Ein Teilchen mit Spin braucht also zusätzlich zu seiner Wellenfunktion noch ein paar Zahlen, die etwas über den Spin aussagen. Nun können wir den Spin (oder eine andere richtungsabhängige Eigenschaft) messen. Nach den Regeln der Quantenmechanik heißt das, dass es Wahrscheinlichkeitsamplituden für die unterschiedlichen möglichen Messwerte geben sollte. Wahrscheinlichkeitsamplituden sind aber komplexe Zahlen.
Insgesamt können wir folgendes aus all dem schließen: Ein Teilchen mit Spin braucht zusätzlich zu seiner Wellenfunktion noch einen Satz von komplexen Zahlen, die die Spin-Information festlegen.
Naiv könnte man glauben, dass man genau zwei Zahlen braucht – wenn der Spin zum Beispiel ħ ist, dann kann er in eine beliebige Richtung zeigen, und man braucht zwei Zahlen, um eine Richtung im Raum festzulegen. (Mit drei Zahlen kann man einen Punkt im Raum beschreiben und damit eine Richtung vom Koordinaten-Nullpunkt zu diesem Punkt festlegen. Wo auf dieser Richtungslinie der Punkt liegt, ist aber egal, also reichen zwei Zahlen. Das kann man sich am leichtesten anschaulich machen, wenn man einen Punkt auf der Erdoberfläche betrachtet: Um den festzulegen brauche ich zwei Zahlen, nämlich Längen- und Breitengrad, und damit liegt auch eine definierte Richtung fest, nämlich vom Erdmittelpunkt zu diesem Punkt.)
Wie gesagt, das könnte man so annehmen – es ist aber nicht korrekt. Wie viele Zahlen man tatsächlich braucht, hängt vom Wert des Spins ab. Das werden wir nachher noch sehen. Jedenfalls machen wir besser keine Annahmen darüber wieviele Zahlen wir tatsächlich brauchen.
Wir haben also einen Haufen Zahlen (bisher unbekannter Größe), die den Spin unseres Teilchens und damit die Richtungsabhängigkeit seiner Eigenschaften beschreiben. Damit das ganze nach theoretischer Physik aussieht, packen wir diesen Haufen Zahlen ordentlich hintereinander und geben den einzelnen Zahlen Namen (das “a” steht für Amplitude):
Das n sagt uns, wieviele Zahlen wir brauchen (wissen wir ja noch nicht). Falls ihr euch wundert, dass ich die Zahlen untereinander und nicht nebeneinander schreibe (was ja viel platzsparender wäre): Das ist eine mathematische Konvention, an die ich mich hier ausnahmsweise mal halte.
So. nun haben wir einen Haufen Zahlen. Wir wissen aber nicht, wie viele Zahlen wir brauchen, um unser Teilchen zu beschreiben und wissen auch sonst nichts über diese Zahlen. Und nun?
Rotationen
Nun verwenden wir einen Standard-Trick der theoretischen Physik – letztlich derselbe, der zur Relativitätstheorie führte. Ob und wie ein Teilchen zerfällt, sollte davon unabhängig sein, wer es anguckt. Das bedeutet, dass es egal ist, wie ich mein Koordinatensystem lege, in dem ich das Teilchen und seinen Spin beschreibe. Wir können nicht erwarten, dass Alice und Bob, die zwei unterschiedliche Koordinatensysteme verwenden, dieselben Zahlen a1… verwenden, aber zwischen ihren Zahlen muss es eine Beziehung geben.
Nennen wir die Amplituden, die Bob verwendet, passend b, dann muss es also eine Beziehung geben, mit der wir aus Alices Zahlen Bobs Zahlen berechnen können:
Über diese Beziehung können wir einiges aussagen: Wir haben es hier mit Wahrscheinlichkeitsamplituden zu tun. Die können miteinander interferieren. Das gibt uns einige Informationen über das mathematische Verhalten dieser Beziehung. Die Beziehung muss sich nämlich durch einen einfachen Satz von Zahlen beschreiben lassen, und zwar muss es n2 dieser Zahlen geben, wenn wir n Amplituden haben.
Mathematisch bedeutet das, dass die Beziehung zwischen den a’s und b’s linear sein muss, das heißt, die b’s entstehen aus den a’s in einer Gleichung, in der niemals zwei a’s miteinander multipliziert werden und auch keine komplizierten Funktionen wie sinus und cosinus involviert sind. Wenn ihr es mathematisch hinschreiben wollt, sieht es so aus:
Kurz gesagt, der lineare Zusammenhang zwischen a und b lässt sich als Matrixgleichung schreiben:
Diese Zahlen müssen natürlich irgendwie mit der Drehung zwischen den beiden Systemen von Alice und Bob zusammenhängen und aus ihr berechnet werden können.
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