Der Spin ist eine ziemlich seltsame Eigenschaft von Elementarteilchen – ein bisschen so, als würden sie sich wie kleine Kreisel drehen, ein bisschen aber auch nicht. Der Spin ist auch dafür verantwortlich, ob die Kräfte zwischen Teilchen anziehend oder abstoßend sind. Um zu verstehen, wie das funktioniert, müssen wir uns aber den Spin noch etwas genauer ansehen.
Der Spin gibt die Richtung an
Wir bleiben erst einmal in der normalen Quantenmechanik – Gedanken über Relativität machen wir uns ein andermal. Nehmen wir ein beliebiges Teilchen1, das wir in einen Kasten einsperren – ganz egal, ob es ein echtes Elementarteilchen ist oder ein Atomkern oder sonst etwas. Wenn unser Teilchen einen Spin hat, dann können wir diesen Spin beispielsweise mit einem äußeren Magnetfeld beeinflussen und in eine bestimmte Richtung drehen (denn der Spin erfährt im Magnetfeld eine Kraft und dreht sich passend zum Magnetfeld).
1Nachtrag: Sascha hat in den Kommentaren zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht alle Teilchen mit Spin auf ein Magnetfeld reagieren, sondern nur geladene Teilchen oder solche, die sich aus geladenen zusammensetzen (wie Atome oder Protonen).
Jetzt schalten wir das äußere Magnetfeld aus und lassen unser Teilchen einen Moment in Ruhe. Da es einen Spin in eine bestimmte Richtung hat, werden jetzt auch seine Eigenschaften richtungsabhängig sein. Radioaktive Atomkerne zum Beispiel senden Teilchen bevorzugt ein eine zum Spin passende Richtung aus, wenn sie zerfallen (diese Eigenschaft hat ja auch zur berühmten Entdeckung der Paritätsverletzung geführt).
Was genau die Richtungsabhängigkeit unseres Teilchens sein soll, ist hier vollkommen egal – ob es ein radioaktiver Zerfall ist, ein messbares magnetisches Moment oder sonst irgendetwas, spielt überhaupt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass diese Richtungsabhängigkeit da ist.
Denn jetzt stellt sich die Frage: Wie ist sie eigentlich im Zustand des Teilchens “gespeichert”? Woher “weiß” der Atomkern, in welche Richtung er zerfallen muss? Irgendwie müssen wir diese Information in der Beschreibung des Teilchenzustands drin haben.
Ein quantenmechanisches Teilchen beschreibt man zunächst einmal durch seine sogenannte Wellenfunktion (die uns in der QFT-Serie hier begegnet ist). Wie immer in der Quantenmechanik kann man für bestimmte Prozesse nur die Wahrscheinlichkeitsamplituden kennen – das Quadrat der Wahrscheinlichkeitsamplitude gibt dabei die Wahrscheinlichkeit an, diesen Prozess zu messen. Kurz gesagt gibt die Wellenfunktion für jeden Ort die Wahrscheinlichkeitsamplitude an, das Teilchen an diesem Ort zu finden. Es gibt also eine Zahl für jeden Punkt des Raumes. (Wenn ihr mehr wissen wollt, folgt, den Links, ich habe die Sache mit der Wahrscheinlichkeit ja schon öfters erklärt. Weiter unten gibt es aber auch noch ein nettes Computer-Experiment dazu, das das ganze vielleicht noch anschaulicher macht.)
Diese Wellenfunktion allein kann die Spin-Information aber nicht speichern. Das geht deswegen nicht, weil zum Beispiel zwei Elektronen mit unterschiedlichem Spin genau dieselbe Aufenthaltswahrscheinlichkeit überall haben können. Die eigentliche Wellenfunktion (genauer gesagt: der ortsabhängige Teil) der beiden Elektronen im Grundzustand eines Helium-Atoms ist zum Beispiel dieselbe – trotzdem haben beide einen unterschiedlichen Spin. Auch die Tatsache, dass ein Elektron immer denselben Spin von ħ/2 hat, egal wie seine Wellenfunktion aussieht, spricht dafür, dass diese allein nicht ausreicht, um den Spin zu beschreiben.
Der Spin in Zahlen
Wir brauchen also eine zusätzliche Information. (Mathematisch wird die dann an die Wellenfunktion dranmultipliziert, aber das soll hier egal sein.) Diese zusätzliche Information muss irgendwie den Spin der Teilchen bechreiben.
Wenn das Verhalten des Teilchens richtungsabhängig ist, dann reicht eine einzige Zahl nicht aus, um den Spin zu beschreiben – denn mit einer Zahl könnt ihr keine Richtungsinformation geben (eine Schatzkarte mit der Erklärung “Gehe von der Statue 53 Schritte weit und grabe dort” wäre ziemlich sinnlos, es sei denn, ihr habt Lust, einen Graben vom 333 Schritten Länge (der Kreisumfang eines Kreises mit Radius 53 Schritt) zu buddeln).
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