Im zweiten Teil meiner kleinen Gegenüberstellung der Bundestags-Wahlprogramme soll es heute – pünktlich zum spannenden Wahlabend in Bayern – um die Vorstellungen der Parteien zur Zukunft der Forschungsförderung gehen. Wer die aktuellen Aussagen mit denen zur letzten Bundestagswahl im Jahr 2009 vergleichen möchte, findet den entsprechenden Artikel hier.
CDU/CSU
(Link zum Vollprogramm – “Gemeinsam erfolgreich für Deutschland”)
- Der Fokus der Forschungsförderung liegt in diesem Prorgamm klar im Bereich der Produkt- und Dienstleistungsinnovation. Durch steuerliche Vergünstigungen soll zudem die Forschung durch und in Unternehmen an Attraktivität gewinnen.
- Zukünftig sollen etwa 3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Forschungsförderung verausgabt werden (aktuell sind es noch etwa 2,8%).
- Die Planungssicherheit außeruniversitärer Forschungseinrichtungen soll durch eine Verstetigung der Haushalte mit einem Wachstum von 5% pro Jahr garantiert werden.
- Es sollen mehrere weitere Deutsche Zentren für Gesundheitsforschung gegründet werden.
- Für die neuen Bundesländer soll es über Förderprogramme wie Unternehmen Region bzw. Zwanzig20 auch weiterhin gesonderte Möglichkeiten der Forschungsförderung geben.
- Während Tierversuche weiter legal bleiben sollen, soll die Forschung zur Entwicklung von alternativen Methoden zur Umgehung von Tierversuchen stärker gefördert werden.
- Um die Teilnahme deutscher Wissenschaftler und Einrichtungen an Projekten im Rahmen des neuen EU-Forschungsförderrahmenprogramms HORIZON 2020 ab 2014 zu erleichtern, sollen Forschungskontakte in andere EU-Staaten stärker gefördert werden.
- Explizit als förderfähige Forschungsthemen benannt werden: Energiewende, generationengerechtes Wohnen, Alternativen zu Tierversuchen, Medizinische Forschung zu den sogenannten Volkskrankheiten, Schutz von Bienenvölkern, Agrarforschung (tiergerechte Haltung, nachwachsende Rohstoffe, Lebensmittelsicherheit, Energiepflanzen), IT-Sicherheit.
„Weil der Anteil neuer Produkte am Umsatz immer stärker steigt, ist es wichtig, dass aus Ideen schnell neue Produkte werden. Deshalb wollen wir unsere Forschungsförderung noch stärker darauf ausrichten.“ – Seite 42
FDP
(Link zum Vollprogramm – “Damit Deutschland stark bleibt”)
- Forschung in und durch Unternehmen soll steuerlich stärker begünstigt werden. Auch die Gründung von forschungsbasierten Unternehmen (EXIST) soll stärker unterstützt werden.
- Die Kernforschung soll trotz des Atomausstiegs explizit weiter förderfähig bleiben.
- Eine Selbsteinschränkung von Hochschulen durch Zivilklauseln wird nicht befürwortet.
- Die Haushalte der außeruniversitären Forschungseinrichtungen sollen bis 2015 jährlich um 5% steigen.
- Explizit als förderfähige Forschungsthemen benannt werden: Erneuerbare Energien, Agrarforschung (Standards in der Nutztierhaltung, Energiepflanzen, Biokraftstoffe, Biotechnologie in der Landwirtschaft), Altersmedizin.
„Wir stehen wissenschaftlichem Fortschritt offen gegenüber und setzen uns für verantwortungsvollen Umgang mit Forschung und Wissenschaft ein, statt diese beispielsweise durch Zivilklauseln – also die Selbstverpflichtung von wissenschaftlichen Einrichtungen, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen – oder massive Kürzung finanzieller Mittel bei einzelnen Forschungsgebieten einzuschränken.“ – Seite 67
SPD
(Link zum Vollprogramm – “Das WIR entscheidet”)
- Forschung in und durch Unternehmen soll steuerlich stärker begünstig werden.
- Für wissenschaftliche Führungsgremien sollen verbindliche Frauenquoten gelten.
- Die Hochschulforschung soll durch eine bessere Grundfinanzierung von Universitäten und Hochschulen durch Bund und Länder gestärkt werden.
- Die Anzahl von Tierversuchen soll durch die Förderung des 3R-Konzepts verringert werden.
- Die Forschungsinvestitionen sollen über die Marke von 3% des BIP angehoben werden.
- Die Zivilgesellschaft soll über die Fördermittelvergabe durch das BMBF mitbestimmen.
- Explizit als förderfähige Forschungsthemen benannt werden: Energieforschung, Demografie, Ressourceneffizienz, Gesundheit, sozialer Zusammenhalt, digitale Sicherheit, artgerechtere Tierhaltung, Pflegeforschung.
„Frauen sind in Wissenschaft und Forschung nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Wir wollen den Frauenanteil im Wissenschaftssystem durch am Kaskadenmodell orientierte Zielquoten nachhaltig erhöhen. In wissenschaftlichen Führungsgremien wollen wir einen Anteil von mindestens 40 Prozent erreichen.“ – Seite 48
„Transparenz und Partizipation bei der Festlegung von Forschungszielen und deren finanzieller Ausstattung wird von der Zivilgesellschaft zu Recht eingefordert. Wir richten daher beim Bundesministerium für Bildung und Forschung ein Wissenschaftsforum ein, in dem der Zivilgesellschaft eine signifikante Partizipation, insbesondere bei der Bearbeitung zentraler Zukunftsfragen (z.B. Klimawandel, Energiewende, Ernährungssicherheit, Urbanisierung, Armutsbekämpfung), in öffentlich geförderten Projekten sichergestellt wird.“ – Seite 48
Bündnis 90/Die Grünen
(Link zum Vollprogramm – “Zeit für den grünen Wandel”)
- Für Forschung im Kernenergiebereich inkl. Kernfusionsforschung soll es keinerlei öffentliche Fördermittel mehr geben. Dies schließt auch den Ausstieg aus ITER und EURATOM ein.
- Die Forschungsinvestitionen sollen bis 2020 auf 3,5% des BIP angehoben werden.
- Tierversuche an menschlichen Primaten sollen vollständig verboten, Tierversuche mit nichtmenschlichen Primaten weitgehend eingeschränkt werden. Es soll ein nationales Kompetenzzentrum für tierversuchsfreie Forschungsmethoden aufgebaut werden.
- Ethikkommissionen, die über die Zulassung von Tierversuchen entscheiden, sollen mindestens zu 50% mit Vertretern des organisierten Tierschutzes besetzt werden.
- Für den Nachweis der Wirksamkeit von sogenannter Komplementärmedizin bzw. für die Entwicklung entsprechender Nachweismethoden sollen öffentliche Mittel bereitgestellt werden.
- Die Hochschulforschung soll durch eine bessere Grundfinanzierung von Universitäten und Hochschulen durch Bund und Länder gestärkt werden.
- Die Vergabe von Haushaltsmitteln an Hochschulen soll an die Erreichung einer Frauenquote von 50% geknüpft werden. Außerdem ist die Schaffung einer durch den Bund finanzierten Forschungseinrichtung zum Thema Geschlechtergerechtigkeit vorgesehen.
- Der Bund soll zukünftig 70% des Haushaltes von Leibnitz-Gesellschaft sowie von Max-Planck-Gesellschaft finanzieren (anstatt wie bisher 50%). Die dadurch bei den Ländern freiwerdenden Gelder sollen in die Grundfinanzierung der Hochschulen fließen.
- Das Grundgesetz soll mit dem Ziel geändert werden, das Kooperationsverbot für Bund und Länder im Forschungsbereich auszuhebeln.
- Um Themen wie militärischen Einsatz und Tierversuche in der Forschung besser diskutieren zu können, sollen Informationen zu Forschern, Projekten und Geldern publiziert werden.
- Explizit als förderfähige Forschungsthemen benannt werden: Energiewende, Ressourceneffizienz, IT-Sicherheit, Demokratieforschung, Drogen, Forschung zu Diskriminierung und queeren Lebensweisen, Genderforschung, Friedensforschung.
„Forschung zur weiteren Nutzung der Atomenergie und zur Kernfusion ist nicht zukunftsfähig. Anstatt Geld für die kerntechnische Transmutation und das Kernfusionsprojekt ITER zu verschleudern, werden wir öffentliche Forschungsmittel für Transformationsforschung einsetzen, die technologische Innovationen und die gesellschaftliche Verankerung der Energiewende unterstützt. Deshalb setzen wir uns auch für ein Ende des EURATOM-Vertrags und die Fusionsforschung durch das Projekt ITER ein. Wenn dabei keine konsensuale Einigung mit den anderen Vertragspartnern möglich ist, sollte Deutschland einseitig aussteigen.“ – Seite 36
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