.. aber bitte nicht so.

  471. #471 Edgar Dahl
    18. November 2010

    Hans Küng hat selbstverständlich recht. Dennoch würde ich niemanden an Küng verweisen. Dies zu tun, hieße den Bock zum Gärtner zu machen.

    Wer die Frage stellt, ob ein Atheist ein moralischer Mensch sein kann, hat offenbar immer noch nicht begriffen, dass die Moral nicht auf der Religion beruht.

  472. #472 Günther Vennecke
    18. November 2010

    @Thomas J,

    Wie immer das mit der Unfehlbarkeit gemeint sein soll, ist es nicht langsam an der Zeit, dass auch die katholische Kirche sich von einem solchen Unsinn verabschiedet?

    Schließlich leben wir inzwischen im 21. Jhdt., auch wenn das noch nicht alle mitbekommen haben.

  473. #473 Thomas J
    18. November 2010

    @Günther

    Nö, wieso? Dann müssten Sie auch die Heiligen abschaffen und eigentlich gleich die ganze Kirche…

  474. #474 Günther Vennecke
    18. November 2010

    @Thomas J,

    Dann müssten Sie auch die Heiligen abschaffen und eigentlich gleich die ganze Kirche…

    Stimmt auffallend!

    Was soll denn das ganze Gedöns mit den “Heiligen”? Das ist doch Aberglaube hoch drei!

    Wenn ich über diesen Schwachsinn richtig informiert bin, kann nur jemand heilig gesprochen werden, der angeblich irgendwelche “Wunder” bewirkt hat. Wunder aber gibt es nicht, also kann es auch keine Heiligen geben, sondern nur den Aberglauben daran.

    James Randi hat seit mehreren Jahrzehnten einen Preis dafür ausgesetzt, dass ihm jemand eine Fähigkeit oder ein Ereignis nachweist, das die etablierte Naturwissenschaft vor ein Problem stellt, weil es deren Erkenntnissen widerspricht.

    Ein potentieller Heiliger wäre doch geradehzu prädestiniert, diesen Preis entgegen zu nehmen. Bislang gibt es aber keinen ernstzunehmenden Anwärter dafür. Warum nicht? Weil es keine Wunder gibt.

    In der Tat gehört eine Kirche, die ihre Schäfchen mit derart dummdreisten Lügen verar…., abgeschafft, da sind wir uns völlig einig.

  475. #475 Thomas J
    18. November 2010

    Die Kirche verarscht in dieser Hinsicht niemanden…. die “Schäfchen” können selber entscheiden, ob sie daran glauben.

    Es bringt nichts, ein Dogma zu hinterfragen…. entweder man nimmts hin oder lässts sein, ganz simpel.

  476. #476 Günther Vennecke
    18. November 2010

    @Thomas J,

    Die Kirche verarscht in dieser Hinsicht niemanden…. die “Schäfchen” können selber entscheiden, ob sie daran glauben.

    Hm, ist es nicht so, dass jemand, der es wagt, als Katholik seinen Kopf zu gebrauchen und dies auch noch offen zugibt, exkommuniziert wird?

    Wer die abstrusen Dogmen nicht bedingungslos akzeptiert, darf sich doch nicht mehr Katholik nennen.

    Das mag auch ein Grund sein, weshalb man den Katholiken nachsagt, dass sie besonders unaufrichtig sind. Bringt die Religion wohl so mit sich, wenn mn ständig heucheln muss, denn den Unsinn, den ein Katholik glauben soll, kann doch kein vernunftbegabtes Wesen akzeptieren.

  477. #477 Thomas J
    18. November 2010

    @Günther

    Das ist mir jetzt zu blöd, sorry. Katholiken sind nicht einfach alles Dumpfbeutel.

  478. #478 michael
    18. November 2010

    > Wer die abstrusen Dogmen nicht bedingungslos akzeptiert, darf sich doch nicht mehr Katholik nennen.

    Echt, hast Du das verboten?

    Ich find es schon bemerkenswert, wieviele Leute eine Ansicht darüber haben, was ein Christ, Katholik oder was weiss ich, glauben muss und wie er sich zu verhalten hat.

    Scheint, das die Inquisition heute von den Atheisten betrieben wird. Da hat die katholische Kirche aber clever outgesourct.

  479. #479 Bob
    19. November 2010

    Ich find es schon bemerkenswert, wieviele Leute eine Ansicht darüber haben, was ein Christ, Katholik oder was weiss ich, glauben muss und wie er sich zu verhalten hat.

    Ja, ich finde es auch voll doof, dass mir jeder sagt, dass ich kein Christ sei nur weil ich an Odin statt an Jesus glaube.

    Scheint, das die Inquisition heute von den Atheisten betrieben wird. Da hat die katholische Kirche aber clever outgesourct.

    sarcasm
    Genau, überall stehen schon die Scheiterhaufen bereit
    /sarcasm

  480. #480 Frank S
    19. November 2010

    Ist eine schlechte Angewohnheit von Atheisten.

    Immer wieder der Fehler, die Bibel so zu lesen, als ob sie das meint, was sie sagt.
    Wo doch jeder Gläubige weiß, das die Bibel so zu lesen ist, dass sie das sagt, was er meint.

  481. #481 michael
    19. November 2010

    Hehe, die Helfershelfer der heiligen Inquisition , die 0-Euro Jobber der KBK sind schon im Anmarsch!

    Vielleicht solltet ihr alle eifrig ‘kreuz.net’ lesen, da findet ihr noch viel mehr, was ihr den Christen oder Katholiken vorwerfen könnt.

  482. #482 Günther Vennecke
    19. November 2010

    @michael,

    Wie viele Katholiken richten sich denn in ihrem Alltagsleben nach den Forderungen der Kirche? Die meisten haben sich doch irgendwie zwischen den weltfremden Geboten der Kirche und dem, was sie selbst für richtig halten, arrangiert. Daraus resultiert dann eine Haltung permanenter Unaufrichtigkeit.

    Und diejenigen, die aufgrund besonders gründlicher frühkindlicher Hegirnwäsche versuchen, trotzdem nach den Vorschriften der Kirche zu leben, mutieren nach und nach zu seelischen Krüppeln.

  483. #483 Edgar Dahl
    19. November 2010

    Was ein Katholik zu glauben hat, steht im Katechismus der katholischen Kirche. Diese “Zensur” wird nicht von den Atheisten, sondern vom Vatikan betrieben.

    Zudem ist die Kritik an der mangenden Konsistenz von Christen oder Atheisten durchaus berechtigt. Ich kann mich schlecht “Atheist” nennen und weiter an “Jesu Sühnetod” glauben. Und umgekehrt kann sich schwerlich jemans Christ nennen, der Jesus lediglich als “furchtbar netten Kerl” empfindet.

  484. #484 Thomas J
    19. November 2010

    genau, und wer Atomstrom nicht sofort abschaffen will, darf auch nicht die Grünen wählen und schon gar nicht Mitglied der Partei sein.

    Sonst gehts euch gut?

  485. #485 Günther Vennecke
    19. November 2010

    @Thomas J,

    also, von den Evangelen weiß ich noch aus miener Zeit, dass sie folgendes glauben müssen:

    Zeugung durch den heiligen Geist, Jungfrauengeburt, Kreuzigung, Auferstehung, Himmelfahrt, Auferstehung des Fleisches, ewiges Leben.

    Bis auf die Kreuzigung, die tatsächlich stattgefunden haben könnte, falls der Jesus überhaupt je gelebt hat, sind das natürlich alles Sachen, die nicht einmal die Mehrheit der Pastoren noch für bare Münze nimmt. Trotzdem wird den Kirchgängern ein entsprechendes Lippenbekenntnis von Zeit zu Zeit abverlangt.

    Die Katholen müssen noch eine Menge Unsinn (Marienkult, Heiligengedöns, Blut und Fleisch beim Abendmahl, etc. ) mehr glauben. Aber wie viele von ihnen tun das tatsächlich? Offiziell wären sie dann aber keine richtigen Katholiken mehr.

    Ich denke, die übergroße Mehrheit der Christen nimmt die oben genannten Sachen nicht besonders ernst. Dann ergibt sich allerdings die Frage, warum sie sich überhaupt noch Christen nennen, denn dass sie sich in ihrem sonstigen Lebenswandel von Nichtchristen unterscheiden würden, kann man auch nicht gerade sagen, vielleicht mit Ausnahme der Katholiken, die eher schon mal lügen und betrügen, weil sie ja anschließend zur Beichte gehen können und alles ist wieder gut.

  486. #486 Hazet
    19. November 2010

    Sollte man sich sorgen, oder schämen, über soviel Unsinn der hier
    verzapft wird ? Wenn Atheisten schon Angst vor einem stück Holz
    haben, das da seit Generationen an der Wand hängt , wie ärmlich
    muss es dann um Euer Seelenleben bestellt sein ?( ach so, Ihr habt
    ja keine ?)
    Schaut man sich in der Science-Gemeinde um, stellt man fest, daß
    sich hier eine neue Glaubensgemeinschaft etabiliert. Unter anderen
    gehören auch die Neuen Atheisten mit ihren Leit-Idolen.. Richard
    Dawkins und Sam Harris zu den “selbsternannten Bedrohungen” des
    Abendlandes ! Der neue Gott dieser Art von Gläubigen wird unter den
    Namen ” ALIEN ” geführt, zumindestens ist ER sehr gefürchtet !!
    Selbst St. Hawkings ( auch ein Atheist ) spricht von einer Bedrohung
    durch Angriffe von Aliens !
    Mein Eindruck, vor lauter dunkler Materie fällt den Herrschaften nichts
    NEUES mehr ein, jetzt müssen die Aliens die Kassen füllen !
    Übrigens, von den EVO-Fanatikern wurde 1904 ein Pygmäe – nämlich
    OTO BENGA mit einem Affen zus. in einem Käfig gesperrt…. als Evolutions-
    Anschauungs- Objekt , wie die Vorstufe des Menschen nach dem Affen
    ausgesehen hat. Der arme Mensch hat die unwürdige Schaustellung
    nicht lange durchgehalten und Selbstmord begangen !
    Darum verabschiede ich mich von dieser Seite mit einem…
    Grüss Gott…. IHR AFFEN

  487. #487 BreitSide
    19. November 2010

    “Darum verabschiede ich mich…”

    Ich hoffe, Du hältst dieses Versprechen und es ist keine leere Drohung.

  488. #488 Franz Graf-Stuhlhofer
    19. November 2010

    Günther Vennecke schrieb: „Bis auf die Kreuzigung, die tatsächlich stattgefunden haben könnte, falls der Jesus überhaupt je gelebt hat, …“

    Nur am Rande: Die Quellenlage in Bezug auf das Leben von Jesus ist sehr günstig. Die Verfasser der Evangelien kannten Jesus persönlich bzw. bezogen ihre Informationen von solchen, die Jesus gut kannten. Und der Zeitpunkt des Abfassens lag nur einige Jahrzehnte nach dem Tod Jesu.
    Zum Vergleich: Augustus war ein Zeitgenosse von Jesus, ein äußerst einflussreicher Herrscher. Die erste erhaltene umfassende Beschreibung seines Lebens ist jene von Sueton, etwas umfangreicher als ein Evangelium. Sueton wurde erst ein halbes Jahrhundert nach dem Tod des Augustus geboren (kannte ihn daher nicht mehr persönlich), und er schrieb etwa ein Jahrhundert nach dem Tod des Augustus.

    Gerade im Vergleich mit anderen Persönlichkeiten des Altertums sieht man, wie günstig die Quellenlage in Bezug auf Jesus ist.

  489. #489 cydonia
    19. November 2010

    Was reden Sie denn da?
    Es gibt nicht EINE auch nur halbwegs glaubwürdige Quelle für die Existenz eines Menschen mit dem Namen Jesus.
    Kein Evangelist hätte die Möglichkeit gehabt, Jesus zu begegnen, denn alle wurden nach Jesus angeblichem Tod geboren, und das bezweifelt meines wissens auch kaum jemand.
    Zu Augustus gibt es nun wirklich genug Dokumente, zu Jesus, wie gesagt, kein Einziges, und der immer wieder ins Spiel gebrachte Flavius Josephus hat auch lange nach Jesus gelebt.
    Niemand möchte Ihnen den Glauben nehmen, aber bitte halten sie mich und andere nicht für blöd.

  490. #490 Schmidts Katze
    19. November 2010

    Es gibt nicht EINE auch nur halbwegs glaubwürdige Quelle für die Existenz eines Menschen mit dem Namen Jesus.

    Das ist so nicht richtig:

    Jesus ist die lateinische Form des altgriechischen Ιησούς. Dieses übersetzt im antiken Judentum den hebräisch-aramäischen Vornamen Jehoschua (יהושע) mit seinen Kurzformen Jeschua oder Jeschu. Der Vorname Jehoschua bzw. Jesus war im ersten Jahrhundert unter Juden weit verbreitet. Er wird u.a. in den Schriften des jüdischen Historikers Flavius Josephus oft genannt. Danach hießen allein vier Hohepriester zwischen 37 v. bis 70 n. Chr. sowie 13 palästinische Juden, meist Aufständische wie die Zeloten, Jesus.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Jesus_(Name)

    Es gab bestimmt auch einige Personen mit Namen Jesus, die in Bethlehem geboren wurden, einige, die aus Nazareth stammten, einige, deren Eltern Maria oder Joseph hiessen, und einige, die gekreuzigt wurden.

    Nur einen historischen Jesus daraus zu konstruieren, der dem Jesus der Bibel entspricht, wäre natürlich völliger Unsinn.

  491. #491 Franz Graf-Stuhlhofer
    19. November 2010

    cydonia schrieb, an mich gerichtet: „bitte halten sie mich und andere nicht für blöd.“
    – Derartige Unhöflichkeiten sind verzichtbar! Denn damit emotionalisieren Sie und erschweren Sie eine sachliche Diskussion.

    cydonia schrieb: „Kein Evangelist hätte die Möglichkeit gehabt, Jesus zu begegnen, denn alle wurden nach Jesus angeblichem Tod geboren, und das bezweifelt meines wissens auch kaum jemand.“
    – Das Gegenteil stimmt.
    Oder – können Sie mir einen einzigen Experten nennen, der behauptet, dass alle Evangelisten nach Jesu Tod geboren wurden?

  492. #492 Franz Graf-Stuhlhofer
    19. November 2010

    KATHOLISCHE DOGMEN
    Damit kommen wir allerdings von unserem Ausgangs-Thema ab … Aber da sich nun schon mehrere dazu geäußert haben …

    Günther Vennecke schrieb u.a.: „Wer die abstrusen Dogmen nicht bedingungslos akzeptiert, darf sich doch nicht mehr Katholik nennen.“
    und wurde dafür kritisiert. Hier stimme ich aber Vennecke zu, zumindest theoretisch:
    Der Katholik ist verpflichtet, alle Dogmen zu glauben. Mit „Dogmen“ meine ich alles vom (katholisch-)kirchlichen Lehramt endgültig Definierte.
    Z.B. heißt es (1950) am Ende der Verkündigung des Dogmas von der Aufnahme Mariens in den Himmel (d.h. der Körper Mariens blieb vor der Verwesung bewahrt):

    „Wenn daher jemand diese Wahrheit, die von Uns definiert worden ist, zu leugnen oder bewusst in Zweifel zu ziehen wagt, so soll er wissen, dass er vollständig vom göttlichen und katholischen Glauben abgefallen ist.“

    Ähnliche Aussagen finden sich am Ende der anderen Dogmen (gerade an solchen Schluss-Formeln wird ja erkennbar, dass es sich hierbei um endgültig Definiertes handelt).
    D.h. formell müsste ein Katholik, der einzelne Dogmen bezweifelt, austreten oder ausgeschlossen werden. In der Praxis geschieht das aber nicht (mehr), nun wird einem andersdenkenden Katholiken höchstens die Lehrbefugnis für Theologie entzogen.
    Aber eigentlich ist das inkonsequent. Wenn die katholische Kirche heute der Meinung ist, dass diese Dogmen zu scharf formuliert waren (dass es also falsch war, (in einzelnen Fragen) Andersdenkenden den Glauben abzusprechen), dann sollte sie das ausdrücklich korrigieren. Aber das tut sie nicht, und kann es wohl nicht, von ihrem Selbstverständnis her (bei Wichtigem von Gott besonders geführt worden zu sein).

  493. #493 Günther Vennecke
    20. November 2010

    @FGS,

    Wenn die katholische Kirche heute der Meinung ist, dass diese Dogmen zu scharf formuliert waren (dass es also falsch war, (in einzelnen Fragen) Andersdenkenden den Glauben abzusprechen), dann sollte sie das ausdrücklich korrigieren. Aber das tut sie nicht, und kann es wohl nicht, von ihrem Selbstverständnis her (bei Wichtigem von Gott besonders geführt worden zu sein).

    Das sehe ich genau so. Die katholische Kirche hat ein extrem starres Lehr- bzw. Leergebäude errichtet, in dem alles mit allem anderen zusammenhängt. Damit steht sie mit dem Rücken an der Wand. Mit nur wenigen Ausnahmen kann sie keines der Dogmen für irrtümlich erklären, weil sonst der ganze große Rest ebenfalls der Kritik unterworfen würde und letztlich aufgegeben werden müsste. Außerdem ist es so, dass jemand, der bereit ist, die Dogmen zu akzeptieren, natürlich auch für jeden anderen Unsinn empfänglich ist.

    Irgendwo müssen CDU und CSU ja schließlich auch ihre Wähler rekrutieren. 🙂

    Das abstruseste Konstrukt der christlichen Religion ist aber wohl das der Dreifaltigkeit: 3 = 1.

    Da begeht Gott in Person seines Sohnes also Selbstmord – der letzten Endes gar keiner ist, weil der ja wieder aufersteht – um die Menschheit von einer Sünde zu befreien, die Menschen begangen haben – Adam und Eva – die nachweislich nie existiert haben und die sie obendrein begehen mussten, weil dies alles ja Teil des göttlichen Planes gewesen ist.

    Von Noah, Lot, Abraham und Hiob will ich lieber gar nicht erst anfangen, denn da zeigt sich die ganze Absurdität der Geschichte zum Teil noch viel eindringlicher, weil dort Verhaltensweisen als Vorbild dargestellt werden, die moralisch zutiefst verkommen sind. Ergo: ein Christ muss schon einen ziemlich guten Charakter unabhängig von sienem Glauben haben, um als so etwas wie ein ethischer Mensch akzeptiert werden zu können.

  494. #494 Edgar Dahl
    20. November 2010

    Das Christentum hat sicher einen unabänderlichen Kern. Dieser Kern besteht in der Aussage, dass Jesus der “Christus” ist – der Sohn Gottes, der uns mit seinem Tod von unseren Sünden erlöst hat.

    Wie es aussieht, glauben inzwischen aber immer weniger katholische und evangelische Christen an diese Aussage.

    Es scheint, als würden sich die Christen auf eine diffuse und teilweise sogar eklektische Religion zurückziehen, wonach es irgendeine Art von “Gott” gibt, wir Jesus nacheifern sollten und alle Menschen und Tiere als Geschöpfe Gottes achten müssen.

    Diese nahezu zur Beliebigkeit “verkommene” Religion ist sicher das Werk der Aufklärung und der anhaltenden Religionskritik. Insofern dem Christentum damit der Stachel genommen ist, sollten wir diese Entwicklung feiern. Denn den Christen ist damit jedes Motiv genommen, Häretiker zu verfolgen oder Homosexuelle zu verunglimpfen. Und damit ist doch eigentlich genug erreicht.

    Ich glaube, worauf wir zusteuern, ist ein säkularer Staat nach dem Vorbild Skandinaviens: Die überwiegende Mehrheit der Schweden, Dänen und Norweger sind inzwischen ungläubig. Dennoch lassen sie ihre Kinder aus Tradition aber immer noch taufen und ziehen der standesamtlichen die kirchliche Eheschließung vor.

    Ich bin zufrieden.

  495. #495 Franz Graf-Stuhlhofer
    20. November 2010

    GOEBBELS

    Günther Vennecke zitierte: „Joseph Goebbels … ist tatsächlich exkommuniziert worden. Aber nicht wegen seiner Verantwortung am Dritten Reich und dem Holocaust, sondern weil er eine Protestantin zu ehelichen gewagt hatte.“

    Das überrascht mich. Die katholische Praxis war ja, bei „Misch-Ehen“ zu verlangen, dass die Kinder katholisch getauft werden. (Und nicht, dass der Katholik exkommuniziert wurde – gab es eine solche Praxis? Bis wann?)
    In einem Buch über den jungen Goebbels (von Claus-Ekkehard Bärsch) heißt es: „Goebbels ist nie aus der Kirche ausgetreten und auch nie exkommuniziert worden.“ Dieses Buch wirkt quellenmäßig gut informiert.

    Leider steht in dem von Vennecke zitierten Artikel (in WissensLogs) lediglich die zitierte Behauptung, aber keine Belege. Da der Autor jenes Artikels, Edgar Dahl, aber auch in diesem Forum mitschreibt, kann er vielleicht darüber informieren, worauf sich seine Behauptung stützt.

    Aber, um nun zur eigentlichen Ausgangsfrage zurückzukehren: Atheisten und Moral. War z.B. Goebbels ein Atheist? Bei der Lektüre seiner Tagebücher merkt man eine starke Abneigung gegen die katholische Kirche. In diesen Tagebüchern scheint sich Goebbels sehr offen über seine Ansichten zu äußern – sie waren ja nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Soweit ich mich erinnere, wird darin keine Beziehung zu einem persönlichen Gott erkennbar (d.h. Goebbels war kein Theist), z.B. erwähnt er nie, dass er betet. Goebbels spricht manchmal vom „Schicksal“, oder davon, dass Hitler auf „seinen guten Stern vertraut“. Ist Goebbels eher als Atheist/Agnostiker einzustufen, oder sollte man eher sagen, er hatte eine (andere, nichtchristliche) Art von Religiosität?
    Ähnliche Fragen wurden hier ja schon z.B. in Bezug auf Stalin oder Mao angerissen (aber nicht geklärt).
    Vielleicht gibt es viele, die man bei der Alternative Theist/Atheist nicht einordnen kann? (Das wäre ja eine grundlegende Frage – wenn diese nicht geklärt ist, ist es schwierig zu überlegen, ob Atheist-Sein eher günstig ist für moralisches Handeln oder nicht.)

  496. #496 Günther Vennecke
    20. November 2010

    Hier finden sich entlarvende historische Foto-Dokumente zum Paktieren der (katholischen) Kirche mit den Nazis:

    https://www.religionskritik.info/thread.php?threadid=1347

    Interessant wäre es, der Frage nachzugehen, inwieweit die katholische Erziehung die Hitler und Goebbels erfahren haben, ihre spätere “Ethik” beeinflusst hat. Immerhin hat auch der Massenmörder Stalin vor seiner politischen Karriere ein Priesterseminar besucht. Könnte es da Zusammenhänge geben?

  497. #497 Edgar Dahl
    20. November 2010

    @ – Franz Graf-Stuhlhofer

    Hier die erbetene Quelle zur Exkommunikatin von Joseph Goebbels:

    “Der Katholik Goebbels wurde wegen der Hochzeit mit einer (noch dazu geschiedenen) Protestantin von der Kirche exkommuniziert.”

    https://de.wikipedia.org/wiki/Magda_Goebbels

    Ich kenne niemanden, der je behauptet hat, dass Atheisten bessere Menschen seien. Ich kenne jedoch zahllose Christen, die der Meinung sind, dass ein Atheist kein guter Mensch sein könne. Wer hier unter “Generalverdacht” steht, sind also nicht die Christen, sondern die Atheisten.

    In meinem Beitrag “Nazis im Talar” ging es mir darum zu zeigen, dass der christliche Glaube die Menschen nicht davor bewahrt, Diktaturen zum Opfer zu fallen und Grausamkeiten zu begehen. Hier noch einmal der Link:

    https://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/libertarian/allgemein/2010-11-18/nazis-im-talar#comments

  498. #498 Edgar Dahl
    20. November 2010

    @ – Günther Vennecke:

    “Interessant wäre es, der Frage nachzugehen, inwieweit die katholische Erziehung die Hitler und Goebbels erfahren haben, ihre spätere “Ethik” beeinflusst hat. Immerhin hat auch der Massenmörder Stalin vor seiner politischen Karriere ein Priesterseminar besucht. Könnte es da Zusammenhänge geben?”

    Ich glaube nicht, dass eine katholische Erziehung die Menschen unmoralischer macht. Ich weiß aber, dass alle Menschen, die ich verehre, keine Christen waren: Voltaire, Hume, Jefferson, Paine, Schopenhauer, Russell, Popper.

  499. #499 cydonia
    20. November 2010

    @Franz Graf-Stuhlhofer
    Dass Sie einen Großteil der historisch-kritischen Analysen der Texte des Neuen Testaments bisher nicht wahrgenommen haben, mag ich Ihnen nicht vorwerfen.
    Trotzdem ist es zumindest für mich recht eigenartig, Menschen zu begegnen, die annehmen, die wahren Autoren hätten Jesus persönlich gekannt. Gut, es mach das Glauben leichter, aber sonst…?

  500. #500 Franz Graf-Stuhlhofer
    20. November 2010

    cydonia schrieb, an mich gerichtet: „Dass Sie einen Großteil der historisch-kritischen Analysen der Texte des Neuen Testaments bisher nicht wahrgenommen haben,“

    Es wäre besser, Sie würden solche abfälligen Mutmaßungen über meine Unkenntnis weglassen.
    Ich nehme die historisch-kritische Forschung sehr wohl wahr, und umgekehrt: Diese nimmt meine Forschungen wahr (z.B. über den Bibelgebrauch im Altertum).

    Aber ich will Sie nicht ganz so leicht davonkommen lassen, denn Sie hatten eine konkrete Behauptung aufgestellt, die ich bestritt. Bitte belegen Sie doch Ihre Behauptung!
    Nämlich:

    cydonia schrieb: „Kein Evangelist hätte die Möglichkeit gehabt, Jesus zu begegnen, denn alle wurden nach Jesus angeblichem Tod geboren, und das bezweifelt meines wissens auch kaum jemand.“

    Ich hatte erwidert:

    Das Gegenteil stimmt.
    Oder – können Sie mir einen einzigen Experten nennen, der behauptet, dass alle Evangelisten nach Jesu Tod geboren wurden?

    Also, können Sie einen Experten nennen, der das behauptet?

  501. #501 Günther Vennecke
    20. November 2010

    @FGS,

    Oder – können Sie mir einen einzigen Experten nennen, der behauptet, dass alle Evangelisten nach Jesu Tod geboren wurden?

    Nichts genaues weiß man nicht. Über die Autoren der vier Evangelien gibt es ganz unterschiedliche Vermutungen und kein sicheres Wissen.

    Interessant sind die Unterschiede, besonders wenn gleiche Ereignisse beschrieben werden. So ist es zum Beispiel völlig unmöglich, aus den Evangelien einen widerspruchsfreien Bericht über die genauen Umstände der Ostergeschichte zu erstellen, einmal angenommen, dass sie nicht sowieso ein reines Fantasieprodukt ist, wie zum Beispiel die Weihnachtsgeschichte:

    Mal kamen die Frauen allein zum Grab, mal waren sie in Begleitung von Jüngern, mal fanden sie einen Engel, vor, mal in dem Grab, mal sahen sie sogar Jesus, den sie allerdings für den Gärtner hielten, usw. Offensichtlich kannten auch die Autoren der Evangelien die Geschichte(n) nur vom Hörensagen.

  502. #502 cydonia
    21. November 2010

    @ Franz GS
    Dass die kanonischen Evangelien in der Reihenfolge Markus-Matthäus-Lukas-Johannes ab dem Jahre 70 aufwärts entstanden sind habe ich unter seriösen Theologen noch nie jemanden bestreiten hören. Als Quelle reicht hier sogar schon Wikipedia, das auch genügend links bereithält.
    Dass die Texte in ihre heute bekannten Form erst wesentlich später entstanden sind, wird auch von der kritischen Bibelforschung nicht bestritten.
    Sollte aber die allgemein anerkannte Annahme, dass der älteste Text frühestens im Jahre 70 entstanden sein kann, zutreffen, dürfte es dem Verfasser wohl kaum möglich gewesen sein, Jesus noch persönlich gekannt zu haben. Es spricht, auch aufgrund der inhärenten Widersprüche, einiges dafür, dass es sich um tradierte Geschichten handelt, die irgendwann nach dem Hörensagen niedergeschrieben wurden, aber um das zu erkennen, muss man die Ursprungssprachen beherrschen, und dann sieht man auch wieviel die Evangelisten voneinander abgeschrieben haben.
    Beweisen werden sie die Existenz eines Menschen Jesus so nicht können, aber das brauchen sie ja auch nicht, um an ihn zu glauben. Warum also ist Ihnen das so wichtig?
    Für mich und viele andere ist es einfach eine interessante Geschichte mit interessanten Gedanken und Ideen, ein Stück Literatur wie andere auch, allerdings mit großem Einfluss.
    Wie schon gesagt, es herrscht Glaubensfreiheit, und das halte ich für einen großen Fortschritt, das heißt aber nicht, dass ich jeden polternden Auftritt eines Gläubigen kommentarlos über mich ergehen lassen muss. Sie haben hier mit sovielen unbelegten Glaubenswahrheiten um sich geschmissen, dass Sie sich über eine Reaktion nicht zu wundern brauchen.

  503. #503 Günther Vennecke
    21. November 2010

    Ein bisschen off-topic aber inzwischen glaube sogar ist, dass es so etwas wie Wunder gibt:

    Der Papst hat sich vorsichtig zustimmend zum Gebrauch von Kondomen geäußert!

    Sollte hier ein allmähliches Umdenken im Vatikan in dieser Hinsicht stattfinden? Und wenn ja, was könnte die Motivation dafür sein? Irgendeine neue Erkenntnis in Glaubensfragen kann des wohl nicht sein, den die stehen seit 2000 Jahren fest. Also muss es wohl daran liegen, dass inzwischen auch die Greise in Rom erkannt haben, dass sie mit ihren weltfremden Lehren sich immer mehr die Glaubwürdigkeit ihrer Anhänger verspielen.

    Allerdings ist dies dann doch wohl wieder eine weitere Niederlage der katholischen Kirche bei dem Versuch, ihre verstaubte Lehre ins 21. Jhdt. hinüber zu retten. Auch den letzten Jahren sind die Widersprüche zwischen dem, was Menschen wollen und tun und dem, was die Kirche will, dass sie wollen und tun sollen, stetig größer geworden. Das wird unausweichlich zu einem weiteren Niedergang führen.

    Denn jetzt werden sich die Menschen natürlich fragen, warum sie all die Jahre vorher veralbert worden sind, wenn die Kirche Unsinn über Kondome verbreitet hat. Man kann es drehen und wenden, wie man will, auf Dauer lässt sich die Irrlehre der Kirche(n) nicht aufrecht erhalten.

  504. #504 Edgar Dahl
    22. November 2010

    @ – Günther Vennecke

    “Der Papst hat sich vorsichtig zustimmend zum Gebrauch von Kondomen geäußert!”

    Kann man das irgendwo als Zitat finden?

  505. #505 cydonia
    22. November 2010

    Jo, in seinem neuen Interviewbuch! Musst du natürlich erst kaufen….

  506. #506 Christian Reinboth
    22. November 2010

    @Edgar Dahl & cydonia: Beim SPIEGEL haben sie scheinbar die Textpassage aus dem besagten Buch abgedruckt (zumindest interpretiere ich das so):

    “Die bloße Fixierung auf das Kondom bedeutet eine Banalisierung der Sexualität, und die ist ja gerade die gefährliche Quelle dafür, dass so viele Menschen in der Sexualität nicht mehr den Ausdruck ihrer Liebe finden, sondern nur noch eine Art von Droge, die sie sich selbst verabreichen. Deshalb ist auch der Kampf gegen die Banalisierung der Sexualität ein Teil des Ringens darum, dass Sexualität positiv gewertet wird und ihre positive Wirkung im Ganzen des Menschseins entfalten kann. Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann, ein erstes Stück Verantwortung, um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will. Aber es ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion beizukommen. Diese muss wirklich in der Vermenschlichung der Sexualität liegen.”

    https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,730320,00.html

    Ebenfalls interessant sind auch die Anmerkungen zu Moscheebau und Burkaverbot:

    Christen sind tolerant und insofern erlauben sie auch den anderen ihr eigenes Selbstverständnis. Wir sind erfreut darüber, dass es in den arabischen Golfstaaten (Katar, Abu Dhabi, Dubai und Kuwait) Kirchen gibt, in denen Christen die Messe zelebrieren können, und wir hoffen, dass dies überall geschehen möge. Daher ist es nur natürlich, dass Muslime sich auch bei uns zum Gebet in einer Moschee versammeln können. Was die Burka angeht, sehe ich keinen Grund für ein generelles Verbot. Es heißt, einige Frauen würden sie nicht freiwillig tragen, sondern es handele sich vielmehr um eine Art von ihnen aufgezwungener Gewalt. Es ist klar, dass man damit nicht einverstanden sein kann. Wenn sie sie (die Burka) jedoch freiwillig tragen wollten, sehe ich keinen Grund dafür, dies zu verbieten.

  507. #507 Edgar Dahl
    22. November 2010

    Vielen Dank für diesen Hinweis!

    Das sind die ersten halbwegs vernünftigen Worte, die ich seit Jahren aus dem Munde von Joseph Ratzinger höre.

    Im Unterschied zu Alice Schwarzer (“Die große Verschleierung”) meine auch ich, dass das Tragen eines Kopftuches, eines Schleiers oder sogar einer Burka unter das Recht der freien Ausübung der Religion gehört. Kopftuch, Schleier und Burka wegen ihrer “symbolischen” Wirkung zu verbieten, erscheint mir unsinnig, es sei denn, man ist bereit, dasselbe mit dem Kreuz zu tun. Schließlich ist auch das Kreuz für viele ein gefährliches “Symbol”.

  508. #508 Christian Reinboth
    22. November 2010

    @Edgar Dahl: Ohne die fruchtlose Kirchturm-Debatte von weiter oben wieder aufleben lassen zu wollen, dürfte spätestens mit dem Papstbuch aber immerhin der Vorwurf vom Tisch sein, dass es gerade die christlichen Gemeinden seien, die am härtesten gegen geplante Moscheebauten kämpfen…

  509. #509 georg
    22. November 2010

    Also, ich finde den folgenden Satz aus den Munde eines Papstes ausgesprochen witzig:

    Diese muss wirklich in der Vermenschlichung der Sexualität liegen.

    Schließlich hat die (offizielle) katholische Kirche seit ca. 2000 Jahren gerade das typisch menschliche der menschlichen Sexualität geächtet und versucht, diese auschließlich zum Zwecke der Nachwuchszeugung innerhalb einer Ehe gelten zu lassen.

    Und ihrem Klerus hat sie (offiziell) noch nicht einmal das zugestanden.

  510. #510 Thomas J
    22. November 2010

    @georg

    Ich würds anders definieren…
    Laut Papst ist “menschliche” Sexualität eben nicht ein Trieb, weil wir ja keine Tiere sind… irgendwie so.

    Witzig find ich das aber nicht, im Gegenteil… er spricht einem Ausleben der Sexualität die menschlichkeit ab, igitt.

  511. #511 Günther Vennecke
    22. November 2010

    @Edgar Dahl,

    meine auch ich, dass das Tragen eines Kopftuches, eines Schleiers oder sogar einer Burka unter das Recht der freien Ausübung der Religion gehört.

    Sicherlich ein vielschichtiges Thema, bei dem man kaum Einigkeit wird erzielen können, weil es hier nicht unbedingt, wie bei vielen anderen Dingen ein objektives falsch oder richtig gibt, sondern sich jeder eine Meinung bilden muss und das häufig ohne hinreichend genaue Information zu haben.

    Zunächst würde ich hier differenzieren. Ein Kopftuch kann Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion sein oder auch nur einer Volksgruppe (z. B. Russlanddeutsche) und ist mit dem Tragen eines Kruzifixes an einer Kette um den Hals gleichzusetzen.

    Schleier und Burka hingegen sind eher eine Demonstration männlicher Macht über abhängige Frauen. Mir erscheint es in den meisten Fällen unglaubwürdig, wenn eine Frau sagt, dass sie ein solches Kleidungsstück freiwillig trage. Falls das ernst gemeint ist, ist es wohl ein Zeichen für mangelnde Emanzipation, d. h., die Frau hat sich mit der ihr traditionell zugewiesenen Rolle abgefunden. Ich könnte notfalls aber das Tragen eines Schleiers bei uns noch tolerieren.

    Das Tragen der Burka sehe ich grundsätzlich anders. Hier gibt es sogar ein medizinisches Argument. Das Abdecken des gesamten Körpers verhindert die Bildung von Vitamin D in der Haut, so dass langfristig körperliche Schäden zu befürchten sind, wenn man diesen Mangel nicht durch gezieltes Einnehmen von entsprechenden Präparaten ausgleicht.

    Darüber hinaus zeigt das Tragen der Burka, dass die Trägerin und ihr Herr (ich sage ausdrücklich nicht Mann oder Vater) damit demonstrieren, dass sie nicht im geringsten die Absicht haben, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Sie werden wahrscheinlich weder unsere Sprache lernen wollen (oder nur das allernötigste), noch in irgendeiner Weise zu unserem Gemeinwesen beitragen wollen.

    Des weiteren sollten wir uns darüber im klaren sein, dass die religiöse Einstellung, die durch das Tragen der Burka verkörpert wird, zutiefst rückständig und Ausdruck einer Menschen verachtenden Grundhaltung ist. Eine Religion, die von ihren Anhängern bedingungslose Unterwerfung verlangt, ist keine Religion, die man tolerieren sollte.

    Scharia und Demokratie sind prinzipiell unvereinbar, denn die Scharia wird von ihren Anhängern als UNVERÄNDERLICHES “göttliches” Recht definiert.

    Die große Frage, die sich zunehmend auch in unserem Land stellt, ist wieweit wir eine Religion tolerieren oder gar akzeptieren können, deren Ziel die Abschaffung des demokratischen Rechts zugunsten einer frühmittelalterlichen, barbarischen Rechtsordung fordert.

    Konkret gefragt: Gibt es tatsächlich einen weichgespülten Islam, der mit den Grundsätzen unserer Demokratie vereinbar ist oder ist dies nur eine Tarnkappe, die man sich überzieht, solange man keine wirkliche Macht im Lande hat?

    Sicher ein Extrembeispiel, aber die folgende Begebenheit zeigt doch, wie bedenklich starre Prinzipien bei der religiösen Anwendung von Vorschriften in alltäglichen Situationen sein können:

    Saudi Arabien im März 2002
    Nach Zeitungsberichten starben 14 Schülerinnen und wurden viele weitere Mädchen verletzt bei einem Brand in einer Schule in Mekka am 11.3.2002, nachdem die religiöse Polizei die Mädchen davor hinderte, vor dem Feuer zu fliehen und das Gebäude zu verlassen. Grund dafür war, dass sie keinen Schleier trugen und ihre männlichen Verwandten nicht auf sie warteten. Es wird auch berichtet, dass Retter die Schule nicht betreten durften, weil sie Männer waren und ihnen nicht erlaubt war, die Schulräume der Frauen zu betreten.

    (Amnesty International am 15.3.2002 (www.amnesty.org))

    Initiis obsta!

  512. #512 Andrea N.D.
    22. November 2010

    @Christian:
    “@Edgar Dahl: Ohne die fruchtlose Kirchturm-Debatte von weiter oben wieder aufleben lassen zu wollen, dürfte spätestens mit dem Papstbuch aber immerhin der Vorwurf vom Tisch sein, dass es gerade die christlichen Gemeinden seien, die am härtesten gegen geplante Moscheebauten kämpfen…”

    Ohne die fruchtlose Kirchturm-Debatte von weiter oben wieder aufleben lassen zu wollen, würde mich schon interessieren, inwiefern ein Buch vom Papst irgendein Beleg für die (vergangene) Wirklichkeit in Deutschland darstellt bzw. inwiefern daraus verlässliche Direktiven für die Zukunft herausfantasiert werden können. Das eigene(wissenschaftliche) “Gehirn” in Glaubensdingen für Lippenbekenntnisse des christlichen Obergurus abzugeben ist eine Sache. Methodisch damit auf SB zu argumentieren ist meines Erachtens eher peinlich.

  513. #513 Christian Reinboth
    22. November 2010

    @Andrea N.D.:

    Ohne die fruchtlose Kirchturm-Debatte von weiter oben wieder aufleben lassen zu wollen, würde mich schon interessieren, inwiefern ein Buch vom Papst irgendein Beleg für die (vergangene) Wirklichkeit in Deutschland darstellt bzw. inwiefern daraus verlässliche Direktiven für die Zukunft herausfantasiert werden können.

    Liegt das nicht auf der Hand? Wenn ein generelles Ja zum Bau neuer Moscheen die offizielle Linie des Vatikans ist, dürfte sich wohl kaum ein katholisches Bistum und keine katholische Gemeinde in Deutschland dagegen aussprechen…

  514. #514 Andrea N.D.
    22. November 2010

    @Christian:
    Also erstens ist das dann jetzt die neue Linie, die nichts über die “alte Linie” aussagt. Zweitens sagt es nichts über die tatsächliche Wirklichkeit aus. Und drittens ist es schon bedenklich, die Aussagen von Religionsführen für bare Münze zu nehmen. Und selbst wenn das nicht nur Lippenbekenntnisse sind (alleine schon der vorherige Satz! scheint ein bisschen gezwungen, die Aussage des Papstes, oder ist es sogar eine Drohung? Lassen wir doch einmal einen muslimischen Oberguru darüberlesen …), heißt das ja noch lange nicht, dass alle Menschen danach handeln. Es ging ja nicht ausschließlich (eigentlich überhaupt nicht) um irgendwelche Bischöfe, sondern um die Menschen mit einer christlichen Einstellung im Sinne von kirchlich christlicher Einstellung. Und es ging darum, dass den Menschen mit einer kirchlich christlichen Einstellung es manchesmal an einer menschlich christlichen Einstellung mangeln kann – eben aus der Verbohrtheit und dem Dogmatismus der eigenen Religion (mit Missionsauftrag) heraus.

    So ganz ist mir nicht klar, was Du jetzt eigentlich aussagen möchtest. Der Papst hat ein Buch geschrieben, und weil da angeblich etwas anderes darin steht (Interpretationssache), kann ja nicht sein, dass es in Deutschland christliche Proteste gegen Moscheen gibt? Ähem ja …

  515. #515 Franz Graf-Stuhlhofer
    22. November 2010

    @ cydonia
    Sie hatten eine ganz konkrete Behauptung aufgestellt, die ich bestritt, nämlich:

    cydonia schrieb: „Kein Evangelist hätte die Möglichkeit gehabt, Jesus zu begegnen, denn alle wurden nach Jesus angeblichem Tod geboren, und das bezweifelt meines wissens auch kaum jemand.“

    Diese Behauptung bestritt ich und wollte, dass Sie diese – durch Nennung wenigstens eines einzigen Experten – belegen. Das tun Sie nicht. Stattdessen weichen Sie auf neue Behauptungen aus und polemisieren weiter gegen mich: „Sie haben hier mit sovielen unbelegten Glaubenswahrheiten um sich geschmissen, dass Sie sich über eine Reaktion nicht zu wundern brauchen.“

    Diese Kombination – gegen einen Andersdenkenden überheblich polemisieren, aber nicht bereit sein, eine eigene falsche Behauptung zu korrigieren – stört mich.
    Wenn jemand etwas Falsches behauptet, so ist das an sich kein Problem – das passiert uns allen, und dazu diskutieren wir ja miteinander, damit sich manches klärt.

    Nun nochmals zu Ihrer Behauptung: Es ist so, dass die Experten kaum über das Geburtsjahr eines Evangelisten spekulieren, daher behaupten sie auch nicht, dass alle vier Evangelisten NACH Jesu Tod geboren wurden. Schon von daher ist Ihre Meinung, dass Sie mit Ihrer Behauptung einen allgemeinen Konsens wiedergeben, völlig verfehlt.
    Angenommen, ein Evangelium entstand um 70 n.Chr. Woher sollte man dann sicher sein, dass der Autor erst nach 30 n.Chr. (dem Todesjahr Jesu) geboren wurde? Er könnte ja z.B. als 60jähriger geschrieben haben …

  516. #516 Günther Vennecke
    22. November 2010

    @FGS,

    Angenommen, ein Evangelium entstand um 70 n.Chr. Woher sollte man dann sicher sein, dass der Autor erst nach 30 n.Chr. (dem Todesjahr Jesu) geboren wurde? Er könnte ja z.B. als 60jähriger geschrieben haben …

    Was dann allerdings die Frage aufwirft, warum jemand 40 Jahre wartet, bevor er über solche fantastischen Ereignisse berichtet, begleitet von der Frage, wie gut die Detailerinnerung 40 Jahre später noch sein kann.

    Einmal unterstellt, dass die Person Jesus, die das NT zum Inhalt hat, so überhaupt existiert hat, wie authentisch können dann seine Worte überliefert worden sein?

    Matthäus über die angeblich letzten Worte von Jesus:

    “Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?”

    Markus ziemlich gleichlautend, wer hat hier von wem abgeschrieben?

    Lukas: “Und Jesus rief laut und sprach: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt, verschied er.”

    Johannes: “Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! und neigte das Haupt und verschied.”

    Vier Evangelisten, drei Versionen der selben Geschichte. Preisfrage: Welche der drei Versionen ist die richtige oder sind sie alle falsch?

    Interessant ist es, einmal die Ostergeschichte in allen vier Evangelien parallel zu lesen und dann zu versuchen, daraus eine konsistente Versionen zu entwickeln, also heraus zu finden, was sich angeblich wirklich zugetragen hat: ein Ding der Unmöglichkeit!

  517. #517 Franz Graf-Stuhlhofer
    22. November 2010

    HITLER KATHOLISCH BEEINFLUSST?

    Günther Vennecke schrieb: „Hitler ist nämlich katholisch erzogen worden und die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass sein unbändiger Judenhass von dieser Erziehung herrührt.“

    Ihre Bemerkung regte mich an, in der Hitler-Biographie von Werner MASER nachzulesen. Demnach war Hitler als kleiner Junge Ministrant und positiv zur Kirche eingestellt, aber ab ungefähr 12 Jahren war er schon sehr negativ gegenüber der Kirche, vielleicht unter dem Einfluss seines kirchenkritischen Vaters (der starb, als Hitler noch nicht ganz 14 Jahre alt war). Von daher ist es unwahrscheinlich, dass seine Weltanschauung direkt durch kirchlichen Unterricht (in der Kirche oder in der Schule im Religions-Unterricht) mitgeprägt war.

    Aber Hitler lebte, bevor er nach Berlin kam, in Österreich und Bayern, also in katholisch geprägten Regionen. Insofern kann er natürlich auch ungewollt viel von katholischer Mentalität übernommen haben.

  518. #518 Edgar Dahl
    22. November 2010

    @ – Günther Vennecke

    Guter Punkt! Ich glaube, ich werde hierüber mal einen eigenen Beitrag für meinen Blog schreiben.

    Hier nur soviel: Die Freiheit des Einzelnen hört erst dort auf, wo die Rechte anderer berührt sind. Das Tragen eines Kopftuches, eines Schleiers oder einer Burka verletzt niemandes Rechte. Dass sich Frauen mit dem Tragen einer Burka gesundheitlich schaden mögen, ist irrelevant: Der Staat ist nicht dazu da, die Menschen vor sich selbst, sondern nur vor Übergriffe durch andere zu schützen.

    Ein Fall wie der amnesty international berichtete könnte sich in einem freihetlichen Rechtsstaat wie Deutschland nicht ereignen – selbst wenn wir den Muslimen dieselbe Religionsfreiheit gewähren wie den Christen.

  519. #519 Franz Graf-Stuhlhofer
    22. November 2010

    RESPEKTVOLLER UMGANG

    Da wir gerade über MORALISCHES VERHALTEN diskutieren … Wir könnten damit ja bei uns selbst anfangen, indem wir respektvoll miteinander diskutieren. Dem anderen Menschen, auch dem Andersdenkenden, respektvoll zu begegnen, ist ein Teil von „moralisch sein“.

    Das geschieht hier auch oft – aber nicht immer.
    Manche meinen, dass sie es deutlich sagen müssen, wenn sie die Äußerung eines Anderen für völlig verkehrt halten. Ja, mir geht es auch manchmal so, dass ich mich über eine gelesene Äußerung wundere. Aber es gibt verschiedene Arten, um das auszudrücken. Vor allem aber brauche ich keine geringschätzigen Beurteilungen über die fachliche Ahnungslosigkeit des Anderen abgeben, sondern kann mich auf die Widerlegung der m.E. falschen Äußerung konzentrieren.

    Ganz nebenbei: Wenn ein Andersdenkender wirklich ahnungslos ist bei einem Thema, zu dem er sich äußert: Dann ärgere dich nicht über ihn, sondern “freue” dich darüber, dass er es dir so leicht macht, ihn zu widerlegen!

  520. #520 Franz Graf-Stuhlhofer
    23. November 2010

    georg schrieb, an mich gerichtet: „Schon wieder einer, der offenbar keinen qualifizierten Geschichtsunterterricht hatte.“
    – Solche Beleidigungen sind nicht hilfreich für eine sachliche Diskussion.

    Inwiefern widerspricht Ihr Hinweis auf das (Nicht-)Zustimmen zum Ermächtigungsgesetz dem, was ich („@ Franz Graf-Stuhlhofer• 17.11.10 • 10:04 Uhr“) geschrieben hatte? Ich kann an meiner Äußerung nichts erkennen, was durch ein Mitbedenken dieses Ereignisses zu korrigieren wäre.

  521. #521 cydonia
    23. November 2010

    Nein, Herr Graf-Stuhlhofer, darüber freue ich mich ganz und gar nicht, denn entgegen Ihrer Annahme ist das Widerlegen kein Sport, sondern der Versuch, allzu sehr in ihren Glaubenswelten versunkene ein wenig aufzurütteln.
    Es wäre mir, und sicherlich vielen anderen, die sich auf Diskussionen mit Gläubigen aller Art einlassen, lieber diese hätten den Weg zu einer kritischen Betrachtung dessen, was sie für unumstößlich halten, selbst gefunden.
    Der Grund, warum ich immer wieder in Diskussionen eingreife, oder sogar Vorträge halte, ist der, dass es weder den Menschen selbst, noch der sie umgebenden Welt guttut, wenn sie auf Positionen beharren, die jeder Grundlage entbehren.
    Im ersten Falle riskieren solche Menschen eine für sie sehr unangenehme Isolation, oder aber das scheinbare Aufgehobensein in sektenähnlichen Strukturen. Im zweiten angesprochenen Fall werden sie unter Umständen für ihre Umgebung äußerst unangenehm oder sogar gefährlich.
    In diesem Sinne ist jeder Kommentar, der Glaubenswahrheiten in Frage stellt, ein einfaches und modernes “wehret den Anfängen!” Das wars auch schon.

  522. #522 Franz Graf-Stuhlhofer
    23. November 2010

    cydonia schrieb, an mich gerichtet: „Sie haben hier mit sovielen unbelegten Glaubenswahrheiten um sich geschmissen, dass Sie sich über eine Reaktion nicht zu wundern brauchen.“

    Diese Ihre Behauptung ist völlig falsch.
    Ich sah mir alle meine Postings in diesem Blog nochmals an – ich begründe stets meine Ansichten, und bringe Belege. Das ist grundsätzlich meine Art. Ich kann ja nicht, gerade in einem Forum mit mehrheitlich Andersdenkenden, erwarten, dass meine Ansichten einfach so. ohne Beleg, akzeptiert werden.

    Würden Sie bitte IHRE Behauptung belegen – und ein Beispiel angeben, wo ich hier mit einer unbelegten Glaubenswahrheit „um mich geschmissen“ habe?

  523. #523 Franz Graf-Stuhlhofer
    23. November 2010

    @ cydonia

    Haben Sie es wirklich nicht verstanden, worum es mir bei meinem Plädoyer für respektvollen Umgang miteinander ging?

    Sie antworten darauf, indem Sie erklären, warum Sie Glaubenswahrheiten in Frage stellen. Dagegen sage ich ja nichts. Dazu treffen wir einander ja hier, um verschiedene Meinungen miteinander zu konfrontieren.

  524. #524 cydonia
    23. November 2010

    Herr Greaf-Stuhlhofer, ich habe das Buch von Maser nicht gelesen, aber sämtliche mir bekannte Biografien des Gröfaz gehen davon aus, dass Hitler seinem Katholizismus nie untreu geworden ist. Und dass sein Antisemitismus vom Himmel gefallen, halte ich auch für recht unwahrscheinlich.
    Aber was anderes: Es wird weder mir, noch anderen Kommentatoren schwer fallen Menschen zu finden, die katholisch waren und sich wie die sprichwörtlichen Schweine, in jedem Sinne, benommen haben. Was also soll die Diskussion um Hitler? Außer dass Sie der Meinung sind, ein Katholik sei zu sowas nicht fähig. Da stehen Sie dann aber mit Sicherheit auf gänzlich verlorenem Posten.(Francisco Franco?, Pinochet?, …)
    Das Problem besteht aus meiner Sicht darin, dass Sie dazu neigen, sich die Informationen zu holen, die in ihr Weltbild passen, und andere geflissentlich ignorieren. Und das fällt auf, sehr sogar.

  525. #525 Franz Graf-Stuhlhofer
    23. November 2010

    cydonia schrieb, an mich gerichtet: „Was also soll die Diskussion um Hitler? Außer dass Sie der Meinung sind, ein Katholik sei zu sowas nicht fähig. Da stehen Sie dann aber mit Sicherheit auf gänzlich verlorenem Posten.“

    Erstens habe in diesem Blog nicht ich mit Hitler begonnen, sondern andere. Das geschah mehr als 2 Wochen, bevor ich hier einstieg. D.h. in Bezug auf Hitler reagierte ich auf die Äußerungen anderer.
    Zweitens bin ich nicht der Meinung (wie Sie mir hier unterstellen), „ein Katholik sei zu sowas nicht fähig“. Derartiges habe ich auch nie geäußert, weder hier noch sonst wo.

  526. #526 S.S.T.
    23. November 2010

    Na ja, ein wesentliches Problem liegt darin, dass ein hoher Prozentsatz einer gegeben Bevölkerung an höhere Mächte (Götter, Schicksal, Vorbestimmung, Sinnhaftigkeit u.v.a.m.) glauben möchte. Einige davon mögen rationalen Argumenten gegenüber aufgeschlossen sein, aber selbst in dieser Gruppe wird stets ein erheblicher Anteil seinen Was-auch-immer-Glauben im ‘Innersten seines Herzens’ beibehalten.

    Warum das so ist, ist vermutlich ebenfalls eine Megabaustelle.

    @Bullet hat ja schon den entsprechenden Wiki-Eintrag zu Nazi/Reli verlinkt. Dem Eintrag ist kaum etwas hinzuzufügen. NS und christl. Religion waren zu keiner Zeit diametral. ‘Gott’ war im NS niemals tot, man sehe sich nur die diversen Ausgaben der Koppelschlösser an bzw. die diversen Fahneneide. Mag sein, dass die christl. Rel. nur bis zum Endsieg überleben sollte, der Ersatz wäre dann allerdings nur eine Neue Religion geworden, mit einem braunen Zwerg als sein Prophet.

    Stalin hat selbiges in großer Meisterschaft vorexerziert und Mao hat das so beeindruckt, dass er dieses Modell mit noch größerer Meisterschaft kopierte, inkl. einer eigenen Bibel.

    Das Problem liegt in der ideologischen Verbohrtheit, da ist es völlig egal welchen Namen der jeweilige ‘Gott’ hat. Was Verbohrtheit angehet, kann ich auch das Argument verstehen, dass ein Atheist möglicherweise glauben kann, etwas Gutes zu tun, indem er einen ‘Gläubigen’ denunziert. Nur, ein Atheist hat sowohl unter A.H., Stalin, Mao etc. selbst ums Überleben zu kämpfen, denn der jeweils aktuelle ‘Gott’ heißt zwar anders, blieb aber nichts desto trotz ein ‘Gott’. Und was auf Gotteslästerung steht, weiß man ja schon aus der Bibel. (Warum erinnert mich die Kulturrevolution so sehr an Hexenverbrennungen bzw. den 30j. Krieg?)

  527. #527 georg
    23. November 2010

    @Franz Graf-Stuhlhofer· 23.11.10 · 08:20 Uhr

    Inwiefern widerspricht Ihr Hinweis auf das (Nicht-)Zustimmen zum Ermächtigungsgesetz dem, was ich („@ Franz Graf-Stuhlhofer• 17.11.10 • 10:04 Uhr“) geschrieben hatte? Ich kann an meiner Äußerung nichts erkennen, was durch ein Mitbedenken dieses Ereignisses zu korrigieren wäre.

    Können Sie nicht verstehen oder wollen Sie nicht.

    Sie schließem aus dem verhalten einiger weniger Personen auf den moralischen Wert des Katholizismus und ignorieren das Verhalten der offiziellen Orgamisationen wie der katholischen Zentrumspartei mit ihren Tausenden Mitglieder und Millionen Wählern, weil es nicht in Ihr Schema passt. Oder vielleicht haben Sie das irgendwie auch alles gar nicht so gemeint, wie es sich liest.

    Das zeugt schon von erheblicher Ignoranz. Und nein, das ist keine Beleidigung, sondern ein sachliche Feststellung.

    mfg georg

  528. #528 Franz Graf-Stuhlhofer
    23. November 2010

    Die EVANGELIEN

    Günther Vennecke schrieb: „Was dann allerdings die Frage aufwirft, warum jemand 40 Jahre wartet, bevor er über solche fantastischen Ereignisse berichtet, …“

    Warum warteten die Evangelisten so lange bis zur Niederschrift? Eine berechtigte Frage – und ein Argument, das eher für eine frühe Niederschrift spricht. Denn wenn Zeitgenossen Jesu von seinem Wirken beeindruckt waren und davon weitererzählen wollten (das war offenbar so, sonst wäre diese Jesus-Bewegung rasch untergegangen), dann ist es ja naheliegend, dass sie Berichte darüber bald niederschrieben.

    Ich diskutiere darüber gerne, auch über Ihren Widersprüche-Einwand. Aber damit kommen wir eigentlich auf ein Nebenthema dieses Blogs. Daher bin ich unsicher, wie intensiv wir uns darauf einlassen sollen.

    Zum Zeitpunkt der Niederschrift: Vereinfachend kann man sagen, dass die Evangelien (im Schnitt) von konservativen Theologen um 60 n.Chr. datiert werden, von liberalen Theologen um 80 n.Chr. (Die Ausdrücke „konservativ“ und „liberal“ sind nicht optimal, aber es gibt keine wirklich guten Sammelbezeichnungen für diese beiden Richtungen.) Im deutschen Sprachraum, insbesondere im evangelischen, dominiert die liberale Richtung; im englischsprachigen Raum ist das nicht so eindeutig, da gibt es auch an Universitäten ein breites Spektrum.

    Ich lege zuerst einmal offen, wo ich selbst stehe. Meine Position deckt sich mit jener des 2.Vatikanischen Konzils. Dort hielt die röm.-kath. Kirche

    daran fest, dass die vier genannten Evangelien, deren Geschichtlichkeit sie ohne Bedenken bejaht, zuverlässig überliefern, was Jesus, der Sohn Gottes, in seinem Leben unter den Menschen zu deren ewigem Heil wirklich getan und gelehrt hat (in der dogmatischen Konstitution über die göttliche Offenbarung, Kap.19)

    Hier wird die Meinung ausgesprochen, dass es sich bei den Evangelien um historische Texte handelt. Danach spricht dieser Konzilstext aber auch davon, dass die Verfasser der vier Evangelien diese redigierten, dass sie auswählten und manches zusammenfassten oder verdeutlichten … D.h. hier wird auch eine redaktionelle Tätigkeit gesehen. (Manche Reden Jesu, die Stunden dauerten, sind in den Evangelien auf vielleicht 10 Minuten zusammengefasst. D.h. auch der konservative Betrachter meint nicht, in den Evangelien durchwegs den genauen Wortlaut der Reden Jesu zu haben.)

    Soviel grundsätzlich, damit Sie mich einordnen können.

    Fortsetzung folg!

  529. #529 Franz Graf-Stuhlhofer
    23. November 2010

    georg schrieb, an mich gerichtet: „Können Sie nicht verstehen oder wollen Sie nicht.“
    – Ich will verstehen, und ich kann. Sie brauchen nur klar sagen, was Sie meinen. Sie beziehen sich jetzt auf ein anderes Posting von mir. Als Sie mir das Ermächtigungsgesetz „entgegenhielten“, bezogen Sie sich ausdrücklich auf mein Posting: @ Franz Graf-Stuhlhofer• 17.11.10 • 10:04 Uhr
    Zu dem dort von mir Gesagten steht Ihr Hinweis aufs Ermächtigungsgesetz aber in keinem Gegensatz. Daher meine Reaktion.
    Nun beziehen Sie sich anscheinend auf mein früheres Posting: 15.11.10 • 20:38 Uhr, in dem ich meine These über die beiden Extreme in der NS-Zeit vorstellte:

    Beim Widerstand gegen den Nationalsozialismus gibt es auffällig viele Menschen, die einen engen Bezug zum kirchlichen Glauben hatten:
    Weiße Rose, Bischof Galen, Franz Jägerstätter, Dietrich Bonhoeffer, und auch Menschen aus dem Kreis um Stauffenberg.
    Bei der Gegenseite ist vor allem an die SS zu denken – die den Nationalsozialismus besonders rücksichtslos umsetzte. Um zur SS zu kommen, war es Bedingung, aus der Kirche ausgetreten zu sein.

    Wohl dazu sagen Sie nun: “Sie schließen aus dem verhalten einiger weniger Personen auf den moralischen Wert des Katholizismus …“
    Nein, das tue ich nicht; speziell über den Katholizismus mache ich hier sowieso keine Aussage, und überhaupt habe ich aus meiner These keine Schlussfolgerungen auf den moralischen Wert einer bestimmten Kirche gezogen.
    Weiter werfen Sie mir vor: „… und ignorieren das Verhalten der offiziellen Orgamisationen wie der katholischen Zentrumspartei …“
    Ich sprach über die beiden Extreme: Widerstand gegen NS einerseits und radikale NS-Umsetzung andererseits. In Bezug auf die große, quasi dazwischenliegende Bevölkerungsmehrheit sagte ich ausdrücklich:

    Das gilt für die beiden Extreme; für die große Bevölkerungsmehrheit dazwischen fiel mir nichts auf – d.h. ich könnte nicht z.B. sagen, dass aktive Kirchenglieder im Allgemeinen mehr Einsicht und mehr Mut hatten als andere Menschen. (Ich könnte aber auch nicht das Gegenteil sagen.)

    Also, bitte beachten, meine These bezieht sich nur auf die beiden genannten Extreme, und erlaubt keine Aussage über Kirchen insgesamt.
    Sie schließen mit: „Das zeugt schon von erheblicher Ignoranz. Und nein, das ist keine Beleidigung, sondern ein sachliche Feststellung.“
    Wenn Sie „Ignoranz“ auf sich selbst beziehen – denn Sie hatten ja ignoriert, was ich tatsächlich gesagt habe –, dann ist das keine Beleidigung, sondern durchaus erlaubte Selbstkritik.

  530. #530 georg
    23. November 2010

    @FGS

    Nun beziehen Sie sich anscheinend auf mein früheres Posting: 15.11.10 • 20:38 Uhr, in dem ich meine These über die beiden Extreme in der NS-Zeit vorstellte:

    Sie haben den Zusammenhang mit Ihrer Äußerung erkannt. Dafür meine Anerkennung.

    Beim Widerstand gegen den Nationalsozialismus gibt es auffällig viele Menschen, die einen engen Bezug zum kirchlichen Glauben hatten

    Und nein, selbstverständlich wollten Sie damit keine Wertung bzgl. eines bestimmen Glaubens oder einer Kirche zum Ausdruck bringen. Das glaube ich Ihnen (fast) sofort.

    Und dass auch die Abgeordneten der (katholischen) Zentrumspartei, die dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt haben, einen “einen engen Bezug zum kirchlichen Glauben hatten” ist daher selbstverständlich für Ihre Argumentation auch völlig irrelevant.

    ich könnte nicht z.B. sagen, dass aktive Kirchenglieder im Allgemeinen mehr Einsicht und mehr Mut hatten als andere Menschen. (Ich könnte aber auch nicht das Gegenteil sagen.)

    Wenn Sie dazu schon nichts sagen können, dann lassen Sie Aussagen, die einen entsprechenden Eindruck erwecken doch einfach bleiben.

    mfg georg

  531. #531 S.S.T.
    23. November 2010

    @ Franz Graf-Stuhlhofer

    Oh Wunder. Der Grossteil der Bevölkerung in NS-Dt. war in christl. Kirchen integriert. Ist da wirklich so erstaunlich, dass zahlreiche Widerständler zumindest christl. Wurzeln und mehr vorweisen können?

    Man beachte hierbei auch die Skrupel von diversen Militärs in Hinblick auf ihren christl. geprägten Fahneneid auf den Führer, denn dieser Eid wurde zu dieser Zeit weitgehend noch sehr, sehr ernst genommen, immerhin wurde ein transzendentales Wesen dabei beschworen, an das man ziemlich fest glaubte.

    Was ist eigentlich mit Georg Elser, bekanntlich ein Kommi, der einzige, der es außer den Militärs fast geschafft hätte? Auch wenn der Widerstand der “Roten Kapelle” eher schmalbrüstig war, handelten diese aus christl. Motiven?

  532. #532 georg
    24. November 2010

    S.S.T.:

    Man beachte hierbei auch die Skrupel von diversen Militärs in Hinblick auf ihren christl. geprägten Fahneneid auf den Führer, denn dieser Eid wurde zu dieser Zeit weitgehend noch sehr, sehr ernst genommen, immerhin wurde ein transzendentales Wesen dabei beschworen, an das man ziemlich fest glaubte.

    Ich finde, das ist ein interessanter Punkt. Aus wikipedia:

    Deutsche Soldateneide

    Reichswehreid vom 14. August 1919:
    „Ich schwöre Treue der Reichsverfassung und gelobe, dass ich als tapferer Soldat das Deutsche Reich und seine gesetzmäßigen Einrichtungen jederzeit schützen, dem Reichspräsidenten und meinen Vorgesetzten Gehorsam leisten will.“

    Neue Eidesformel der Reichswehr vom 2. Dezember 1933:
    „Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich meinem Volk und Vaterland allzeit treu und redlich dienen und als tapferer und gehorsamer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.“

    Reichswehreid (März/Mai 1935 in Wehrmacht umbenannt) ab 20. August 1934:
    „Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.“

    Eidesformel der Schutzstaffel (SS):
    „Ich schwöre Dir, Adolf Hitler, als Führer und Kanzler des Deutschen Reiches, Treue und Tapferkeit. Ich gelobe Dir und den von Dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod! So wahr mir Gott helfe!“

    Bekanntermaßen gibt es unter den 10 Geboten eines, dass den Mißbrauch des Namen Gottes verbietet.

    Hat man jemals davon gehört, dass christliche Würdenträger sich dagegen verwahrt hätten, dass Soldaten unter Berufung auf den christlichen Gott auf den Führer des NS-Staattes vereidigt werden? Ich nicht.

    mfg georg

  533. #533 Edgar Dahl
    24. November 2010

    @ – Franz Graf-Stuhlhofer

    Jetzt muss ich meinerseits mal um einen Beleg bitten:

    “Um zur SS zu kommen, war es Bedingung, aus der Kirche ausgetreten zu sein.”

    Stimmt das wirklich?

  534. #534 Edgar Dahl
    24. November 2010

    Dank der hier zitierten Eidesformel hat sich meine Frage nahezu erübrigt. Es ist schwer zu sehen, dass Mitglieder der SS, die den folgenden Eid zu schwören hatten:

    “Eidesformel der Schutzstaffel (SS):

    ‘Ich schwöre Dir, Adolf Hitler, als Führer und Kanzler des Deutschen Reiches, Treue und Tapferkeit. Ich gelobe Dir und den von Dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod! So wahr mir Gott helfe!’“

    vorher aus der Kirche ausgetreten sein mussten. Denn welchen Sinn machte dann der Schlussatz “So wahr mir Gott helfe!”?

  535. #535 Edgar Dahl
    24. November 2010

    Der Titel dieses Blog-Eintrags lautet “Kann ein Atheist ein moralischer Mensch sein?” Die Antwort lautet natürlich: “Selbstverständlich!” Dass die Frage, ob Atheisten gute Menschen sein können, überhaupt noch gestellt wird, liegt doch wohl einzig und allein an der Überzeugung vieler Christen, dass Gläubige bessere Menschen seien als Ungläubige. Die Frage, die es wirklich zu beantworten gilt, lautet daher: “Sind Christen tatsächlich bessere Menschen?” Und die Antwort auf diese Frage scheint nach der hiesigen Diskussion wohl auf der Hand zu legen: “Nein!” Nein, denn die Deutschen zur Zeit des Nationalsozialismus waren zu 90 oder gar 95 Prozent Christen. Ihr Christentum hat sie aber nicht davon abgehalten, in Wehrmacht, SA, SS und SD für den Nationalsozialismus zu kämpfen.

  536. #536 Franz Graf-Stuhlhofer
    24. November 2010

    EVANGELIEN

    Günther Vennecke schrieb: „Was dann allerdings die Frage aufwirft, warum jemand 40 Jahre wartet, bevor er über solche fantastischen Ereignisse berichtet, begleitet von der Frage, wie gut die Detailerinnerung 40 Jahre später noch sein kann. Einmal unterstellt, dass die Person Jesus, die das NT zum Inhalt hat, so überhaupt existiert hat, wie authentisch können dann seine Worte überliefert worden sein?“

    Wie groß war der zeitliche Abstand zwischen Ereignissen und schriftlichen Berichten? Hier ist auch die Möglichkeit schriftlicher Texte VOR der Niederschrift der Evangelien zu berücksichtigen. Viele Neutestamentler nehmen an, dass es zuerst eine schriftliche Sammlung von Reden Jesu („Redenquelle“ = Q) gab sowie das Markus-Evangelium; beides später benützt von Lukas und Matthäus. Diese schriftliche Redenquelle wird zwischen 40 und 50 n.Chr. datiert (so Udo Schnelle, Einleitung in das NT, 1996, Kap.3.3: Logienquelle). Dennoch, auch wenn der Abstand vielleicht nur 1 Jahrzehnt war – selbst das wäre ein langer Zeitraum. Ein Vergleich: Wenn ich an einer Sitzung teilnehme, mir nichts aufschreibe und nach 1 Monat ein Protokoll anfertigen sollte, hätte ich größte Schwierigkeiten.
    Insofern empfinde ich dieses Problem des zeitlichen Abstandes (von Jahren oder gar Jahrzehnten) auch. Dazu aber zwei Gedanken:

    * Jesus und seine Anhänger lebten in einer Kultur, die viel stärker auf Gedächtnis und mündliche Weitergabe eingestellt war, als wir das heute sind. D.h. Schüler waren darin geübt, sich das mündlich Gehörte einzuprägen, mitunter sogar: es auswendigzulernen.

    * Und: Der Umfang eines Evangeliums ist eigentlich gering – wenn man es laut liest, dauert das etwa 2 Stunden. D.h. es ist nicht besonders schwer, sich z.B. die Reihenfolge der im Markus-Evangelium berichteten Ereignisse mit einem ungefähren Wortlaut einzuprägen.

    Es wäre möglich, dass für das Missionieren nach Jesu Weggang eine solche mündliche Darstellung des Wirkens Jesu (entsprechend etwa dem Markus-Evangelium) zusammengestellt und eingeprägt wurde.

    WIDERSPRÜCHE

    Günther Vennecke schrieb: „Matthäus über die angeblich letzten Worte von Jesus: … Vier Evangelisten, drei Versionen der selben Geschichte.“

    Gut, dass Sie konkrete Beispiele bringen! Auf einer solchen konkreten Ebene lässt sich manches klären.

    Insgesamt sind 7 Aussprüche Jesu am Kreuz überliefert. Die einzelnen Evangelien sind dabei nicht vollständig. Aber die Reihenfolge dieser Aussprüche lässt sich gut rekonstruieren.

    Und sie ist leicht zu merken: Der 1. und 7. mit der Anrede „Vater“ („vergib ihnen“, bzw. „in deine Hände …“). Genau in der Mitte der 4.: „warum hast du mich verlassen“.
    Als 5.: „ich habe Durst“, und als 6.: „es ist vollbracht!“. Diese beiden Aussprüche werden nur im Joh-Ev. berichtet, und dann: „er gab den Geist auf“.
    Nur bei Lukas steht:
    Jesus rief mit lauter Stimme: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. Und als er das gesagt hatte, starb er.
    D.h. aus Lukas erfahren wir, dass das „Geist aufgeben“ (laut Joh.) mit diesem Ausspruch verbunden war. Mit einem lauten Ausspruch – Mt (und ähnlich Mk): „Da schrie Jesus abermals mit lauter Stimme und gab den Geist auf.“

    D.h. die Berichte der Evangelien fügen sich gut zusammen, tw. lässt sich auch in dem (einen bestimmten Ausspruch nicht berichtenden) Evangelium erkennen, wo dieser (in einem anderen Evangelium berichtete) Ausspruch einzuordnen ist.

  537. #537 cydonia
    24. November 2010

    Ich machs kurz: Das ganze Brimborium, sich zu überlegen, wann wer was gesagt hat, und ob überhaupt…..überlasse ich doch gerne denjenigen, die dergleichen offensichtlich brauchen, um ihren dann doch erstaunlich schwachen Glauben zu festigen.
    Für mich zählt das Leben, das jetzt stattfindet. Die vermeintliche Lebensgeschichte fiktiver Religionsgründer scheint mir nicht das wichtigste Thema zu sein.
    Insofern sollte die Frage nicht lauten ob ein Atheist ein moralischer Mensch sein kann, sondern ob Gläubige sich auch mal von den alten Geschichten trennen können, und in der Lage sind, gedanklich im hier und jetzt anzukommen.
    Wenn man sich immer nur auf irgendwelche Autoritäten beruft, die möglicherweise nie existiert haben, kann das für die Entwicklung einer zeitgemäßen Moral eigentlich nicht besonders günstig sein. Aber bitte, jedem Tierchen sein Pläsierchen.

  538. #538 S.S.T.
    24. November 2010

    @Edgar Dahl

    “Sind Christen tatsächlich bessere Menschen?” Und die Antwort auf diese Frage scheint nach der hiesigen Diskussion wohl auf der Hand zu legen: “Nein!”

    Schön auf den Punkt gebracht. Ich halte es für völlig verfehlt Jemandem einen Mangel oder einen Überfluss an Ethik aufgrund eines (sehr verkürzt ausgedrückt!) moderaten Weltbildes zu zuschreiben. Sowohl ein Atheist als auch ein Christ kann zutiefst ethisch handeln als auch zutiefst unethisch. Beide Individuen könnten ggf. die jeweiligen Handlungen mit ihrem Gewissen in Einklang bringen. Eine Prognose darüber, wer der Ethiker ist und wer nicht, ist jedoch von Vornherein zum Scheitern verurteilt.

  539. #539 georg
    25. November 2010

    Franz Graf-Stuhlhofer hat für seine Zwecke in der NS-Zeit ja zwei Extreme identifiziert, nämlich die, “die einen engen Bezug zum kirchlichen Glauben hatten” und auf der Gegenseite die “besonders rücksichtslosen Nationalsozialisten”.

    Dass der politisch organisierte Katholizismus in Form der Zentrumspartei unter dem Vorsitz des Prälaten Kaas, im Gegensatz z. B. zur SPD, dem Ermächtigungsgesetz und damit der legalen Etatblierung der nationalsozialistischen Diktatur, zugestimmt hat, hatte ich schon erwähnt.

    Dass der Prälat Kaas und die Abgeordneten des Zentrums überwiegend einen “einen engen Bezug zum kirchlichen Glauben hatten”, braucht am wohl nicht eigens zu anzumerken.

    Der Prälat Kaas war übrigens auch an den Verhandlungen zwischen dem Vatikan und dem NS-Staat über das Reichskonkordat beteiligt.

    Zwei Extreme, die sich durchaus auf gewisse Gemeinsamkeiten verständigen konnten.

    An dieser Stelle auf einen Aspekt des Christentums hinweisen, der heutzutage gerne vergessen wird. In Wikipedia gibt es einen Text zum Stichwort Gottesmord. Da steht:

    Als Gottesmord (lat. Deizid) oder – seltener – als Christusmord bezeichnen manche Vertreter des Christentums eine angebliche unaufhebbare Kollektivschuld des Judentums an der Kreuzigung Jesu von Nazaret als des Sohnes Gottes.

    Diese These begründete seit dem 2. Jahrhundert eine fundamentale Abwertung und Ausgrenzung („Verwerfung“) aller Juden in der Christentumsgeschichte. Sie ist damit ein Zentralmotiv des christlichen Antijudaismus. Diese religiöse Diskriminierung der Juden ging mit dem Aufstieg der Kirche zur Staatsreligion des Römischen Reiches einher und rechtfertigte fortan vielfach die Unterdrückung und Verfolgung der jüdischen Minderheit. Das in der Volksfrömmigkeit immer neu befestigte und verankerte Motiv trug wesentlich dazu bei, dass Judenfeindlichkeit nahezu 1800 Jahre lang ein „kulturelles Grundmuster“ (Stefan Rohrbacher) der Geschichte Europas wurde. Diese begünstigte Entstehung, Ausbreitung und Duldung des modernen Antisemitismus, der den mehrheitlich von Getauften ausgeführten Holocaust an den europäischen Juden im christianisierten Europa mit ermöglichte.

    Zeit des Nationalsozialismus
    Im Dritten Reich rechtfertigten Christen aller Konfessionen die staatliche Verfolgung der Juden als Folge des Fluches, den ihre Vorfahren seit dem Gottesmord auf sich gezogen hätten.

    Römisch-katholische Kirche
    Der Vatikan rückte mit der Denkschrift Nostra Aetate von 1965 erstmals von der jahrhundertelangen Gottesmordlehre ab:[13]

    1965, 20 Jahre nach dem Ende des NS-Staates. Das liest sich ein bischen anders, als die Ausführungen des Grafen

    mfg georg

  540. #540 Edgar Dahl
    25. November 2010

    Hier noch etwas zur Fluchthilfe für Nazis, die von den Katholiken organisiert wurde und dank derer Eichmann, Mengele u.a. nach Lateinamerika fliehen konnten: “Die Klosterroute”

    https://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/libertarian/allgemein/2010-11-24/die-klosterroute#comments

  541. #541 Franz Graf-Stuhlhofer
    25. November 2010

    Edgar Dahl schrieb: “Sind Christen tatsächlich bessere Menschen?” Und die Antwort auf diese Frage scheint nach der hiesigen Diskussion wohl auf der Hand zu legen: “Nein!”
    Allerdings, was den Ertrag der hiesigen Diskussion betrifft: Unsere Diskussionsrunde ist wohl nicht ganz ausgewogen besetzt. Es kam viel Kritik insb. an der kath. Kirche, und ich bin nicht sicher, ob wir wirklich einen Experten für kath. Kirchengeschichte unter uns haben. Es wäre ja interessant zu sehen, was ein solcher zu den einzelnen Vorwürfen sagt. Vielleicht gäbe es da manches zu differenzieren … Es wurde öfters aus wikipedia zitiert – die dortigen Artikel sind manchmal gut, manchmal sehr mangelhaft.

    cydonia schrieb: „sämtliche mir bekannte Biografien des Gröfaz gehen davon aus, dass Hitler seinem Katholizismus nie untreu geworden ist.“
    Sagen diese Ihnen bekannten Biographien etwas darüber, ob Hitler regelmäßig zu Gott betete? Und ob er regelmäßig sonntags in die Kirche ging? (Das war ja ein kirchliches Gebot, d.h. wer seinem Katholizismus treu ist, tut das.)
    In den Gesprächen mit Hitler, von denen Goebbels in seinen Tagebüchern berichtet, werden die Kirchen sehr negativ gesehen, von Beiden (die „Abrechnung“ wurde für die Zeit nach dem Sieg aufgehoben). Hitler hatte einen festen Glauben an die „Vorsehung“, aber diese ist wohl nicht gleichzusetzen mit einem Gott, zu dem man eine persönliche Beziehung haben kann (wie die Kirchen meinen).

    S.S.T. schrieb, an mich gerichtet: „Oh Wunder. Der Grossteil der Bevölkerung in NS-Dt. war in christl. Kirchen integriert. Ist da wirklich so erstaunlich, dass zahlreiche Widerständler zumindest christl. Wurzeln und mehr vorweisen können?“
    – Das ist ein sehr wichtiger Punkt!
    Mir geht es um „einen engen Bezug zum kirchlichen Glauben“, d.h. zu einem christlichen Glauben, so wie er von den Kirchen gelehrt wurde/wird. Also nicht um die bloße formale Kirchengliedschaft. Denn diese wäre etwas eher Äußerliches – aber, da formal, wäre sie (soweit wir informiert sind) präziser zu messen. Ein „enger Bezug“, wie von mir formuliert, ist nicht so exakt messbar, aber vielleicht doch so ungefähr.
    Dann wäre eben zu vergleichen: Wie groß war der Anteil solcher Christen mit „engem Bezug zum kirchlichen Glauben“ in der Bevölkerung insgesamt? Vielleicht ein Drittel? Z.B. die Zahl der Kirchgänger war damals sicher höher als heute, aber auch bei Weitem nicht gleich wie die Zahl der „Taufscheinchristen“. (Aber auch das wäre jetzt wieder ein mehr äußeres Kriterium, und müsste nicht gleichbedeutend sein mit „engem Bezug …“)
    Damit wäre dann der Kreis der Menschen im Widerstand zu vergleichen (worauf Sie ganz richtig hinwiesen). Insbesondere bei der Beschäftigung mit der Weißen Rose fiel mir auf, wie stark der christliche Glaube beigetragen hat – zu den NS-kritischen Ansichten der Betroffenen, und wohl auch zum Mut. (Ob die Vorgangsweise immer geschickt war, wäre aber jetzt noch eine ganz andere Frage.)
    Bei Stauffenberg und seinen Mitverschwörern bin ich mir nicht ganz sicher, wie sie einzuordnen sind: Da wirkten zwar „christliche Werte“ mit … Aber damit müsste ich mich noch mehr beschäftigen, um einen solchen “Bezug” nun bei bestimmten Personen definitiv feststellen zu können.

    Hier wird bereits eine Schwierigkeit sichtbar: Mein „Kriterium“ enger Bezug erfordert ein sorgfältiges Studium der einzelnen Person, seiner Ansichten und Motive. Das lässt sich für etwa 20 Personen durchführen, aber kaum für Hunderte …
    Damit bin ich beim vermutlich größten Problem meiner These: Mir fiel auf, dass unter den oft im Zusammenhang mit „NS-Widerstand“ genannten Namen ein großer Teil einen solchen „engen Bezug“ hat. Aber wie kommt es, dass unter vielleicht Tausenden, die Widerstandshandlungen setzten, heute einige wenige berühmt sind? Es gab z.B. mehrere zum Tode verurteilte Wehrdienstverweigerer, vor allem Zeugen Jehovas. Am berühmtesten (auch in Deutschland? Oder nur in Österreich?) ist aber kein ZJ; sondern der Katholik Franz Jägerstätter. Da geschah also eine Auswahl, eine Art „Filter“ war wirksam, so dass einige wenige Namen nun quasi stellvertretend für den Widerstand stehen. Dieses „Auswählen“ seitens der öffentlichen Wahrnehmung könnte auf verzerrende Weise geschehen sein – vielleicht auf kirchenbegünstigende Weise? Das wäre zu überprüfen – ist aber vermutlich nicht so einfach (nämlich, um dann zu einem objektiven Urteil zu kommen).

    S.S.T.: „Was ist eigentlich mit Georg Elser, bekanntlich ein Kommi, der einzige, der es außer den Militärs fast geschafft hätte?“
    Ja, er ist da zweifellos zu berücksichtigen. Er ist, nach meinem Eindruck, auch einigermaßen bekannt (d.h. seine Tat wird durchaus beachtet).

    Ich hatte hier eine These präsentiert – vielleicht findet sich wer, der sie als Anregung aufgreift und sie ausarbeitet? (Und dabei vielleicht zu einem anderen Ergebnis kommt.)

    Da ich schon bei meiner These bin …
    Edgar Dahl schrieb: Es ist schwer zu sehen, dass Mitglieder der SS, die den folgenden Eid zu schwören hatten: ‘Ich schwöre Dir, Adolf Hitler, … So wahr mir Gott helfe!’ vorher aus der Kirche ausgetreten sein mussten.
    Dieser Hinweis auf „Gott“ sagt wenig. Die Nationalsozialisten wollten die Kirchen zurückdrängen, aber in der Öffentlichkeit nicht als kirchenfeindlich wahrgenommen werden. Damit die zahlreichen aus den Kirchen ausgetretenen Nationalsozialisten nicht als „ungläubig“ dastanden, wurde für sie die Kategorie „gottgläubig“ eingeführt. Damit wollten sie sich von Atheismus/Materialismus distanzieren. Unter einem solchen “Gott” konnte sich dann jeder was anderes vorstellen.

    Edgar Dahl bat mich um einen Beleg für meine Behauptung, dass es, um zur SS zu kommen, Bedingung war, aus der Kirche ausgetreten zu sein.
    Gut, dass Sie nachfragten und mich damit zwingen, mich nochmals zu vergewissern. Ergebnis: Ganz kategorisch war das tatsächlich nicht (hier muss ich mich also korrigieren). Es gab in der SS den Druck, sich von der Kirche zu lösen, insbesondere wenn ein Mann in eine Führungsposition kommen sollte. Aber in der Öffentlichkeit wollten es die Nationalsozialisten vermeiden, zu deutlich als kirchenfeindlich zu erscheinen.
    Einige konkrete Aussagen fand ich jetzt bei: Gerhard Besier (Hg.): Zwischen „nationaler Revolution“ und militärischer Aggression (2001), S.132 (das Buch wirkt auf mich quellengestützt):

    eine führende Beteiligung in der Kirche erst 1941 für die gesamte Polizei verboten wurde
    der Zwang zum Kirchenaustritt offiziell stets verpönt war
    SS-Führeranwärter erfuhren, … daß ein Christ nicht Nationalsozialist sein könne
    spätestens ab 1941 hatten die Dienststellenleiter bei SS-Bewerbern ihres Bereichs über deren Verhältnis zur Kirche zu berichten
    1942 verkündete Himmler ein freilich nie offiziell bekanntgegebenes „Grundgesetz“ der SS, wonach kirchlich gebundene Polizeioffiziere nicht SS-fähig seien
    81% des Führerkorps von Gestapo, Kripo und SD erklärten sich als „gottgläubig“

    Die hier zitierten Angaben passen gut zu meinen eigenen Beobachtungen: Mehrere (teils damalige, teils spätere) Professoren der Wiener evangelisch-theologischen Fakultät wollten NSDAP-Mitglieder werden. Bei mehreren wurde das abgelehnt, obwohl sie sich in den Jahren vor 1938 schon für den Nationalsozialismus eingesetzt hatten. Aber sie wurden abgelehnt, wenn sie evangelische Pfarrer waren – eine solche Nähe zum Kirchlichen wurde als unvereinbar mit dem Nationalsozialismus angesehen. In einem partei-internen Brief wurde das so mitgeteilt (in Bezug auf den Kirchenmusiker Egon Hajek):

    Nachstehender V[olks]g[enosse] wurde vom Beauftragten des Führers für die NSDAP in Österreich [= Bürckel] zur Aufnahme in die Partei abgelehnt, da dieser Angehöriger des evangelischen Klerus ist.
    … Ich bitte Sie zu veranlassen, daß die Ortsgruppe diesem Vg. folgendes Schreiben zukommen läßt:
    ‘Ihr Gesuch um Aufnahme in die NSDAP ist in Übereinstimmung mit dem zuständigen Parteigericht abgelehnt worden. Eine Angabe von Gründen ist nach den bestehenden Vorschriften unzulässig.’
    Bei diesem Vg. ist selbstverständlich die Einhebung der Beiträge zu unterlassen. Dem Antragsteller darf unter keinen Umständen der Grund der Ablehnung bekanntgegeben werden.

    Dagegen konnte der Professor für AT sehr wohl Mitglied werden (und bleiben), hier wurde argumentiert: „Fritz Wilke übt keine praktisch-kirchliche Tätigkeit aus, sondern beschränkt sich auf die Ausübung seines Lehrberufes.“ D.h. Theologie unterrichten (in diesem Fall sogar auch: hebräisch) wurde nicht als so problematisch empfunden (zumindest für einfache Parteimitglieder), sehr wohl aber aktive kirchliche Arbeit.

  542. #542 georg
    26. November 2010

    @FGS

    Es kam viel Kritik insb. an der kath. Kirche, und ich bin nicht sicher, ob wir wirklich einen Experten für kath. Kirchengeschichte unter uns haben. Es wäre ja interessant zu sehen, was ein solcher zu den einzelnen Vorwürfen sagt. Vielleicht gäbe es da manches zu differenzieren … Es wurde öfters aus wikipedia zitiert – die dortigen Artikel sind manchmal gut, manchmal sehr mangelhaft.

    Zu den aufgeführten bekannten und belegten Themen Ermächtigungsgesetz, Vereidigung im Namen Gottes, Gottesmordlehre kommt von Ihnen gar nichts, eine Menge heißer Luft, “persönliche Beobachtungen” oder dergleichen.

    Dass Sie von diesen Themen nicht so die Ahnung haben ist ja offensichtlich. Zu einer konkreten und belegten Stellungnahme reicht es bei Ihnen offenbar nicht.

    mfg georg

  543. #543 Edgar Dahl
    26. November 2010

    @ – Franz Graf-Stuhlhofer

    Sie haben mit Ihrer Theorie, wonach man zwischen Menschen unterscheiden muss, die lediglich “Mitglied einer christlichen Kirche” sind, und Menschen, die “wahre Christen” sind, sicher nicht ganz unrecht. Doch diese Theorie ist natürlich nicht falsifizierbar. Wenn ich Ihnen die Gräueltaten von Alexander VI. aufliste, um zu zeigen, wozu Christen fähig sind, werden sie kurzerhand erwidern, er sei kein “wahrer Christ” gewesen. Dasselbe gilt selbstverständlich für Pius XII. und seine Unterstützung der italienischen, spanischen und deutschen Faschisten.

    Abgesehen davon, dass Ihre Theorie nicht falsifizierbar ist, läuft Ihre Argumentation auch Gefahr, zirkulär zu werden, zumal wenn sie “Christsein” nach moralischen Gesichtspunkten definieren. Wenn ein Christ per definitionem ein Mensch ist, der niemals Böses tut, ist es bereits analytisch wahr, dass ein Christ kein Unhold sein kann.

    Schließlich und endlich machen sie die empirische Frage, ob Christen bessere Menschen als Atheisten sind oder umgekehrt, vollkommen unbeantwortbar.

    Ich zweifele nicht im geringsten daran, dass die Menschen, die sich dem Nationalsozialismus verschrieben hatten, zugleich auch Christen waren und an Gott geglaubt hatten. Nur waren sie eben der Überzeugung, dass Gott auf Seiten des “ruhmreichen Führers” und des “siegreichen Deutschlands” stand.

    Ohne in eine theologische Debatte eintreten zu wollen, würde ich sagen, das “Christ zu sein”, lediglich bedeutet, dass man in Jesus den Erlöser, eben den “Christus” erblickt, nicht aber, dass man “seinen Nächsten wie sich selbst liebt”. Dies erklärt auch, weshalb die Christen, kaum dass sie an der Macht waren, andersgläubige Menschen verfolgt haben – nicht weil sie es an Nächstenliebe fehlen ließen, sondern weil sie leugneten, dass Jesus der Sohn Gottes und der Erlöser der Menschheit war.

    Hier ein Vorschlag für eine Studie: Gehen Sie in die USA und besuchen Sie Menschen im Todestrakt. Fragen Sie nicht nach Kirchenzugehörigkeit und Nächstenliebe, sondern einfach: “Betrachten Sie sich als einen religiösen Menschen?” Die Antwortmöglichkeiten sollten “nein”, “kaum”, “etwas”, “sehr” oder “tief” religiös lauten.

    Jeder darf raten, wie das Ergebnis dieser Studie wohl aussehen würde.

  544. #544 Günther Vennecke
    26. November 2010

    @alle,

    Sie haben mit Ihrer Theorie, wonach man zwischen Menschen unterscheiden muss, die lediglich “Mitglied einer christlichen Kirche” sind, und Menschen, die “wahre Christen” sind, sicher nicht ganz unrecht.

    Darf ich alle hier Beteiligten bitten, mit der Verwendung des Begriffes “Theorie” etwas bewusster umzugehen?

    In obigen Beispiel wird “Theorie” in unwissenschaftlicher Weise als Äquivalent zu “These” oder sogar “Vermutung” verwendet. Da in diesem Thread aber auch über Evolution debattiert wurde, halte ich eine Vermischung von unterschiedlichen Begriffsebenen desselben Wortes in einem Thread für sehr bedenklich.

    Die Evolutionstheorie ist eine wissenschaftliche Theorie im besten Sinne, d. h., ein komplexes Erklärungsgebilde, das einen faktischen Sachverhalt – hier: die Evolution – nicht nur im Rahmen der wissenschaftlichen Erkenntnis nachvollziehbar deutet, sondern auch Voraussagen über noch unbekannte Sachverhalte ermöglicht.

    Insofern ist die Aussage “Evolution ist nur eine Theorie” ein sprachlicher Unfug. Hier wird nämlich der Begriffsinhalt der Alltagssprache Theorie = bloße Vermutung in untauglicher Weise auf den wissenschaftlichen Theoriebegriff übertragen. Jeder, der diese Aussage in Bezug auf die Evolution tätigt, entlarvt sich damit selbst als eine Person, die nicht einmal ansatzweise in der wissenschaftlichen Diskussion beheimatet ist.

  545. #545 georg
    29. November 2010

    @ Franz Graf-Stuhlhofer

    Manche – wenige – Ihrer Äußerungen zeigen doch tatsächlich einen Bezug zur damaligen Realität, wie die folgende (sie gehen nur leider in der Masse unter):

    Gut, dass Sie nachfragten und mich damit zwingen, mich nochmals zu vergewissern. Ergebnis: Ganz kategorisch war das tatsächlich nicht (hier muss ich mich also korrigieren). Es gab in der SS den Druck, sich von der Kirche zu lösen, insbesondere wenn ein Mann in eine Führungsposition kommen sollte. Aber in der Öffentlichkeit wollten es die Nationalsozialisten vermeiden, zu deutlich als kirchenfeindlich zu erscheinen.

    Man müsste diese Aussage noch dahingehend ergänzen, dass im Gegenzug, zumindest nach der Machtergreifung, die Kirchen es vermieden haben in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, als gäbe es gegenüber dem NS-Staat besondere Vorbehalte.

    Siehe zum Beispiel die Reaktion der Kirchen auf die Einführung der Gottesformel in die Soldateneide für Wehrmacht/Reichswehr und SS (!). Wie bereits erwähnt, gibt es bekanntermaßen unter den 10 Geboten eines das den Missbrauch des Namen Gottes verbietet. Die Kirchen konnten bei der Vereidigung auf Hitler aber offenbar keinen Missbrauch erkennen.

    So hatte gerade der kirchennahe Gläubige wenig Anlass den von Ihnen – heute – behaupteten “extremen” Gegensatz zu erkennen. Denn wer wollte besser beurteilen können, was den “kirchennahen” Glauben ausmacht, als die Kirchen selbst.

    Die Einzelnen, die durch ihren Glauben zum Widerstand motiviert stellen nicht gerade die Mehrzahl der christlichen deutschen Bevölkerung. Und durch die offizielle Haltung der Kirchen wurden sie auch nicht gerade motiviert.

    Aus heutiger Sicht mögen Manche den von Ihnen behauptetet “extremen” Gegensatz gerne so sehen wollen. Den historischen Gegebenheiten, wie sie sich dem normalen kirchengläubigen Christen dargestellt haben, entspricht es aber nicht. Es ist Apologetik.

    mfg georg

  546. #546 Hazet
    5. Dezember 2010

    Ein moralischer Atheist sollte ein “wertefreier” Mensch sein… unabhängig
    von jeglicher Religion und sonstigen atheistischen Sekten .. aber ist er das,
    vor allem ” friedlich” im Umgang mit seinen Nächsten ??
    Zu meinem Erstaunen bin ich mit meinen Darstellungen zum Thema :
    “auch Atheisten haben unter dem Zeichen des Kreuzes millionf. gemordet,
    nur hatte dieses Kreuz ein paar häßliche Haken dran”, nicht allein !
    Deshalb hab ich mir etwas Zeit gelassen, um andere Kommentatoren zu
    zitieren….”daß in Hitlers Führungsstab Christen unerwünscht waren” !!
    Die ausführenden Soldaten waren lediglich Befehlsempänger !
    Dieses … und auch die nachstehend beschriebene “Großtat” der
    Atheisten entspricht der Wahrheit !!
    Daß Freiheit missbraucht wird ( vor allem das der Presse !) ist ein
    jämmerliches Beispiel für das Chaos in unserem Land !
    Als der Däne seine Karikatur veröffentlichte, war es klare Absicht,
    die moslemischen Gläubigen zu treffen… und nicht den Kriegsherrn
    der anderen Seite !
    Das darauf folgende Chaos war grob-fahrlässig beabsichtig … und
    die vielen Toten auch !
    Im deutschen Recht gilt immer noch das Verursacher- Prinzip…
    aber auch dieses wird missachtet… im Gegenteil, der dän.Chaot
    wird dafür, daß ER ca. “150” Menschen auf dem Gewissen hat, noch
    mit einem Orden als Pressefreiheits – Kämpfer belohnt !
    Ihr Atheisten möget keinen Gott haben .. aber betet zu sonst etwas,
    daß die Nazi-Zeit nicht wiederkommt … denn da gab es auch Orden
    für das Morden !! ( damals und heute ist es Mord !)
    Werdet endlich wach Leute, es ist doch gezielte Absicht von einigen
    Atheisten, aus dem Krieg um’s Öl .. einen Glaubenskrieg zu machen !
    Ihr braucht mit mir nicht darüber zu diskutieren… sondern endlich
    kapieren was Sache ist !!!
    Noch am Rande eine Bemerkung zu den vorbildlichen Skandinaviern !!
    Es ist nicht der geringe Prozentsatz an gläubigen Menschen, was die
    Kriminalität im Lande niedrig hält, ( so ein Unsinn zu schreiben !)
    sondern die wesentlich schärferen Gesetze.. der König hat auch
    sein Problem damit… nicht nur ER.. auch der WikiLeaks- Mann
    hat plötzlich gegen schwedisches Recht (gleich 2x Vergewaltigung)
    verstossen .. so ein komischer Zufall !!
    mfG Hazet

  547. #547 BreitSide
    5. Dezember 2010

    Ihr braucht mit mir nicht darüber zu diskutieren… sondern endlich kapieren was Sache ist !!!

    Jou! Danke auch! :-)))))))

  548. #548 S.S.T.
    5. Dezember 2010

    @Hazet

    Werdet endlich wach Leute, es ist doch gezielte Absicht von einigen
    Atheisten, aus dem Krieg um’s Öl .. einen Glaubenskrieg zu machen !
    Ihr braucht mit mir nicht darüber zu diskutieren… sondern endlich
    kapieren was Sache ist !!!

    Islamistische Atheisten, endlich mal was Neues, ROFL. Und nicht DENKEN, sondern FOLGEN! Ja, ja. wir tragen die Folgen.

    Wirst Du eigentlich für geistigen Dünnpfiff bezahlt? Was bekommt man so pro Liter?

  549. #549 Günther Vennecke
    5. Dezember 2010

    @Hazet,

    Zu meinem Erstaunen bin ich mit meinen Darstellungen zum Thema :
    “auch Atheisten haben unter dem Zeichen des Kreuzes millionf. gemordet,
    nur hatte dieses Kreuz ein paar häßliche Haken dran”, nicht allein !

    Diese Behauptung wird auch durch Wiederholung nicht zutreffender. Tatsache ist doch, dass während des so genannten 3. Reiches die überwiegende Zahl der Bevölkerung katholische und evangelische Christen waren, vom SA-Mann über den SS-Mann bis zum KZ-Schergen. Und DIE haben millionenfach gemordet, offenbar ohne auch nur den geringsten Konflikt mit ihrer Religion zu spüren, schreibt doch der christliche Glaube den Gehorsam gegenüber der “von Gott eingesetzten” weltlichen Autorität vor.

    Ohne den christlichen Antisemitismus, der sich seit dem Mittelalter – auch bestärkt durch Luthers judenfeindliche Pamphlete – durch die Geschichgte Europas zieht, wäre der Terror der Nazis gegenüber den Juden und anderen Minderheiten so nicht denkbar gewesen.

    Hitler war Zeit seines Lebens Katholik, seine Menschen verachtende, mörderische Politik steht auch in keinem Gegensatz zu den Lehren der Bibel, insbesondere des AT, wo Völkermord auf Geheiß des Gottes Jahwe an der Tagesordnung war.

  550. #550 Günther Vennecke
    5. Dezember 2010

    @Hazet,

    Zu meinem Erstaunen bin ich mit meinen Darstellungen zum Thema :
    “auch Atheisten haben unter dem Zeichen des Kreuzes millionf. gemordet,
    nur hatte dieses Kreuz ein paar häßliche Haken dran”, nicht allein !

    Diese Behauptung wird auch durch Wiederholung nicht zutreffender. Tatsache ist doch, dass während des so genannten 3. Reiches die überwiegende Zahl der Bevölkerung katholische und evangelische Christen waren, vom SA-Mann über den SS-Mann bis zum KZ-Schergen. Und DIE haben millionenfach gemordet, offenbar ohne auch nur den geringsten Konflikt mit ihrer Religion zu spüren, schreibt doch der christliche Glaube den Gehorsam gegenüber der “von Gott eingesetzten” weltlichen Autorität vor.

    Ohne den christlichen Antisemitismus, der sich seit dem Mittelalter – auch bestärkt durch Luthers judenfeindliche Pamphlete – durch die Geschichgte Europas zieht, wäre der Terror der Nazis gegenüber den Juden und anderen Minderheiten so nicht denkbar gewesen.

    Hitler war Zeit seines Lebens Katholik, seine Menschen verachtende, mörderische Politik steht auch in keinem Gegensatz zu den Lehren der Bibel, insbesondere des AT, wo Völkermord auf Geheiß des Gottes Jahwe an der Tagesordnung war.

  551. #551 Ulrich
    5. Dezember 2010

    Na ja, das ist alles ein wenig einseitig hier. Was die Nazis so von der katholischen Kirche in Österreich gehalten hat, kann man aufgrund folgendem Zitat sehen:
    “… Ein
    Demonstrationszug zog unter
    Pfuirufen am Erzbischöflichen Palais
    vorbei. Auf den mitgetragenen
    Spruchbändern stand zu lesen: “Die
    Pfaffen an den Galgen”, “Nieder mit
    dem Klerus”, “Innitzer nach Dachau”,
    “Zum Teufel mit den Jesuiten”, “Ohne
    Juden, ohne Rom, wird erbauet
    Deutschlands Dom”, “Innitzer und
    Jud, eine Brut”. …”
    http://www.doew.at/thema/kirche/kirche.html

  552. #552 Ulrich
    5. Dezember 2010

    Na ja, das ist alles ein wenig einseitig hier. Was die Nazis so von der katholischen Kirche in Österreich gehalten hat, kann man aufgrund folgendem Zitat sehen:
    “… Ein
    Demonstrationszug zog unter
    Pfuirufen am Erzbischöflichen Palais
    vorbei. Auf den mitgetragenen
    Spruchbändern stand zu lesen: “Die
    Pfaffen an den Galgen”, “Nieder mit
    dem Klerus”, “Innitzer nach Dachau”,
    “Zum Teufel mit den Jesuiten”, “Ohne
    Juden, ohne Rom, wird erbauet
    Deutschlands Dom”, “Innitzer und
    Jud, eine Brut”. …”
    http://www.doew.at/thema/kirche/kirche.html

  553. #553 michael
    5. Dezember 2010

    Wenn man such für das Verhältniss von Kath.Kirche und DrittemReich interessiert, kann man ja hier (https://www.theologe.de/katholische-kirche_holocaust.htm) mal schauen. Da kommt auch das folgende Adenauer Zitat her.

    “Im übrigen hat man aber auch gewusst – wenn man auch die Vorgänge in den Lagern nicht in ihrem ganzen Ausmaße gekannt hat -, dass die persönliche Freiheit, alle Rechtsgrundsätze mit Füßen getreten wurden, dass in den Konzentrationslagern große Grausamkeiten verübt wurden, dass die Gestapo, unsere SS und zum Teil auch unsere Truppen in Polen und Russland mit beispielloser Grausamkeit gegen die Zivilbevölkerung vorgingen. Die Judenpogrome 1933 und 1938 geschahen in aller Öffentlichkeit. Die Geiselmorde in Frankreich wurden von uns offiziell bekannt gegeben. Man kann also wirklich nicht behaupten, dass die Öffentlichkeit nicht gewusst habe, dass die nationalsozialistische Regierung und die Heeresleitung ständig … gegen die einfachsten Gebote verstießen. Ich glaube, dass, wenn alle Bischöfe alle miteinander an einem bestimmten Tage öffentlich von den Kanzeln aus dagegen Stellung genommen hätten, sie vieles hätten verhindern können. Das ist nicht geschehen, und dafür gibt es keine Entschuldigung” (zit. nach Der Spiegel Nr. 34/1998).

    Interessant ist auch die Position, die die Kirche nach dem Krieg einnimmt.

  554. #554 Hazet
    6. Dezember 2010

    Als Mit-Urheber des Judenhasses dürfte wohl M.Luther in Betracht kommen,
    zumindestens geht das aus Briefen hervor, welche er seinem Freund
    regelm. schrieb (Name ist mir nicht mehr bekannt), diese Dokumente
    existieren noch ! (Wartburg)
    Die Ursache für die Leichtigkeit, mit der Hitler die Judenpogrome 33/38
    durchsetzen konnte, ist in dem Chaos der Weimarer-Republik begründet !
    Zu der Zeit wurden ( nicht nur von unseren östlichen Nachbarn !)
    “Menschen 2ter und 3ter Klasse” …vorwiegend arme Juden, Zigeuner und
    viele Unschuldige nach Deutschland abgeschoben! ( Die “Mär” vom reichen
    Juden wurde geschürt, um Neid und Hass zu erzeugen ! )
    Diese Menschen kamen dann in Konzentrations-Lager… zweck’s
    Abschiebehaft ! Wie diese Menschen beschimpft und behandelt wurden,
    möchte ich hier nicht wiedergeben! ( Tote gab’s offiziell nicht !)
    Es ist durch diese “langjährigen” Vorkommnisse eine Abstumpfung der
    Gefühle für Mitmenschen erfolgt, sodaß die Nazi’s mit Leichtigkeit
    ihre grausamen Ziele umsetzen konnten !
    Ich muss hier nochmals betonen, keine Partei, keine Kirche… hat
    sich damals bei dem Thema ” Abschiebehaft” mit Ruhm bekleckert !!
    mfG. Hazet

  555. #555 Günther Vennecke
    8. Dezember 2010

    @Ulrich,

    es ist unbestritten, dass einzelne Priester und andere Kleriker persönlich Widerstand gegen das Naziregime leisteten. Der Punkt ist im Wesentlichen, dass die Kirchen als Organisation nicht geschlossen gegen die Menschen verachtende Gewaltherrschaft auftraten, sondern ihr zum Teil sogar den Boden bereiteten.

    Wie Steven Weinberg, der amerikanische Physik-Nobelpreisträger schon sagte:

    “Unter normalen Umständen tun gute Menschen Gutes jund böse Menschen Böses. Damit aber gute Menschen Böses tun, dazu bedarf es der Religion.”

    Sicherlich hat Weinberg damit auch gemeint, dass sogar unter Nicht-Atheisten zuweilen gute Menschen zu finden sind.

  556. #556 Hazet
    8. Dezember 2010

    Die Bedeutung von GUT und BÖSE entzieht sich den physikalischen Gesetzen,
    wo jede Kraft eine Gegenkraft hat… und zwar immer 50 zu 50% !
    Man kann also ein bißchen Gut , oder etwas Böse sein ! Dafür ist keine
    Religion erforderlich, sondern die vorliegende Situation wesentlich für
    das was man tut ! Beispiel : Sie beschwindeln das Finanzamt ( Betrag-gering)
    sind Sie deshalb ganz böse, oder wird das ( wie bei vielen Mitbürgern)
    nur für ein Kavaliersdelikt gehalten … vereinfacht ausgedrückt, man
    zweifelt deshalb nicht an Ihrer guten Moral ??
    mfG.Hazet

  557. #557 Hazet
    18. Dezember 2010

    So ist das mal im Leben, wer hat, der braucht damit nicht prahlen…
    wer keine Moral hat, könnte sich darin üben !
    Trotz verschiedener Sichtweisen wünsch ich Jedermann (auch Weib),
    frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr 2011 !!!
    mfG.Hazet

  558. #558 Kraichgau
    https://www.kraichgau-guide.de/
    5. März 2013

    Hey, sehr interessanter Artikel haben Sie hier verfasst. MFG

  559. #559 Gast
    13. Mai 2016

    Mich würde die Frage interessieren: “Könnte ein Atheist am Ende seines Lebens Gott erkennen und gerettet werden?”

  560. #560 Franz Sternbald
    Schwaningen
    17. Mai 2017

    Wir sind die Basis einer Pyramide!
    Wir sorgen als Produzenten, Konsumenten, als Kunden und Patienten, als Klienten und als potentielle Delinquenten, für den sich beschleunigenden Strom der Waren, Finanzen und Daten, im Stoffwechsel eines ‘pyramidalen’ Organismus. Nachdem wir das Ertragsnutzenkalkül eines besinnungslosen Fortschritts im Wachstum verinnerlicht haben, empfinden wir den Raub der Selbstbestimmung und Identität nicht mehr als Verlust. Auf die atomare Einheit der Existenz reduziert, reihen wir uns ein, in die weltweiten Ströme der dynamischen Massen. Dabei steht die Isolation im Nahfeld der Beziehungen, in einem krassen Gegensatz zur Identifikation mit einem globalen Bewußtsein. Über die Instrumentalisierung religiöser Bedürfnisse, werden die Menschen zur Opferung der eigenen Identität gerufen, und zum Dienst für einen allumfassenden Welt-Ethos vorbereitet
    Wer sich nicht von Verschwörungstheorien verwirren lassen will, dem hebt sich mit „Das pyramidale Prinzip 2.0“ von Franz Sternbald der Schleier, und gewährt dem Leser einen unverstellten Blick auf das Wesen des Willens zur Macht! Gleichzeitig ist es ein leidenschaftliches Plädoyer für einen aufgeklärten Glauben, der sich, nach Kierkegaard, auch dem fundamentalen Zweifel stellen muß, sowie die Rettung der Würde des Individuums, gegen die kollektive Vereinnahmung, und seiner Zurichtung für die Zwecke eines globalen Marktes. Hier wird der Versuch unternommen, das Bewußtsein von einem Erlösungsbedürfnis aus der ‚Selbstentzweiung’ des Willens in der Natur zu erklären, und die Selbstentfremdung des Menschen aus seiner ‚Seinsvergessenheit’. Dem überzeugten Christen verschafft die Beschäftigung mit der Analyse des Willens zur Macht von Schopenhauer, über Nietzsche bis Heidegger, ein freieres Auge. Deren Aktualität steht nicht im Widerspruch zu einer christlichen Deutung der Weltgeschichte, sondern liefert vielmehr deren Bestätigung. L.G. Sternbald