Wie das genau geht, sehen wir jetzt. Wir müssen (wegen der Wahrscheinlichkeitsregeln) Pfeile addieren und multiplizieren können. Um zwei Pfeile zu addieren, muss man ihre Enden einfach aneinanderhängen (mal wieder Zeit für die bewährte Kritzeltechnik) – das kennt ihr vermutlich als “Kräfteaddition” aus dem Schulunterricht (nein, nicht mein Gekritzel sondern das Aneinanderhängen von Pfeilen):
Multiplizieren von Pfeilen ist ein bisschen trickreicher. Dazu betrachten wir zunächst einen Einheitspfeil. Der zeigt genau nach rechts und hatte die Länge 1. Man stellt sich jetzt vor, jeder andere Pfeil entsteht aus diesem Einheitspfeil, indem man den Einheitspfeil dreht und entsprechend längt oder kürzt. Dieser Pfeil hier hat z.B. die Länge 2 und wurde um 45° gegen den Uhrzeigersinn gedreht (man dreht hier immer gegen den Uhrzeiger, das ist einfach Konvention):
Ihr seht also, dass wir Pfeile durch Angabe von zwei Zahlen eindeutig beschreiben können: Nämlich ihre Länge und den zugehörigen Winkel. Der Startpunkt des Pfeils interessiert uns dabei nicht (sonst bräuchten wir dafür auch noch zwei Zahlen) – wir lassen alle Pfeil am selben Ort losgehen, außer, wenn wir sie addieren, dann verschieben wir das Ende des einen an die Spitze des anderen, wie ich das oben gezeichnet habe.
Zwei Pfeile multipliziert man, indem man diese Vorschrift entsprechend zweimal anwendet:
(Achtung: das Multiplizieren funktioniert nur in zwei Dimensionen mit dieser speziellen Art Pfeile so, nicht mit dem, was man in der Mathematik als “Vektoren” kennt.)
Der erste Pfeil entspricht Drehung um 45° und in-die-Länge-Ziehen um Faktor 2, der zweite einer Drehung um 90° und in-die-Länge-Ziehen um einen Faktor 1/2, also ergibt sich ein Pfeil mit Länge 1 (2 mal 1/2), der nach links oben (45° plus 90°) zeigt.
Damit ich nicht immer “Pfeil der Länge L im Winkel φ” schreiben muss, bediene ich mich einer Kurzschreibweise. Die könnte zum Beispiel so aussehen Pf(L, φ), so dass also Pf(2, 45) den Pfeil der Länge 2 im Winkel von 45° gegen den Uhrzeigersinn gedreht bedeutet. Mathematikerinnen schreiben das aber anders, nämlich so:
Auf den ersten Blick sieht das sehr kompliziert aus – das liegt daran, dass wir es eigentlich mit komplexen Zahlen zu tun haben, für die diese Schreibweise unglaublich praktisch ist. Das braucht euch hier aber nicht zu kümmern – Mathematikerinnen lesen die Schreibweise als “L mal e hoch i phi”, aber ihr dürft auch “Pfeil der Länge L im Winkel phi” lesen und macht absolut nichts falsch (und verliert vielleicht sogar ein bisschen Respekt vor Formeln, das schadet nichts – Formeln sind auch nur ne Sprache).
Damit mathematisch alles passt, muss man den Winkel φ allerdings nicht in Grad, sondern in der Einheit “Bogenmaß” angeben. (Ein Winkel von 90° entspricht π/2 (also etwa 1,57) in der Einheit “Bogenmaß.) Da wir hier aber nicht wirklich rechnen wollen, spielt das keine große Rolle.
Für Pfeile gilt also folgende wichtige Rechenregel: Wenn ich zwei Pfeile multipliziere, dann muss ich ihre Längen miteinander multiplizieren (weil das ja Streckungs-Faktoren sind) und ihre Winkel addieren (weil ich ja erst um den einen, dann um den anderen Winkel drehe). In der schicken mathematischen Formelschreibweise heißt das
Aber auch wenn das mathematisch gefährlich aussieht – wenn ihr es euch mit Pfeilen veranschaulicht, ist es eigentlich harmlos. (Es zeigt aber, warum man die Schreibweise genau so wählt – beim Multiplizieren werden Exponenten ja addiert.)
So, und nun wieder zum Doppelspalt: Betrachten wir die Wahrscheinlichkeit, dass unser Elektron am Doppelspalt an einer bestimmten Stelle x gemessen wird, wenn nur Spalt 1 im Doppelspalt geöffnet ist. Die zugehörige Wahrscheinlichkeitsamplitude (also den Pfeil) nennen wir A(1,x), weil es die Amplitude ist, dass das Elektron durch Spalt 1 fliegt und bei x landet. Ist dagegen nur Spalt 2 offen, ergibt sich entsprechend eine Amplitude A(2,x). Die Wahrscheinlichkeit ergibt sich für beide Fälle als das Quadrat der Länge des Pfeils, wir zeichnen also ein kleines Quadrat mit der Amplitude als Kante:
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