Vor zwei Wochen hatte ich hier im “Frischen Wind” über das wirklich schöne Projekt Seafloor Explorer berichtet, bei dem interessierte Laien die Meeresbiologie bei der Entwicklung einer Software zur Klassifizierung von Meeresböden unterstützen können. Seafloor Explorer ist damit ein Paradebeispiel für die sogenannte Citizen Science – die Öffnung wissenschaftlicher Projekte für die Mitarbeit von Laien – die vor allem durch die Citizen Science Alliance vorangetrieben wird, die auf ihrer Zooniverse-Plattform unter anderem astronomische Klassifizierungsprojekte wie Planet Hunters oder Ice Hunters ins Leben gerufen hat.

Kurz nach dem Start von Seafloor Explorer ging mit dem Cyclone Center nun schon wieder ein weiteres Zooniverse-Projekt an den Start. Wie der Name bereits vermuten lässt, werden hier Bilder von tropischen Zyklonen (die je nach geographischer Lage auch als Hurrikans oder Taifune bezeichnet werden) nach verschiedenen Gesichtspunkten durch Laien klassifiziert, um so den Aufbau eines Softwaresystems zu unterstützen, das unter anderem bei der Vorhersage von Sturmintensitäten zum Einsatz kommen soll (und damit irgendwann durchaus sogar Leben retten könnte). Träger dieses spannenden Projekts sind das Cooperative Institute for Climate and Satellites, das National Climatic Data Center der NOAA und die University of North Carolina.

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Bevor der Nutzer eine zu klassifizierende Fotoserie angezeigt bekommt, informiert eine Weltkarte über den Aufnahmeort der folgenden Satellitenfotos. Die Datenbank von Cyclone Center enthält insgesamt fast 300.000 Infrarot-Aufnahmen von Wettersatelliten, die teilweise bis in die 80er Jahre zurückreichen. Die Analyse einer Fotoserie beginnt mit der Einordnung des Sturmtypus, wobei fünf Bildreferenzen je Sturmtypus (Sturm mit klassischem “Auge”, Sturm mit eingebettetem Zentrum, Sturm mit Regenbandstruktur, Sturm mit Scherungsstruktur und sonstige Formationen wie abflauende Stürme) sowie ausführliche Erläuterungen die Einordnung erleichtern.

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Ausgehend von der Einordnung des Sturms folgt nun eine Reihe von unterschiedlichen Aufgaben, die unter anderem die Markierung bestimmter Punkte (beispielsweise das Zentrum des Sturms oder bestimmte Wärme(Farb-)bereiche in der Nähe des Zentrums) oder Vergleiche der “gefühlten” Intensität des Sturms mit anderen Aufnahmen umfassen. Die nachfolgenden Screenshots zeigen einige Beispiel für solche Aufgaben – tatsächlich gibt es noch etliche mehr (ich wollte hier nur keine 20 Screenshots untereinander posten). Die gestellten Aufgaben und Fragen orientieren sich dabei an der sogenannten Dvorak-Technik – einem in den 70er Jahren durch den US-Meteorologen Vernon Dvorak entwickelten visuellen (und recht subjektiven aber dennoch reliablen) System zur Intensitätsbestimmung von Wirbelstürmen.

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Die Dvorak-Technik basiert auf der Erkenntnis, dass tropische Stürme – bei allen sicherlich vorhandenen Unterschieden in den Details – stets gewissen charakteristischen Grundformen entsprechen, so dass sich allein anhand des visuellen Erscheinungsbildes auf Satellitenbildern relativ zuverlässige Aussagen über die Intensität und die zu vermutende weitere Entwicklung treffen lassen. Im Wikipedia-Artikel zur Dvorak-Technik kann man sich übrigens noch die Original-Charts ansehen, mit denen in den 70ern und 80ern klassifiziert wurde:

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Hat man alle Klassifizierungsaufgaben erfüllt, kann man sich entweder dem nächsten Bilderset zuwenden oder sich zuvor noch mit der Historie des soeben untersuchten Sturms befassen. Die hier gezeigten Aufnahmen stammen beispielsweise allesamt aus dem Jahr 1984 und zeigen einen tropischen Hurricane mit der Bezeichnung Lowell, der zwischen dem 22. und dem 25. August über dem Pazifischen Ozean wütete (offenbar ohne großen Schaden anzurichten).

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Ebenso wie sich der Blick auf Seafloor Explorer lohnt, sollte man sich als Befürworter der Citizen Science-Idee auf jeden Fall auch mal Cyclone Center ansehen. Ich für meinen Teil arbeite immer noch an den ersten 100 Meeresbildern und werde daher wohl nicht unter die Sturmklassifizierer gehen. Überhaupt bin ich im Rückblick wirklich ziemlich froh darüber, dass zu meinen Schul- und Studienzeiten Citizen Science noch weitestgehend darin bestanden hat, auf möglichst vielen Rechnern SETI@home laufen zu lassen und sich über die abgearbeiteten Datenpakete zu freuen. Kaum auszudenken, wie viel dringend benötigte Lern- und Arbeitszeit ich verloren hätte, hätte es damals schon so viele Zooniverse-Projekte gegeben… Wobei ich mich auf der anderen Seite schon wieder darauf freue, irgendwann in ein paar Jahren mit dem eigenen Nachwuchs (der derzeitige Geburtstermin liegt Ende Dezember) vor dem Rechner zu sitzen und die noch fantastischeren Citizen Science-Projekte zu genießen, die die 2020er uns bringen werden…

Kommentare (1)

  1. […] wieder eine bunte Mischung im Podcast. Es geht los mit Citizen Science. Diesmal steht ein Projekt im Vordergrund bei die müssen die Beobachtung von Wirbelstürmen geht. […]