Dazu nutzen wir aus, dass wir Drehungen hintereinander ausführen können. Beispielsweise wissen wir, dass zwei Drehungen hintereinander ausgeführt äquivalent sind zu einer einzigen Drehung. Das zeigt dieses kleine Bildchen:
Ihr seht meinen Lieblings-Würfel (ja, jeder Fantasy-Rollenspieler hat Lieblingswürfel), den ich erst einmal um 90° um eine senkrechte Achse gedreht habe, dann 90° um eine horizontale. Ich kann dasselbe Ergebnis auch durch eine einzige Rotation erreichen, wenn ich ihn um 120° um eine Achse drehe, die diagonal von der vorderen rechten oberen Ecke zur hinteren linken unteren verläuft. (Wenn ihr’s nicht glaubt, probiert es selbst aus.)
Nehmen wir also an, zusätzlich zu Bob und Alice kommt auch noch Charlie ins Spiel, mit seinen Amplituden
Es muss logischerweise egal sein, ob ich zuerst von Alices System in Bobs System gehe (Würfel einmal um 90° gedreht ) und dann in Charlies (Würfel nochmal um 90° gedreht), oder ob ich gleich von Alices System in Charlies System gehe (Würfel um 120° diagonal gedreht). Da wir wissen, was passiert, wenn man zwei Rotationen hintereinander ausführt, können wir daraus weitere Informationen über die Berechnungsvorschrift ableiten, mit der unsere n2 Zahlen bestimmt werden. Dazu werfen wir die Mathematik-Maschine an und lassen sie eine Weile rechnen.
Diese Rechnung findet ihr in vermutlich jedem Quantenmechanikbuch der Welt. Man vereinfacht das ganze dadurch, dass man nur infinitesimal kleine Drehungen betrachtet. (Mathematisch gesehen guckt man sich nicht die Rotations-Gruppe an, sondern ihre Lie-Algebra. Aber um das zu erklären, bin ich echt nicht der richtige.) Dann baut man sich die Matrix
(Wobei die M’s die Lie-Algebra-Elemente sind) und nimmt an, dass der a-Vektor ein Eigenvektor zu M2 ist, mit einem bestimmten Eigenwert. Mit Hilfe der Kommutator-Beziehungen zwischen den einzelnen M’s kann man dann Auf- und Absteige-Operatoren bauen.
Am Ende wirft unsere Mathematik-Maschine folgende Erkenntnis aus:
Unser Zahlenhaufen (die ganzen a’s) kann beliebig viele Einträge haben – der Spin-Zustand eines Teilchens kann also durch zwei, drei, vier usw. Zahlen gekennzeichnet sein. (Wenn es nur eine Zahl ist, dann hat unser Teilchen keinen Spin.)
Es ist praktisch, eine neue Zahl j=(n-1)/2 zu definieren. Haben wir zwei a-Werte, dann ist dieses j=(2-1)/2=1/2, haben wir drei ist j=1, bei 4 ist j=3/2 und so weiter. (Bei nur einem a-Wert, also gar keiner Richtungsabhängigkeit, ist j=0.)
Dieses j ist – bis auf einen Faktor ħ – der Spin unseres Teilchens. Um den Spin-Zustand eines Elektrons zu beschreiben, brauche ich also zwei Zahlen (n=2j+1)
für ein Spin-1-Teilchen drei
und für ein Spin-2-Teilchen fünf
Wir messen Spinzustände
So weit, so gut. Wir haben eine mathematische Beschreibung des Spins gefunden, das ist ja schon mal was. Aber vielleicht wundert ihr euch über eins:
Beim Stern-Gerlach-Experiment kamen genau zwei Messflecken für die Elektronen heraus. Das würde doch heißen, dass der Spin-Zustand eines Elektrons durch eine einzige Angabe (rauf oder runter, 1 oder 0, wie auch immer ihr die nennen wollt) festgelegt werden kann, sozusagen durch ein einziges Bit.
Und jetzt haben wir gesehen, dass man zwei komplexe Zahlen braucht, um den Spinzustand des Elektrons zu beschreiben, nämlich
Wie passt das zusammen? Ein Bit, oder zwei komplexe Zahlen?
Beides ist in gewisser Weise richtig – das ist wieder einmal das berühmte Messproblem der Quantenmechanik in anderer Form. (In der Quantencomputersprache würde man sagen, unser Spin ist ein Quantenbit oder kurz Qubit.) In unserer Schreibweise mit den a’s können wir die beiden Zustände (Spin rauf und Spin runter) so darstellen:
Unsere a’s sind ja Wahrscheinlichkeitsamplituden, sie geben also an, wie wahrscheinlich es ist, dass ich einen bestimmten Messwert bekomme.
Wenn mein Elektron im Zustand ↑ ist und ich messe seinen Spin mit einem passend orientierten Stern-Gerlach-Experiment, dann messe ich auch tatsächlich immer genau diesen Zustand. Umgekehrt gilt das gleiche für den zustand ↓. Wenn ich aber ein Elektron in einem anderen Zustand habe, zum Beispiel
dann messe ich in 50% der Fälle ↑ und in 50% der Fälle ↓. (Man muss die Amplituden jeweils quadrieren, um die Wahrscheinlichkeiten zu bekommen.)
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