Wer springt am höchsten?
By Content Provider(s): Centers for Disease Control and Prevention (CDC) / Janice Carr – https://phil.cdc.gov/PHIL_Images/05072002/00001/PHIL_240_lores.jpg, Public Domain, Link
Und wie war das mit dem Floh? Wodurch wird überhaupt bestimmt, wie hoch ein Tier springen kann?
Dazu brauchen wir ein bisschen Physik – aber keine Sorge, sehr kompliziert wird’s nicht.
Beim Hochspringen müssen wir ja gegen die Schwerkraft anarbeiten. Dazu müssen wir Energie aufwenden. Die benötigte Energie E, um ein Objekt der Masse m auf eine Höhe h zu bringen, ist
E=m g h
dabei ist g die Erdbeschleunigung (so etwa 10m/s2).
Die Höhe ist also h=E/ (mg), wenn man die Energie kennt.
Woher kommt die Energie? Die kommt vom Abspringen, dabei werden wir beschleunigt. Das erledigen die Muskeln. Nehmen wir ganz vereinfacht an, die Muskeln würden die ganze Zeit mit konstanter Kraft F arbeiten, bis die Füße den Boden verlassen. Arbeit ist Kraft mal Weg, also E=F s, wenn s der Beschleunigungsweg ist. Der Beschleunigungsweg ist durch die Beinlänge gegeben, je länger er ist, desto höher die Endenergie. (Deshalb geht man auch in die Knie, wenn man aus dem Stand hochspringt.)
Der Beschleunigungsweg verhält sich also wie die Beinlänge, skaliere ich das Bein auf die doppelte Länge, dann wird auch der Weg doppelt so groß (wenn alles andere gleich bleibt). Ich schreibe kurz s~L, wobei die Tilde für “proportional zu” steht, und das L die Länge des Tiers ist.
Die Muskelkraft F ist, genau wie die Festigkeit eines Knochens, bestimmt durch die Querschnittsfläche. Die verhält sich wie L2, also F~L2.
Sammeln wir die beiden Abhängigkeiten auf und setzen sie bei E=Fs ein, dann ergibt sich
E~L3
In der Formel für die Sprunghöhe stand noch die Masse, die ist natürlich auch proportional zu L3. Insgesamt ergibt sich also
h=E/mg ~ L3/L3 = konstant.
Die Sprunghöhe von Tieren ist nach dieser Rechnung also von der Größe des Tieres unabhängig.
Das klingt auf den ersten Blick absurd, ist aber gar nicht so unsinnig. Kängurus springen so etwa drei Meter hoch, aber auch Buschbabies (kleine Lemuren) können aus dem Stand auf einen Türsims springen, schaffen also auch etwa zwei Meter Höhe, obwohl sie wesentlich kleiner sind. Ein Floh springt etwa 20cm hoch, eine 1000 mal schwerere Heuschrecke etwa 60cm, ein durchschnittlicher Mensch schafft vielleicht 70 Zentimeter (die Sprunglatte liegt zwar höher, aber der Mensch beginnt ja auch schon mit einem Schwerpunkt, der etwa in Bauchnabelhöhe sitzt).
Aber kleine Tiere, beispielsweise Ameisen, springen ja normalerweise nicht besonders hoch, und der Floh ist doch gerade deshalb als Springer so berühmt, weil die meisten Tiere seiner Größe eben nicht so hoch springen können. Irgendwas fehlt also in der Rechnung.
Was fehlt ist die benötigte Beschleunigung. Wenn die Beschleunigungsstrecke s sehr kurz ist, dann muss die notwendige Kraft sehr schnell aufgebracht werden. Und da gibt es ein Problem, denn Muskeln werden um so schwächer, je schneller sie sich kontrahieren. Ein Floh braucht eine Beschleunigung, die die 245-fache Erdbeschleunigung beträgt, um sich in die Höhe zu schnellen, weil seine Beine so kurz sind – so schnell kann kein Muskel kraftvoll kontrahieren.
Der Floh verwendet deshalb einen Trick: Er spannt seine Muskeln langsam an, speichert die Energie aber zunächst in einem Block aus einem biologischen Gummi, das zunächst arretiert ist. Zum Abspringen wird die Arretierung gelöst, das Gummi dehnt sich blitzartig aus (jaja, die Macht der Entropie) und der Floh wird in die Höhe katapultiert.
Wäre der Floh so groß wie ein Mensch, bräuchte er diesen Mechanismus aber nicht. Trotzdem könnte er (entsprechend skaliert) wegen seiner langen Hinterbeine vermutlich etwas besser springen als ein Durchschnittstier, aber Hochhäuser schafft nur Supermann…
Die absolute Bibel zum Thema Skalierung in der Biologie (wenn auch stellenweise nicht mehr aktuell) ist
Knut Schmidt-Nielsen, Scaling: Why is Animal Size so Important?
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