Aber wie hilft uns das nun bei der Saurierwanderung?
Saurier müssen – wie die meisten Tiere – auch Wasser trinken. Und die Sauerstoffatome des Wassers werden dabei in ihren Körper eingebaut, beispielsweise in die Zähne. Schaut man sich also das Verhältnis von 16O und 18O in den Saurierzähnen an, so kann man auch daraus etwas über das Klima lernen, in dem sie gelebt haben. Und wenn die Saurier in der Morrison-Formation gelebt haben, dann sollte das Verhältnis dem Verhältnis entsprechen, das wir in den Sedimenten finden.
Raffiniert, oder? Die Raffinesse geht aber noch weiter. Zähne wachsen ja recht langsam. Der Sauerstoff im Zahnschmelz spiegelt deshalb sozusagen die Geschichte des Dinosauriers wieder – in den “neueren” Bereichen des Zahns findet sich das Verhältnis, das kurz vorm Tod des Dinos aktuell war, in den älteren Bereichen des Zahns dagegen das Verhältnis, dem er einige Monate vor seinem Tod ausgesetzt war. (Anders als bei uns wachsen Saurierzähne ja immer wieder nach – jahrzehntealte Zähne wird man deshalb in einem Sauriermaul nicht finden.)
Hier eine Skizze (aus dem paper) eines Sauropodenzahns:
Links seht ihr die Krone, rechts die Wurzel. Falls ihr euch wundert, dass die Zahnkrone den ältesten Zahnschmelz enthalten soll und die Wurzel den jüngsten: Das ist bei Zähnen so. Die wachsen ausgehend von der Stelle, die später mal die Spitze des Zahns werden soll. Diese Grafik hier zeigt das sehr schön für einen menschlichen Zahn
Ihr seht, dass die Stelle, die später die Krone wird, als erste da ist, die Wurzel wird als letztes angebaut. Die weiteren Details erspare ich uns hier – wenn ihr dem Link oben folgt, könnt ihr euch über Zahnentwicklung schlaulesen.
Man muss sich also das Verhältnis der Sauerstoffisotope an unterschiedlichen Stellen des Saurierzahns angucken und kann daraus Rückschlüsse darauf ziehen, welche Wassertemperatur im Trinkwasser so etwa geherrscht hat, als er diesen Teil des Zahns aufgebaut hat.
Und das hier kommt dabei raus (für unterschiedliche Zähne desselben Dinos):
Der älteste Teil (die Krone) des Zahns ist links im Bild, jüngere Teile rechts. Man erkennt deutlich, dass das Isotopenverhältnis sich ändert – 4-5 Monate vor seinem Tod wohnte der Camarasaurus noch in der Niederung, aber in den letzten Monaten hat sich das Verhältnis deutlich verschoben, was darauf hindeutet, dass er im einige Hundert Kilometer entfernten Hochland gelebt hat. (Die entsprechenden Gesteine aus den umliegenden Gegenden wurden auch untersucht und das gemessene Verhältnis passt gut zu den Hochlandregionen.)
Auf den ersten Blick überraschend ist, dass der untersuchte Zahn in der Morrison-Formation selbst gefunden wurde. Sollte dann nicht der gerade abgelagerte Teil des Zahns das hierzu passende Isotopenverhältnis haben, die Kurve also ganz rechts wieder nach oben gehen?
Nicht notwendigerweise. Zähne wachsen ja, wie gesagt, langsam. Es gibt eine Zeitverzögerung zwischen einer Änderung des Isotopenverhältnisses in der Nahrung und deren Entsprechung im Zahn. Die kennt man für Sauropoden natürlich nicht (dafür bräuchte man dann wohl doch den Delorean), aber bei heutigen Säugetieren beträgt sie einige Wochen. Wesentlich länger kann sie auch beim Camarasaurus nicht gewesen sein – wären es Monate, dann würde diese Verzögerung das Isotopensignal vollkommen verschmieren und unkenntlich machen. Es ist also zumindest plausibel, anzunehmen, dass der untersuchte Camarasaurus wenige Wochen vor seinem Tod noch im Hochland lebte und sich dann wieder in die Flussauen aufmachte, wo er dann umkam.
Seine Zähne und ziemlich viel wissenschaftliches Geschick verraten aber nach über 140 Millionen Jahren noch, wo er herumgetrieben hat.
Fricke, H., Hencecroth, J., & Hoerner, M. (2011). Lowland-upland migration of sauropod dinosaurs during the Late Jurassic epoch Nature DOI: 10.1038/nature10570
Kommentare (27)