Und jetzt stellt euch vor, wir nehmen das Teilchen weg und ersetzen es durch – nichts. Wir machen also einfach kleine Löcher in unseren Kristall. Wenn eine Versetzung auf so ein kugelförmiges Loch zuläuft, dann kann sie dort natürlich nicht rein – denn eine Störung des Atomgitters kann sich nicht dort aufhalten, wo kein Atomgitter ist. Am Loch ist die Energie der Versetzung aber auf jeden Fall niedriger als im Kristall selbst, denn im Loch ist ja kein Material, das von der Versetzung irgendwie verzerrt werden könnte. Man braucht also auch hier eine Extra-Kraft – die Versetzung fühlt sich am Loch viel wohler als anderswo im Kristall und man muss sie quasi mit der Brechstange losreißen.
So, nun wisst ihr, wie man mit Nichts Metalle verstärkt. Bleibt nur ein kleines Problem: Wo kriegen wir das “Nichts” her? Damit der Mechanismus effektiv wirken kann, müssen die Löcher sehr winzig sein – möglichst nur einige Nanometer im Durchmesser. Wie soll man solche Löcher in den Kristall bekommen – Bohren scheidet ja wohl aus? Gibt es solche Materialien überhaupt?
Ja, die gibt es tatsächlich – falls ihr noch energiefressende Glühlampen habt, dann habt ihr ein Beispiel dafür direkt in der nächsten Lampe:
Von Lander777 – https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=File:Filament.jpg&action=edit, Gemeinfrei, Link
Wolfram-Legierungen (aus denen man ja die Glühfäden macht) werden nämlich mit diesem Mechanismus verstärkt. Und dazu verwendet man einen genial einfachen Trick: Man legiert Wolfram mit Kalium. Das Kalium bildet – bei geeigneter Behandlung der Legierung – sehr feine Teilchen im Wolfram.
Nun ist Kalium nicht “Nichts” – aber Kalium hat einen sehr niedrigen Schmelz- und Siedepunkt, es verdampft bei 759°C. In einem Glühfaden ist es wesentlich heißer als das – die kleinen Kaliumteilchen verdampfen also. Da sie aber ja im Wolfram eingeschlossen sind, können sie nicht raus und bilden winzige Dampfbläschen. Da das Kalium jetzt gasförmig ist, wirkt die Dampfblase wie ein Hohlraum für die Versetzungen – sie können nicht in die Blase eindringen, und für sie ist die Kaliumblase einfach nur “Nichts”.
Die Kaliumbläschen sind übrigens ein Grund dafür, dass Glühlampen eine sehr begrenzte Lebensdauer haben: Durch Diffusion des Kaliums im Wolfram können die Bläschen im Laufe der Zeit zusammenwachsen und sich so vergrößern. Dabei nimmt zum einen ihre verfestigende Wirkung ab (bei diesem Mechanismus ist es besser, viele kleine Teilchen zu haben als wenige große), zum anderen können größere Dampfblasen dann auch als Schwachstellen wirken.
Wie ihr seht, ist es tatsächlich möglich, Metalle mit “Nichts” zu verstärken – und wir wenden diesen Trick sogar täglich an.
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