Wenn ihr diese Serie extrem aufmerksam gelesen habt (und das habt ihr doch alle?), dann fällt euch vielleicht auf, dass wir dieses Gebilde schon kennen. Als wir klassische Felder diskutiert haben, da habe ich euch diese Animation gezeigt:
Sie zeigt genau das, was ich hier noch einmal erklärt habe: Wie sich das Feld von einer Anregung (in unserem neuen Fachjargon “Quelle” genannt) ausbreitet.
Wir können uns den Propagator auch anders anschaulich machen, nämlich indem wir ihn in ein Raumzeit-Diagramm eintragen. Stellt euch vor, ihr würdet die Einzelbilder aus der Animation alle hintereinander hängen, so dass ein dreidimensionales Gebilde entsteht. Und dann schaut ihr von oben drauf. Das sieht dann so aus:
By Cyp – Own work, CC BY-SA 3.0, Link
In der Mitte ist der Punkt, wo die Quelle sitzt (und das ist hier ein Raumzeitpunkt, die Quelle ist also nur für einen unendlich kurzen Moment da). Nach oben ist die Zeitrichtung aufgetragen, horizontal die Raumrichtung. Eine diagonale Linie unter 45° entspricht wieder einem Lichtstrahl (man nennt das auch den Lichtkegel). Wie ihr seht, ist der Wert von φ auf dem Lichtkegel halbwegs groß. Ein Teil der Störung breitet sich also mit Lichtgeschwindigkeit aus, denn für alle Punkte auf dem Lichtkegel gilt, dass ihr räumlicher Abstand zum Ursprungspunkt genau gleich ct ist – erinnert ihr euch noch an den Anfang dieser Serie?
Wenn ihr am Ort der Quelle (also auf einer senkrechten Linie in der Mitte) guckt, dann seht ihr dort helle und dunkle Streifen – ein Vergleich mit der Animation oben zeigt, dass die dem Auf- und Abschwingen des Feldes entsprechen. (Quantitativ passen die beiden Bilder nicht perfekt zusammen, nicht, dass sich jemand wundert.)
Hier dasselbe Bild, aber mit einem kleineren Wert für unseren “Extra-Term” m:
By Cyp – Own work, CC BY-SA 3.0, Link
Ihr seht also, dass es von unserem “Extra-Term” (Parameter m) abhängt, wie stark der Propagator vom Lichtkegel abweichen darf. Das spricht schon dafür, dass dieser Extra-Term etwas mit der Masse zu tun hat – wenn man ihn gegen Null gehen lässt, ist die Störung ziemlich eng auf dem Lichtkegel konzentriert1, wenn der Term groß ist, dann bleibt die Störung länger am Ort.
1Verwirrenderweise darf sie aber leicht vom Lichtkegel abweichen. Für Quantenteilchen gelten auch die Regeln der SRT nur mit gewissen Einschränkungen – ein Photon hat auch eine Amplitude dafür, sich schneller oder langsamer als Lichtgeschwindigkeit fortzubewegen, so seltsam das klingen mag. Erst im Mittel kommt die Lichtgeschwindigkeit heraus. Und nein – auch das verletzt nicht die Spezielle Relativitätstheorie.
Im Bild seht ihr noch etwas Merkwürdiges: Die Zeit läuft ja von unten nach oben. Es sieht so aus, als ob sich die Lösung im Bild auch in die Vergangenheit ausbreitet. Das versteht man am leichtesten an unserem Teichbeispiel: Es könnte ja theoretisch sein, dass eine kreisförmige Welle von außen auf einen Punkt zuläuft und diesen genau in dem Moment erreicht, wo der Stein ins Wasser fliegt, so dass sich die einlaufende Welle und die, die der Stein erzeugt, gegenseitig aufheben und ruhiges Wasser übrigbleibt. Das ist natürlich in der Realität beliebig unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Dieser Teil des Propagators wird deswegen normalerweise nicht betrachtet, weil das zwar mathematisch funktioniert, physikalisch aber nicht.
Die klassische Klein-Gordon-Gleichung bekommt jetzt eine rechte Seite
Die Lösungen davon sind (wenn J eine punktförmige Anregung ist, also mathematisch gesehen eine δ-Funktion1) die berühmten Greensfunktionen. Genauer gesagt gilt: Ist φ(y) eine Lösung für die Gleichung mit J(x)=δ(x), ist die Greensfunktion D(x,y)=φ(y).
1 Ja ich weiß, mathematisch korrekt heißt das δ-Distribution, aber so pingelig ist hier hoffentlich keiner.
Je nachdem, welche Lösung man sucht (die in die Vergangenheit oder Zukunft) kann man die avancierte oder retardierte Greensfunktion verwenden.
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