Auch Einstein hatte so seine Probleme beim Verständnis: Wenn die Atome vollkommen zufällig orientiert in das Magnetfeld einlaufen, warum sollte man dann nicht auch ein entsprechend verteiltes kontinuierliches Spektrum sehen, selbst wenn der Drehimpuls quantisierte Werte annimmt?
(Einen ausführlichen Artikel zur Geschichte des Experiments findet ihr übrigens bei Physics Today.)
Was Stern und Gerlach tatsächlich beobachtet hatten, wurde erst ein paar Jahre später klar: Es war der Elektronenspin. Nicht der Bahndrehimpuls des Elektrons auf seiner “Kreisbahn” um den Kern war verantwortlich für das magnetische Moment – das Elektron selbst, das um den Atomkern kreist, hat ein magnetisches Moment. 1
1Falls jetzt jemand auf die Idee kommt, das nachzuweisen, indem man Elektronen durch einen Stern-Gerlach-Apparat schickt – das funktioniert leider nicht, denn Elektronen sind elektrisch geladen und würden durch das Magnetfeld eine starke Lorentz-Kraft erfahren, die den viel schwächeren magnetischen Effekt vollkommen verdecken würde.)
Einzelne Elektronen verhalten sich also wie kleine Magnete. Wenn man sich das Elektron naiv und klassisch als kleine, elektrisch geladene Kugel vorstellt, dann könnte das Magnetfeld des Elektrons dadurch hervorgerufen werden, dass es sich um seine Achse dreht – die Ladungsverteilung würde rotieren, sich also auf einer Kreisbahn um das Zentrum des Elektrons bewegen, und würde so ein Magnetfeld erzeugen. Es wäre also nicht der Bahndrehimpuls des Elektrons auf seiner Kreisbahn, sondern der Eigendrehimpuls des Elektron-Kreisels, der verantwortlich wäre für das magnetische Moment.
Elektronen drehen sich
Also müssten Elektronen sich irgendwie um sich selbst drehen. Da der Drehimpuls eine Erhaltungsgröße ist (die Summe aller Drehimpulse in einem abgeschlossenen System ist konstant) müsste sich das auch messen lassen, wenn man es schafft, Elektronen dazu zu bringen, ihren Drehsinn zu ändern.
Ein klassisches (in jedem Sinne) Experiment dazu ist das folgende (Bilder dazu an der Uni Göttingen): Eine Person sitzt auf einem Drehstuhl und bekommt ein schnell um eine waagerechte Achse rotierendes Rad gereicht. Wenn die Person das Rad dreht, dann dreht sich der Drehstuhl in die Gegenrichtung, weil der Drehimpuls erhalten ist. (Die Person dreht sich allerdings nicht auch um eine waagerechte Achse, denn in der Richtung kann Drehimpuls auf den Boden und damit übertragen werden.)
So ähnlich müsste das doch auch mit Elektronen klappen, oder? Die Elektronen sind wie das Rad in diesem Experiment – wenn wir Elektronen auf einen Drehstuhl setzen und sie dann dazu bekommen, ihre Drehachse zu ändern, dann müsste der Stuhl sich drehen.
Da Elektronen ein magnetisches Moment besitzen (das haben wir ja gerade aus dem Stern-Gerlach-Versuch gelernt), sollten sie ihre Drehachse (wenn sie denn eine haben) in einem Magnetfeld entsprechend ändern. Und wenn sie einen Drehimpuls tragen, dann sollten sie dabei den Drehstuhl, auf dem sie sitzen, dazu bringen, sich in die Gegenrichtung zu drehen.
Statt eines Drehstuhls nehmen wir allerdings besser einen Metallklotz, und zwar einen magnetischen. Den hängen wir an einen dünnen Draht, so dass er sich leicht drehen kann. Wir umwickeln ihn mit einer Spule, die ein Magnetfeld erzeugt und dann schalten wir den Strom an. Ein Bild des Versuchs findet ihr ebenfalls in Göttingen. (Auf der Seite der Uni Göttingen findet ihr auch ein Video des Versuchs.) Und tatsächlich – schaltet man den Strom und damit das Magnetfeld ein, dann beginnt der Zylinder sich zu drehen, weil sich die Spins der Elektronen im Magnetfeld ausrichten und die Drehimpulserhaltung dafür sorgt, dass der Zylinder als ganzes sich in der Gegenrichtung dreht.
Dieses Experiment wurde bereits 1915 (als man von Spins noch nichts wusste) durchgeführt und ist als Einstein-de-Haas-Experiment (ja, das ist der Einstein) bekannt.
Also: Ein Teilchen wie ein Elektron verhält sich ähnlich wie ein rotierender Kreisel – es trägt einen Drehimpuls und auch ein magnetisches Moment.
…oder doch nicht?
Na, dann ist doch alles im grünen Bereich, oder? Das Elektron dreht sich um seine eigene Achse und erzeugt dadurch ein magnetisches Moment. Wo ist denn nun das Problem?
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