Die parteilose Bildungsministerin von Schleswig Holstein, Waltraud Wende, hat die ein wenig eingeschlafene Diskussion über FH-Promotionen mit einem Gesetzesvorstoß neu belebt. Dieser würde es forschungsstarken Fachhochschulen unter bestimmten Umständen (Betreuer nicht identisch mit Begutachtern, hochschulinternes Qualitätsmanagement) ermöglichen, eigene Promovenden zu betreuen. Der gestern hierzu in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte Artikel hat auf Twitter und Facebook schon für ziemlich heftige Diskussionen gesorgt, wobei insbesondere von Seiten einiger Universitätsvertreter starke Ablehnung zu spüren war.
Als jemand, der seinen ersten akademischen Grad an einer Fachhochschule erworben und etliche Jahre an dieser gearbeitet und unterrichtet hat, bin ich in der Frage, ob auch an FHs hochwertige Forschung stattfinden kann, natürlich nicht unvoreingenommen. Andererseits studiere ich derzeit an einer Universität für meinem zweiten akademischen Grad und habe in den letzten Jahren sowohl mit Uni- als auch mit FH-Kollegen geforscht und publiziert. Ich will heute daher die drei mir am gewichtigsten erscheinenden Argumente für ein eigenes FH-Promotionsrecht kurz darlegen und hoffe sowohl auf Zu- als auch auf Widerspruch sowie natürlich auf eine engagierte Diskussion in den Kommentaren.
(1) Vervollständigung des Bologna-Prozesses: Auch wenn ich aus verschiedenen Gründen nicht der größte Fan des Bologna-Prozesses bin, so muss man doch anerkennen, dass er gelebte hochschulpolitische Realität ist. Die formale Gleichstellung der an Unis und FHs verliehenen Bachelor- und Master-Abschlüsse existiert jedoch seit mehreren Jahren im akademischen Bereich (nicht in der freien Wirtschaft) vielfach nur auf dem Papier: Auch gute Bachelor-Absolventen werden an den Unis selten zum Masterstudium zugelassen, Master-Absolventen von Fachhochschulen selten an Universitäten eingestellt. Nach wie vor existiert ein Graben zwischen beiden Hochschultypen, der sich nicht unerheblich aus dem Umstand speist, dass nur an Universitäten promoviert werden kann. Die Übertragung des Promotionsrechts auf Fachhochschulen würde diesen Unterschied ausräumen und zu einer weiteren Angleichung beider Hochschultypen beitragen, wie sie nach den Bologna-Kriterien ausdrücklich gewünscht ist. Sie stellt insofern nur den nächstlogischen Schritt der laufenden Bologna-Entwicklung dar.
(2) Unterstützung der Profilbildung von Fachhochschulen: Den Fachhochschulen wird in der Diskussion um die Gleichstellung der Abschlüsse (oder auch um das Promotionsrecht) oft vorgehalten, dass sie zumeist keine wirklich starken Forschungsprofile besitzen. Diese können sich realistischerweise aber auch nur dann entwickeln, wenn die Attraktivität der Forschung an Fachhochschulen für diejenigen Absolventinnen und Absolventen gesteigert wird, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben. Die mangelnde Möglichkeit zur Promotion hält nun verständlicherweise viele dieser potentiellen FH-Forscher von den Fachhochschulen fern. Im Grunde beisst sich die Katze hier also selbst in den Schwanz: Fachhochschulen sollen nicht promovieren dürfen, weil ihnen die Forschungsstärke fehlt – und die fehlt ihnen unter anderem deshalb, weil sie eben nicht promovieren dürfen. Dieses Dilemma würde sich mit der Vergabe des Promotionsrechts zumindest an ausgewählte und besonders forschungsstarke Fachhochschulen zufriedenstellend auflösen lassen.
(3) Abbau künstlicher Unterschiede: Die Unterschiede zwischen Fachhochschulen und Universitäten im Hinblick auf Ausrichtung und Qualität der Lehre sowie auf die Qualität der Forschung werden meiner Einschätzung nach überbewertet. Wenn ich etwa die fachlichen Inhalte der Statistik-Vorlesungen, die ich im Rahmen meines Diplomstudiums der Wirtschaftsinformatik an einer Fachhochschule absolviert habe, mit denen der Statistik-Vorlesungen vergleiche, die ich derzeit für meinen Uni-Master belege, überwiegen die Schnittmengen ganz eindeutig. Auch bezüglich der Qualität der Forschung haben die Fachhochschulen in den vergangenen Jahren ganz erheblich aufgeholt – und die Zeiten, in denen die Forschung noch kein integraler Bestandteil des Arbeitsauftrags von Fachhochschulen gewesen ist, sind ohnehin schon seit den 1980ern vorbei. Fachhochschulen sind heute genauso wie Universitäten an BMBF-, BMWi- und EU-Forschungsförderprogrammen beteiligt und spielen nur dort keine Rolle, wo reine Grundlagenforschung gefördert wird – wie etwa bei der DFG.
Vor diesem Hintergrund scheint mir die unbelegte Behauptung, Fachhochschulen könnten allein aufgrund ihres Status die Qualität eines Promotionsverfahrens nicht sichern, schon ein wenig anmaßend zu sein. Auch an den Universitäten gibt es durchaus – bekannte – Probleme mit der Qualitätssicherung, so etwa bei Promotionen im Bereich der Medizin oder auch bei externen Promotionen wie im traurig-berüchtigten Guttenberg-Fall. Letzterer wäre übrigens an meiner Fachhochschule mit seinem Monsterplagiat an der rigorosen manuellen und automatiserten Plagiatssuche mit ziemlicher Sicherheit gescheitert – während er an der wissenschaftlich unbestreitbar besser aufgestellten Uni Bayreuth damit bekanntlich zunächst Erfolg hatte. Sämtlichen Fachhochschul-Professoren – die fast alle selbst eine Promotion und teilweise ja auch eine Habilitation durchlaufen haben – pauschal die Fähigkeit absprechen zu wollen, einen Promovenden hauptverantwortlich betreuen zu können, zeugt in meinen Augen daher eher vom übersteigerten Territorialdenken an einigen Unis als von einer echten Sorge um die Qualität des akademischen Ausbildungssystems.
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