Jetzt ist der Funktionswert wieder kleiner geworden, die Krümmung nimmt wieder ab. Das Bild ist ungefähr symmetrisch zur linken Seite. (Nicht genau, weil meine Datenpunkte nicht unendlich dicht liegen.) Also geht es mit der Funktion ebenfalls abwärts. Weil die Funktionswerte jetzt wieder kleiner werden, wird auch die Krümmung wieder kleiner. Wir berechnen den nächsten Punkt wie gehabt. (Falls es jemand nachrechnen will: Ich habe mit δx=1, ψ(1)=4 und Δψ(x)=-ψ(x)/8 gerechnet – der Massstab auf der x- und der y-Achse waren also unterschiedlich, das spielt aber keine Rolle.)
Wir nähern uns jetzt dem rechten Rand des Kastens. Dort muss ψ ja wieder verschwinden. Die Funktion nimmt zum Glück tatsächlich ab, aber leider:
Es hat nicht geklappt – unsere Funktion hätte auch am rechten Rand den Wert Null haben sollen. Was haben wir falsch gemacht?
Ich verbinde erstmal die roten Punkte mit einer Linie, so dass wir eine vollständige Wellenfunktion haben.
Wenn wir die grüne Linie verfolgen, dann liegt ihr Maximum etwas rechts von der Mitte unseres Kastens – unsere Wellenfunktion, die ja tatsächlich aussieht wie ein Wellenberg, ist etwas zu “lang” geraten. Wir müssten sie etwas stauchen, so dass sie genau am rechten Rand wieder auf Null abfällt. Wie können wir das hinbekommen?
Als erstes könnte man auf die Idee kommen, den ersten Punkt etwas höher zu setzen, dann wird die Krümmung ja größer und wir erreichen das Maximum früher. Doch leider klappt das nicht, denn auch die Funktionswerte werden in gleichem Maße größer und Berg ändert zwar seine Höhe, aber nicht seine Breite. Auch mit einem kleineren Wert anzufangen, hilft deshalb nichts. (MathematikerInnen sehen das sofort, weil die SGL linear ist – wenn man ψ mit einem konstanten Faktor multipliziert, ändert sich nichts.)
Wie können wir die Krümmung sonst erhöhen? Jetzt kommen die bisher schmählich ignorierten Vorfaktoren ins Spiel. Es ist ja (bei V=0)
Dabei habe ich den Vorfaktor von links nach rechts rübermultipliziert. An der Elektronenmasse und dem Planckschen Wirkungsquantum können wir nicht drehen, das sind Naturkonstanten, die sich sicherlich nicht jedesmal passend zu unserem Kastenpotential im Wert verändern.
Bleibt also nur noch die Energie E. Wenn wir E etwas erhöhen, dann wird die Krümmung an jedem Punkt etwas stärker und unsere Wellenfunktion erreicht den Wert Null etwas weiter links. Und mit dem richtigen Wert der Energie schieben wir den zweiten Nullpunkt der Funktion genau dahin, wo er sein soll:
(Dabei habe ich die Höhe des Wellenbergs immer gleich gelassen – wie eben erklärt, spielt die ja keine wirkliche Rolle. Wie man die Höhe des Wellenbergs eindeutig festlegen kann, sehen wir, wenn wir uns über die Bedeutung von ψ Gedanken gemacht haben.)
Wir brauchen also einen genau passenden Wert der Energie, damit wir die Gleichung erfüllen können. Damit haben wir gerade eines der fundamentalen Ergebnisse der Quantenmechanik entdeckt: Die Energie eines Elektrons kann (in vielen Fällen) nicht einfach irgendeinen beliebigen Wert annehmen, sondern nur ganz bestimmte Werte. (Im Moment haben wir einen möglichen Wert gefunden, aber wir werden gleich sehen, dass es noch mehr gibt.) Die Energie ist also quantisiert!
Allerdings gibt es nicht nur einen möglichen Wert der Energie. Was passiert, wenn wir deren Wert weiter erhöhen? (Damit niemand verwirrt ist: Wenn ich hier die Energie kontinuierlich raufdrehe, dann meine ich damit die mathematische Größe E. Die physikalische Energie kann ich nicht einfach aufdrehen, denn physikalisch sind ja nicht alle Werte zulässig, sondern nur solche, bei denen die SGL auch tatsächlich erfüllt ist.)
Mit höherer Energie schiebt sich die Welle weiter zusammen. Der Nullpunkt rechts fällt dann in unseren Kasten. Da am Nullpunkt die Funktion Null ist, muss hier auch die Krümmung Null sein, also geht die Funktion entsprechend nach unten weiter (ich habe hier leider vergessen, die grüne Kurve am Ende abzuschneiden, ich hoffe, das verwirrt niemanden):
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