Für unser im November gestartetes Telemedizin-Projekt TECLA war ich während der letzten Tage beim 4. Deutschen AAL-Kongress in Berlin (AAL = Ambient Assisted Living) – was auch der Grund für die momentane „Funkstille” im Blog ist. Das interessanteste Exponat: Dieser „Alterssimulationsanzug” der Wolfsburg AG.

Mit dem „Modularen Alterssimulationsanzug eXtra” (MAX) lässt sich die Wahrnehnehmung älterer Menschen simulieren – eine Erfahrung, die Entwicklern altersgerechter Technik dabei helfen soll, die besonderen Bedürfnisse ihrer Zielgruppe besser zu verstehen. Inwiefern dies gelingt, vermag ich nicht zu beurteilen – den Anzug selbst fand ich allerdings faszinierend.

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So sorgen unter anderem Gelenkschienen an Armen und Beinen für eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit, während die Schulterweste die umsetzbare Kraft der Schultermuskeln begrenzt. Die gelbbegläserte Brille sorgt für einen Verlust an Sehschärfe und Farbsicht und beschneidet zudem das Gesichtsfeld (wie sich das auf den Betroffenen auswirkt, kann man sich auch hier ansehen), der Kopfhörer dämpft darüber hinaus noch das Hörvermögen.

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Besonders fasziniert hat mich auf dem Kongress übrigens auch die Session zu sogenannten „Serious Games” im Medizin- und Präventionsbereich. So unterstützt etwa der 3D-Shooter „Re-Mission” nachweisbar* die Krebstherapie bei Kindern, während mit den Exergames der TU Darmstadt die Gesunderhaltung von Senioren spielerisch begleit werden kann. Auch die emotionale Robotik scheint mir ein enorm spannendes Thema zu sein – hier wurden unter anderem die „Pflegerobbe” PARO und der „Pflegesaurier” PLESIO vorgestellt, die auf den ersten Blick zwar ein wenig verspielt wirken, mit denen sich aber unter anderem bei der Betreuung von Demenzkranken ganz erstaunliche Erfolge erzielen lassen.

Für am Thema Interessierte finden sich noch einige weitere Fotos vom Kongress im Flickr-Account unseres TECLA-Projekts. Für die nächste Zeit habe ich mir außerdem schon fest vorgenommen, das ganze TECLA-Vorhaben hier im Blog einmal ausführlich vorzustellen; wobei ich sicher erst Mitte Februar wieder so richtig zum Schreiben komme…


* siehe: Kato, Pamela M., Cole, Steve W., Bradlyn, Andrew S., Pollock, Brad H.: A Video Game Improves Behavioral Outcomes in Adolescents and Young Adults With Cancer: A Randomized Trial; Pediatrics 2008 122: e305-e317

https://pediatrics.aappublications.org/cgi/content/abstract/122/2/e305

Kommentare (6)

  1. #1 Lars Fischer
    28. Januar 2011

    Das Paper guck ich mir am Wochenende mal an.

    Den Anzug fänd ich auch mal interessant auszuprobieren. Ob sie auch einen Mechanismus eingebaut haben, der einen zum ZDF-Zuschauer macht?

  2. #2 radicchio
    28. Januar 2011

    ich hab mit solchen simulationen einige probleme. zum einen sind menschen, ihre fähigkeiten und befindlichkeiten auch im alter individuell – jeder wird sich anders fühlen. körperliche einschränkungen zu verallgemeinern oder zu generalisieren, halte ich für problematisch. UND für diskriminierend.

  3. #3 Christian Reinboth
    29. Januar 2011

    @Lars: 2010 muss auch noch ein Paper zu Serious Games in der Medizin erschienen sein, da fehlt mir allerdings (noch) der Titel. Auf jeden Fall ein spannendes Thema…

    @radicchio: Die Aussage zum individuellen Altern ist natürlich richtig – aber macht allein das eine Alterssimulation so problematisch? Für einen Techniker, der sich mit der Entwicklung altersgerechnter Systeme befasst ist es meines Erachtens nach nicht verkehrt, sich mit häufig auftretenden körperliche Einschränkungen – auch auf diesem ungewöhnlichen Weg – auseinanderzusetzen. Worin besteht Deiner Ansicht nach die Diskriminierung?

  4. #4 Radicchio
    29. Januar 2011

    Worin besteht Deiner Ansicht nach die Diskriminierung?

    damit werden altersklischees transportiert und verfestigt, was sich letztlich für alte negativ auswirkt. diejenigen alten, die nicht gebrechlich sind, geraten unter rechtfertigungsdruck. es wäre in einer alternden gesellschaft konstruktiver, positive altersbilder zu transportieren, damit alte ein positives selbstbild jenseits von gebissreiniger und gehwagen aufbauen können, und junge keine erwartungshaltung für eigene gebrechen entwickeln.

  5. #5 Steiner
    31. Januar 2011

    Da muss ich aber zustimmen, als ich den Anzug sah dachte ich mir auch gleich “na klar, alle alten Menschen hören schlecht, sehen schlecht und können sich kaum noch bewegen.” Würde man damit nicht das Alter sondern individuelle Probleme die auftreten können simulieren also ich meine es so nennen, wäre das sicher weit weniger als damit pauschal zusagen, wenn du alt wirst wird das passieren. An und für sich habe ich sicher nichts dagegen wenn, sich gerade Industrielle in diese Lage versetzen lassen um zusehen welche Probleme bestimmte Menschen haben können und so ihre Produkte anpassen. Sei es ein ganzer supermarkt oder nur irgendeine iPhone App.

  6. #6 Feliks_Dzerzhinsky
    21. Februar 2011

    Sieht aus wie Dr. zu Guttenberg im Fliegeranzug – das erklärt einiges, man muss ihn einfach mögen:
    Uneingeschränkte Solidarität mit Dr. zu Guttenberg!