(*) So, wir begrüßen auch die wieder zugestiegenen Leser an Bord des Schrödinger-Express’…
Die so berechnete Krümmung (oder genauer zweite Ableitung) der Funktion ψ am Ort x schreibe ich im Folgenden immer als Δψ(x).
Das Potential
An mathematischem Handwerkszeug ist das für die Schrödingergleichung schon alles, was wir brauchen. Ein bisschen Physik brauchen wir aber noch: Unser Elektron wird ja in seiner Bewegung von äußeren Kräften beeinflusst. Im wesentlichen sind das elektromagnetische Kräfte (schwache Kernkraft und Schwerkraft sind für Elektronen meist relativ irrelevant). Für’s erste beschränken wir uns auf reine elektrische Felder, die durch elektrische Ladungen erzeugt werden. Da das Elektron von anderen negativen Ladungen abgestoßen und von positiven Ladungen angezogen wird, braucht man Energie, um es in einem Bereich mit negativen Ladungen hineinzubringen. Diese Energie nennt man das “Potential”. Je niedriger sie ist, desto “lieber” hält sich das Elektron in diesem Bereich auf. (Ja, ich weiß, Elektronen lieben nichts und wollen nichts und so weiter…)
Wir bezeichnen das Potential mit V(x), ein Elektron am Ort x hat also die elektrostatische Energie V(x).
Die zeitunabhängige Schrödingergleichung
Und damit können wir jetzt die Schrödingergleichung (kurz SGL) hinschreiben, jedenfalls für den Fall, dass das Elektron in einem Zustand ist, der sich mit der Zeit nicht ändert. Sie lautet (nicht erschrecken, sieht auf den ersten Blick schlimmer aus, als es ist):
Links stehen erstmal ein paar Vorfaktoren. Da steckt zunächst ?=h/2π, wobei h das berühmte Planckschen Wirkungsquantum ist. m ist die Masse des Elektrons. Dieser Vorfaktor wird an die Krümmung der Funktion am Ort x ranmultipliziert. Dazu addieren wir das Potential, multipliziert mit ψ. Auf der rechten Seite steht E, die Energie des Zustandes, ebenfalls multipliziert mit ψ. Und überall steht (x) dran, die Gleichung gilt also an jedem Ort x.
Man kann die Gleichung auch in Worten umschreiben:
Krümmung der Wellenfunktion + potentielle Energie mal Wellenfunktion = Gesamtenergie mal Wellenfunktion.
In der klassischen Physik gibt es eine ganz ähnliche Gleichung:
Kinetische Energie + potentielle Energie = Gesamtenergie
Und tatsächlich kann man die Krümmung der Wellenfunktion mit der kinetischen Energie in Verbindung bringen – darauf kommen wir wahrscheinlich später noch zurück.
Was an der Gleichung auch sofort auffällt ist, dass das ψ in jedem Term drinsteckt. Das ist einer der Gründe, warum es auch nachdem Schrödinger die SGL entdeckt hatte nicht sofort klar war, welche Bedeutung das ψ hatte. Um das zu verstehen, vergleichen wir die Gleichung mit einer der Maxwellgleichungen
div E = ρ/ε0
Nehmen wir an, wir wüssten nicht genau, was E eigentlich ist, dann könnten wir aus dieser Gleichung zumindest herausbekommen, dass es die Einheit Volt/Meter haben muss. Daraus könnten wir schon einiges über das elektrische Feld erfahren.
Bei der SGL geht das aber nicht – was auch immer ψ für eine Einheit hat, sie steckt in allen drei Termen drin. Die Einheit könnte nach dieser Gleichung alles sein, eine Energiedichte, eine Ladungsdichte oder etwas ganz anderes – Äpfel pro Kubikmeter zum Beispiel. Deshalb war es nicht sofort klar, auf was für ein physikalisches Objekt sich die SGL eigentlich bezieht. Schrödinger selbst glaubte, dass ψ die Ladungsdichte sei.
Was zum Henker soll man mit einer Gleichung anfangen, wenn man nicht mal weiß, was die Größen bedeuten, die in der Gleichung stecken???
Gute Frage. Die Antwort lautet, dass man die Gleichung trotzdem lösen und beispielsweise die Energie E berechnen kann – und genau das hat Schrödinger getan.
Wir tun das auch – allerdings erst im zweiten Teil.
Gesamte Serie zur Schrödingergleichung:
Teil I: die Gleichung
Teil II: Warum die Energie quantisiert ist
Teil III: Jetzt wird’s komplex
Teil IV: Alles im Kasten
Teil V: Alles zu seiner Zeit
Teil VI: Alles unscharf?
Teil VII: Mit dem Kopf durch die Wand
Das Ende der Schrödingergleichung
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