Anfang des Jahres ging es hier im “Frischen Wind” ja unter anderem um die Frage, ob bei der Pegida-Teilnehmerbefragung der TU Dresden methodisch korrekt vorgegangen wurde – und ob sich überhaupt repräsentative Stichproben aus Demonstrantengruppen ziehen lassen. Quasi als kleinen Nachtrag zu diesem Artikel wurde ich heute von mehreren Leserinnen und Lesern auf das nachfolgend eingebundene und höchst unterhaltsame Video der Morgenpost hingewiesen, in dem der bei Pegida aktive Dresdner Rechtsanwalt Jens Lorek (“Ich bin Deutschlands erster Anwalt für Alien-Opfer”) ein mehr als untaugliches Verfahren zur Teilnehmerzählung demonstriert.
Auch dem statistischen Laien dürfte sofort auffallen, dass der Erfolg dieser Zählung von einer ganzen Reihe von Umständen abhängt, deren Eintreten alles andere als wahrscheinlich ist. Es wird angenommen, dass diese Sammelbüchsen so verteilt werden können, dass jeder Teilnehmer der Demonstration an genau einer Sammelbüchse vorbeikommt. Es wird angenommen, dass alle Teilnehmer die Büchsen wahrnehmen und verstehen oder sich erklären lassen, wofür sie gedacht sind. Es wird angenommen, dass alle Teilnehmer Münzen zur Hand haben. Es wird angenommen, dass alle Teilnehmer auch dazu bereit sind, Geld in die Büchsen zu werfen. Es wird angenommen, dass jeder Teilnehmer nur genau ein Geldstück einwirft – und sollte dies nicht der Fall sein, so wird weiterhin angenommen, dass der für die Sammelbüchse zuständige “Aufpasser” sich für jeden Teilnehmer merken kann, ob und wenn ja wie viele Geldstücke zuviel eingeworfen wurden, so dass man die überzähligen Münzen nach der Zählung in der Sparkasse am nächsten Tag abziehen kann, um zu einer “verlässlichen” Aussage über die Teilnehmerzahlen zu gelangen.
Da es – insbesondere angesichts der Tatsache, dass noch während des Interviews eine Frau laut hörbar gleich fünf Münzen in einen Behälter wirft – viel zu billig wäre, an dieser Stelle Witze über das Verfahren zu reißen, möchte ich es vielmehr bei einer Frage bewenden lassen:
Warum um alles in der Welt werden Leute, die ein solches Nullverständnis statistischer Methoden erkennen lassen, überhaupt von irgendjemandem (seien es die Medien, die sächsische Landeszentrale für politische Bildung oder auch die Sachsen-CDU) ernst genommen (“den Dialog mit besorgten Bürgern suchen”), wenn sie “prognostizieren”, dass Muslime in Deutschland in 20 Jahren die Mehrheit stellen oder “analysieren”, wie viele Straftaten vermeintlich auf das Konto von Zuwanderern oder Asylbewerbern gehen?
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