Der Begriff “virtuelle Teilchen” fällt ja ziemlich oft, wenn man über Quanteneffekte redet. Irgendwie sind solche Teilchen nicht so richtig da, haben aber doch einen Effekt – das jedenfalls ist der Eindruck, den man oft bekommt. Manchmal wird auch mit der Unschärferelation argumentiert – für kurze Zeit können Teilchen quasi aus dem Nichts entstehen, weil dann die Energieerhaltung nicht gilt. Diese Bilder geben zwar viele wesentliche Aspekte wieder, letztlich sind sie aber ein bisschen schief. Und darüber hinaus sind eigentlich alle Teilchen, die wir beobachten, “virtuell”. Wie das? Das klären wir heute.
Im vorletzten Teil (der ist ja schon ein bisschen her, deswegen eine kleine Erinnerung) haben wir den Propagator kennengelernt, eins der wichtigsten Objekte, die es in der QFT überhaupt gibt. Der Propagator gibt an, wie groß der Einfluss einer Störung des Feldes (einer Quelle) ist. Ist x der Raumzeitpunkt, wo die Quelle sitzt und y der Raumzeitpunkt, wo wir den Einfluss der Störung wissen wollen, dann ist D(x-y) der Propagator.
Anschaulich kann man sich vorstellen, dass man am Raumzeitpunkt x einen Stein in einen Teich wirft und dann etwas später am Raumzeitpunkt y guckt, wie groß dort gerade die Wasserwelle ist. Grafisch habe ich das mit diesem Bild hier dargestellt:
Nach oben geht die Zeit, horizontal die Ortskoordinate. Am Punkt x sitzt unsere Quelle, die am Ort y1 einen großen Einfluss hat, am Ort y2 dagegen einen verschwindend kleinen.
Wir hatten auch gesehen, dass der Einfluss der Quellen auf die Wahrscheinlichkeitsamplitude durch -J(x) D(x-y) J(y)/2 gegeben ist. Die Wechselwirkung zwischen zwei Quellen können wir also mit Hilfe des Propagators beschreiben. Und dieser Propagator hat direkt etwas mit den “Teilchen” zu tun, die wir beobachten.
Dazu denken wir erst einmal kurz nach, wie wir eigentlich Teilchen beobachten. Wir können beispielsweise Leuchtpunkte auf einem Leuchtschirm sehen – wobei jeder Leuchtpunkt durch ein einfallendes Elektron erzeugt wurde. Dabei messen wir allerdings nur, dass ein Elektron angekommen ist und wissen nichts über seine Eigenschaften. Besser geht es vielleicht mit einer Blasenkammer – da hinterlässt das Elektron eine Spur aus Gasblasen, die man auswerten kann. Ein angelegtes Magnetfeld lenkt die Bahn des Elektrons ab, so dass sie gekrümmt ist. So sieht das aus, wenn zum Beispiel ein Elektron-Positron-Paar entsteht:
Aus der Krümmung der Bahn können wir dann Informationen über den Impuls des Elektrons gewinnen (je schneller es fliegt, desto schwieriger ist es aus seiner Bahn zu bringen). Wir können uns vorstellen, dass wir zusätzlich noch einen Weg finden, das Elektron am Ende seiner Bahn tatsächlich einzufangen und es dann auf eine Waage zu legen, um seine Masse zu bestimmen. (Das könnten wir z.B. mit einem Massenspektrometer erledigen, aber ich bin ja kein Experimentalphysiker, solche technischen Details überlasse ich lieber anderen…)
Unser Elektron kommt natürlich auch irgendwoher – aus einer Elektronenkanone oder irgendeinem Prozess. Dieser Prozess ist die Quelle J(x); unsere Blasenkammer entspricht dem J(y). Zwischen den beiden Quellen fliegt jetzt das Elektron.
Diese Erklärung verwendete allerdings das Teilchenbild – ich habe ja von einem Elektron gesprochen. Wie passt das nun in unsere Quantenfeldtheorie, in der es ja eigentlich gar keine einzelnen Elektronen gibt, sondern nur Anregungen des Elektron-Feldes?
Unser Elektron transportierte Masse, Energie und Impuls (und noch ein paar andere Größen wie elektrische Ladung, Drehimpuls) in unsere Blasenkammer (wobei Energie und Impuls nur zwei Aspekte derselben Sache, des Viererimpulses, sind). Zwischen Masse, Energie und Impuls des Elektrons lässt sich eine Beziehung aufstellen, die laut der speziellen Relativitätstheorie für jedes Teilchen gilt.
Es gilt
E ist die Energie, m die (Ruhe-)Masse, p der Impuls und c die Lichtgeschwindigkeit, die ich hier mal netterweise (hoffentlich richtig) wieder eingebaut habe.
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