Es war einmal, vor langer Zeit, in einem ganz ganz nah gelegenen Blog…
Die Leser, die ihr Wissen aus einem geheimen Blog beziehen, haben einen ersten Sieg gegen den bösen Formalismus der Quantenfeldtheorie errungen.
Dabei ist es einigen der Leser gelungen, Geheimformeln über das entscheidende Element der Quantenfeldtheorie in ihren Besitz zu bringen, den PROPAGATOR, dessen Formelmacht ausreicht, um viele physikalische Phänomene zu verstehen.
Verfolgt von den finsteren Kräften mathematischer Verwirrung haut Blogautor Martin in die Tasten, als Hüter der anschaulichen Erklärungen, die seinen Leser das physikalische Verständnis wiederbringen könnten…
Nach diesem etwas überzogenen Vorspann geht es heute um Kräfte – deswegen auch der Titel des Textes. Es ist ja schon eine Weile her, dass wir uns den Propagator angesehen haben. Dabei haben wir als Beispiel zwei Quellen betrachtet, die irgendwo in der Raumzeit sitzen und unser Quantenfeld beinflussen können.
Die Quellen waren J(x) und J(y), wobei x und y jeweils zwei Raumzeitpunkte waren. Anschaulich haben wir uns vorgestellt, unser Quantenfeld wäre die Oberfläche eines Teichs, in den wir Steine hineinwerfen.
Betrachten wir ein reines Vakuum, also den Fall ganz ohne Quellen, dann gibt es eine Wahrscheinlichkeitsamplitude dafür, dass das Vakuum am Anfang (vor langer, langer Zeit) in eins am Ende (in ferner Zukunft) übergeht – die Wahrscheinlichkeit ist natürlich gleich 1 (aus Vakuum wird Vakuum), aber der Amplitudenpfeil, den wir ja immer zeichnen, um einen Prozess zu beschreiben, zeigt in eine bestimmte Richtung.
Die beiden Quellen sorgen dabei für eine Änderung der Wahrscheinlichkeitsamplitude, sie drehen den Amplitudenpfeil also um einen zusätzlichen Betrag. (Man könnte annehmen, dass sie auch dafür sorgen könnten, dass aus dem Vakuum am Ende kein Vakuum mehr wirkt – wenn es Quellen sind, könnten sie ja vielleicht auch “echte” Teilchen erzeugen – aber wenn man die Quellen hinreichend vorsichtig an- und ausschaltet, dann kann das nicht passieren.)
Die zusätzliche Drehung des Amplitudenpfeils hat den Wert -J(x) D(x-y) J(y)/2. Dabei ist J(x) die Stärke der Quelle am Raumzeitpunkt x, J(y) entsprechend für den Raumzeitpunkt y, und D(x-y) ist der Propagator. Dieses schon mehrfach gezeigte Bild sollte veranschaulichen, wie die beiden Punkte wechselwirken:
Nach einer Vorlage von Cyp – Own work, CC BY-SA 3.0, Link
Anschließend habe ich mich dann über den Unterschied zwischen “virtuellen” und “realen” Teilchen ausgelassen (den es in Wahrheit streng genommen gar nicht gibt). Aber wie können wir die zusätzliche Rotation der Amplitude interpretieren? Was bedeutet sie? Das wollen wir jetzt klären.
Damit ich im folgenden diese “Extradrehung” leichter hinschreiben kann, gebe ich ihr ein neues Formelzeichen: W(J). Das Argument J brauchen wir deswegen, weil der Wert der Extradrehung natürlich davon abhängt, wo unsere Quellen sitzen und wie stark sie sind.
Dazu betrachten wir ein Gedankenexperiment. Wir stellen uns zwei Orte “hier” (bei x) und “da” (bei y) vor (der Fettdruck soll darauf aufmerksam machen, dass das jetzt keine Raumzeitpunkte (Vierervektoren) sind, sondern wirklich feste Raumpunkte (ausgewählt in einem bestimmten Bezugssystem)). Wir haben dann zwei Quellen, eine “hier” und eine “da”.
Damit wir einen sinnvollen Anfangs- und Endzustand haben, mit dem wir leicht umgehen können (denn wir berechnen am Ende ja immer noch ein Pfadintegral, das uns die Amplitude dafür gibt, dass aus einem Zustand ein anderer wird), stellen wir uns vor, dass wir die Quellen mit einem Schalter versehen. Vor langer langer Zeit sind beide Quellen nicht aktiv (wir haben ein Vakuum), dann drehen wir sie (langsam, aber nicht zu langsam) auf, bis sie ihre volle Stärke J(x) und J(y) erreichen. Wir lassen die Quellen für lange Zeit aktiv (und zwar für viel länger, als wir zum Aufdrehen der Quellen gebraucht haben), dann regeln wir sie in ferner Zukunft wieder herunter, so dass unser Universum wieder ein Vakuum ist.
Kommentare (56)