Dafür nimmt man zum einen Aale (falls die Mosasaurier doch eher denen ähneln) und zum anderen Haie. Haie haben nämlich auch eine Schwanzflosse, bei der sich der Schwanz in einer Flossenhälfte fortsetzt, allerdings in der oberen. Hier eine Übersicht über Haischwanzformen, bei der man erkennt, dass es die obere Hälfte ist, die stärker ausgeprägt ist:
Von Chris huh, translated by Achim Raschka (talk) – Eigenes Werk, Gemeinfrei, Link
Bei den meisten anderen Fischen mit ähnlicher Schwanzflosse wie den Thunfischen endet die Wirbelsäule in der Schwanzmitte und die eigentliche Flosse ist an dünnen “Strahlen” (fin rays) befestigt:
By Urville Djasim from The Netherlands – Skelet tonijn / Tuna fish skeleton, CC BY-SA 2.0, Link
Deswegen bieten sich also Haie als Vergleich an.
Lindgren und seine Kollegen vermaßen also diverse Mosasaurier-, Hai,- Aal- und außerdem noch Waranskelette (jedenfalls die Schwanzwirbel), um zu sehen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es jeweils gibt. Ach ja, ein Krokodil und eine Seeschlange wurde auch noch vermessen – wenn man eh schon mal dabei ist…
Weil ein Waran und ein Mosasaurus doch ein bisschen unterschiedlich groß sind, bot es sich an, die Messungen zu normieren – es wurde also die Länge und Breite der Wirbel relativ zur Wirbelhöhe gemessen. Ein Wert für die Länge von 3 beispielsweise sagt, dass der Wirbel dreimal so lang wie hoch war.
Die Wirbel in den Schwänzen der Warane waren typischerweise ziemlich lang und wurden nach hinten hin länger, wie diese Grafik hier zeigt:
Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei einer Seeschlange oder einem Kaiman. Beim Aal dagegen werde die Wirbel nach hinten hin ebenfalls länger, sind aber insgesamt etwa so lang wie hoch:
Bei Haien dagegen ergibt sich eine U-förmige Kurve – es gibt einen Bereich des Schwanzes, wo die Wirbel besonders kurz sind, außerdem sind sie generell kürzer als hoch:
Und hier nun ein paar Mosasaurier zum Vergleich:
Auch hier sind die Wirbel eher kurz und nicht vergleichbar mit denen der Warane oder Seeschlangen. Die U-Form sieht man beim Mosasaurus relativ gut, bei Clidastes ist sie eher weniger ausgeprägt.
Ob Wirbel eher lang oder eher kurz sind, sagt natürlich etwas über die Beweglichkeit aus. Eine Giraffe beispielsweise kann ihren langen Hals bei weitem nicht so gut krümmen wie ein Strauß, weil sie nur 7 Halswirbel hat. Wenn der Schwanz an einer Stelle relativ kurze Wirbel hat, dann ist er dort also entsprechend beweglich. Das wiederum spricht dafür, dass er an dieser Stelle stärker bewegt wurde als davor und dahinter, und das wiederum spricht gegen eine aalartige Schwimmbewegung, wo sich ja die “Sinuswelle” gleichmäßig über den Körper bewegt.
Aber das ist natürlich sehr indirekt argumentiert – ein direkter Hinweis auf eine Schwanzflosse wie beim Hai ist das nicht, dazu muss man auf die Form einzelner Wirbel gucken. Wenn ein Wirbel keilförmig ist (also beispielsweise oben länger als unten) und wir legen mehrere hintereinander, dann ergibt sich – wie oben schon gesagt – eine Abwärtskrümmung des Schwanzes. Dieses Verhältnis von Wirbelober- zu -unterseite wurde nun also wieder gemessen, und zwar für Haie und Mosasaurier. Der Schwanz wurde dazu jeweils in Bereiche eingeteilt und dann das Verhältnis gemittelt. Das hier kommt dabei heraus (Selachier sind Haie):
Bei den Mosasauriern ist das Verhältnis immer größer-gleich eins, die Wirbel sind also oben länger als unten, so dass der Schwanz nach unten gekrümmt sein sollte. Zieht man zum Vergleich die Haie heran, dann ist das Verhältnis – ääh, auch größer als 1? Sind Haischwänze jetzt plötzlich nach unten gekrümmt?
Nein, keine Sorge, sind sie nicht. Die Autoren haben – der besseren Vergleichbarkeit wegen – den Hai umgedreht, so dass seine Schwanzkrümmung in dieselbe Richtung zeigt wie beim Mosasaurus (das aber leider nicht explizit in die Bildunterschrift geschrieben, und so arme Blogger verwirrt. Eine kurze mail-Nachfrage bei Johan Lindgren half hier weiter – immer wieder faszinierend, wie schnell man dank e-mail Antworten auf Wissenschaftsfragen von Experten bekommt…). Haischwänze sind also in Wirklichkeit nach oben gekrümmt – es sei denn, der Hai schwimmt mit dem Bauch nach oben.
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