Vor einigen Tagen wurde im Kollegenkreis intensiv darüber diskutiert, wo und wie sich Open Access-Paper und andere frei verfügbare Fachpublikationen im Netz am besten recherchieren lassen. Diese Debatte möchte ich zum Anlass nehmen, hier im “Frischen Wind” einmal die von mir häufig genutzten Anlaufstellen für die Recherche von Veröffentlichungen aufzulisten und kurz vorzustellen – sehr gerne auch erweitert um eure Vorschläge (siehe letzter Absatz bzw. Kommentarspalte). Dabei möchte ich in drei Kategorien unterscheiden: Akademische Suchmaschinen, Repositorien bzw. (Preprint-) Dokumentenserver sowie spezielle soziale Netzwerke für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
1) Akademische Suchmaschinen: Die bekannteste akademische Suchmaschine dürfte sicherlich Google Scholar sein – daneben existieren aber auch noch eine Reihe anderer, teilweise fachgebietsspezifischer Suchdienste, deren Nutzung sich durchaus lohnen kann. Wie Google Scholar hosten diese Suchmaschinen die Publikationen nicht selbst, sondern verlinken zumeist auf die entsprechenden Verlags- und Hochschulseiten. Bei einigen dieser Suchmaschinen besteht die Möglichkeit, gezielt nur nach Open Access-Veröffentlichungen suchen zu können – in vielen Fällen merkt man aber leider erst nach dem Anklicken, ob die gefundene Publikation zur freien Verfügung steht (bei Google Scholar ist in der Regel der [PDF]-Verweis neben dem Suchergebnis ein guter Indikator).
a) Google Scholar: Zu Google Scholar muss man wohl nicht viel schreiben, da die meisten Forscherinnen und Forscher die Suchmaschine bereits benutzt haben dürften. Ein wirklich schönes Feature ist die Möglichkeit des Anlegens von Autorenprofilen, über die sich auch – näherungsweise genau – h-Index und i10-Index bestimmen lassen. Als besonders nützlich habe ich stets die Funktion empfunden, sich per E-Mail benachrichtigen zu lassen, wenn eigene Veröffentlichungen von Dritten zitiert werden – schließlich ist es immer spannend zu sehen, wer und in welchem Rahmen auf eigene Bücher oder Paper verweist.
b) Microsoft Academic Search: Eine weit weniger bekannte aber überraschend gute Alternative zu Google Scholar bietet Microsoft Academic Search, die ich bei allgemeinen Suchanfragen inzwischen standardmäßig zusätzlich zu Google Scholar befrage. Eines der interessanteren Features ist der “Citation Graph”, der einem für (vielzitierte) Autorinnen und Autoren einen Eindruck vermittelt, von wem und in welchem Kontext diese zitiert werden. Oder man sieht sich einmal an, wie viele Co-Autorenschaften eigentlich zwischen einem selbst und einem bekannteren Kollegen liegen (zwischen Dawkins und mir sind es beispielsweise vier).
c) EconBiz: Bei EconBiz handelt es sich um ein Angebot der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, über das allerdings ausschließlich wirtschaftswissenschaftliche Publikationen erfasst werden. Die Suchmaschine ist für alle Recherchen – insbesondere in deutscher Sprache – in diesem Bereich klar zu empfehlen.
d) Directory of Open Access Journals: Das DOAJ erfasst – wie der Name bereits sagt – ausschließlich Open Access-Publikationen, so dass man sich völlig sicher sein darf, jede gefundene Veröffentlichung auch tatsächlich nutzen zu können. Obwohl die Suchergebnisse – zumindest für die Themen, an denen ich so dran bin – leider etwas unergiebig sind und längst auch nicht alle Open Access Journals erfasst werden, lohnt sich die Suchmaschine nicht nur für Open Access-Puristen – allein schon deshalb, weil man über die Suchen regelmäßig neue und spannende Open Access Journals entdecken kann.
e) Science.gov: In den USA gilt – im Gegensatz zu Deutschland – dass Studien, die durch die öffentliche Hand durchgeführt (nicht drittfinanziert) werden – also beispielsweise Berichte der NASA oder der EPA – grundsätzlich frei verfügbar gemacht werden müssen, sofern keine bedeutenden Gründe dagegensprechen. Über das Portal Science.gov, welches durch das DoE (Department of Energy) betrieben wird, lassen sich viele dieser Studien und Berichte auffinden und herunterladen.
f) Bielefeld Academic Search Engine: Mit BASE betreibt die Universitätsbibliothek der Universität Bielefeld (Bonus für alle Verschwörungstheoretiker) eine eigene akademische Suchmaschine, die beeindruckende 84,5 Millionen Dokumente indiziert hat. Ganz besonders hervorzuheben ist hier die schöne Funktion “Open Access-Dokumente bevorzugen” unter der Suchmaske, die ich mir in einigen anderen Suchmaschinen ebenfalls noch wünschen würde.
g) OpenGrey: Neben Büchern und Papern in wissenschaftlichen Fachzeitschriften, ist auch die sogenannte “Graue Literatur” – Projektberichte, Studien der öffentlichen Hand, Handbücher etc. pp. – oft eine wertvolle Quelle. Bei OpenGrey handelt es sich um eine Suchmaschine, die ausschließlich Graue Literatur erfasst – auch wenn leider nicht jeder dort indizierte Bericht sich auch irgendwo herunterladen lässt, was manchmal ein wenig frustrierend ist. Trotzdem eine gute Anlaufstelle für Suchende, da der Großteil der Grauen Literatur sich über andere akademische Suchmaschinen leider nicht auffinden lässt.
2) Repositorien/Dokumentenserver: Hierunter verstehe ich Online-Dienste, welche die entsprechenden Dokumente selbst hosten und nicht nur auf diese verlinken. Dominiert wird dieses Feld sicherlich von arXiv.org, über welches sich auch Preprints (Vorabdrucke) herunterladen lassen, die noch keinen Peer Review-Prozess durchlaufen haben.
a) arXiv: Über arXiv muss man – ähnlich wie über Google Scholar – vermutlich nicht viele Worte verlieren. Der Dokumentenserver ist für Recherchen im MINT-Bereich – aber eben leider auch nur dort – mit weit mehr als einer Million erfasster Dokumente eine nahezu unverzichtbare Anlaufstelle und trägt zudem erheblich dazu bei, dass die dort eingestellten Publikationen in zahlreichen akademischen Suchmaschinen indiziert, häufiger gelesen und damit auch öfter zitiert werden. Sämtliche hier eingestellten Artikel lassen sich kostenfrei herunterladen (oft sogar in mehreren Formaten, darunter auch solche für eBook-Reader).
b) SlideShare: Der Folienhoster SlideShare ist sicher kein klassischer akademischer Dokumentenserver, hostet aber mittlerweile eine beeindruckende Zahl an Foliensätzen aus Forschung und Lehre und eignet sich daher durchaus für Recherchen zu fachspezifischen Themen. Nicht selten findet man gute Vorträge zu Publikationen – teilweise sogar von den Autorinnen und Autoren – die selbst nicht frei verfügbar sind. Für Grundlagenrecherchen, bei denen es vor allem um die Erfassung des Stands der Forschung – und weniger um neue und hochaktuelle Erkenntnisse – geht, lohnt sich insbesondere der Blick in die Grundstudien-Vorlesungsfoliensätze zahlreicher Hochschulen, die meist einen guten Überblick liefern.
3) Soziale Netzwerke für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Hierunter verstehe ich alle Online-Dienste, die es Forscherinnen und Forschern sowie auch Studierenden – ähnlich wie bei Facebook – ermöglichen, eigene Personenprofile anzulegen und über diese Publikationen, Preprints, Poster, Hausarbeiten und andere Dokumente zu teilen. Grundsätzlich bieten solche Netzwerke verglichen mit den beiden ersten Recherchekategorien zwei Vorteile: Zum einen werden hier zahlreiche Dokumente eingestellt (oder können unmittelbar über die Mitglieder angefordert werden), die eigentlich gar nicht Open Access verfügbar sind und die man somit auf anderem Wege nicht (kostenfrei) gefunden hätte. Zum anderen bieten derartige Netzwerke natürlich auch die Möglichkeit, interessanten Kolleginnen und Kollegen zu folgen und beispielsweise darüber informiert zu werden, wenn diese neue Dokumente einstellen oder zu Terminen einladen. Der offensichtliche Nachteil besteht selbstverständlich darin, dass man ein eigenes Profil anlegen und pflegen und somit auch Daten preisgeben muss, wenn man in einem solchen Netzwerk partizipieren möchte. Für diejenigen unter euch, die das nicht abschreckt, bieten die Netzwerke eine ganze Menge nützlicher Recherchefunktionen.
a) ResearchGate: Über ResearchGate habe ich bislang die meisten Rechercheerfolge erzielen können, auch sind in diesem Netzwerk zahlreiche ScienceBlogs-Autorinnen und -Autoren sowie etliche meiner Kolleginnen und Kollegen an der Hochschule Harz aktiv. Wer sich auf ResearchGate mit mir vernetzen möchte, findet mein Profil hier.
b) Mendeley: Wer die hervorragende kostenfreie Literaturverwaltungssoftware Mendeley nutzt (mein ScienceBlogs-Interview mit dem Mendeley-Gründer findet sich übrigens hier), hat automatisch auch Zugang zum Mendeley-Netzwerk und damit Zugriff auf die Publikationen zahlreicher anderer Mendeley-Nutzerinnen und -Nutzer, sofern diese sie für den Download freigegeben haben. Wer sich auf Mendeley mit mir vernetzen möchte, findet mein Profil hier.
c) Academia: Bei Academia handelt es sich um ein weiteres akademisches Netzwerk, über welches sich zahlreiche Veröffentlichungen der Nutzerinnen und Nutzer recherchieren und herunterladen lassen. Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung – die allerdings mit einigen Problemen behaftet ist – legt nahe, dass der Upload von Publikationen auf Academia – und man darf annehmen, auch in andere soziale Netzwerke – die Auffindbarkeit verbessert und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die eigenen Arbeiten zitiert werden. Diesen Effekt der höheren Sichtbarkeit sollte man als Forscher also auf jeden Fall auch bedenken, wenn man über die Anmeldung in einem Netzwerk nachdenkt. Wer sich auf Academia mit mir vernetzen möchte, findet mein Profil hier.
Soweit ein kurzer Überblick über die von mir häufig genutzten Anlaufstellen für Publikationsrecherchen, der natürlich alles andere als vollständig ist. Sehr gerne ergänze ich die Auflistung noch um alle sinnvollen Hinweise, die in den Kommentaren eingehen – lasst mich also bitte wissen, über welche Suchmaschinen, Dokumentserver, Netzwerke oder andere Seiten ihr für eure eigene Arbeit recherchiert.
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