Für unseren Schwimmer aber reicht der Lotoseffekt so noch nicht. Der Schwimmer ist ja vollkommen von Wasser umgeben (nicht nur von ein paar Wassertropfen). Beim Schwimmen übt dieses Wasser einen höheren Druck aus als ein Regentropfen auf einem Blatt. Selbst wenn wir also einen Luftfilm auf der Oberfläche haben, der in “Taschen” an den Mikrorauigkeiten liegt, wird der Druck das Wasser in die Mikrorauigkeiten hineinpressen, den Luftfilm herausdrücken, und wenn der erst einmal weg ist, dann ist es vorbei mit dem widerstandsarmen Schwimmen.
Das folgende Bild (aus dem paper von Lee und Kim) illustriert das sehr schön:
Bei (a) seht ihr die Anfangskonfiguration: Das Wasser strömt um die Lufttaschen herum, die zwischen kleinen Stegen festsitzen, und hat an der Oberfläche der Lufttaschen noch eine hohe Geschwindigkeit, so dass die Reibungsverluste durch Viskosität klein sind. Bei (b) werden einige der Lufttaschen zugedrückt, bei (c) sind sie alle verschwunden, und das war’s dann mit der Superhydrophobie.
Wer’s lieber “in echt” sieht statt auf ner Schemazeichnung, der mag vielleicht dieses Bild (adaptiert aus dem paper von Carlborg & van der Wijngaart) lieber:
Hier ist jeweils oben der Strömungskanal zu sehen, unten eine Detailaufnahme mit den Stegen, die die Lufttaschen festhalten sollen. Der Druck nimmt dabei von oben nach unten zu. Die Stellen, an denen der Gasfilm verdrängt wurde, sind mit Kreuzen markiert. man erkennt, dass bei hohem Druck vom Gasfilm nichts übrigbleibt.
Was wir brauchen ist ein Mechanismus (d), der die Luft wieder herstellt:
Und da gibt es gleich mehrere Möglichkeiten. Eine (Carlborg & van der Wijngaart) besteht darin, den Wasserdruck selbst dafür sorgen zu lassen, dass sich der Luffilm erneuert. Das sieht als Skizze etwa so aus:
Links seht ihr ein ähnliches Bild wie oben, bei dem der Flüssigkeitsdruck die Luftblasen links zugedrückt hat. Rechts die raffinierte Rückkopplung: Das Wasser drückt auf die Luft vorn am Feed-back-Kanal. Wenn der Wasserdruck dort steigt, dann wird die Luft weiter hinten an den Taschen ebenfalls komprimiert und so der Druck erhöht. Das verhindert, dass der Wasserdruck die Luft wegdrückt. Das ganze ist selbstregulierend: Nimmt der Druck am Feed-back-Kanal zu, dann auch an den Taschen; nimmt er wieder ab, dann nimmt er auch an den Taschen ab (sonst würde die Luft ja ins Wasser gedrückt werden, was auch nicht gewollt ist.).
So sieht das dann im Experiment (Carlborg & van der Wijngaart) aus:
Bei dem Wasserdruck, bei dem ohne die Rückkopplungschleife die Taschen schon vollkommen mit Wasser gefüllt sind, beginnt mit Rückkopplung das Wasser gerade erst, die Lufttaschen ein wenig einzudrücken, der strömungsgünstige Effekt ist also noch erhalten.
Allerdings hat das Design einen Nachteil: Luft ist wasserlöslich. Nach einer Weile nimmt deshalb das Gasvolumen ab. Man bräuchte also einen Mechanismus, um Gas “im Betrieb” nachzufüllen, und zwar möglichst immer genau soviel, dass die Taschen so gerade gefüllt sind.
Den Trick dazu haben Lee und Kim erfunden. Das Gas sollte dazu vom Boden der Taschen aus nachgefüllt werden, so wie in diesem Bild:
Der Trick, um Gas nachzuliefern, ist Elektrolyse. Vielleicht habt ihr in der Schule ja mal Knallgas (also Wasserstoffgas) hergestellt, indem ihr Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt habt. Dazu braucht man im wesentlichen nur eine elektrische Spannung zwischen zwei metallischen Flächen in der Flüssigkeit. Die eine metallische Fläche ist der Boden unserer Taschen, die andere ist einfach ein Draht, den wir in die Flüssigkeit hängen.
Damit der Taschenboden metallisch wird, muss man ihn entsprechend beschichten. Und damit das Gas sich schön von dort aus nach oben ausbreitet, sollte diese Beschichtung ziemlich rau sein, damit das Gas dort gut anhaftet. So sieht die Struktur im Elektronenmikroskop aus, die Lee und Kim gebaut haben:
Links seht ihr die kleinen Säulen (zum Größenvergleich: ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von etwa 80μm), die für die Superhydrophobie verantwortlich sind, rechts ein Detail der nanostrukturierten Oberfläche.
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