Damit war geklärt, dass Royalactin tatsächlich ein entscheidender Faktor für das Schicksal eines Bienenlebens ist.
Eine seltsame Verwandlung
Doch wie wirkt Royalactin? Um das herauszufinden, waren Experimente mit Bienen zu schwierig – das Lieblingstier der Biologen ist ja die Fruchtfliege. Bienen und Fruchtfliegen trennen etwa 300 Millionen Jahre Evolution (etwa so viel, wie uns von den Fröschen trennen), aber trotzdem hoffte Kamakura, dass er etwas herausfinden würde, wenn er Gelee Royale an Fruchtfliegen verfütterte.
Erste Versuche waren eher niederschmetternd: Füttert man Fruchtfliegen nur mit Gelee Royale, überleben sie nicht. Auch hier zeigt sich die Hartnäckigkeit von Kamakura – er forschte solange weiter, bis er herausfand, mit welcher Mischung von Gelee Royale und anderem Futter er Fruchtfliegenlarven ernähren konnte. Und dann erlebte er eine schockierende Überraschung: Die neue Futtermischung verwandelte Fruchtfliegen ebenfalls in Königinnen:
Auch die Fruchtfliegen wurden deutlich größer, lebten länger und legten mehr Eier, wenn sie so gefüttert wurden – und dass, obwohl Fruchtfliegen natürlich keine staatenbildenden Insekten sind und es in der Natur niemals Fruchtfliegenköniginnen gibt.
Es ist natürlich eine spannende Frage, wie genau Royalactin nun im Insektenkörper wirkt. Dank der “Fruchtfliegenköniginnen” ließ sich dies nun aber wesentlich leichter untersuchen. Leider wird die Arbeit hier sehr biochemisch und für mich damit schwer verständlich. Kamakura fand heraus, dass Gelee Royale auf den sogenannten epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (kurz Egfr) wirkt. Dank Wikipedia habe ich gelernt, dass dies ein Rezeptor ist, der auf Zelloberflächen sitzt und im Tierreich weit verbreitet ist – auch Menschen haben ihn. Wird er aktiviert, kann er verschiedene Reaktionen in der Zelle auslösen und anscheinend die Proteinsynthese auslösen oder ankurbeln – die Details habe ich nicht nachvollziehen können, falls jemand von euch biochemischen Durchblick hat, bin ich für erhellende Kommentare dankbar. Kamakura hat jedenfalls detailliert untersucht, wie Gelee Royale genau in Fruchtfliegen wirkt und beispielsweise deren Hormonhaushalt beeinflusst.
Falls jetzt jemand übrigens auf die Idee kommt, dass man vielleicht auch als Mensch mal Gelee Royale futtern sollte (vielleicht wirkt es bei uns ja auch ganz toll) – die Idee ist alles andere als neu. Laut Nature macht die entsprechende Industrie allein in den USA 600 Millionen Dollar Umsatz. Vermutlich bekommen sie jetzt durch diese Untersuchung noch Auftrieb – sie können ja jetzt argumentieren, dass Menschen “passende” Zellrezeptoren besitzen, die auf Royalactin reagieren. (Ob das wirklich stimmt und menschliche und insektische (insektoide??) Egfr so weit vergleichbar sind, weiß ich nicht.)
Aber bevor ihr alle loslauft und Gelee Royale in euch reinschaufelt, lest lieber erst Mal die Kurzgeschichte “Gelee Royale” von Roald Dahl, in der ein Bienenzüchter auf dieselbe Idee kommt, mit gruseligen Folgen…
Kamakura, M. (2011). Royalactin induces queen differentiation in honeybees Nature, 473 (7348), 478-483 DOI: 10.1038/nature10093
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Anscheinend läuft’s jetzt wieder mit den Kommentaren.
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