Der Samstag stand wieder ganz im Zeichen der zweizehigen Fußspuren. Wie gesagt, die ersten Vorträge musste ich schwänzen, da ich mich nicht mit nur wenigen Stunden Schlaf ins Auto setzen wollte. Immerhin kam ich genau rechtzeitig zum Vortrag von Martin Lockley, der einen (extrem unterhaltsamen) Überblick über zweizehige Spuren und Fährten gab. Die kennt man noch gar nicht so lange (vielleicht auch, weil zweizehige Abdrücke schlechter zu erkennen sind als dreizehige die ja wegen ihrer Symmetrie eher ins Auge springen). 1995 entdeckte man in China relativ kleine Spuren, die man als Velociraptorichnus (“Spur vom Velociraptor”) bezeichnete, vor einigen Jahren dann deutlich größere mit einer Länge von knapp 30 Zentimeter, Dromaeosauripus (“Dromaeosaurierfuß”) genannt.
Zweizehige Spuren sollten ja, wie oben erläutert, von Deinonychus und seinen Verwandten stammen. Es gibt aber auch Ausnahmen – man kennt nämlich einige solche Spuren bereits aus der Trias-Zeit, ganz am Anfang des Dinosaurierzeitalters als an hochspezialisierte Räuber wie Deinonychus noch nicht zu denken war. Ob diese Spuren überhaupt von Raubsauriern oder vielleicht eher von anderen Dinosauriern, den Prosauropoden (von denen ich hier etwas erzählt habe) stammen, ist zur Zeit unklar. Ähnliches gilt für zweizehige Spuren aus dem Jura, die auch aus einer Zeit vor den Deinonychosauriern stammen.
Echte Deinonychosaurierspuren sind vermutlich dadurch zu erkennen, dass an der Stelle, wo die zweite Zehe sitzt, ein kleiner Knubbel zu sehen ist – denn die zweite Zehe ist ja vorhanden und nicht etwa verkümmert wie beim Strauß, sie trägt nur die berühmte Kralle (oben im Fußmodell ist der kleine Knubbel hinten zu erkennen). Im nächsten Vortrag (bei dem ich mich leider nicht mehr erinnere, wer der drei Autoren Corwin, van der Lübbe und Xu ihn gehalten hat) ging es genau um diese Fragen. Die Autoren verglichen die Füße von heutigen Vögeln mit verschiedenen Spuren, um mehr über die Fährtenmacher herauszufinden und versuchten, den Ichnologinnen ein paar Leitlinien an die Hand zu geben, wie man solche Spuren klassifizieren kann.
Der dritte der Vorträge über zweizehige Spuren stammte aus Braunschweig. Prof. Joger vom Braunschweiger Naturkundemuseum und sein Team haben vor einigen Jahren mehrere Expeditionen nach Niger gemacht und dort nicht nur verschiedene Dinosaurier entdeckt (unter anderem Jobaria und Spinophorosaurus), sondern auch zweizehige Dinospuren. Hier ein Überblick über die Fährte (zum Vergrößern klicken):
Insgesamt sind es fünf Fährten, wobei A und B sowie C und D jeweils parallel verlaufen und sozusagen “hin” und “zurück” führen – die beiden Dinos sind also vermutlich nebeneinander gegangen. Eine fünfte Spur kreuzt die beiden anderen.
Die Abdrücke sind dabei ziemlich tief – der Boden dürfte also ziemlich schlammig gewesen sein und die Saurier sind tief eingesunken:
Die Bilder stammen aus “Didactyl Tracks of Paravian Theropods (Maniraptora) from the ?Middle Jurassic of Africa“, einer Veröffentlichung, die im Februar erschien. In der Arbeit wurde noch angenommen, dass die Spuren tatsächlich von einem Verwandten des Deinonychus stammen (dem “paravian theropod – “vogelnahen Raubsaurier” – des Titels). Das wäre eine Sensation gewesen, denn aus dieser Zeit – dem mittleren Jura – kennt man noch keine solchen Saurier (obwohl es sie vermutlich gegeben haben muss, da die ersten Vögel ja am Ende des Jura auftauchten). Im Vortrag war das Braunschweiger Team allerdings etwas vorsichtiger – Alexander Mudroch konzentrierte sich auf die Beschreibung der Spuren und war etwas weniger spekulativ.
Den Rest des Samstages haben wir dann – wie schon erzählt – im Dinopark und beim Dinner verbracht. Am Sonntag schließlich folgten die letzten Vorträge. Brent Breithaupt aus den USA hielt gleich zwei hintereinander – seine Mitarbeiterin war leider kurzfristig verhindert, ihren Vortrag selbst zu halten. In beiden Vorträgen ging es um ein technisches, aber sehr wichtiges Thema: Digitale Spurenanalyse. Dinosaurierspuren liegen ja im offenen Gelände und nur in den seltensten Fällen macht man sich – wie in Münchehagen – die Mühe, einen Schutz für sie zu bauen; bei vielen Fährten wäre das wegen der Größe auch gar nicht möglich. Die Spuren sind deshalb Wind und Wetter ausgesetzt und verwittern schließlich.
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