Modernste Telemonitoring-Systeme könnten es Pflegediensten ermöglichen, die Vitaldaten der von ihnen betreuten Personen deutlich besser als bisher zu überwachen. Aber welche Haftungsrisiken sind mit der Sammlung und Auswertung von Vitalwerten für Ärzte und Pflegedienstleister verbunden?

Wie Anfang des Monats versprochen, berichte ich die nächsten Wochen mal ein wenig über unsere aktuellen Projekte, darunter auch unser Telepflege-Netzwerk ZIM-NEMO TECLA. Hier treibt uns – neben unseren Überlegungen zur fotografischen Wunddokumentation – derzeit eine juristische Frage um, auf die wir trotz zahlreicher Fachgespräche bis dato noch keine wirklich zufriedenstellende Antwort gefunden haben. Und nachdem Michael Blume neulich auf den Chronologs erklärt haben wollte, was eigentlich aus dem Waldsterben geworden ist (an einer Antwort habe ich mich übrigens hier versucht) und im Nachbarblog WeiterGen sogar schon Forschungspartner gesucht wurden, dachte ich mir, ich traue mich mit meiner Frage auch mal aus der Deckung. Wer weiß – vielleicht bekommen wir am Ende über die Kommentarspalte der ScienceBlogs den Tipp, der uns entscheidend weiterhilft…

Aber zuerst ein wenig Background: Unter Telemonitoring versteht man die Fernüberwachung von Vitaldaten, die etwa im Krankenhaus oder aber nach einer Entlassung aus selbigem in den eigenen vier Wänden stattfinden kann. Da sich unser Netzwerk (unter anderem) der Unterstützung ambulanter Pflegedienste verschrieben hat, interessieren uns weniger die schweren Krankheitsbilder, sondern mehr die Volkskrankheiten wie Hypertonie, Diabetes oder auch Übergewicht, deren „im-Zaum-halten” eben auch in den Aufgabenbereich ambulanter Dienste (natürlich in Zusammenarbeit mit einem Allgemeinmediziner) fällt. Konkret geht es darum, marktverfügbare mobile Vitalwert-Messtechnik im Technikum unseres WZW-Schwesterprojekts zu installieren, in Zusammenarbeit mit Medizinern der Uni Halle „auf Herz und Nieren zu testen” und softwaretechnische Brücken zwischen geeigneten Systemen zu schlagen, um am Ende eine technisch und medizinisch fundierte Empfehlung zum Technikeinsatz an die mit uns kooperierenden Pflegedienste abgeben zu können.

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Verschiedenste Telemonitoring-Systeme in unserem TECLA-Technikum

Die Vorteile etwa des Blutdruck-Telemonitorings liegen dabei auf der Hand. Wie jeder, der regelmäßig den eigenen Blutdruck kontrolliert, weiß, hängt der Messwert erheblich von der Verfassung ab, in der man sich gerade befindet, d.h. es macht einen großen Unterschied, ob man gerade die Treppen aus dem Keller bis in den fünften Stock hochgelaufen ist oder ob man sich nach dem dreistündigen mittäglichen Schönheitsschlaf aus dem Bett erhoben hat. Es liegt auf der Hand, dass regelmäßig aber nicht allzu häufig erhobene Blutdruckwerte kein vollständiges Bild abgeben, d.h. wenn die Pflegerin des ambulanten Dienstes etwa alle vier Tage zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Situationen den Blutdruck nimmt, hat man am Monatsende eine Messreihe mit sieben oder acht Werten, die zwar schon etwas aussagt, die aber sicher nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Besser wäre es natürlich, man könnte mit dem Patienten vereinbaren, dass er jeden Tag an zwei relativ festen Zeitpunkten (auch im Hinblick auf den üblichen Tagesablauf und damit die körperliche Belastung) mit einem kleinen, einfach zu bedienen Gerät den eigenen Blutdruck misst, wobei sie oder er von dieser Messung nicht viel mehr mitbekommen, als einen kleinen Knopfdruck (die permanente Beschäftigung mit den eigenen Vitalwerten ist der Psyche ja manchmal eher abträglich). Die Werte würden dann automatisch (hierfür bieten sich verschiedene Wege an) in die digitale Pflegeakte des Pflegedienstes eingestellt, wo Pflegedienstleitung und betreuender Arzt sich nun an > 60 Werten pro Monat erfreuen könnten, die zu prädefinierten Zeitpunkten und mit dem immer gleichen Gerät gemessen wurden – zusätzlich zu den manuellen Messungen der Pflegekräfte vor Ort, die gleichsam der eigentlichen Betreuung als auch der Überprüfung der selbsterhobenen Werte dienen können.

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Bluetooth-fähiges Blutdruck-Messystem der Aipermon GmbH im TECLA-Technikum

Die zwei im Hinblick auf eine solche Vitalwertüberwachung wichtigsten Fragekomplexe liegen ebenso auf der Hand wie die potentiellen Vorteile: (1) Wie „sauber” messen solche Geräte eigentlich? Sind die so erhobenen Daten medizinisch aussagekräftig oder ist ihre Erhebung nur Spielerei? Und wie könnten die Regeln für die Qualitätssicherung der Messung bzw. die Kalibrierung der Geräte aussehen? (2) Wie lassen sich die damit erhobenen Daten datenschutztechnisch sicher übertragen und speichern? Wer bekommt wann Zugriff, wie dürfen die Daten ausgewertet werden – und welche Einverständniserklärungen des Klienten oder seiner Betreuer müssen vorliegen?

Fragekomplexe, die jetzt und zukünftig sowohl die Informatiker der Hochschule Harz als auch die Mediziner der Uni Halle beschäftigen werden, die allerdings nicht Gegenstand dieses Blogposts sein sollen (wobei ich bei Interesse gerne auch dazu mal etwas schreibe). Mir geht es heute stattdessen um einen dritten Fragekomplex; nämlich den der Haftung, für den wir einfach mal annehmen, dass sich bezüglich der anderen Fragen eine Lösung findet, d.h. eine regelmäßige Erhebung medizinisch brauchbarer Vitaldaten sowie deren völlig datenschutzkonforme Übertragung, Speicherung und Auswertung möglich und von allen Beteiligten gewünscht ist.

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Blutzucker-Messsystem der smartLab-Systemfamilie im TECLA-Technikum

Die Frage, die uns also beschäftigt lautet, ob mit steigender Anzahl und Aussagekraft von Vitaldaten auch das Haftungsrisiko desjenigen zunimmt, der über diese Daten verfügt. Um es einmal ein wenig salopp auszudrücken: Die meisten PflegediestleiterInnen würden sich über bessere Daten freuen und sich in den fünf Minuten, in denen sie sich pro Schicht vielleicht mit den Vitaldaten eines Patienten befassen können, sicherlich gründlich und gewissenhaft damit auseinandersetzen. Mehr als die fünf Minuten sind aber im Regelbetrieb nicht drin – es sei denn, es zeigen sich Auffälligkeiten oder es liegt ein anderer Anlass vor, sich näher mit dem Patienten zu befassen – und fünf Schwesternminuten sind nun mal etwas anderes als zehn Gutachterstunden mit „hindsight”, sollte doch mal etwas passieren…

Mit anderen Worten formuliert: Bei neun von zehn Patienten mit Herzproblemen, deren Gewichtszunahme auf eine potentiell lebensgefährliche Wassereinlagerung hindeutet, wird das Problem dank täglicher fernautomatischer anstatt wöchentlicher Gewichtsmessung vielleicht schneller erkannt, so dass sie rechtzeitig behandelt werden können – bei einem dagegen nicht. In dem Fall „sitzen” Pflegedienst (und betreuender Arzt) dann vielleicht auf hunderten von Gewichtsmesswerten, die etwa durch einen nahen Angehörigen, der eine Fehlbetreuung vermutet, eingeklagt und dann durch einen Gutachter vor Gericht zerpflückt werden könnten, der sich den zeitlichen Luxus leisten kann, die Daten in aller Ruhe und nach allen Regeln der Kunst auszuwerten – was im Pflegebetrieb nun mal nicht möglich ist…

Impressionen vom Telemonitoring-Programm des Stillwater Medical Center

Die Antwort auf dieses Problem kann meines Erachtens nun aber sicher nicht darin bestehen, auf bessere Daten zu verzichten – und damit im Zweifelsfall die Leben der anderen neun Patienten zu riskieren – vielmehr sollte natürlich ein Weg gefunden werden, zusätzliche Haftungsrisiken zu minimieren (damit Ärzte und Pflegedienste mitmachen) und gleichzeitig so gut wie möglich zu messen und auszuwerten. Aber wie? Meine Kollegen und ich haben in den letzten Monaten mit zahlreichen Pflegedienstvertretern, Medizintechnik-Herstellern und auch Juristen über diese Problematik debattiert und noch keine wirklich überzeugende Lösung gefunden. Der Vertreter eines Herstellers von Telemonitoring-Hardware sagte mir Anfang des Jahrs auf dem Berliner AAL-Kongress (auf dem es auch diesen faszinierenden Alternsanzug zu bestaunen gab), viele Pflegedienste unter seinen Kunden seinen sich der Problematik vermutlich gar nicht so richtig bewusst und würden einfach davon ausgehen, „dass schon nichts schiefgeht”.

Das ist natürlich eine wenig befriedigende Antwort – und eine, die mir persönlich für die mit uns kooperierenden Pflegedienste keinesfalls ausreicht. Was also ist zu tun? Gegenwärtig schweben uns drei verschiedene Ansätze vor…

Definition starrer Grenzparameter: Gäbe es verbindliche und starre Grenzwerte (etwa Gewichtsabweichungen von +/- X% von einem patientenindividuellen Mittel) auf die immer mit einer Vorstellung beim Arzt reagiert werden müsste, wäre das Haftungsproblem vom Tisch. Nur: Wer legt diese Grenzwerte (allgemeinverbindlich) fest? Und: Sind sie zu streng, treibt man die Arztkosten durch überflüssige Vorstellungen in die Höhe, sind sie zu lax, wären sie medizinisch sinnlos und juristisch ebenfalls wieder angreifbar…

Löschung der Daten nach einem festgelegten Zeitraum: Auf diese Weise könnte man nicht nur datenschutzrechtliche Bedenken dämpfen, sondern würde auch verhindern, dass größere Mengen an Daten für post hoc-Analysen zur Verfügung stünden. Aus meiner Sicht auch keine wirklich optimale Lösung, da ja durchaus Fälle vorstellbar wären, bei denen sich ein echter medizinischer Gewinn daraus ziehen ließe, etwa die lückenlose Gewichtsmesskette der letzten sechs Monate einsehen zu können.

Patientenvereinbarung zur Aussagekraft: Um die Aussagekraft der Messwerte zu begrenzen, setzt man eine Vereinbarung mit dem Patienten auf, die sinngemäß aussagt, dass die Messungen keinen großen medizinischen Wert haben, nur der zusätzlichen Kontrolle dienen und damit auf einer ähnlichen Stufe anzusiedeln wären, wie etwa Vitalwert-Apps fürs iPhone: Nett, interessant aber deutlich weniger aussagekräftig als eine von einer Fachkraft durchgeführte Messung. Dieser Ansatz sagt mir bislang am meisten zu, hat aber ebenfalls zwei Haken, denn erstens beschneidet er die Kofinanzerungsmöglichkeiten, da medizinisch nicht voll aussagekräftige Vitalwertkontrollen ganz eindeutig im zweiten Gesundheitsmarkt anzusiedeln sind – und zweitens würde er auch die Arbeit meiner Kollegin ein wenig ad absurdum führen, die sich ja gerade mit der Frage befassen soll, wie eine möglichst hohe Aussagefähigkeit der Messungen gewährleistet werden kann…

Man sieht schon, dass das Ei des Kolumbus noch nicht dabei ist – daher die Frage in die Runde: Wer hat sich schon mal aus juristischer Sicht mit der Problematik befasst und kann etwas zur Rechtslage aussagen? Ist die ganze Debatte vielleicht ein Streit um des Kaisers Bart, da sich aus mehr und besseren Werten gar nicht automatisch höhere Haftungsrisiken ergeben? Und wer kennt Pflegedienste oder Pflegeheime, die mit Vitalwertmonitoring arbeiten und weiß, wie dort mit der Haftungsproblematik umgegangen wird?

Die Kollegen und ich freuen uns über jeden Input…

Übrigens: Die TECLA-Projekte der Hochschule Harz finden sich auch bei Facebook

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Kommentare (12)

  1. #1 schrauber2
    26. August 2011

    Hilft dir evt. – es gibt ja auch (mindestens) einen Bereich, wo Patienten selbstständig medizinische Geräte bedienen – z.Bsp. Heimdialyse. Wie ist da die Haftung, wenn was schief geht?
    Ich wurde z.Bsp. geschult und betreibe die Maschine selbst bzw. führe die Therapie ohne ständige Aufsicht (nur über tägliche Protokolle – Blutdruck, Gewicht, Temperatur, Puls, Daten der Dialyse etc.) durch. Die Daten bilden die Grundlage für den Arzt, sie werden also als valid betrachtet. Und eine ganze Menge kommt da auch zusammen.
    Man kann “schummeln” (wäre aber der Gesundheit recht abträglich) oder Fehler machen. Wahrscheinlich haben die Dialysezentren mit den gleichen rechtlichen Problemen zu kämpfen bzw. haben diese schon betrachtet? Denn im Endeffekt ist es genau das, was ihr macht – ein Monitoring bis zur selbstständigen Therapiedurchführung in einem nicht-trivialen Bereich. Ich selbst habe mir darüber keine Gedanken gemacht, aber die Frage ist recht interessant.
    Frag doch mal z.Bsp. beim KfH (Kuratorium für Nierentransplantation und Heimdialyse) nach, wie die mit den rechtlichen Fragen umgehen.

  2. #2 Logiker
    27. August 2011

    Kann das sein, das hier einer bezahlt wird, um Propagande zu machen. Das Ende des Beitrags lässt es ja deutlich erden, dass hie Kohle im Raum steht.

  3. #3 Logiker
    27. August 2011

    Da eine Editor-Funktion nicht zur Verfüguung steht, kaufe ich ein w und ein r. Ansonsten: Peinlich wie immer, da parteienfinanziert von einem Karrieristen, der sich prostituiert….eklig…..

  4. #4 Christian Reinboth
    27. August 2011

    @schrauber2: Vielen Dank für diesen Hinweis – an Dialysezentren bzw. Heimdialyse hatte hier tatsächlich noch niemand gedacht, da es ja technisch betrachtet nicht in den Bereich des Telemonitorings fällt. Das Prinzip – der Patient / Klient nimmt selbständig Messwerte, die dann medizinisch ausgewertet werden – ist ja aber im Ansatz das gleiche, auch wenn man im Dialysezentrum natürlich gleich den Experten hat, der sich mit den Daten befassen kann. Ich werde mal beim regionalen Dialysezentrum anfragen, ob dort mit selbsterhobenen Werten gearbeitet wird und wenn ja, wie entsprechende Probleme ausgeschlossen werden. Musstest Du denn mit dem Dialysezentrum keine Vereinbarung unterschreiben, in der geklärt wird, wie lange Werte aufbewahrt werden, wer sie einsehen kann etc. pp.?

  5. #5 Christian Reinboth
    27. August 2011

    @Logiker: Beim ersten Mal waren die “Parteipropaganda-Kommentare” ja noch lustig, inzwischen ist aber wirklich die Luft raus. Für dieses Blog gilt die ScienceBlogs-Netiquette, die einen respektvollen Umgang miteinander und einen gewissen inhaltlichen Mindeststandard für Kommentare vorsieht. Beides scheint mir bei den sich ständig immer gleich wiederholenden Anschuldigungen – hier und in anderen Blogs (wie etwa bei Edgar Dahl) nicht gegeben zu sein. Zukünftige Kommentare dieser Art werde ich daher sperren – in einem anderen Tonfall können wir uns dagegen gerne inhaltlich austauschen.

  6. #6 Joachim
    28. August 2011

    Warum sollte man Telemonitoring in der häuslichen Pflege einsetzen?
    Es gibt in der Häuslichkeit keine Parameter, die ständig überwacht werden müssen.
    Blutzucker, Blutdruck, in akuteren Fällen mal die Temperatur, Gewicht (aber hier auch nur bei starker Ödembildung) können auch von Pflegediensten erfasst werden (was ja tagtäglich geschieht), bzw. viele der Pat. sind durchaus in der Lage, dies auch alleine zu tun.
    Und wenn der Wert dauerhaft überwachungspflichtig wird, dann gehört der Pat. in ein Krankenhaus zur Dauerüberwachung (was in akuten Fällen dann ja auch passiert).

  7. #7 Christian Reinboth
    28. August 2011

    @Joachim:

    Blutzucker, Blutdruck, in akuteren Fällen mal die Temperatur, Gewicht (aber hier auch nur bei starker Ödembildung) können auch von Pflegediensten erfasst werden (was ja tagtäglich geschieht), bzw. viele der Pat. sind durchaus in der Lage, dies auch alleine zu tun.

    Vollkommen richtig – im Grunde geht es darum, die Zahl der Messungen ohne großen Kostenaufwand zu steigern (also etwa sieben Gewichtsmesswerte pro Woche statt einem Gewichtsmesswert pro Woche) und die Daten vor allem gleich digital zu erfassen (d.h. der Patient wiegt sich wie bisher selbst, die Messwerte werden aber nicht gemerkt oder notiert und dann bei Gelegenheit weitergegeben, sondern direkt in der digitalen Patientenakte des Klienten erfasst). Eine Dauerüberwachung von Werten ist damit natürlich nicht gemeint (das läge in der Tat außerhalb der Zuständigkeit eines ambulanten Pflegedienstes sondern wäre ein Fall für eine Krankenhausüberwachung), sondern lediglich die regelmäßige(re) (etwa im Hinblick auf den Zeitpunkt der Messung oder deren Integration in den Tagesablauf) Erfassung und direkte Weiterleitung von ohnehin kontrollierten Vitalparametern.

  8. #8 Mike S.
    28. August 2011

    Ich arbeite selbst in einem Pflegedienst, in dem mit Blutzucker-Systemen gearbeitet wird, die von den Patienten zuhause eingesetzt werden und die ihre Daten irgendwie über Bluetooth übertragen: Bei uns hat definitiv noch nie jemand darüber nachgedacht, was das für die Haftung bedeuten könnte. Unsere PDL fällt vermutlich vom Stuhl, wenn ich da mal nachfrage 🙂 Im Ernst: Ich begreife das Problem aber ich stimme der im Text geäußerten Vermutung zu: In den meisten Fällen wo sowas gemacht wird, denkt keiner über die Haftung nach. Hoffentlich gibt es da nie ein böses Erwachen…

  9. #9 Christian Schröter
    28. August 2011

    Nun ja … diese vermeintliche Haftungsproblematik scheint mir doch arg konstruiert. Mit derselben Logik könnte dann ein Betroffener oder Angehöriger klagen, weil ständige Messewerte trotz bestehender technischer Möglichkeiten nicht erfasst worden sind. Zum einen sind Art und Umfang der Betreuung in der Regel klar definiert und vereinbart – wurde also keine 24-Stunden-Betreuung vereinbart, haftet auch niemand im Falle eines Falles. Notfalls könnte eine Alarmfunktion eingebaut werden. Außerdem gibt es das Rechtsprinzip der Unmöglichkeit, soll heißen: Wenn beispielsweise mitten in der Nacht Messwerte aus dem Ruder laufen, ist es für einen Pflegedienst (wenn nichts anderes vereinbart wurde) unmöglich, darauf zu reagieren.

    Das vermeintliche Problem der »Vorratsdatenspeicherung« besteht überhaupt nicht … sämtliche Patientendaten werden bei Ärzten lebenslang gespeichert.

    Und das vermeintliche Problem des Datenschutzes verändert sich durch eine eventuelle Onlineübertragung ebenfalls nicht – so oder so haben nur Befugte Zugang zu den Daten. Die Übertragung könnte notfalls auch anonymisiert und verschlüsselt stattfinden. Übrigens ist auch kein Arzt verpflichtet, die Patientendaten in einem Hochsicherheitstresor zu lagern.

  10. #10 Christian Schröter
    28. August 2011

    Und noch etwas: Wenn die Situation so kritisch wäre, dass irgendwelche Messwertabweichungen lebensbedrohend wären, würde sich der Patient längst auf der Intensivstation befinden.

  11. #11 schrauber2
    29. August 2011

    Hallo Christian,

    um noch etwas verspätet auf deine Frage zu antworten: Nein, irgendwelche Vereinbarungen in der Richtung gibt es nicht. Der Arzt/das Klinikpersonal erhält die Werte und fertig. Natürlich wird monatlich ein Blutbild erstellt + div. andere Sachen, das sollte dann schon mit den selbst erfassten Werten korrespondieren (schummeln/systematische Fehler fällt/fallen auf).

  12. #12 Joachim
    30. August 2011

    Noch mal zur haftungsrechtlichen Situation was aus der Praxis:
    1) Blutzuckerwerte: Hier haben wir uns angewöhnt, mit dem betreffenden Hausarzt IMMER ein individuelles BZ-Schema zu erstellen; heisst: Innerhalb welchen Wertebereichs wird wie reagiert.
    2) RR: gilt das gleiche (sofern medizinisch überwachungspflichtig)

    Unsere Softwarefirma hat jetzt ein system implementiert (testen wir noch mit “Testpatienten”), welches vorsieht, daß z.B. der Angehörige oder Arzt erfasste Werte online abrufen kann über eine spezielle, verschlüsselte Website.
    Hierzu ist ein Vertrag hinterlegt, in welchem der Pat. sich einverstanden erklärt, welche Daten an wen weitergegeben werden dürfen.
    Im übrigen gleiches Schema wie bei der Fotodokumentation von Wunden.

    Ich sehe hier haftungsrechtlich keine Bedenken, solange eine schriftliche Vereinbarung mit dem Pat.getroffen wird und er sich dessen bewusst ist.