Da die Blogzeit diese Woche leider knapp ist, reicht es nur für einen kurzen Rätselpost: Am Wochenende habe ich bei einem Gang über den Wernigeröder Bahnhofsvorplatz eine kuriose Beobachtung gemacht – und nun interessiert mich natürlich eure Meinung…

Zum spannenden Thema Lichtverschmutzung und Insekten hatte ich hier ja schon öfter gepostet: Darüber, dass jedes Jahr Milliarden von Insekten in Straßenlampen zugrunde gehen, darüber, welche negativen Auswirkungen dies beispielsweise auf aquatische Ökosysteme haben kann oder darüber, wie sich dieser Effekt mit LEDs begrenzen lässt. Obwohl jedoch bekannt ist, dass künstliches Nachtlicht mannigfaltige Auswirkungen auf Insekten aller Art haben kann, habe ich noch nie davon gehört, dass sich Kolonien von Insekten gezielt am Kopf einer Straßenlampe oder einer anderen Lichtquelle ansiedeln…

Und dann fiel mir am Samstag Abend dieses Objekt an einer Straßenlampe auf:

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Natürlich bin ich am nächsten Morgen gleich nochmal hin – und siehe da:

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Ich müsste mich schon sehr irren, wenn das keine Insektenwaben sind, auch wenn ich mir bezüglich der Familie (Bienen, Hummeln, Wespen…ich tippe ja auf Wespen) nicht sicher bin. Aber wie kommt dieses Nest direkt an diese Lampe? Ein aufgegebenes Nest, das auf irgendeine Art und Weise dorthin gelangt ist? Oder ein gezielter Bau just an dieser Stelle – und wenn ja, warum? Wegen des Lichts? Wegen der Abwärme? Oder wegen einer anderen Eigenschaft, die genau diese Stelle für ein Nest qualifiziert, und die mir aufgrund meiner mangelnden Insektenkenntnisse entgangen ist?

Fragen über Fragen, die mich offen gesagt brennend interessieren, denen nachzugehen mir derzeit aber definitiv jegliche Zeit fehlt, da die Deadline für unseren Antrag ans BMBF zum Thema Wunddokumentation mit digitalen Stiften immer näher rückt…. Echt schade – es wäre schon sehr interessant zu wissen, ob diese Beobachtung auf einen Nebeneffekt der Lichtverschmutzung zurückzuführen ist, oder ob es sich nur um ein zufälliges Artefakt handelt… Was denkt ihr? Sind das Insektenwaben oder nicht? Und falls ja – von welchem Insekt stammen sie und warum finden sie sich an dieser Stelle…?


Kommentare (15)

  1. #1 Rainer Riegler
    19. September 2011

    Ich bin zwar auf keinen Fall in irgendeiner Form ein Experte oder ähnliches was Insekten oder Biologie an sich angeht, aber ich denke, dass die vermutlich Wespen sich dort aufgrund der Abwärme angesiedelt haben. Außerdem ist dort das Nest relativ vor Regen geschützt. Meiner Meinung nach dürfte der Platz für die Insekten relativ ähnlich einem Dachboden sein (wo sich zumindest in meinem Haus immer wieder Wespen ansiedeln), der ja auch vor Regen schützt, und vor allem vergleichsweise Warm ist.

  2. #2 binE
    19. September 2011

    Ich bin kein Insektenexperte, aber ich denke, dass ist ein aufgegebenes Nest, das dort an Ort und Stelle gebaut und bewohnt wurde. Wahrscheinlich ein Wespennest, die findet man oft frei in Bäumen oder an Hauswänden; warum dann nicht auch an Straßenlampen?

    Ein Wespenvolk stirbt im Herbst und nur die Königin überwintert und sucht sich im Frühjahr einen neuen Platz (das alte Nest wird aufgegeben). Die Nester sind so fragil, es ist schwer vorstellbar, dass das Nest von woanders dahingelangt sein könnte (und wer es dort angeklebt hat).

    Warum nun genau an dieser Stelle? Warum nicht? Den Tieren wird der Lichtschein egal sein, sie brauchen ja nur eine feste, relativ unzugängliche Ecke. Wir hatten schon Nester in einer alten, lose gefalteten Decke; hinter einem Glasfenster, zwischen Fenster- und Fensterrahmen und unterm Dachstuhl (der im Sommer auch über 40 Grad hat).

    Mit Lichtverschmutzung hat das m.M.n nichts zu tun (außer jemand hat da Argumente dafür), es ist im Gegenteil verwunderlich, warum man nicht mehr Nester in Straßenlampen findet. Aus Wespensicht ist der Standort ideal (regensicher, einigermaßen menschensicher, gut verteidigbar).

    Vielleicht schauen wir einfach nicht oft genug nach oben?

  3. #3 cydonia
    19. September 2011

    Wespennest, ganz klar, und auch von diesem Jahr. Wahrscheinlich schon aufgegeben, weil ein Tier(Vogel?) sich daran zu schaffen gemacht hat. Ich habe noch nie ein Nest so frei an einer Lampe hängen sehen, und bin etwas verblüfft….die einzige Wespenart, die sonst so freie Nester bei uns produziert, ist die Feldwespe, und die kommt wegen der Struktur des Nestes nicht in Frage.
    Wirklich geschützt ist das Nest nicht, insofern muss ich annehmen, dass die Königin im Frühling wirklich von der Wärme angezogen wurde. Kurios…und sehenswert.
    Ich tippe mal auf die sächsische Wespe: die macht zuweilen komische Sachen, was die Standortwahl betrifft.

  4. #4 knackbock
    21. September 2011

    Die Frage ist, ob es zerstört/manipuliert wurde. Falls nicht, würde ich auf eine normale Vespula tippen, die Sachsen-Nester sehen doch etwas anders aus.

    So doof ist der Standort vielleicht gar nicht, man sollte nicht vergessen dass die auch eine Menge tierisches Protein benötigen und das kommt dann freiwillig ans Haus geflogen, und der Arbeitstag wird auch noch verlängert 🙂

  5. #5 cydonia
    21. September 2011

    Die Umhüllung ist teilweise abgerissen….und die Sachsen-Nester können so aussehen, wenn die Wespen gezwungen sind, an merkwürdigen Orten stabilisierende Strukturen einzubauen. Vespula vulgaris ist nun gerade auf dunkle Hohlräume spezialisiert, und deswegen auszuschließen.
    Zu Vermutung 2: Das würde voraussetzen, dass die Königin mit dem Insektenansturm gerechnet hat. Sehr unwahrscheinlich. Sollten in den nächsten Jahren mehr Nester an solchen Orten auftauchen, könnte natürlich eine zufällige Verhaltensänderung eingetreten sein, die sich als vorteilhaft erwiesen hat. Abwarten….

  6. #6 knackbock
    21. September 2011

    Stimmt, dass die Vespula-Nester an dunklen Standorten gebaut werden habe ich irgendwie nicht bedacht…

    Die Königin muss nicht mit dem Insektenansturm rechnen, der kann ja auch schon bestehen wenn sie mit dem Bau anfängt. Früher im Jahr sicher nicht in dem Ausmaß wie im Sommer, aber trotzdem… wann fangen die denn mit dem Nestbau an?

  7. #7 Frink
    21. September 2011

    Ich bin kein Biologe, aber ich habe schon oft gesehen, dass Wespen sich in Erdlöchern ansiedeln, häufiger jedenfalls als an Lichtquellen; ich schließe daher, dass das Licht keine ausgezeichnete Bedeutung bei der Wahl des Ortes haben kann, vielleicht gar vermieden wird.
    Zwei Aspekte sind jedoch sicherlich nicht von der Hand zu weisen; die zusätzliche Wärme, die der Entwicklung der Larven sicherlich förderlich ist und das große nächtliche Nahrunsangebot in Form von kleineren (verendeten) Insekten.
    Insgesamt scheint die Straßenlampe aber keine idealen Bedingungen zu schaffen, denn sonst würde man solche Nester sicherlich öfter beobachten können.

  8. #8 cydonia
    21. September 2011

    @knackbock
    Die Königinnen gehen ab April auf Nestsuche, manchmal, an sehr warmen Tagen, schon im März.
    @Frink
    Das Verhältnis zum Licht ist artbedingt. Manche Arten suchen nach dunklen Orten, andere eher nach hellen. Die deutsche Wespe hat zum Beispiel nichts gegen ein Nest im Freien, solange es halbwegs geschützt ist. Sich aber so exponiert irgendwo anzusiedeln müsste schon mit erheblichen Vorteilen verbunden sein, um die offensichtlichen Nachteile auszugleichen.

  9. #9 cydonia
    21. September 2011

    Es muss die Abwärme sein, die die Wespenkönigin dazu verleitet hat, dort zu bauen. Im kühlen Frühling können ein paar Grad mehr für die erfolgreiche Entwicklung der Larven entscheidend sein.
    Insekten sind im Frühling in der Nacht noch nicht ausreichend unterwegs, um von einer Lampe, die zudem, was das Anlocken von Insekten anbelangt Konkurrenz hat, wirklich in ausreichender Stückzahl angezogen zu werden. Zudem sind Kleinwespen Tagesjäger, und der Einfluss der Temperatur ist für die Entwicklung der jungen Larven (besonders Nachts) entscheidender als die paar Insekten, die die Königin für die Fütterung der ersten winzigen Larven braucht. Die Königinnen betreiben zuweilen einen irren Aufwand um bei jungen Nestern Wärme zu erzeugen. Das blieb ihr hier wohl erspart.

  10. #10 tomW
    21. September 2011

    Hmmm… könnte auch ein kleines Hornissennest sein. Diese sind ja insektivor und hätten an dieser Stelle ideale Bedingungen.

  11. #11 cydonia
    21. September 2011

    Es könnte nicht, tomW: es sind Kleinwespenwaben……”Insektivor” sind alle sozialen Wespen(zu denen auch die Hornissen gehören), wenn auch nur als Larven: Jagen müsen allerdings immer die Imagos, selbst wenn sie die Beute selbst nicht verspeisen können.

  12. #12 tomW
    21. September 2011

    na denn nicht *grummel*

  13. #13 BreitSide
    21. September 2011

    +++

  14. #14 Andi
    22. September 2011

    Die ganze Sache kommt mir recht spanisch vor.
    Zuerst das Problem der Lichtverschmutzung:
    Wie am ersten Bild zu sehen handelt es sich um eine der weit verbreiteten Natrium- niederdruck leuchten. Diese produzieren ein sehr monochromatisches licht im langwelligen sichtbaren Bereich. Diese Lampen sind nicht nur deshalb so beliebt, weil sie das effizienteste Leuchtmittel überhaupt sind, sondern auch weil Insekten von diesem licht kaum angezogen werden (im Gegensatz zu Quecksilberdampflampen mit hohem kurzwelligen Anteil).
    Somit würde ich ausschließen, dass es mit dm Licht zu tun hat.
    Jetzt zur Standortwahl:
    Ich bin bestimmt kein Insektenexperte jedoch habe ich schon oft Wespen beobachtet, Nester gefunden und untersucht, oder beim Nestbau zugesehen.
    Wespennester sind aus einer Art Papier, das die Tierchen durch abnagen von Holz manchmal auch Werbeplakaten und ihrem Speichel herstellen.
    Das Material ist nicht besonders stabil und außerdem feuchtigkeitsempfindlich. (Besprüht man ein Wespennest mit einem Zerstäuber kommen die Insekten heraus und lecken alles wieder fein trocken.)
    An so einer Straßenlaterne ist aber mit Wind, und durch den nur kleinen Dachüberhang auch mal mit Regen (der ja nicht nur senkrecht herunter fällt) zu rechnen.
    Wenn man sich Bild 3 genauer betrachtet sind auch hauptsächlich die Nestbereiche an der Dachkante zerstört.
    Ich schließe daraus, dass die Königin bei der Grundsteinlegung noch keine Idee davon hatte, dass es mal ein so großes Nest wird und außerdem an mangelnden Alternativen litt.
    Normalerweise habe ich wespennester nämlich nur an trockenen, dunklen, windgeschützten Orten mit reichlich totholz in der Umgebung gefunden.
    Also Irren ist nicht nur menschlich.

  15. #15 Silke
    20. Oktober 2011

    Ich denke die Wespen siedeln dort wegen der Wärme, und der relativen Sicherheit, da der Platz für “Feinde” nur schwer zu erreichen ist. Außerdem wird es einfach auch Zufall sein. Die Tiere passen sich den veränderten Umweltbedingungen an und es gibt offensichtlich einige Exemplare, die aufgrund von kleinen genetischen Veränderungen kein Problem mit dem nächtlichen Licht und dem vermutlich vorliegenden Lärm in der Nahe der Wabe haben.