Die Energie
Um das Verhalten des Gummituchs beschreiben zu können, (und das wird hier ein seeehr idealisiertes Gummituch, soviel steht fest), machen wir uns Gedanken über die Energie, die in ihm steckt. Warum? Weil wir ja unsere Pfadintegral-Technik anwenden wollen, und dafür müssen wir – ihr erinnert euch – die Wirkung berechnen, die sich aus Energietermen zusammensetzt.
Noch sind wir ja in der klassischen Physik – da hat so ein Gummituch eine klare Ruhelage. In der ist es flach und alle Punkte haben dieselbe Auslenkung, nämlich Null (warum gerade Null? Klären wir noch.). Um es an einer Stelle aus der Ruhelage auszulenken, brauchen wir eine Kraft, denn dabei müssen wir das Gummi bewegen, und müssen damit Energie aufwenden. Ohne Energiezufuhr ändert sich das Auslenkungsfeld des Gummituchs nicht. Wir können also davon ausgehen, dass es Energie kostet, die Auslenkung an einem Punkt zu ändern – eine zeitliche Veränderung des Gummituchs kostet Energie.
Die Änderung der Auslenkung ist die zeitliche Ableitung des Feldes
Damit die kinetische Energie immer positiv ist, egal ob wir das Tuch nach oben oder unten auslenken, müssen wir diesen Term quadrieren:
Einheitenmäßig bin ich hier natürlich ziemlich schlampig…
Nach der Speziellen Relativitätstheorie ist meine Zeit ja für euch (wenn ihr euch bewegt) eine Mischung aus Zeit und Raum. Entsprechend muss also in der Energie auch ein Term drinstecken, der die räumliche Änderung der Auslenkung beinhaltet. Wie ihr seht, können wir hier den praktischen Trick verwenden, den ich am Anfang der Serie eingeführt habe: Wenn aus Zeit Raum wird, dann kann es in einer relativistischen Theorie keinen Term geben, der nur die zeitliche Änderung enthält. (Das ist beim Gummituch auch ohne SRT leicht einzusehen: Um das Tuch an einer kleinen Stelle stark auszulenken, muss man es stark dehnen. Das Argument mit der SRT zeigt aber, dass das für jedes Feld gelten muss, bei dem eine zeitliche Änderung Energie kostet – letztlich besteht das Universum ja nicht aus Gummitüchern.)
Die lorentzinavriante Größe, die uns hier interessiert, ist die Lagrangefunktion (o.k., für PedantInnen ist es die Lagrange-Dichte, da mache ich keinen Unterschied, weil ich sonst ein schickes kalligraphisches L bräuchte). Die bekommt jetzt als einen Term
Damit ist dieser Teil der Lagrange-Funktion
Für unsere extrem einfache Feldtheorie können wir damit die Wirkung ausrechnen. Beim Elektron haben wir an jedem Punkt seines Pfades (also zu jedem Zeitpunkt) die “Lagrangefunktion” berechnet (die die Drehgeschwindigkeit des Pfeils angab), und dann über alle diese Werte von der Startzeit zur Zielzeit summiert.
Hier ist das jetzt ähnlich, aber da wir es jetzt mit einem Feld zu tun haben, nicht mit einem Pfad, haben wir zu jeden Zeitpunkt nicht bloß einen einzelnen Ort, sondern ein ganzes Feld – zu jeder Zeit hat das Feld ja überall einen Wert. Statt Orten, die sich entlang von Pfaden ändern, müssen wir jetzt also Feldkonfigurationen betrachten, die uns sagen, welchen Wert das Feld an jedem Ort zur gerade betrachteten Zeit hat. Wir müssen also die Funktion φ an jedem Punkt des Raumes kennen, außerdem ihre zeitliche Änderung.
Damit das nicht so abstrakt bleibt, zeige ich es euch an einem Beispiel.
Stellt euch vor, das Feld (also unser Gummituch) würde jetzt so aussehen:
Seine räumliche Änderung könnt ihr leicht erkennen – ihr seht ja direkt, wie sich das Feld von Ort zu Ort ändert. An den “Flanken” des Berges ist sie am größten, an seiner Spitze und ganz Außen ist sie sehr klein. Das sieht dann näherungsweise so aus:
Dieses Bild zeigt also die räumliche Änderung des Feldes.
Weil das Feld einigermaßen “glatt” aussieht, ist die räumliche Änderung von Ort zu Ort klein – deswegen ist auch der Hügel ziemlich flach. Die Energie, die in dieser Anordnung steckt, ist also auch klein.
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