Meist nimmt man deshalb Abdrücke von den Spuren – beispielsweise mit Gips oder Holzleim. Das ist aber aufwändig und auch gar nicht so einfach: Nicht alle Steine sind gleich und deswegen ist ein Abgussmaterial, das für eine Fährte funktioniert, für eine andere ungeeignet.
Eine Alternative ist die digitale Vermessung. Bis vor ein paar Jahren waren Laser-Scan-Verfahren hier das Mittel der Wahl, aber ein Laserscanner ist natürlich auch ziemlich teuer und nicht immer spaßig herumzutragen, wenn die Dinospur mal wieder in 30 Meter Höhe an einer schrägen Felswand liegt. Die in den letzten Jahren immer weiter gestiegene Computerpower macht es hetzutage möglich, die dreidimensionale Struktur einer Fußspur direkt aus Fotos zu rekonstruieren. Dazu schießt man eine Handvoll Fotos aus unterschiedlichen Blickwinkeln, füttert sie in den Rechner und der erledigt den Rest. In den Vorträgen wurde die Geschichte dieser Technik erläutert (noch vor etwas mehr als 10 Jahren dauerte eine solche Prozedur mehr als 3 Wochen auf einer Workstation – heute geht das in weniger als einer halben Stunde.) Und dann appellierte Breithaupt an alle Ichnologinnen, keine Spuren unfotografiert zu lassen – es geht schnell, kostet fast nichts, und wer weiß, wann man die Bilder mal gebrauchen kann.
Anschließend trug Hartmut Haubold vor. (Haubold, Lockley, Farlow, Breithaupt, Gatesy… – sagte ich schon, wie genial es war, so viele berühmte Paläontologen live zu erleben?) Sein Vortrag hatte eher Grundsatzcharakter – es ging um die Frage, was die “ichnotaxa”, also die Fußspuren-Arten, -Gattungen und -Familien aus der seltsamen Ichnologie-Parallelwelt, eigentlich sind. Haubold machte mit vielen Beispielen deutlich, dass ähnliche Fußspuren nicht unbedingt von ähnlichen Lebewesen stammen müssen (das haben wir ja oben schon bei den zweizehigen Fußspuren gesehen) und dass umgekehrt sehr verschieden aussehende Spuren von ein und demselben Lebewesen stammen können. Woher er das weiß? Viele Spuren entsprechen nicht direkt dem Abdruck, den das Tier auf der Oberfläche machte, sondern stammen von etwas tiefer liegenden Schichten. Stellt euch zum Beispiel zwei Lagen aus Sand vor, die unterschiedliche Korngrößen oder unterschiedlichen Wassergehalt haben. Der direkte Abdruck liegt ganz oben, aber auch auf den Schichten darunter sind die Spuren zu erkennen. Haubold hat Bilder von Platten gezeigt, die der oberen Schicht entsprechen. Auf der Oberseite erkennt man entsprechend die Spuren, auf der Unterseite erkennt man, wie sich die Spur (sozusagen als Negativ) in die tieferen Schichten abgedrückt hat. Und diese Spuren sahen vollkommen anders aus – wären sie nicht auf derselben Platte, würde man annehmen, sie stammten von völlig anderen Tieren. Deshalb, so Haubold, sind Ichnotaxa nicht einfach Bezeichnungen für Lebewesen, sondern Bezeichnungen für eine Kombination aus Lebewesen, Gestein und Umweltbedingungen.
In der letzten Session gab es dann noch zwei Vorträge von der iberischen Halbinsel, wo es auch ziemlich viele Dinofährten gibt – einige davon direkt am Meer, so dass sie ständig von Wellen überspült werden, was das Untersuchen nicht einfacher macht. Die Vorträge gaben einen Überblick über diese Spuren – solche Überblicksvorträge gab es einige; ich habe sie hier nicht ausführlich geschildert, weil sie für mich Nicht-Experten alle irgendwie ähnlich waren. Für die echten Ichnologinnen ist es aber natürlich wichtig, einen Überblick zu haben, wo auf der Welt es welche Ichnotaxa in welchen Formationen gibt, damit sie wissen, womit sie ihre Funde vergleichen sollen.
Das war ein “kleiner” Überblick über die Vorträge. Habt ihr das Gefühl, dass etwas fehlt? Richtig. Man sagt ja immer, das besondere an Spuren ist, dass sie direkt Aufschluss über das Verhalten der Tiere geben, aber dieser Aspekt kam relativ kurz. Das ist auch kein Wunder. Stellt euch zum Beispiel vor, ihr findet zwei Spuren die etwa parallel zueinander laufen. Habt ihr damit schon gezeigt, dass die Spurenmacher soziale Tiere waren und in Paaren umherzogen? Nein, die Spuren können ja auch nacheinander entstanden sein und nur deswegen parallel liegen, weil die Tiere beispielsweise an einem Seeufer entlang gingen.
Kommentare (29)