Säugetiere sind rot-grün-blind
Warum liegen das Spektrum für L und M so dicht zusammen? Diese Frage beantwortet die Evolution: Die meisten Säugetiere haben nur zwei Zapfentypen, nämlich L und S. Sie sind also rot-grün-blind (und deshalb ist es einem Stier auch herzlich egal, ob ihr mit einem roten oder grünen Tuch vor seiner Nase rumfuchtelt.). Für unsere Vorfahren aber, die ja auf Bäumen lebten und gern Früchte futterten, war es ziemlich nützlich, rot, gelb und grün gut unterscheiden zu können, weil Früchte nun mal oft bunt sind. Zur Veranschaulichung hier ein Bild eines Obststands ohne rot-grün-Unterscheidung (wieder von Wikipedia):
Von Benutzer:Bautsch – Selbst fotografiert, Gemeinfrei, Link
Da wird es natürlich schwer, aus diesem farblichen Einerlei die passenden Früchte herauszusammeln, besonders, wenn die sich zwischen Blättern verstecken. Für unsere Vorfahren war es also nützlich, hier eine bessere Unterscheidung zu entwickeln.
Mutationen des entsprechenden Gens für den L-Typ sorgte für eine leichte Verschiebung des Absorptionsspektrums dieses Moleküls, so dass der M-Typ entstand (der sich, weil so nützlich, schnell evolutionär durchsetzte). Die beiden Moleküle sind sich deshalb immer noch ziemlich ähnlich und haben deshalb ein ähnliches Absorptionsspektrum. Nachtrag: Und gerade weil das Spektrum so ähnlich ist, können wir den Reifegrad von Früchten an Hand leichter Unterschiede in der Lichtwellenlänge gut beurteilen.
Die Gene für den M- und den L-Typ sitzen auf dem X-Chromosom, also dem, das für die Geschlechtsbestimmung verantwortlich ist (XX=weiblich, XY=männlich). Wenn eins dieser Gene defekt ist, dann gibt es den entsprechenden Zapfentyp nicht mehr und man ist auch als Mensch rot-grün-blind. Deswegen sind auch wesentlich mehr Männer als Frauen rot-grün-blind: Frauen müssen auf beiden X-Chromosomen einen Gendefekt haben, um rot-grün-blind zu sein – Männer dagegen haben ja keine Reservekopie des X-Chromosoms.
Die genaue Evolution der Zapfen wird übrigens intensiv untersucht – bei unterschiedlichen Primaten hat sich der dritte Zapfentyp anscheinend mehrfach unabhängig entwickelt. Es gibt dabei auch Primaten, bei denen auf jedem X-Chromosom nur eine Kopie des “Molekülgens” sitzt – Männchen sind dann immer rot-grün-blind, Weibchen dagegen oft nicht, wenn sie von beiden Elternteilen unterschiedliche Varianten geerbt haben.
Farbsehen bei anderen Wirbeltieren
Der Mensch ist ja bekanntlich die Krone der Schöpfung und so – klar, dass andere Tiere schlechter Farben sehen als wir, oder? Sieht man ja auch daran, dass die meisten Säugetiere eben nur zwei passende Moleküle haben.
Klingt nett, ist aber falsch – Fische, Amphibien, Reptilien und Vögel haben nicht bloß drei Zapfentypen wie wir, sondern vier. Sie sehen also vier Grundfarben. (Könnt ihr euch nicht vorstellen? Ich auch nicht.) Der vierte Zapfentyp hat ein Absorptionsmaximum im ultravioletten Bereich (den wir ja nicht sehen können), deswegen nennen wir ihn U. Da die Säugetiere von den Fischen abstammen, müssen sie irgendwann zwei ihrer vier Zapfentypen verloren haben.
Übrig blieben zwei Typen, nämlich (jetzt wird’s kompliziert) der L-Typ und der U-Typ. Der U-Typ verschob im Laufe der Evolution sein Absoprtionsmaximum in den blauen Bereich, so dass aus dem U-Typ der Fische der S-Typ der Säugetiere wurde, während der S-Typ und der M-Typ der Fische verloren gingen. Dieses Bild von Wikipedia zeigt das sehr schön:
Von Der ursprünglich hochladende Benutzer war Hati in der Wikipedia auf Deutsch – Selbst erstellt nach Timothy A. Goldsmith, What Birds See, in Scientific American July 2006, S. 51 ff., Attribution, Link
Und jetzt die Dinos
Aber warum verloren unsere Vorfahren die Fähigkeit zum Farbsehen zu einem guten Teil? Höchstwahrscheinlich, weil sie es nicht brauchten. Und wann nützt das Farbsehen nichts? Richtig: nachts.
Die Ursäugetiere waren meist klein und nachtaktiv, und man geht davon aus, dass sie deswegen die Fähigkeit zum Farbsehen teilweise als überflüssigen Ballast verloren haben. Aber warum waren die Ursäugetiere nachtaktiv?
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