Um die zeitliche Änderung zu sehen, müssen wir auch noch wissen, wie das Feld einen Moment später aussieht. Hat sich der Berg ein bisschen ausgebreitet und sieht zum Beispiel so aus,
dann können wir den Unterschied zwischen “jetzt” und “gleich” berechnen:
Auch dieser Unterschied ist klein.
Wir wollen jetzt also die Lagrangefunktion berechnen (die uns nachher, in der Quantentheorie, sagen wird, wie schnell sich unsere Amplitudenpfeile drehen), in die die räumliche und zeitliche Änderung eingeht. Die Lagrangefunktion ist eine Funktion an jedem Punkt, denn an jedem Punkt hat das Feld ja eine räumliche und zeitliche Änderung. So sieht sie aus:
Mit Hilfe der Lagrangefunktion können wir jetzt eine Gleichung aufstellen, die das Verhalten der Membran beschreibt, die sogenannte Bewegungsgleichung. Wie das geht? Wir sind ja noch in der klassischen Physik (noch haben wir keine Amplituden oder so berechnet – das können wir ja erst, wenn wir die Wirkung mit den Mitteln der klassischen Physik berechnet haben). Unsere Membrangleichung ist also eine klassische Gleichung, die wir mit dem “Prinzip der kleinsten Wirkung” vom letzten Mal berechnen können. Wer’s genau wissen will, muss sich hinter die Warnschilder trauen.
Das geht ganz analog zur klassischen Mechanik. Dort hat man ja die Lagrange-Funktion L. Für eine Feder ist sie z.B.
und man berechnet die Bewegungsgleichung gemäß
Für die Feder ergibt das
wobei kx gerade die Federkraft ist.
Hier geht das entsprechend (allerdings mathematisch korrekt mit funktionalen Ableitungen)
Das Ergebnis ist eine Wellengleichung, also eine Gleichung, die als Lösung ebene Wellen hat wie zum Beispiel diese hier
Für die Membran ist das auch eigentlich ganz anschaulich – wenn man sie an einer Stelle auslenkt und dann loslässt, dann breiten sich ja Wellen nach außen aus – ähnlich wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft und Wasserwellen bekommt.
Diese Animation hier (erstellt mit dem alten aber immer noch hervorragenden Paket xtoys vom Mike Creutz – läuft auf jeder Linux-Kiste mit C-Compiler stressfrei seit 15 Jahren (mit Cygwin sicher auch unter Windows)) gibt eine Idee, wie so eine Welle aussieht, die sich von einer zentralen Anregung aus ausbreitet:
Wie ihr seht, breitet sich die Störung gleichmäßig nach außen aus (und ich verrate hier vermutlich kein Geheimnis, wenn ich euch sage, dass die Geschwindigkeit – für ein echtes Teilchenfeld, nicht für ein Gummituch – natürlich die Lichtgeschwindigkeit ist). Falls ihr euch übrigens wundert, dass der Simulationsschalter hier auf “light” steht – für den hier betrachteten Fall sind die Wellengleichung für Licht und die für unser “Gummituch” identisch.
Exkurs: Diesen kleinen Exkurs dürft ihr überspringen und beim Exkurs-Ende wieder einsteigen, falls ihr keinen Widerspruch zwischen den beiden Animationen seht. Er ist aber nicht sehr anspruchsvoll, deswegen gibt es keine Warnschilder.
Noch dabei? Gut, hier also das Problem, das ich kurz anreißen will und das euch vielleicht Kopfzerbrechen macht: Erst habe ich erzählt, die Lösungen seien ebene Wellen, dann aber habe ich euch einen Blob gezeigt, der sich nach links und rechts ausbreitet und der gar nicht wie die ebene Welle aus dem Bild davor aussieht. Ist das nun eine Lösung oder nicht?
Ja, ist es – sonst hätte ich sie nicht gezeigt. Der Trick besteht darin, dass es sich um eine Überlagerung von ebenen Wellen handelt. Man kann einen solchen “Blob” mathematisch als Summe vieler verschiedener ebener Wellen ansehen. Unsere Gleichung (die ich hier im harmlosen Teil nicht hinschreibe) hat die Eigenschaft, dass die Summe zweier Lösungen auch wieder eine Lösung ist. Deswegen darf man verschiedene Wellen zu einer neuen Lösung addieren.
Das ist übrigens bei vielen physikalischen Gleichungen so – dasselbe Prinzip der Überlagerung von Lösungen gilt auch für den Elektromagnetismus (die Maxwell-Gleichungen) und ich habe es auch schon für Elektronen diskutiert.
Ende des Exkurses
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