Schwimmen ist ja eine ziemlich energieeffiziente Fortbewegungsweise – große Schiffe haben eine gute Umweltbilanz. Trotzdem müssen sie natürlich den Wasserwiderstand überwinden. Könnte man den reduzieren, ließen sich Unmengen an Schiffstreibstoff sparen. Ein möglicher Trick hierzu wurde kürzlich gleich auf zwei unterschiedliche Arten ausprobiert.
Die Reibung beim Schwimmen kommt daher, dass die Wassermoleküle direkt an der Oberfläche des Schwimmers anhaften, dort ist ihre Geschwindigkeit also Null. Da das Wasser weit weg vom Schwimmer an diesem vorbeifließt, muss sich ein Geschwindigkeitsprofil ausbilden, das typischerweise so aussieht:
By Mandavi – Own work, CC BY-SA 3.0, Link
Hier gleiten also Flüssigkeitsschichten mit unterschiedlicher Geschwindigkeit aneinander ab. Das aber kostet Energie – Wasser besitzt eine Viskosität.
Dass die unterste Flüssigkeitsschicht direkt an der Oberfläche ruht, ist eins der Grundprinzipien der Strömungsmechanik, dagegen ist nichts zu machen. Insofern scheint es erst einmal, als könne man nichts gegen diesen Effekt tun. Weiter weg von Schwimmer muss die Strömung eine bestimmte Geschwindigkeit haben (in der Strömungsmechanik ist es üblich, den Schwimmer als ortsfest anzusehen und die Strömung an ihm vorbeizuführen – physikalisch ist das dasselbe, aber mathematisch leichter zu handhaben), direkt am Schwimmer muss die Geschwindigkeit Null sein, also gibt es dazwischen einen Änderung der Geschwindigkeit, also ist wegen der Viskosität eine Kraft hierfür notwendig. Und an der Viskosität des Wassers kann man ja beim Schwimmen nicht drehen.
Oder vielleicht doch?
Wasser ist ja nicht das einzige Medium, durch das man schwimmen kann. Ein anderes Medium mit wesentlich kleinerer Viskosität ist Luft. (O.k., Luft ist ein Gas, aber für die Strömungseigenschaften ist das relativ egal; deswegen fassen Strömungsmechanikerinnen Gase und Flüssigkeiten unter dem Oberbegriff “Fluide” zusammen.)
Man müsste sich also mit einem Luftfilm umgeben – dann könnte die Änderung der Geschwindigkeit im wesentlichen in diesem Luftfilm passieren, wo die Viskosität klein ist. Also: Man umgibt sich mit einer Luftblase und schwimmt dann darin – ganz einfach, nicht wahr?
Wenn ihr mir das so abkauft, dann hätte ich gleich die passende Tüte Luft günstig abzugeben…
Ernsthaft: Die Luftblase hat sicher andere Ideen, als euch brav einzuhüllen und wird sich natürlich ziemlich schnell ablösen. Man bräuchte einen Trick, um die Luftblase (oder besser einen dünnen Luftfilm) direkt am Schwimmer anhaften zu lassen. Dazu müsste man das Wasser daran hindern, die Luft zu verdrängen und so den Schwimmer zu benetzen.
Wahrscheinlich haben die meisten schon einmal vom Lotuseffekt gehört. Der sorgt dafür, dass Wassertropfen von Lotusblättern abperlen, so wie hier (wieder bei Wikipedia geklaut, ohne Wiki wäre mein Blog ganz schön arm an Bildern, das Bild stammt von Wikipedianutzer ArchiKat):
By ArchiKat – Own work, CC BY 3.0, Link
In der Mitte seht ihr die Tropfen auf den Lotus- (oder Lotos-) Blättern, unten handelsübliche Seerosenblätter, auf denen die Tropfen nicht so gut abperlen.
Der Lotuseffekt funktioniert dadurch, dass die Oberfläche des Blattes mit winzigen Rauigkeiten versehen ist. Außerdem ist sie hydrophob, das heißt, dass Wasser sich nur ungern dort anlagert. Auch dazu gibt es ein schickes Bild bei Wikipedia:
By William Thielicke website: More pictures and bionics. Hamburg, Germany., GFDL, Link
Dass die Oberfläche hydrophob ist, bedeutet, dass es Energie kostet, Wasser in Kontakt mit der Oberfläche zu bringen. Und wegen der Mikrorauigkeiten ist das ziemlich viel Oberfläche (je rauer, desto mehr Fläche) – deswegen ist es energetisch günstiger, wenn das Wasser die Oberfläche möglichst gar nicht benetzt. Man nennt diese Eigenschaft deshalb auch “superhydrophob”.
Beim Lotusblatt klappt das prima, und auch technisch nutzt man den Effekt beispielsweise für selbstreinigende Oberflächen. (Die berühmten Hightech-Schwimmanzüge, die ja jetzt verboten werden, beruhen nicht auf diesem Effekt, soweit ich das verstehe, sondern auf dem “Haifischhaut-Effekt”. Dabei sorgen Mikrorauigkeiten für eine optimierte Bildung von kleinsten Wirbeln, die den Widerstand herabsetzen. Ludmilla hat sich dazu vor einiger Zeit mal schlaugemacht.)
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