Harry Potter kann es, Bilbo Beutlin kann es, und Siegfried kann es schon lange – na klar, hier geht’s um Unsichtbarkeit. Wer hat sich das nicht schon mal – aus mehr oder weniger lauteren Motiven – gewünscht? Unsichtbarkeit auch technisch umzusetzen, ist natürlich ziemlich knifflig.
Vor einigen Jahren machten sogenannte “Metamaterialien” von sich reden, mit denen elektromagnetische Wellen um ein Objekt “herumgebogen” werden können. Metamaterialien sind aber ziemlich aufwändig (man muss komplexe Mikrostrukturen auf der Längenskala der Wellenlänge aufbauen). Vor kurzem wurde jetzt ein anderer, zumindest vom Prinzip her wesentlich einfacherer “Unsichtbarkeitsschirm” hergestellt – allerdings funktioniert er nur in Flüssigkeiten wirklich gut.
Der Trick dahinter ist ziemlich einfach: Es ist das Fata-Morgana-Prinzip. Eine Fata Morgana ist ja die Illusion einer Wasserfläche, die durch eine Luftspiegelung zu Stande kommt (in der Wüste “das Ende der Welt” werden auch alle möglichen anderen Dinge von überall auf der Welt gespiegelt, aber das ist eine physikalische Ausnahmeerscheinung): Direkt über dem Boden ist die Luft heißer als weiter vom Boden entfernt. Dadurch werden Lichtstrahlen “gebogen”, so wie in diesem schönen Bild von Wikipedia:
Von Nico – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5, Link
Man kann das auf zwei Arten erklären: Die eine ist der veränderte Brechungsindex, der das Licht umlenkt. Viel eleganter ist allerdings die Erklärung über das sogenannte Fermatsche Prinzip, das besagt: Licht nimmt immer den Weg mit der kürzesten Laufzeit.1 Dass man damit die Lichtbrechung erklären kann, illustriere ich mit einem berühmten Beispiel.
1Für alle PedantInnen und solche, die es werden wollen: Ja, ganz korrekt müsste es “Weg der extremalen Laufzeit” heißen, aber ist dieser Blog wirklich der richtige Tummelplatz für sowas?
Stellt euch vor, ihr seid der berühmte Rettungsschwimmer David H. (oder alternativ die berühmte Rettungsschwimmerin Pamela A). Während ihr euren sonnengebräunten Körper am Strand von M unter den bewundernden Blicken anderer Badegäste zur Schau stellt, hört ihr plötzlich die Schreie eines/r Ertrinkenden. So etwa stellt sich die Situation für euch dar:
Von Jan Sende – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Wenn ihr euch auf direkter Sichtline bewegt, ist zwar die Strecke am kürzesten, aber trotz eurer beeindruckenden Armmuskulatur seid ihr im Wasser natürlich langsamer als an Land. Lauft ihr dagegen erst ein Stück den Strand entlang, bis ihr den kürzesten Schwimmweg habt, so müsst ihr dafür ein längeres Stück laufen. Der optimale Weg liegt irgendwo dazwischen. Statt einfach loszulaufen, hockt ihr euch also in den Sand und beginnt, eine kleine Rechnung anzustellen. Badegäste, die euch auf das arme Badeunfallopfer aufmerksam machen wollen, jagt ihr mit einem ärgerlichen “Störe meine Kreise nicht” davon (das macht man so, wenn man im Sand schreibt). Nach einiger Überlegung zur Geschwindigkeit im Wasser und an Land habt ihr den optimalen Weg heraus gefunden, um leider zu bemerken, dass…
Nun ja, lassen wir das, ich bin ja Blogger, kein Geschichtenerzähler. Kommen wir lieber wieder zurück zum Licht: Licht läuft in einem Medium wie Wasser oder Glas langsamer als im Vakuum. Genau wie beim Schwimmerbeispiel ergibt sich der schnellste Weg für einen schräg auf einen Glasklotz fallenden Lichtstrahl als ein Kompromiss aus der direkten Sichtlinie und dem Weg mit kürzester Strecke im Glas. Wenn ihr das vorgerechnet haben wollt, könnt ihr bei Wikipedia nachgucken.
Hier kümmern wir uns lieber um unsere Fata Morgana: In der heißeren Luft direkt über dem Boden läuft das Licht schneller – sie hat, vornehm ausgedrückt, einen niedrigeren Brechungsindex. Deswegen kann das Licht vom Himmel zu eurem Auge Zeit sparen, wenn es ein Stück durch diesen Bereich läuft, wo es einfach schneller ist.
Stellt euch nun vor, dort wo ihr die Fata Morgana seht, läge ein Geldstück auf der Straße. Das könntet ihr nicht sehen, weil es ja von der Fata Morgana überdeckt wird. Und das ist auch schon der Trick hinter der Unterwasser-Tarnkappe.
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