Vor einigen Monaten hatte ich hier im Blog ja schon einmal die großartige MOOC-Plattform Coursera vorgestellt, in dessen Kursangebot ich mich regelmäßig verliere. In den letzten Wochen haben es mir vor allem zwei – leicht nerdige – Vorlesungen angetan, die beide von Professoren für mittelalterliche Literaturgeschichte unterrichtet werden: Prof. Jay Claytons (Vanderbilt University) Kurs über die Umsetzung von Literatur in Computerspielen am Beispiel von Lord of the Rings Online und Prof. William Kuskins (University of Boulder) Kurs über die Geschichte der Graphic Novel. Durch letzteren bin ich auf diese tolle Fundgrube mittlerweile urheberrechtsfreier US-Comics aus den 40er und 50er Jahren gestoßen.
Vermutlich könnte man ganze gesellschaftspolitische Traktate über diese faszinierenden Relikte einer vergangenen Zeit verfassen: Über ihre durchweg unkritische Darstellung von Staat, Militär und Regierung, über die Rolle von Frauen in den Geschichten oder über das Nachkriegs-Bild, das viele Comics beispielsweise von Russen, Franzosen, Deutschen oder Japanern zeichnen. Besonders fasziniert hat mich allerdings die fünfteilige Serie „Science Comics“, publiziert durch den Verlag Ace Comics (1940 – 1956) im Jahr 1946.
Bei dieser Serie handelte es sich um einen interessanten Versuch, die Geschichte bedeutender wissenschaftlicher Entdeckungen durch (natürlich ausschließlich) Männer wie Henri Becquerel, Albert Einstein oder Alexander Fleming in Comic-Form nachzuerzählen. Hier diskutieren zum Beispiel Alexander Fleming, Stuart Craddock und Frederick Ridley über die Klassifizierung des keimtötenden Schimmelpilzes der Gattung Penicillium, dessen unbeabsichtigte Verunreinigung von Laborproben im Jahr 1928 zur Entwicklung des ersten Antibiotikums führte.
Der nächste beispielhafte Ausschnitt zeigt eine Szene aus dem Jahr 1922: Guglielmo Marconi referiert am American Institute of Radio Engineers über das Funktionsprinzip des Radars.
Das ist wirklich nett – der Wissenschaftler weder als psychopatischer Weltenzerstörer noch als nicht der sozialen Norm entsprechender “comic relief” oder als ansonsten eher uninteressante Figur, die für eine Deus Ex Machina-Technobabble-Rettung in letzter Sekunde herzuhalten hat. Stattdessen ein wenn auch kleiner Einblick in die tatsächliche wissenschaftliche Arbeit. Wäre da nicht die – historisch natürlich nachvollziehbare – Glorifizierung von Waffentechnologie, könnte einem bei dem Gedanken fast warm ums Herz werden, dass solche Hefte in den 40ern auf dem Pausenhof oder mit der Taschenlampe unter der Bettdecke gelesen wurden…
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