Wenn nämlich das Higgsfeld im Sombrero in die Krempe gerollt ist, dann krümmt sich dort ja alles ganz regulär nach oben:
Sobald sich also das endliche Higgsfeld im Vakuum ausgebildet hat, ist es vorbei mit den Tachyonen – wenn ihr jetzt das Feld anregen wollt, dann tut ihr das ja um den momentanen Wert, die Energie erhöht sich also bei der Anregung, und damit ist die Masse, die ihr für eure Anregung messt, ganz normal positiv.
Man muss also begrifflich ziemlich aufpassen (und vermutlich habe ich irgendwo in diesem Text auch geschlampt): Das Higgsfeld ist das ursprüngliche Feld, das sich vor der Symmetriebrechung (wenn wir noch im Mittelpunkt des Sombreros sind) wie ein Tachyon benimmt und dabei instabil ist. Nach der Symmetriebrechung hat das Higgsfeld einen bestimmten Wert, der überall im Vakuum derselbe ist. Energetisch hat es jetzt sein Minimum angenommen. Es ist die Wechselwirkung mit diesem Feld, die den Teilchen ihre Masse verleiht.
Wenn ihr dieses Feld jetzt anregt, dann hat diese Anregung eine höhere Energie, entspricht also einem Teilchen mit positiver Masse. Dieses Teilchen ist das Higgsteilchen, das man am Cern zu finden versucht. Es entspricht einer Bewegung der Kugel um die aktuelle Mimimumslage herum in Richtung auf die Mitte zu oder von der Mitte weg – in der Richtung ist die Kurve brav nach oben gekrümmt und das Higgsteilchen hat deswegen eine positive Masse. Ihr seht damit auch, dass uns die Masse des Higgsteilchens etwas über die Form des “Sombreros” verrät – deswegen ist sie ein wichtiger Parameter im Standardmodell, den man gern kennen würde.
“Aber Moment mal – man könnte doch auch in der Hutkrempe entlang rollen, das kostet dann doch gar keine Energie?”
Gute Frage. (Und wie jeder weiß bedeutet “gute Frage” zumindest bei Vorträgen auf Deutsch entweder “Ich hatte gehofft, dass das jemand fragt, weil ich jetzt zeigen kann, dass ich darauf ne schlaue Antwort habe” oder “Ich hatte gehofft, dass das niemand fragt, weil ich darauf keine schlaue Antwort habe”. Heute trifft hoffentlich der erste Fall zu.)
Das Rollen entlang der Hutkrempe ist eine Änderung des Higgs-Feldes ohne Energieänderung. Es entspricht einem masselosen Elementarteilchen und ist ursprünglich ein Grund dafür gewesen, warum man das Higgs-Feld überhaupt eingeführt hat. Aber dazu muss ich nochmal wieder etwas ausholen. (Allgemeines Aufseufzen bei der Leserschaft…)
Die Masse der Eichbosonen
Erinnert ihr euch an die W- und Z-Bosonen aus dem ersten Teil? Das sind die, mit denen der ganze Ärger losging, weil die nur an die linkshändigen Teilchen koppeln und nicht an die rechtshändigen.
W- und Z-Boson selbst haben aber auch eine Masse, sogar eine ziemlich große. Und auch das ist eigentlich gar nicht zulässig.
W und Z werden auch als “Eichbosonen” bezeichnet, weil man sie mit Hilfe von so genannten “Eichtheorien” beschreiben kann (die ich auch mal erklärt habe, ich bin ja der Erklärbär). Die Wechselwirkungsteilchen in Eichtheorien müssen – ähnlich wie die Materieteilchen im letzten Teil – auch masselos sein. Für das Photon stimmt das, nicht aber für das W- und Z-Teilchen, denn die haben eine Masse. Und das führt leider wieder zu einer Menge Ärger: In einer Eichtheorie mit massiven Eichbosonen werden alle möglichen Größen bei der Berechnung unendlich und – noch schlimmer – Wahrscheinlichkeiten addieren sich nicht mehr zu Eins auf (vornehm sagt man dazu “Verletzung der Unitarität”, weil das besser klingt als “Die Theorie ist so mies, dass nicht mal die einfachsten Sachen stimmen.”)
Für diese Teilchen können wir aber nicht denselben Mechanimus verwenden wie für unsere Materieteilchen und sie einfach ans Higgsfeld koppeln lassen. Das hängt wieder mit der Helizität (oder Chiralität, ich bleibe schlampig und unterscheide das nicht) zusammen.
Ähnlich wie die Materieteilchen haben Photon, W und Z auch einen Spin, man kann sich also auch bei ihnen vorstellen, dass sie sich wie kleine drehende Kugeln verhalten. Ihr Spin hat aber einen anderen Wert – während die Materieteilchen Spin 1/2 haben (in Einheiten von ? (“h-quer”), was die Physiker aber aus Faulheit nie dazu sagen), haben die Eichbosonen einen Spin von 1.
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