Vor zwei Jahren hatte ich hier im “Frischen Wind” unter dem Titel “Mehr Licht = mehr Sicherheit?” über den – fehlenden – Zusammenhang zwischen nächtlicher Vollbeleuchtung und öffentlicher Sicherheit gebloggt. Als Anlass diente mir dabei eine aktuelle Debatte aus den USA, wo eine äußerst löbliche Initiative zur Reduzierung der Lichtverschmutzung des Ortschaftsrats im kleinen Städtchen Barrington Hills im US-Bundesstaat Illinois für hochgeradig emotionale Debatten in der Kommentarspalte eines (inzwischen leider bereits depublizierten) Artikels im Daily Herald sorgte. Angesichts der angekündigten Beleuchtungsreduzierung kochten hier Ängste vor Dunkelheit und Verbrechen sowie Rufe nach der Verteilung von Nachtsichtgeräten, Taschenlampen und sogar Waffen hoch, um die Bürgerinnen und Bürger für die zu erwartende Kriminalitätsorgie zu rüsten.

Eine ähnliche Debatte erlebt derzeit die niedersächsische Kaiserstadt Goslar. Hier plant man aufgrund von Haushaltsengpässen eine Reduzierung der öffentlichen Beleuchtung bis hin zu einer vollständigen Abschaltung nicht-essentieller Straßenbeleuchtung zwischen 0 und 5 Uhr. Die Beschlussvorlage geht dabei interessanterweise gleich auf mehrere Kommunen unserer Region ein, die derartige Nachtabschaltungen bereits umsetzen, wobei in all diesen Orten der gleiche Effekt zu erkennen ist, den ich schon vor zwei Jahren am Beispiel der Stadt Rheine erläutert hatte: Die Bürger fühlen sich durch eine Rücknahme von Beleuchtung zwar zunächst unsicherer, tatsächlich kommt es jedoch durch maßvolle Nachtabschaltungen weder zu einer Zunahme von Unfällen noch zu einem Anstieg der Kriminalitätsrate:

Zur Erkundung der vorliegenden Erfahrungen anderer Gemeinden im Umkreis, wurden die Städte und Gemeinden des Landkreises um einen Erfahrungsbericht gebeten. Hierzu wurden zusammengefasst folgende Stellungnahmen abgegeben:

Gemeinde Liebenburg: Nachtabschaltung von 01:00 – 4:30 Uhr

  • Die Nachtabschaltung wird von Anliegern im Zusammenhang mit Veranstaltungen vereinzelt bemängelt.
  • Seitens der Verkehrsteilnehmer, der Rettungsdienste und der Feuerwehr sind keine Beeinträchtigungen bekannt.
  • Laut Auskunft der Polizei ist kein Anstieg der Kriminalität bekannt.

Stadt Vienenburg: Nachtabschaltung 01:00 – 04:00 Uhr

  • Zunächst sehr negative Bewertung der Maßnahme durch die Anlieger, mittlerweile wird die Maßnahme akzeptiert.
  • Seitens der Rettungsdienste, Polizei, Feuerwehr sind keine Probleme bekannt.

Stadt Seesen: Nachtabsenkung 0:00 – 5:30, Nachtabschaltung 0:00 – 5:30 in Bereichen in denen keine Nachtabsenkung möglich ist.

  • Nach Einführung der Nachtabschaltung wurden nach Beschwerden punktuelle Nachbesserungen vorgenommen. Ansonsten wurde die Maßnahme von den Anwohnern mit Verständnis aufgenommen.
  • Es liegen keine Rückmeldungen über negative Einflüsse von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten vor.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Maßnahme von den Bürgern nicht begrüßt sondern „notgedrungen akzeptiert“ wird, jedoch bisher keine nachweisbaren Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit festzustellen sind.

Angesichts dieser Argumente sah auch der Bauausschuss der Stadt Goslar vergangene Woche keinen Grund mehr, der Maßnahme – mit der immerhin ganze 90.000 Euro pro Jahr eingespart werden können – nicht zuzustimmen (drei Enthaltungen, keine Gegenstimmen), woraufhin in der Kommentarspalte der Goslarschen Zeitung prompt die immer wieder gleiche Debatte um die nun zu erwartende Welle des Verbrechens entbrannte:

Nicht nur das “Nachteulen” eine gute Taschenlampe brauchen, empfehlen tut sich sicher, das man kräftigen Geleitschutz mitnimmt oder wie in den Staaten (in der BRD nicht erlaubt) eine scharfe Waffe mit sich führt, um sich im Notfalle wehren zu können. Wie bekannt, lockt Dunkelheit auch Gesindel aller Art an. Leute seit auf der Hut, und verschanzt euch gut.

Um diese Zeit (0.00 Uhr) arbeiten viele Frauen in der Spätschicht (Gastronomie, Krankenhäuser etc.). und nicht immer holt sie jemand ab. Ich hab schon Angst, wenn ich abends bei Laternenlicht von der Wachtelpforte in die Altstadt laufen muss, sämtliche Wege dorthin sind menschenleer und es hat dort schon Überfälle gegeben. Ohne eine Laterne – Herr Dr. Junk, bitte finanzieren uns Frauen und Mädchen dann mal Karate-Kurse! Warum denken die planenden und sparenden Männer nicht an so etwas? Warum wird wieder zum Nachteil der Frauen gespart?

So langsam REICHT ES! Ob die Herrschaften vom Bauausschuss schon einmal Nachts im Wald unterwegs waren? Wir leben doch nicht auf dem Dorf?! Wieviele Polizisten werden denn dann neu eingestellt?  Mal schauen wann nach dem 2.1 die ersten Klagen gegen die Stadt kommen weil jemand ausgeraubt oder sich etwas gebochen hat?!

Vieleicht geht ja noch jemandem ein Licht auf. Die Deutschen sind doch Statistikmeister. Bin mal auf die Kriminalstatistik ab 02.01.13 gespannt.

Zur Beruhigung der Goslarer Bürger sei daher an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich gesagt: Es wird absolut nichts passieren. So wie auch in Liebenburg nichts passiert ist. So wie auch in Vienenburg nichts passiert ist. So wie auch in Seesen nichts passiert ist. So wie auch in Rheine nichts passiert ist. So wie eben einfach nie etwas passiert, wenn die öffentliche Beleuchtung zurückgefahren wird. Da in vielen Städten und Kommunen mittlerweile sehr viel mehr und sehr viel länger beleuchtet wird, als dies zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist (für dies es natürlich der Beleuchtung bedarf), sind bei maßvollen Einsparmaßnahmen schlicht keine negativen Effekte zu befürchten. In Halle etwa wurde die öffentliche Beleuchtung in einigen Stadtvierteln zwischen 2003 und 2011 aus Kostengründen massiv zurückgefahren, ohne dass negative Effekte sichtbar geworden wären – was den Hallenser Stadtrat im vergangenen Jahr leider nicht davon abhielt, die Beleuchtung wieder zu verstärken.

Die Gründe hierfür sind stets gleich: Sich unsicherer fühlende und daher unzufriedene Bürger, deren Ängste natürlich beachtet und berücksichtigt werden müssen – und stimmungssensible Kommunalpolitiker, die genau wissen, dass sie mit der fehlerbehafteten Formel “mehr Licht = mehr Sicherheit” in Presse und Öffentlichkeit eigentlich nur punkten können. Beobachten kann man dies zur Zeit etwa in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover, in der über einen von der SPD unterstützen Antrag der Grünen zur Reduzierung der Lichtverschmutzung debattiert wird. Obwohl es in dem Antrag vorrangig um Werbebeleuchtung – Skybeamer, Leuchtreklamen und exzessive Weihnachtsbeleuchtung – geht, titelte die BILD-Zeitung reißerisch “Rot-Grün will Stadt abdunkeln” – und unterlegte diese Schlagzeile auch noch mit einer Fotografie der durch einen Stromausfall im Juli 2011 in Dunkelheit gestürzten Stadt.

Bedauerlicherweise konnten weder die CDU- noch die FDP-Fraktion im Hannoveraner Stadtrat der populistischen Verlockung einer BILD-Schlagzeile wiederstehen. Während ein CDU-Stadtrat mit dem Satz “Das ist der dümmste Antrag, den ich je gelesen habe” zitiert wird, erklärt der Chef der FDP-Fraktion die Abschaltung von Skybeamern und anderen Arten der Werbebeleuchtung zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit: “Die flippen jetzt völlig aus. Die Sicherheit der Bürger wird aufs Spiel gesetzt.” Als CDU-Mitglied enttäuscht mich natürlich insbesondere die harsche Reaktion meiner Partei, da sie der innerparteilichen Beschlusslage zuwiderläuft: Schon 2009 haben die Wissenschaftsminister sämtlicher CDU-Landtagsfraktionen (also auch der in Hannover) ein gemeinsames Positionspapier zur Lichtverschmutzung verabschiedet, in dem sie Städte und Kommunen explizit dazu auffordern, gegen unnötige Beleuchtung vorzugehen. Dies scheint den Hannoveraner Parteikollegen leider ebenso entgangen zu sein wie der Umstand, dass es im auch nahegelegenen Goslar die Verwaltung eines CSU-Bürgermeisters (übrigens dem einzigen außerhalb Bayerns) ist, die die Nachtabschaltungen vorantreibt.

Aller BILD-Tiraden zum Trotz macht mir die Tatsache, dass selbst in der Landeshauptstadt ernsthaft über eine Reduktion der Lichtverschmutzung nachgedacht wird, dennoch Hoffnung. Immerhin wird diskutiert – vor zehn Jahren wäre man mit dem Wunsch nach Nachtabschaltungen vermutlich sogar von den meisten Grünen nicht ernstgenommen worden. Selbst hier in meiner beschaulichen Wahlheimat Wernigerode ist die Helligkeit der Straßenbeleuchtung seit kurzem wieder ein Thema: Im Rahmen der Laudatio für die beiden Wernigeröder Astronomielehrer und Betreiber des (besuchenswerten) Harzplanetariums, die gesten mit dem Umweltpreis der Stadt geehrt wurden, verwies Oberbürgermeister Peter Gaffert auch auf die berechtigten Klagen von Hobby-Astronomen über die zunehmende Lichtverschmutzung – und kündigte an, mit den Fraktionen im Stadtrat über Möglichkeiten der Reduzierung sprechen zu wollen. Und sogar die Wintersport-Investoren im nahegelegenen Hahnenklee konnten vom BUND vor einigen Wochen davon überzeugt werden, die am dortigen Bocksberg entstehende Rodelbahn zur Reduzierung der Lichtverschmutzung nur mit minimalen fünf Lux zu beleuchten.

Es tut sich also tatsächlich einiges – nun heißt es dranbleiben. Aber da habe ich bei der Vielzahl von engagierten Hobby-Astronomen unseres Landes eigentlich keine Zweifel…

Kommentare (21)

  1. #1 Martina Rose
    Goslar
    7. Dezember 2012

    Nachtabschaltung JA ABER!
    Ich bin FÜR eine Nachtabschaltung aber nur bis max 4:30 Uhr.
    Da ich die Tageszeitung zu den Haushalten bringe und es vor allem im Winter sehr Dunkel und durch Schnee und Eisglätte (die Bürger haben VERSTÄNDLICHERWEISE ihre Bürgersteige und Hauseingänge noch NICHT geräumt) sehr gefährlich auf den Straßen ist. Daher bitte ich auch an uns die Zeitungsausträger/innen zu denken und uns nicht in unnötig gefährliche Situationen zu bringen. Jeder möchte seine Zeitung bis max. 6:00 Uhr egal bei welcher Witterung haben – wir Zeitungsausträger/innen bemühen uns dieses einzuhalten so helft bitte auch uns indem wir nicht auf vereisten und vom Schnee nicht geräumten Straßen, Gehwegen uns evt. verletzen.
    VIELEN DANK!

  2. #2 Spoing
    7. Dezember 2012

    Dunkel lockt Gesindel an. Das ist soweit richtig, aber es erzeugt kein weiteres Gesindel.
    Das ist jedoch den Boulevardblättern schwer zu vermitteln (Bzw. wollen die es gar nicht hören)

  3. #3 Andreas
    7. Dezember 2012

    Es macht mich immer wieder fassungslos wie politisch Verantwortliche völlig am Thema vorbei diskutieren. Da Goslar nur mühsam mit massiven Geldspritzen vom Land Niedersachsen finanziell am Leben gehalten wird, sollte die Frage nicht ob abgeschaltet werden soll, sondern ob man überhaupt anschalten darf.

  4. #4 naturundwirtschaft
    7. Dezember 2012

    @Spoing: So würde ich das nicht sagen. Aus dem Fraud-Management ist empirisch belegt, dass jemandeher zu einem Täter werden kann, wenn die Wahrscheinlichkeit steigt, dass dieser nicht entdeckt wird.

    Das ist aber auch nur ein kleiner Punkt. Neben der Entdeckungswahrscheinlichkeit kommen noch Dinge wie: Motivation, Rechtfertigung, persönliche Grundeinstellung, etc. hinzu.

  5. #5 HF
    7. Dezember 2012

    Es gibt nationale Traditionen, die bis heute die Wahrnehmung beeinflussen: In Paris setzte man auf die Strassenbeleuchtung, in London baute man bessere Schlösser und Tresore.

  6. #6 LifeScienTology
    8. Dezember 2012

    Gibt es Erkenntnisse über Effektivität vs. Kosten, wenn die abzuschaltenden Lampen mit Bewegungsmeldern oder Zeitschaltern ausgestattet werden? Das wäre doch auf den ersten Gedanken ein guter Kompromiss: Abschaltung kann weiterhin automatisch erfolgen und wenn doch jemand mit besserem Gefühl da lang laufen möchte, wird die Beleuchtung zeitweise wieder aktiviert.

  7. #7 Gerry
    8. Dezember 2012

    @Martina Rose

    Eine gute LED-Stirnlampe kostet 20-30 €.
    Ein Freund von mir benutzt eine von Aldi zum nächtlichen Downhill auf Feldwegen und Trampfelpfaden, häufig auch auf solchen im Wald. Seine Lampe ist hell genug dass er das in hohem Tempo ohne Stürze absolvieren kann.

    @Spoing

    In der Gemeinde aus der meine Freundin kommt wird schon seit Jahrzehnten JEDE öffentliche Beleuchtung um 23:00 abgeschaltet. Auch private Beleuchtung gibt’s dann praktisch nicht mehr.
    Seltsamerweise gab es dort in den letzten 20 Jahren auch nicht mehr nächtliche Einbrüche o.ä. als in der Nachbargemeinde bei voller Beleuchtung.

    Nicht vergessen sollte man auch dass in der 10km entfernten Kreisstadt die Polizei an den Wochenenden alle Hände voll zu tun hat. Trotz Festbeleuchtung.
    Gesindel korreliert also wohl sehr viel deutlicher mit Alkohol und Party als mit Lichtstärke.

    @LifeScienTology

    vermutlich nicht da Straßenbeleuchtung selten mit Bewegungsmeldern ausgestattet wird.
    Würde auch nicht besonders gut funktionieren da Autos wohl die Sensoren auch auslösen würden, aber deutlich schneller unterwegs sind als Fußgänger.
    Laut Wikipedia scheinen Natriumdampflampen auch nicht beliebig ein- und ausschaltbar zu sein.
    Genau dieser Lampentyp hat aber mit die höchste Lichtausbeute (Lichtmenge pro aufgewendeter Menge el. Energie) und wäre deshalb für Beleuchtung an sich am besten geeignet.

  8. #8 wereatheist
    der heller beleuchtete Teil von Friedrichshain-Kreuzberg
    8. Dezember 2012

    @Gerry: Na-Lampen brauchen eine ganze Weile, bis sie sich soweit aufgeheizt haben, dass der Na-Dampfdruck ausreicht.
    Schnell an- und ausschalten ist nicht.

  9. #9 wereatheist
    Hell erleuchtete Nebenstraße nahe der Lichtverschmutzungskatastrophe O2World
    8. Dezember 2012

    KreuzbergerInnen beschweren sich nicht sonderlich über die doch recht funzelige Beleuchtung von Nebenstraßen durch traditionelle Gaslaternen. In Ostberlin (Friedrichshain, z.B.) wurden diese schon zu DDR-Zeiten durch Quecksilberhochdruckdampflampen ersetzt. Seither ist der Ostteil des Bezirks in den Nebenstraßen deutlich heller ausgeleuchtet. Wollte es wären Na-Lampen!

  10. #10 Stefan W.
    demystifikation.wordpress.com 19:25 Uhr
    8. Dezember 2012

    # Schon alleine aus Kostengründen wird es wohl einen Trend zu LEDs geben, die m.W. von ihrem Wesen schon nach Fokussierung schreien.

    # Video 1, 8:40:

    Es zeigt sehr wohl, dass die Natur Recht hat mit d. Einrichtung d. Nacht die finster sein soll, zur Erhaltung d. Gesundheit d. Menschen.

    Ist das einer von der Gruppe “Helle Not mit Kreationisten”? Ich würde doch sagen, der Mensch und andere Lebewesen haben sich auf ein Leben mit Sonne, Mond und Sternen eingerichtet – nicht umgekehrt. Die Nacht kommt bestens ohne Natur aus.

    # Frage: Seit wann gibt es diese Lichtverschmutzung? Seit 100 Jahren etwa in Städten? Das sind etwa 3 Generationen Mensch, aber doch 30 Generationen Vögel, 100 Generationen Insekten. Wenn es dramatisch wäre – dann wären die Insekten und Vögel doch schon alle tot, oder wandern die immer neu vom Land in die Städte?

  11. #11 Dr. Weihnachtswebbaer
    11. Dezember 2012

    Yup!, ganz schlimm das mit der Lichtverschmutzung.

    Schon mal schöne Weihnachtstage an dieser Stelle!
    MFG
    Dr. W

  12. #12 Rotschopf
    11. Dezember 2012

    Als Einwohnerin einer europäischen Großstadt kann ich nur sagen: Hier könnte ich am helllichten Tag hinter der nächsten Ecke vergewaltigt oder ausgeraubt werden, keine Sau könnte mir helfen, oder würde überhaupt helfen wollen.

  13. #13 Max
    11. Dezember 2012

    Es gibt doch auch das Konzept das man die Strassenbeleuchtung via SMS aktivieren kann….

    https://www.null-euro-urbanismus.de/?p=342

  14. #14 Christian Reinboth
    12. Dezember 2012

    Zu früh gefreut: Obwohl der Bauausschuss von Goslar die Nachtabschaltung bereits ohne Gegenstimmen befürwortet hatte, hat der OB die Maßnahme jetzt aufgrund von Protesten aus der Bürgerschaft erst mal wieder von der Tagesordnung gestrichen. In der Goslarschen Zeitung argumentiert unter anderem der “Kommunale Präventionsrat”, es habe noch nie in einer Stadt von der Größe Goslars (40.000 Einwohner) eine Nachtabschaltung gegeben:

    https://www.goslarsche.de/Home/harz/goslar_arid,311559.html

    Dass es in größeren Städten wie etwa Rheine an der Ems (72.000 Einwohner) seit mehreren Jahren Nachtabschaltungen gibt, ohne dass es zu Ausfällen bei der öffentlichen Sicherheit gekommen wäre, ist entweder nicht bekannt oder wird bewusst verschwiegen:

    https://www.rheine-buergerinfo.de/vo0050.php?__kvonr=788

    Traurig. Ich hoffe, der OB und die Stadträte nehmen sich fünf Minuten, um das Thema Nachtabschaltung mal selbst zu googlen – und verlassen sich nicht ausschließlich auf die Informationen, die ihnen diese Bürgerinitiative liefert…

  15. #15 Harzer Käse
    Goslar
    26. Dezember 2012

    Licht scheint mir eine Droge vergleichbar mit Nahrung zu sein.
    Auf der einen Seite kann man nicht ohne, aber zuviel ist schädlich. Wenn ich mir die bunten Wissenschaftskurzmeldungen zu dem Thema durch den Kopf gehen lasse, gewinne ich den Eindruck , dass es immer mehr Erkenntnisse gibt, das künstliche Beleutung und dadurch bedingt eine kurze Nachtruhe viele Zivilisationskrankheiten wie z. B. Übergewicht mit verursacht.
    In einer überalterten Stadt wie Goslar gibt es sicher viele Ängste wegen Kriminalität, aber im Dunkeln können die Bösewichte auch nichts sehen.
    Eine weiter mentale Barriere entsteht, da die Fußwege wegen der knappen städtischen Kassen ein Schlaglochparadies sind. Wegen der Furcht vor Stürzen wird sich ein Teil der Bevölkerung stärker zurückziehen und an Abendveranstaltungen nicht mehr teilnehmen. Statistisch wird dies sicherlich nirgends stark auffallen.

  16. #16 Alderamin
    9. Januar 2013

    @Harzer Käse

    Der Mensch ist halt ein tagaktives Tier. Alleine in der Dunkelheit der Savanne war er den nachtaktiven, viel besser sehenden Raubkatzen schutzlos ausgeliefert. Das sitzt tief. Die meisten kleinen Kinder haben schon Angst im Dunkeln. Das hat evolutionär gesehen sehr wohl seinen Sinn gehabt.

    Gegen diese Urängste kommt kaum man kaum mit Studien oder Aufklärung an. Es wird immer auf den Widerstand der Bürger stoßen, wenn die Beleuchtung reduziert wird. Hingegen würde es begrüßt werden, wenn die ganze Nacht Flutlicht jeden Winkel ausleuchten würde. In einer Demokratie, wo es auf Mehrheiten ankommt, können die Politiker die Stimmung der Bürger nicht einfach übergehen, egal wie irrational sie ist.

    Schön wäre, wenn die Politik wenigstens nach Lösungen suchen würde, die möglichst die Interessen von Minderheiten berücksichtigt. Es muss die Beleuchtung ja nicht komplett nachts abgeschaltet werden. Man könnte sie dimmen (LEDs) oder jede zweite Lampe abschalten. Man könnte, vor allem bei LEDs, solche Typen verwenden, die schmalbandiges Licht aussenden, das nicht mit den in der Astronomie wichtigen Wellenlängen von SII, Ha, OII und Hb interferiert, und wenig Blauanteil enthält, der Insekten anlockt. Man könnte das Anstrahlen von Fassaden und Gebäuden strenger reglementieren (Zeiten, Lichtarten, Ausrichtung). Und man könnte verordnen, dass großflächige Werbebeleuchtung nicht die ganze Nacht brennt. Ab 22:00 Uhr sollte Schluss bis morgens um 6:00 Uhr sein, dann hat auch der ausdauernste Baumarkt geschlossen.

    Es müsste sich nur mal jemand in der Politik für das Thema interessieren. Aber Minderheiten bringen halt wenig Stimmen.

  17. […] Auch Münsingens Bürgermeister Mike Münzing hat das Thema aufgegriffen, auch wenn eine solche Stadt nicht von einem Tag auf den anderen umgerüstet werden kann. Das gleiche gilt für Reutlingen, aber auch hier wurde die Problematik erkannt. Wichtig ist es, dass das Thema bei Planern und Entscheidern ankommt und beachtet wird, denn Straßenbeleuchtung ist ein langfristige Sache. Man muss die Vermeidung von Lichtverschmutzung wollen und als Zielsetzung festlegen und kommunzieren. […]

  18. […] – so ziemlich die überflüssigsten Lichtverschmutzungs-Quellen überhaupt. Während Straßen- und Wegebeleuchtung ebenso wie die Beleuchtung von Kirchen und Schlössern sicher oft intelligenter geplant und früher […]

  19. #19 Eric v.d.Heyden
    Mühltal
    3. Mai 2013

    Wer sich ohne Straßenbeleuchtung nicht sicher fühlt, sollte zum Psychologen oder Psychiater und was in seinem Leben ändern.

    Außerdem sollten die meisten Menschen nachts schlafen.
    Die Anderen, die Nachts unterwegs sein müssen, sind die Dunkelheit meist gewohnt.

    Auch ohne Straßenleuchten wird es nicht völlig finster, da gibt es noch genug Beleuchtung, z.B. Mond, Privatbeleuchtung, Scheinwerferlicht der motorisierten Verkehrsteilnehmer. Wenn die Blendung durch die Leuchten wegfällt und man sich nach kurzer Zeit adaptiert hat, sieht man sogar besser.

    In Goslar gibt es übrigens auch Straßenbeleuchtung mit Bewegungserkennung, dem Philps Lumimotion System.

  20. #20 Christian Reinboth
    27. Juni 2013

    In Goslar ist man von der Nachtabschaltung übrigens schon wieder zurückgetreten. Nachdem die SPD wochenlang geradezu hysterisch gegen die Abschaltungen Stimmung gemacht hat, ist die CDU im Stadtrat umgefallen und hat in einem gemeinsamen Beschluss die “Abschaltung der Abschaltung” verfügt:

    https://www.goslarsche.de/Home/harz/goslar_arid,389531.html

  21. […] Beleuchtung erst einmal überwunden werden müssen. Wie hoch diese Hürden manchmal liegen, zeigt das Beispiel Goslars. Dort sollte vor fünf Jahren aus Kostengründen eine Nachtabschaltung eingeführt werden, der eine […]