Wer im vergangenen Jahr regelmäßig den “Frischen Wind” gelesen hat, erinnert sich vielleicht noch daran, dass in und vor allem unter verschiedenen Artikeln heftig über das Für und Wider eines skitouristischen Großprojektes am Harzer Wurmberg im (zumindest von meiner Warte aus betrachtet) nahegelegenen Braunlage diskutiert wurde. Neben generellen und astronomischen Einwänden gegen das Projekt hatte ich hier außerdem eine gemeinsam mit der Hydrogeologin Prof. Dr. Carmen de Jong und dem Geologen Dr. Friedhart Knolle verfasste Betrachtung zu klimatischen Aspekten des Vorhabens sowie vor einigen Monaten einige Aufnahmen von einer Begehung der Großbaustelle am Fuß des Wurmbergs veröffentlicht. Inzwischen liegen mir dank des BUND Westharz auch erste Aufnahmen von der Großbaustelle auf dem Wurmberg selbst vor, zu denen ich mir einen kleinen (leicht rechthaberischen) Kommentar nicht verkneifen kann.

Als Mitte vergangenen Jahres im politischen Raum noch ernsthaft darüber diskutiert wurde, ob das Projekt ermöglicht und mit öffentlichen Fördermitteln finanziert werden sollte, hielt Prof. de Jong einen gut besuchten und von der Presse recht ausführlich reflektierten Vortrag über die Umweltschäden, die typischerweise in Regionen mit größeren Kunstschnee-Projekten erwartet werden müssen: Veränderungen der Hydrologie, großflächige Zerstörungen an der natürlichen Vegetationsdecke, Beschleunigung von Erosionsvorgängen, CO2-Freisetzung durch massive Bodenbewegungen etc. pp. Unter anderem präsentierte sie dabei auch die drei nachfolgend eingefügten Fotos, die (a) Birgels in Graubünden während der Winterdürre 2011, (b) den Bau eines Speicherteiches in Courchevel und (c) den Bau eines Speicherbeckens in Gruenten in Garmisch-Partenkirchen zeigen. Drei Einblicke in die Sommerwelt des Massenskitourismus.

(zum Vergrößern der Fotos bitte einfach auf diese klicken)

Briegels

Courchevel

Gruenten

Ich kann mich noch sehr gut an die vielen erbosten Diskussionen mit Projektbefürwortern über diese, damals auch im Internet veröffentlichte Präsentation bzw. die dort getroffene Bildauswahl erinnern. Es sei vollkommen irreführend – so der Vorwurf – Fotos von Großprojekten in den französischen Alpen, in Österreich oder in Bayern für die Illustration eines Vortrags über das Wurmberg-Vorhaben zu verwenden. Dadurch werde auf geradezu böswillige Art und Weise der Eindruck erweckt, diese Bauvorhaben seien in ihren Dimensionen vergleichbar. Ein ähnlicher Anblick und damit ähnliche Schäden seien jedoch – so wurde mir stets versichert – bei dem viel kleiner dimensionierten und unter großer Rücksichtnahme auf die Umwelt geplanten Wurmberg-Projekt keinesfalls zu erwarten. Vielmehr würden die Eingriffe so schonend vorgenommen, dass mit negativen Auswirkungen auf Wasserhaushalt und Bodenerosion nicht gerechnet werden müsse, während im Hinblick auf die Vegetation angeblich sogar die Entstehung harztypischer Bergwiesen von hoher ökologischer Wertigkeit binnen drei Jahren zu erwarten sei.

Tatsächlich sieht es auf dem Wurmberg inzwischen so aus:

(zum Vergrößern der Fotos bitte einfach auf diese klicken)

Wurmberg

Wurmberg

Wurmberg

Wurmberg

Wurmberg

Wie so oft im Leben lässt sich natürlich mit der Feststellung, man habe so etwas ja gleich vermutet, im Nachhinein nichts mehr aufhalten oder korrigieren. Trotzdem ist es schon ein Trauerspiel dabei zusehen zu müssen, wie hier ein ehemaliges Landschaftsschutzgebiet und eine beliebte Wandergegend nach und nach zerstört werden – und das auch noch auf Kosten des Steuerzahlers. In spätestens zehn Jahren werden auch die künstlich beschneiten Hänge im Sommer so aussehen, wie man das aus einigen österreichischen und französischen Skigebieten so kennt – braune Matschpisten mit eingestreuten Inseln von Grün, die von dem aussichtslosen Versuch künden, irgendein möglichst widerstandsfähiges Gewächs auszubringen. Aber auch das glauben viele Anwohner derzeit natürlich (noch) nicht…

Kommentare (10)

  1. #1 CM
    16. Juli 2013

    Arrgh! Das ist ja wirklich furchtbar! Das war mal so schön.

    Ich wünsche Dir viel Erfolg in Deinem Bemühen gegen die Zerstörung Deiner Landschaft anzuschreiben.

    Gruß,
    Christian

  2. #2 norbert
    17. Juli 2013

    Auch die Baugrube eines Ökohauses sieht scheiße aus.
    Eine Baustelle sieht halt immer scheiße aus.
    so what?!

    Wie wird es danach aussehen?
    Sieht man dann.

  3. #3 CM
    17. Juli 2013

    Ja, norbert, das “danach” kann man jetzt nicht abschließend beurteilen. Bis auf das Faktum, dass auf einer Seefläche keine Landpflanzen wachsen. Na, und vielleicht die Erfahrung, dass die Artenzusammensetzung, auf stark mechanisch beanspruchtem Flächen vielleicht “typisch” ist, aber nicht per se “typisch für den Harz”.

    Letztlich handelt es sich hier um eine politische Entscheidung. Die kann man richtig finden oder auch nicht. Wenn nicht, kann man sie u. a. kritisch begleiten. Genau das geschieht mit diesem Post (und hoffentlich denen, die folgen). Die geäußerte Haltung mag vorurteilsbehaftet sein – strikt logisch gesehen ist sie das – wir werden sehen was die Zukunft bringt.

    Weitere politische Spitzen spare ich mir (bin auch nicht immer mit meiner Partei glücklich).

  4. #4 Dr. Webbaer
    18. Juli 2013

    Pumpspeicherkraftwerke sind keine sonderlich coole Angelegenheit, sie sollen Skalierbarkeit oder eben Speicher schaffen, was die Anlagen betrifft, die Elektrizität erzeugen, bei höherem Anteil von Sonnen- und Windkraftlagen mit temporären Spitzen braucht man auch viele Speicherwerke.

    Der Ökologismus beißt sich, wie bspw. auch bei den schrecklichen Windspargeln in den Schwanz.
    Ein perverser Ansatz derartige Anlagen deshalb zu bauen, damit der globale atmosphärische CO2-Gehalt in homöopathischer Dosis beeinflusst wird.

    MFG
    Dr. W

  5. #5 Henning
    Region Hannover
    19. Juli 2013

    Das Vorhaben ist schon seltsam. Es gibt im Harz mindestens zwei bessere Skianlagen, Andreasberg und Schulenberg. Warum wird ausgerechnet das Gebiet ausgebaut, in dem man auch bergab einen Schlepplift braucht? Zu schlecht, zu teuer, zu lange Wartezeiten – Braunlage.

  6. #6 Longhorn
    Wolfenbüttel
    21. Juli 2013

    Über die Sinnhaftigkeit einer Beschneiungsanlage im Harz möchte ich mich jetzt nicht auslassen. Aber wie schon “norbert” sagte, sieht auch die Baustelle eines Ökohauses grauenhaft aus. Wie sahen denn die vielen Baugruben der Oberharzer Bergbauteiche mal aus und was für schöne Landschaften sind das heute? Auch da hat der Mensch massiv in die Natur eigegriffen…

  7. #7 Hochharzhexe
    Sankt Andreasberg
    23. Juli 2013

    Ich würd das Obertharzer Wasserregal nicht wirklich mit dem Speicherteich auf dem Wurmberg vergleichen. Das eine hat einen wirtschaftlichen und technischen Sinn erfüllt – und das andere … nein, ernsthaft: Die Teiche des Wasserregals sind zwar auch Stellen angelegt wrden, wo von Natur aus kein Teich war, aber doch nicht auf der Kuppe eines der höchsten Berge weit und breit! >_<
    So nach und nach kristallisiert sich am Wurmberg das raus, was die Kritiker befürchtet haben. Wirtschaftlich hängt Braunlage schon jetzt um einiges tiefer drinn, als geplant war (man hat da offenbar ein wenig die Schwierigkeit zwischen Investor und Interessent zu unterscheiden).
    Die Skihänge sehen in der Tat eher gerupft aus, also wurde nun beschlossen, daraus ein paar "schön blühende Bergwiesen" zu machen, die "bestimmt im Sommer ein Besuchermagnet werden". Nun haben wir zwar in der Gegend blühende Bergwiesen mit hoher Artenvielfalt, aber ob die sich so einfach dahin übertragen lassen …? Sicherlich wird sich vieles noch zurechtwachsen, aber es ist zu befürchten, das die meisten Einwände die gebracht wurden sich früher oder später einer nach dem anderen bewahrheiten werden.

  8. #8 Andreas
    3. August 2013

    Wen’s interessiert: https://www.bergfex.de/braunlage/webcams/c6398/

    @Henning Deine für mich verwunderlichen Ausführungen zu Braunlage veranlassen mich zu einem Kommentar. Von der Größe annähernd vergleichbar zum Wurmberg sind im Harz nur Bocksberg (Hahnenklee) und Matthias Schmidt Berg (St Andreasberg). Der Wurmberg hat von allen die längsten Pisten und auch die anspruchsvollsten (z.B. die Hexenritt Skiroute, kennst Du die überhaupt?). Schulenberg ist auch ein nettes sehr viel kleineres Skigebiet, aber leider nur sehr selten offen. Auch die Piste bei Wernigerode im Zwölfmorgenthal finde ich persönlich sehr urig. Was besser oder schlechter ist, muß jeder für sich selbst entscheiden (z.B. werden Eltern für ihre Kleinen zum Anfang eher die Rathauswiese als den Wurmberg bevorzugen).

  9. #9 Nina
    https://www.hotel-harz.de/
    13. September 2013

    Ich finde es auch wirklich traurig das man immer alles zerstören muss, um irgendetwas zu bauen. In Stg 21 war das gleiche das habe ich auch live miterlebt, wie sie angefangen haben den Park aufzureißen…. Das sieht da jetzt so schrecklich aus… Immer schön am ball bleiben.

  10. #10 facepalm
    10. Januar 2014

    Und die schöne teure Anlage ist dieses Jahr schon mal für die Katz – das Hauptgeschäft um und nach Weihnachten ist schon durch.

    https://www.t-online.de/reisen/skiurlaub/id_67058332/wurmberg-im-harz-weiter-kein-schnee-am-neuen-teuren-sonnenhang-.html